Errichten von Photovoltaikanlagen: Gefahren erkennen und wirksam vermeiden

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Photovoltaikanlage wird angebracht von zwei Männern
Photovoltaikanlagen bergen Gefahren, die erkannt werden müssen. (Bildquelle: anatoliy_gleb/iStock/Getty Images Plus)

In den letzten Jahren hat der Bestand an Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) weltweit erheblich zugenommen. Nicht zuletzt aufgrund der Energiekrise und der damit verbundenen Preissteigerungen werden Photovoltaikanlagen besonders attraktiv und wirtschaftlich. Eine Amortisationszeit von unter fünf Jahren ist hierbei nicht selten der Fall.

Bei der Installation einer Photovoltaikanlage besteht das Risiko, diese als gesonderte Anlage und somit als einfach zu installierendes Gerät zu betrachten, welches jeder Laie aufstellen und installieren kann. Vergleichbar mit anderen elektrischen Anlagen unterliegen aber auch Photovoltaikanlagen den allgemein anerkannten Regeln der Elektrotechnik und somit den VDE-Richtlinien. Insbesondere sind hierbei die Vorgaben zur Sicherstellung der Schutzmaßnahmen DIN VDE 0100-410 „Errichten von Niederspannungsanlagen − Teil 4-41: Schutzmaßnahmen − Schutz gegen elektrischen Schlag“, DIN VDE 0100-420 „Errichten von Niederspannungsanlagen − Teil 4-42: Schutzmaßnahmen − Schutz gegen thermische Auswirkungen“ und DIN VDE 0100-430 „Errichten von Niederspannungsanlagen − Teil 4-43: Schutzmaßnahmen − Schutz bei Überstrom“ sowie die Vorgaben zum Betrieb und zur Prüfung elektrischer Anlagen, DIN VDE 0105-100 „Betrieb von elektrischen Anlagen − Teil 100: Allgemeine Festlegungen“ und DIN VDE 0100-600 „Errichten von Niederspannungsanlagen − Teil 6: Prüfungen“ zu erwähnen. Hieraus ergibt sich auch der verpflichtende Einsatz von Elektrofachkräften gemäß DIN VDE 1000-10 „Anforderungen an die im Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen“.

DIN VDE 1000-10:2021-06, 4 Anforderungen

4.1 Jede im Bereich der Elektrotechnik tätige Person trägt für ihre Tätigkeiten und ihr Handeln die Verantwortung. Hierfür muss sie ausreichend qualkifiziert sein.

4.2 Die Tätigkeiten nach Abschnitt 1 dürfen selbstständig nur von Elektrofachkräften [...], von anderen Personen nur unter Leitung und Aufsicht von Elektrofachkräften [...] durchgeführt werden. [...]

Weitere Erläuterungen dazu können den Durchführungsanweisungen zur DGUV Vorschrift 3 und DGUV Vorschrift 4 entnommen werden.

Typische Mängel der Einbindung einer PV-Anlage
Typische Mängel der Einbindung einer PV-Anlage

Folgende Tätigkeiten werden hierbei in der DIN VDE 1000-10 in Abschnitt 1 aufgeführt:

  1. Planen, Projektieren, Konstruieren
  2. Einsetzen von Arbeitskräften
  3. Errichten
  4. Prüfen
  5. Betreiben
  6. Ändern

Gefahren durch PV-Anlagen

Die Hauptgefahr durch eine Photovoltaikanlage im Betrieb besteht in einer mangelhaften Installation und der Vernachlässigung von Einflussfaktoren, welche den Betrieb stören können oder andere Komponenten der elektrischen Anlage beeinträchtigen. In diesem Zusammenhang sind insbesondere der Brandschutz, die Gefahren durch eine entstehende Überspannung oder der Blitzschutz zu erwähnen.

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Photovoltaikanlagen schützen

Die Gefahren, welche einen Brand innerhalb der elektrischen Anlage verursachen könnten, sind bereits während der Planungs- und Errichtungsphase zu berücksichtigen. Hierbei ist neben allen behördlichen Genehmigungen auch die Meinung des Blitzschutzplaners einzuholen. Auch wenn die Blitzschutzanlage innerhalb eines bestehenden Objekts bereits länger besteht, ist festzulegen, ob sie angepasst werden muss. Im Ergebnis ist jede Art der Feldkopplung zur Photovoltaikanlage auszuschließen.

