Herausforderung Elektrosicherheit: veraltete Elektroinstallationen

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Alte Elektroinstallationen entsprechen oft nicht dem aktuellen Stand der Technik und sollten modernisiert werden.
Alte Elektroinstallationen entsprechen oft nicht dem aktuellen Stand der Technik und sollten modernisiert werden. (Bildquelle: in4mal/iStock/Thinkstock)

Oft passiert ein tödlicher Stromunfall nicht im Beruf, sondern im privaten Umfeld. Ursache sind oft Leichtsinn, Unkenntnis und mangelnder Wahrnehmung der Gefahren des elektrischen Stroms. Aber auch veraltete Elektroinstallationen oder Heimwerkerprojekte, die ein elektrotechnischer Laie ohne die notwendigen Fachkenntnisse durchführt, können tödlich sein.

Rechtslage zur Elektrosicherheit

In Betrieben und Unternehmen ist klar geregelt, wer für Sicherheits- und Elektrosicherheitsaspekte zuständig ist. Der Arbeitgeber und Betreiber der Arbeitsstätte ist verantwortlich für die Sicherheit seiner Beschäftigten. Er hat dafür zu sorgen, dass niemand durch elektrische Installationen und Betriebsmittel gefährdet wird. Alle gewerblichen elektrischen Anlagen müssen sicher installiert und betrieben werden. Elektrisch betriebene Maschinen und Elektrowerkzeuge müssen regelmäßig geprüft und instandgehalten werden. Das ist Aufgabe der Elektrofachkraft.

Bei privaten Immobilien sieht es ganz anders aus. Die Rechtslage zur Elektrosicherheit ist hier weniger bekannt. Gewerbeaufsichtsämter, Arbeitsschutzbehörden oder Berufsgenossenschaften treten gegenüber privaten Immobilienbesitzern nicht in Erscheinung und das Bewusstsein für die Gefahren des elektrischen Stroms entsteht oft erst, wenn etwas passiert ist.

Häufig werden Elektroarbeiten von Hausbesitzern, Bewohnern und Mietern in Eigenleistung durchgeführt – obwohl diese keinerlei elektrotechnische Qualifikation besitzen und als elektrotechnische Laien gelten. Dazu kommt, dass elektrische Installationen in älteren Gebäuden oft Jahre oder sogar Jahrzehnte alt sind und nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik entsprechen.

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Was viele private Immobilienbesitzer nicht wissen

Jeder Gebäudebesitzer hat eine Sorgfaltspflicht für seine Immobilie, die auch die elektrischen Installationen umfasst. Laut § 13 der Niederspannungsanschlussverordnung

  • ist der Anschlussnehmer – das ist in der Regel der Eigentümer eines Gebäudes – für die ordnungsgemäße Errichtung, Erweiterung, Änderung und Instandhaltung der elektrischen Anlage hinter der Hausanschlusssicherung gegenüber dem Netzbetreiber verantwortlich. Dies gilt auch, wenn das Gebäude oder Teile des Gebäudes vermietet werden.
  • darf eine elektrische Anlage nur nach den Vorschriften der Niederspannungsanschlussverordnung und anderen Rechtsvorschriften sowie nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet, erweitert, geändert und instandgehalten werden.
  • dürfen die im letzten Punkt genannten Arbeiten außer durch den Netzbetreiber nur durch ein in ein Installateurverzeichnis eines Netzbetreibers eingetragenes Installationsunternehmen durchgeführt werden. Das gilt – außer für den Abschnitt zwischen Hausanschlusssicherung und Messeinrichtung – allerdings nicht für die Instandhaltung der Anlage.

Daraus folgt: Ein elektrotechnischer Laie ist nicht befugt, elektrische Anlagen, die an die öffentliche Stromversorgung angeschlossen sind oder angeschlossen werden sollen, zu installieren oder zu erweitern. Auch die Instandhaltung der elektrischen Anlage muss ein elektrotechnischer Laie Fachkräften überlassen. Denn gemäß der DIN VDE 0105-100 dürfen Laien maximal unter Aufsicht einer Elektrofachkraft an der Instandhaltung elektrischer Anlagen mitwirken.

