Darf nur eine befähigte Person elektrische Arbeitsmittel prüfen?

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Elektrotechnische Prüfungen erfordern besondere Qualifikationen.
Elektrotechnische Prüfungen erfordern besondere Qualifikationen. (Bildquelle: franz12/iStock/Thinkstock)

Für die sichere Durchführung von Prüfungen elektrischer Arbeitsmittel und die Beurteilung der Messergebnisse sind eine hohe Qualifikation, Fachwissen und Erfahrung des Prüfpersonals unerlässlich.

Sicherheit bei der Prüfung

In vielen Fällen sind neben der elektrischen Sicherheit auch andere Gefährdungen bei der Beurteilung durch die prüfende Person zu berücksichtigen.

Bei der Durchführung einer ordnungsgemäßen Prüfung ortsveränderlicher elektrischer Arbeitsmittel kann es zu einer Gefährdung des Prüfers und/oder der Prüfumgebung kommen. Der Prüfer muss so etwas erkennen und berücksichtigen können. Außerdem muss er wissen, welche Schutzmaßnahmen er zu treffen hat. Aus diesem Grund dürfen Prüfungen nur von hierzu befähigten Personen durchgeführt werden.

Arbeitsschutz ist Unternehmerpflicht

Der Unternehmer trägt nach der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) die Auswahlverantwortung für die Personen, die von ihm mit der Durchführung der wiederkehrenden Prüfungen zur Erhaltung des ordnungsgemäßen Zustands der Arbeitsmittel beauftragt werden. Denn Arbeitsschutz ist eine primäre Unternehmerpflicht.

Anforderungen an das Prüfpersonal

Zur erforderlichen Qualifikation der befähigten Person gehören also die

  • Berufsausbildung,
  • die Berufserfahrung und
  • die zeitnahe berufliche Tätigkeit.

Aus diesen Forderungen wird deutlich: der sicherheitstechnischen Beurteilung elektrischer Arbeitsmittel liegt immer die Qualifikation einer Elektrofachkraft mit zeitnahem Einsatz im entsprechenden Tätigkeitsbereich und die Kenntnis der aktuellen Normen, Verordnungen und Gesetze zugrunde.

Die EuP darf prüfen - aber nur unter Leitung und Aufsicht

Die DGUV Vorschrift 3 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ (ehemals BGV A3) und die Verkaufsprospekte vieler Messgerätehersteller verweisen immer auf einen automatisierten Messablauf mit eindeutiger Aussage (sogenannte rot/grün- Anzeige), mit dem auch eine elektrotechnisch unterwiesene Person (EuP) diese Prüfung machen kann.

Unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft (EFK) darf die elektrotechnisch unterwiesene Person (EuP) prüfen.
Unter Leitung und Aufsicht einer EFK darf die EuP prüfen. (Bildquelle: lisafx/iStock/Thinkstock)

Durchführungsanweisung zu § 5 der DGUV Vorschrift 3 (BGV A3)

„Stehen für die Mess- und Prüfaufgaben geeignete Mess- und Prüfgeräte zur Verfügung, dürfen auch elektrotechnisch unterwiesene Personen unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft prüfen.“

Leider wird der letzten Passage "unter Leitung und Aufsicht" sehr häufig keine Rechnung getragen. Oftmals wird z.B. der Hausmeister auf ein 2-tägiges Seminar geschickt und danach komplett eigenverantwortlich mit der ordnungsgemäßen Prüfung ortsveränderlicher elektrischer Arbeitsmittel betraut.

Hinweis
Die eben beschriebene Vorgehensweise war und ist natürlich wegen der fehlenden Leitung und Aufsichtsführung nicht rechtskonform!

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Anforderungen an die befähigte Person

Folgende Anforderungen resultieren aus der TRBS 1203 Teil 3:

Berufsausbildung

Die befähigte Person für die Durchführung von Prüfungen zum Schutz vor elektrischen Gefährdungen muss:

  • eine elektrotechnische Berufsausbildung abgeschlossen haben oder
  • eine andere, für die vorgesehenen Prüfaufgaben vergleichbare elektrotechnische Qualifikation nachweisen.

Der Arbeitgeber/Unternehmer hat zu prüfen:

  • ob die elektrotechnischen und die darüber hinaus notwendigen Kenntnisse ausreichen, um die durchzuführenden Arbeiten zu beurteilen und die entstehenden Gefahren zu erkennen.

Und ganz wichtig:

  • Liegt ein Dokument vor, das die relevanten Inhalte der Qualifikation wiedergibt?

Berufserfahrungen

Die befähigte Person muss Erfahrungen im praktischen Umgang mit zu prüfenden Arbeitsmitteln während eines nachgewiesenen Zeitraums gesammelt haben.