DIN EN 62305-3 ( VDE 0185-305-3) Beiblatt 5:2014-02, 5 Blitzschutzsystem

5.1 Allgemeines

Durch die Errichtung üblicher PV-Stromversorgungssysteme auf und an Gebäuden wird das Risiko eines Blitzeinschlages nicht verändert. Es wird empfohlen, das PV-Stromversorgungssystem und das Blitzschutzsystem vor der jeweiligen Errichtung zu planen und aufeinander abzustimmen. Durch geeignete Maßnahmen des äußeren Blitzschutzes sollen direkte Blitze aufgefangen und so in eine Erdungsanlage abgeleitet werden, dass keine galvanisch eingekoppelten Ströme auf metallene Gebäudeinstallationen und das PV-Stromversorgungssystem einwirken können.

Photovoltaikanlagen sind gemäß DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) „Blitzschutz − Teil 3: Schutz von baulichen Anlagen und Personen“ als Dachaufbauten zu betrachten und demnach mit separaten Fangstangen in das Blitzschutzsystem nach dem Blitzkugelverfahren einzubinden. Damit wird ein Blitz von der gesamten Dachfläche abgeleitet. Dies bedeutet auch, dass zwischen dem bereits vorhandenen Blitzschutzsystem, bestehenden Dachaufbauten oder anderen metallischen Elementen ein Mindestabstand einzuhalten ist. Alternativ kann die Photovoltaikanlage in das bereits bestehende Blitzschutzsystem eingebunden werden. Damit ist sie als Teil des Systems vollständig blitzschutzstromfähig und kann somit im Falle eines Blitzeinschlags den Strom sicher ableiten. Beide Varianten erfordern eine Neuberechnung und Planung der Blitzschutzanlage durch das jeweilige Fachunternehmen.

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Photovoltaikanlage: permanent unter Spannung

Eine besondere Bedingung für eine Photovoltaikanlage und insbesondere für die zu versorgende Niederspannungsanlage: Die Sonne ist nicht abschaltbar. Daher wird die Photovoltaikanlage als eine permanent unter Spannung stehende elektrische Anlage bezeichnet. Die Sicherstellung der einwandfreien Funktion der Schutzmaßnahmen sowohl auf der Gleichspannungsseite als auch auf der Niederspannungsseite ist besonders wichtig. Eine Beschädigung der Isolation würde bei einer permanent unter Spannung stehenden Anlage beispielsweise ein besonderes Brandrisiko nach sich ziehen.

DIN VDE 0100-712:2016-10, 712.41 Schutz gegen elektrischen Schlag

712.410.102 Auf der Gegenspannungsseite muss eine der folgenden Schutzmaßnahmen angewendet werden:

  • doppelte oder verstärkte Isolierung;
  • Schutz durch Kleinspannung (SELV oder PELV)
Mängel der Leitungsanlage
Mängel der Leitungsanlage

Um Schäden an der Anlage und im Besonderen an der Isolation unverzüglich feststellen zu können, ist die Leitungsanlage durch die Installation einer permanenten Isolationsüberwachungseinrichtung (Insulation Monitoring Device, IMD) immer zu überwachen. Diese Vorsichtsmaßnahme, in Verbindung mit einer norm- und fachgerechten Auswahl und Installation der Leitungsanlage, reduziert das Risiko eines Isolationsfehlers auf ein Minimum und stellt die sofortige Erkennung sicher. Die Auswahl der Leitungen unter dem Aspekt der mechanischen Belastungen und unter Berücksichtigung der Umweltbedingungen (z.B. UV-Schutz) ist hierbei ebenso von Bedeutung wie die fachgerechte Verlegung zum Schutz vor Beschädigungen und zur Verhinderung von induktiven Einträgen in die Anlage.

  • Autor:

    B. Eng., MBA Jörg Belzer

    Leiter der technischen Abteilung des Logistikzentrums einer Handelskette

    Belzer, Joerg

    Jörg Belzer leitet heute die technische Abteilung eines Logistikzentrums einer großen Handelskette.

    Er absolvierte eine Ausbildung zum Energieanlagenelektroniker und war anschließend mehrere Jahre in der elektrotechnischen Instandhaltung tätig. Nach dem anschließenden nebenberuflichen Ingenieurstudium konnte er die gesamttechnische Leitung des Unternehmens übernehmen.

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