Wie wird man verantwortliche Elektrofachkraft?
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Für die verantwortliche fachliche Leitung eines elektrotechnischen Betriebs oder Betriebsteile ist eine verantwortliche Elektrofachkraft (VEFK) erforderlich. Nach der Norm DIN VDE 1000-10 verfügt die verantwortliche Elektrofachkraft über eine abgeschlossene Ausbildung als Techniker/-in, Industriemeister/-in, Handwerksmeister/-in, Diplom-Ingenieur/-in, Master oder Bachelor aus dem Bereich Elektrotechnik.
Frage aus der Praxis
Unser Unternehmen wird zurzeit umstrukturiert. Die jetzige Elektrotechnik wird in Planung und Betrieb aufgeteilt. Wir, Prüf- und Messwesen, alles Elektromeister, sollen dem Betrieb zugeteilt werden. Die jetzige verantwortliche Elektrofachkraft wird in der Planung sitzen. Wir prüfen nach DGUV Vorschrift 3 u.a. ortsfeste sowie überwachungsbedürftige Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen nach der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). Unser zukünftiger Vorgesetzter ist keine Elektrofachkraft.
Kann die disziplinarische Führungskraft auch ohne elektrotechnische Ausbildung und Qualifikation unsere verantwortliche Elektrofachkraft sein?
Antwort des Experten zu den notwendigen Qualifikationen der VEFK
Verschiedene Lösungen sind denkbar
- Die bisherige verantwortliche Elektrofachkraft nimmt trotz Abteilungs-/Aufgabenwechsel in den Bereich „Planen“ ihre bestehende Fach- und Aufsichtsverantwortung weiterhin wahr, da sie nicht vor Ort sein muss. Wenn die elektrotechnischen Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten im Unternehmen klar organisiert sind, kann jede Führungskraft den Mitarbeitern die anfallenden elektrotechnischen Arbeiten zuweisen.
- Der Bereich „Planen“ benötigt keine verantwortliche Elektrofachkraft. Die gegenwärtige verantwortliche Elektrofachkraft wird (schriftlich) entpflichtet; aus dem Betriebsteil „Messen“ wird eine erfahrene Elektrofachkraft mit entsprechender fachlicher und persönlicher Eignung (vgl. DIN VDE 1000-10, Abs. 5.3) schriftlich bestellt.
- Je nach Größe und Struktur des Unternehmens kann es sinnvoll sein, eine weitere verantwortliche Elektrofachkraft (schriftlich) zu bestellen, welche für den elektrotechnischen Betriebsteil „Messwesen“ die Verantwortung übernimmt, während die bestehende verantwortliche Elektrofachkraft den Betriebsteil „Planen“ betreut. Die beiden verantwortlichen Elektrofachkräfte teilen sich die Aufgabengebiete so auf, wie es in den Bestellschreiben hinterlegt ist. Eine zusätzliche oberste verantwortliche Elektrofachkraft ist nicht erforderlich.
Diese Entscheidung liegt beim Unternehmer bzw. den benannten disziplinarischen Führungskräften. Als Entscheidungshilfe können Sie hier die Checkliste zum Anforderungsprofil einer verantwortlichen Elektrofachkraft downloaden.
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Qualifikationen der verantwortlichen Elektrofachkraft: rechtliche Grundlagen
In § 13, Abs. 2 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) heißt es dazu:
„Der Arbeitgeber kann zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm obliegende Aufgaben nach diesem Gesetz in eigener Verantwortung wahrzunehmen.“
Die Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ nimmt diese Aussage in § 7 „Befähigung für Tätigkeiten“ auf:
„(1) Bei der Übertragung von Aufgaben auf Versicherte hat der Unternehmer je nach Art der Tätigkeiten zu berücksichtigen, ob die Versicherten befähigt sind, die für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Aufgabenerfüllung zu beachtenden Bestimmungen und Maßnahmen einzuhalten. Der Unternehmer hat die für bestimmte Tätigkeiten festgelegten Qualifizierungsanforderungen zu berücksichtigen.