Die TRBS 1203 legt fest, dass eine mindestens einjährige Erfahrung bei der Errichtung, dem Zusammenbau oder der Instandhaltung von elektrischen Arbeitsmitteln und/oder Anlagen notwendig ist, um die befähigte Person in die Problematik der Prüfung von elektrischen Arbeitsmitteln einzuarbeiten.

Während der praktischen Tätigkeit muss die befähigte Person Erfahrungen gesammelt haben:

  • mit intakten elektrischen Arbeitsmitteln (Aufbau, bestimmungsgemäßer Betrieb, möglicher Fehlgebrauch, Prüfumfang, Prüfablauf),
  • mit diesen Arbeitsmitteln in Störungs- und Instandsetzungssituationen und
  • bei der Durchführung wiederkehrender oder vergleichbarer Prüfungen sowie bei ihrer Bewertung.

Zeitnahe berufliche Tätigkeit

Die befähigte Person muss eine zeitnahe berufliche Tätigkeit entsprechend der Prüfaufgabe ausgeübt haben. Das bedeutet, dass die Berufserfahrungen praktisch und aktuell sein müssen. Sie muss über die für die vorgesehenen Prüfaufgaben im Einzelnen erforderlichen Kenntnisse der Elektrotechnik sowie der relevanten technischen Regeln verfügen.

Außerdem muss die befähigte Person eine für elektrische Gefährdungen angemessene Weiterbildung betreiben, um die vorhandenen Kenntnisse zu aktualisieren. Die Weiterbildung kann z.B. durch Teilnahme an Schulungen oder an einem einschlägigen Erfahrungsaustausch erfolgen. An dieser Stelle gibt die TRBS dem Arbeitgeber eine recht große Freiheit bei der Auswahl der erforderlichen Weiterbildungsmaßnahmen.

Wichtig ist, dass bei einem möglichen Unfall klar und deutlich die erforderliche Befähigung des Prüfers belegbar ist.

Durch die geforderte Weiterbildung ist fast ausgeschlossen (Ausnahme Selbststudium…), dass eine Person, die zwar einen Gesellen/Facharbeiterbrief besitzt, aber über keinerlei fachliche Weiterbildung verfügt, eine befähigte Person im Sinne der TRBS 1203 darstellt.

Eine elektrotechnisch unterwiesene Person besitzt natürlich auch nicht die geforderte Befähigung nach TRBS 1203.

Hinweis
Wer die Sicherheit von elektrischen Geräten prüft, muss nicht nur die Messtechnik beherrschen und die Grenzwerte kennen, er muss vor allem die Messwerte interpretieren können.

Ein noch nicht erreichter Grenzwert (also grün) kann durchaus bedeuten, dass das Gerät nicht in Ordnung ist, da der Messwert ein Vielfaches des angemessenen Werts beträgt und auf eine schleichende Verschlechterung hinweist. Der automatisierte messtechnische Ablauf wertet jedoch „in Ordnung“, also grün. Ob die gemessenen Werte zu einem ordnungsgemäßen Zustand des Prüflings passen, muss allerdings der Prüfer entscheiden.

Das kann keine auf die Schnelle angelernte Kraft leisten! Diese Aufgabe kann nur von einer besonders befähigten Person ausgeführt werden. Sie muss neben einer fundierten Grundausbildung in der Elektrotechnik für diese Prüfungen besonders geschult sein, sie muss die relevanten elektrotechnischen Regeln und Vorschriften sehr gut kennen und zur Anwendung bringen. Auch muss sie ständig auf dem neusten Stand der Normen, Verordnungen und Gesetze sein.

Fazit

Die vorstehend genannten Personenkreise dürfen nur unter der Leitung und Aufsicht einer befähigten Person (Anforderung siehe TRBS 1203) für das Prüfen ortsveränderlicher elektrischer Arbeitsmittel eingesetzt werden. Die befähigte Person muss die zur Anwendung kommende Prüftechnologie vorgeben und ist für die Auswertung der Prüfergebnisse verantwortlich. Das heißt, es müssen sogenannte Prüfteams gebildet werden.

Das ist auch gut so. Schließlich geht es nicht darum, nur die Plaketten auf seinen elektrischen Arbeitsmitteln zu haben und damit eine lästige Pflichtmaßnahme abzuhaken! Das Ziel ist ganz klar: Man will sicherstellen, dass den Beschäftigten nur elektrische Arbeitsmittel zur Verfügung stehen, bei denen Sicherheit und Gesundheitsschutz gewährleistet sind. Und genau aus diesem Grund muss man die Prüfung von elektrischen Gefährdungen zwingend von einer für diese Aufgabe befähigten Person oder unter deren Leitung und Aufsicht durchführen lassen.