(2) Der Unternehmer darf Versicherte, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, mit dieser Arbeit nicht beschäftigen.“
…und verstärkt diese in § 13 „Pflichtenübertragung“ durch die Forderung nach schriftlicher Dokumentation:
„Der Unternehmer kann zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm nach Unfallverhütungsvorschriften obliegende Aufgaben in eigener Verantwortung wahrzunehmen. Die Beauftragung muss den Verantwortungsbereich und Befugnisse festlegen und ist vom Beauftragten zu unterzeichnen. Eine Ausfertigung der Beauftragung ist ihm auszuhändigen.“
Anforderungen an verantwortliche Elektrofachkräfte
In Ihrem geschilderten Fall muss die disziplinarische Führungskraft zunächst die DGUV Vorschrift 1, § 7 selbst reflektieren. Als Hilfestellung für die Tätigkeiten, welche im Bereich Elektrotechnik bestimmte Mindestqualifikationen erfordern, dient insbesondere die Norm DIN VDE 1000-10 „Anforderungen an die im Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen“, 1 „Anwendungsbereich“, welche auch die von Ihnen genannten Punkte Planen und Prüfen beinhaltet.
Weiter erklärt die DIN VDE 1000-10 unter 5 „Anforderungen“, welche Mindestqualifikationen im Bereich Elektrotechnik für diese Tätigkeiten erforderlich sind. Dabei stellt Ihre Führungskraft fest, ob sie selbst fachlich geeignet ist. Wenn Ihr disziplinarischer Vorgesetzter jetzt zu dem Schluss kommt, diese Aufgaben zu übertragen, greift DIN VDE 1000-10 Anhang A, Abs. 5.3 bzw. Abs. 6:
„In Betrieben, in denen der Unternehmer bzw. die Führungskraft nicht selbst verantwortliche Elektrofachkraft vEFK ist, muss er für elektrotechnisch relevante Sicherheitsaufgaben die Fach- und Aufsichtsverantwortung einer verantwortlichen Elektrofachkraft vEFK übertragen, wobei je nach Anforderung und Gefahrenpotential eine geeignete Fachkraft auszuwählen ist.“
Elektrotechnische Qualifikationen sind notwendig
Eine verantwortungsvolle Ausführung elektrotechnischer Arbeiten entsteht immer durch eine konsequente Abstimmung zwischen der disziplinarischen Führungskraft, der verantwortlichen Elektrofachkraft (VEFK) und den Durchführenden der elektrotechnischen Tätigkeiten im Unternehmen.
Ihre disziplinarische Führungskraft kann ohne die besprochenen elektrotechnischen Voraussetzungen nicht Ihre verantwortliche (Elektro-)Fachkraft sein. Sie sollte bei einer Umstrukturierung im Unternehmen gemeinsam mit der bereits bestellten verantwortlichen Elektrofachkraft die Vereinbarkeit bestehender und neuer Aufgaben überprüfen und ggf. (schriftlich) anpassen.
Beitrag aus dem Jahr 2018, wurde geprüft und aktualisiert am 06.11.2020
Kommentare
Kommentar von Jens M. |
Hallo,
ich hab die DIN VDE 0100-10 Anhang A zu 3.1 so verstanden, dass die vEFK mindestens die Qualifikation Meister, Techniker oder Ingenieur im Bereich der Elektrotechnik haben sollte. Dies wird auch bei diversen Weiterqualifikationen so angegebenen.
Kommentar von Martin Weber |
Auf die wesentlichen Punkte bei der Bestellung einer VEFK wurde in dem Artikel eingegangen. Etwas zu kurz gekommen ist meiner Ansicht (wie bei vielen Ausarbeitungen) das sogenannte Auswahlverfahren, dass auch nach einer erfolgten Bestellung zur Fussangel für den Unternehmer werden kann. Im Internet gibt es dazu Vorlagen/Checklisten und Beispiele. Ich würde mir einen Artikel wünschen, der auf die Problematik "Auswahlverfahren" ausführlich eingeht und anhand von mehreren Beispielen darstellt. Einschließlich der externen Vergabe, falls dies für einen Betrieb mit den internen Möglichkeiten nicht lösbar ist. Grüße M. Weber
Antwort von Christina Wernicke
Hallo Herr Weber,
vielen Dank für Ihre Anmerkung. Das ist ein durchaus interessantes Thema, das ich gerne an unsere Autoren weiterleite.
Viele Grüße
Christina Wernicke
Kommentar von Gunter König |
Der Artikel ist sehr aufschlussreich, in unserem Unternehmen ist die Verantwortung auch auf mehrere VEFK's aufgeteilt. Mittlerweile ist die Elektrotechnik jedoch auch stark von Steuerungstechnik (Soft-/Hardware) geprägt. Nicht jede Elektrofachkraft kann sowohl die klassische Elektrotechnik und die Steuerunstechnik abdecken und auch für beide verantwortlich sein. So manche VEFK ist hier fachlich überfordert, denke das Thema muss künftig überarbeitet werden, nicht jede Firma kann sich mehrere Fachleute für alle Fachgebiete leisten, dies ist für kleinere Unternehmen äußerst schwierig. MFG G. König
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