Beitrag aus dem Jahr 2014, wurde geprüft und aktualisiert am 28. April 2020

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  • Autor:

    Stefan Euler

    Geschäftsführer der MEBEDO Consulting GmbH und MEBEDO Akademie GmbH sowie BDSH e.V. geprüfter Sachverständiger Elektrotechnik

    Euler, Stefan

    Der Schwerpunkt seiner heutigen Tätigkeit liegt in der Beratung von Unternehmen beim Aufbau einer rechtssicheren Organisationsstruktur im Bereich der Elektrotechnik. Teilweise schließt dies auch die Übernahme der Verantwortung als externe verantwortliche Elektrofachkraft (VEFK) / Interim Manager Elektrosicherheit für die Unternehmen ein.

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Kommentare

Kommentar von Daniel |

Hallo,

ich hab noch folgenden Frage:

Wir betreiben in unserer Firma rund 1200 Geräte die Geprüft werden müssen. Ich und mein Kollege (Beide Kfz-Techniker-Meister) haben den DGUV3 Lehrgang absolviert.

Im Lehrgang sagte unser Dozent, dass wir ohne Aufsicht prüfen dürfen, WENN wir eine Sicherheitsunterweisung unserer Werkstatt von einem Elektriker unterschrieben bekommen.

Stimmt das?

Vielen Dank

Kommentar von Tobias Trapp |

Hallo Dirk,
kurz zu dir. Nach 16 Jahren nicht mehr in deinem Beruf, hast du den Rang als Elektrofrachkraft verloren. Du bist schlichtweg nur noch ein Geselle.
Wenn du alleine die Prüfung durchführen sollst, musst du eine Elektrofachkraft sein oder unter "Leitung und Aufsicht" einer Elektrofachkraft prüfen (unter bestimmten Bedingungen).
Wie wird man eine EFK?
Eine EFK wird man durch 3 Bedingungen.
1. Eine elektrische Ausbildung (oder langjährige Berufserfahrung auf dem Gebiet der Elektrotechnik).
2. Du musste dich in der aktuellen Normen- und Gesetzeslage auskennen.
3. Du benötigst eine zeitnahe Erfahrung in dem Aufgabengebiet.

Du besitzt:
1. Die Ausbildung zum Elektroinstallateur
2. Kenntnisse über die Aktuellen Normen und Gesetze? Ich glaube eher weniger dass du dich *gut* in den Normen und Gesetzen auskennst (kenne dich natürlich nicht), zum anderen wird ein 2-Tages Kurs dir nur einen groben Überblick geben. Also fällt die 2. Bedingung schon mal weg
3. Du hast keine Erfahrung (als Elektroinstallateur wahrscheinlich nicht) und schon gleich zwei mal keine zeitnahe im Bereich der DGUV V3-Prüfungen.
Also fällt der 3. Punkt ebenfalls weg.

Eine Elektrofachkraft die mehrere Jahre als Installateur arbeitet und plötzlich in die Messung der ortsveränderlichen Geräte wechselt, ist ebenfalls keine *Elektrofachkraft* da ihr die Erfahrung im Aufgabengebiet der Messung der ortsveränderlichen Geräte fehlt.

Eine genaue Zeit wie lange man braucht um genug Erfahrung gesammelt zu haben, gibt es nicht. Bei uns im Unternehmen ist es ca. 1Jahr "mitlaufen" und einer Überprüfung der Fähigkeiten (fachlich und persönlich), erst dann wird man zur Elektrofachkraft bestellt.

Also meine Meinung ist, "nein" dies ist nicht rechtens!

Ich hoffe ich konnte dir weiter helfen, ansonsten melde dich nochmal.
Grüße Tobi

Kommentar von Dirk |

Hallo, ich bin gelernter Elektroinstallateur und arbeite seit knapp 16 Jahren nicht mehr in dem Beruf. Mein jetziger Arbeitgeber schickt mich jetzt auf ein zweitägiges Seminar bei der Dekra. Danach soll ich die Prüfungen der ortsveränderlichen Geräte durchführen. Ist das rechtens? Vielen Dank schonmal für die Antwort.

Kommentar von stefan Bräuning |

Hallo, muß ich bei dem Unternehmen angestellt sein bei dem ich die Prüfungen durchführe oder ist es ok wenn ich auf grund eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages dort arbeite also als Sub

Danke im vorraus

Kommentar von Jacqueline Hilbert |

Ich wohne zz im betreuten wohnen und jetzt will der hausmeister in mein zimmer und alle meine privaten elektrischen geräte auch handykabel usw. prüfen. Muss ich dem hausmeister meine privaten geräte zeigen? Danke für ihre antwort.

Kommentar von Patrick |

Hallo,
dazu habe ich folgende Frage,

muss ich, wenn Geräte geprüft werden sollen als Elektrofachkraft mit ständiger / Jährlicher Teilnahme an VDE Seminaren trotzdem noch ein Seminar ablegen um eine befähigte Person für Elektrogeräteprüfung zu sein?
also zusätzliche Teilnahme am Kurs "befähigte Person für Prüfung elektrischer Geräte.

Vielen dank schon mal

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