Gefahren durch veraltete Elektroinstallationen

Nicht nur unsere Anforderungen an Komfort und Sicherheit haben sich in den letzten Jahrzehnten verändert, auch die Vorschriften für elektrische Anlagen haben sich immer weiterentwickelt. Doch in älteren Gebäuden findet man noch immer veraltete Elektroinstallationen. Oft befinden sich die Anlagen noch in ihrem ursprünglichen Zustand und entsprechen nicht den heutigen Anforderungen an sichere Elektroinstallationen, z.B.:

  • Die Anzahl der Steckdosen reicht nicht aus, um die vielen elektrischen Geräte für Haushalt, Kommunikation und Unterhaltung zu versorgen. Um trotz fehlender Steckdosen alle benötigten Geräte nutzen zu können, werden häufig Mehrfachsteckdosen verwendet – oft auch hintereinander geschalten.
  • In manchen Zimmern fehlen Steckdosen ganz, zum Beispiel in manchen Bädern oder Nebenräumen.
  • Die alten Elektroleitungen sind zweiadrig ausgelegt, in sogenannter „klassischer Nullung“ ohne besonderen Schutzleiter.
  • Jahrzehnte alte Elektroleitungen können brüchig geworden sein. Bei ihrer Installation war kaum vorauszusehen, wie viele elektrische Verbraucher heute oft gleichzeitig angeschlossen sind.
  • Ein Sicherungskasten enthält Schmelzsicherungen zum Überstromschutz statt Leitungsschutzschalter.

Die genannten Punkte stellen zwar nicht zwangsläufig eine akute Gefahr dar, spätestens bei einer Renovierung oder einem Umbau sollten die aus Sicht der Elektrosicherheit kritischen Schwachstellen jedoch fachgerecht behoben werden.

Downloadtipps der Redaktion

Unterweisung: „Benutzen von elektrischen Betriebsmitteln“

Hier gelangen Sie zum Download.

E-Book: „VDE 0701 und VDE 0702“

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Protokoll: „Mess- und Prüfprotokoll nach VDE 0701 und VDE 0702“

Hier gelangen Sie zum Download.

Der viel diskutierte Bestandsschutz

Wenn eine elektrische Anlage zum Zeitpunkt ihrer Installation den Vorschriften entsprochen hat, besteht keine grundsätzliche Pflicht zur Nachrüstung. Wie dieser sogenannte Bestandsschutz in der Praxis zu handhaben ist, wird immer wieder und auch kontrovers diskutiert. Es gilt der Grundsatz, dass bei wesentlichen Änderungen an einer Elektroanlage die komplette Anlage an die inzwischen geltenden Vorschriften angepasst werden muss. Dies bedeutet, dass in vielen Fällen die komplette Installation auf den aktuellen Stand gebracht werden muss, wenn in eine bestehende Elektroinstallation eingegriffen oder diese erweitert wird. Dann sind Leitungen dreiadrig auszuführen, Fehlerstromschutz muss nachgerüstet werden usw.

Insbesondere die Versorgung einer Wohnung oder eines Gebäudes mit einer ausreichenden Anzahl an Steckdosen ist bei Renovierungen oft der erste Wunsch der Bewohner. Dies dient nicht nur der Bequemlichkeit, sondern auch dem Brandschutz. Denn hintereinandergeschaltete Mehrfachsteckdosen und Verlängerungen sind nicht nur eine Stolperfalle, sondern es besteht bei Überlastung die Gefahr eines Kabelbrandes.

Orientierung zur Zahl der Steckdosen und TV- und Datenanschlüssen bei der Modernisierung bestehender Elektroinstallationen bietet die RAL-RG 678. Für Mieter hat der Bundesgerichtshof bereits vor mehr als 10 Jahren einen Mindeststandard postuliert (VIII ZR 281/03). Auch in nicht sanierten Altbauwohnungen muss es möglich sein, die „für die Haushaltsführung allgemein üblichen" Elektrogeräte zu verwenden. Es ist nicht hinnehmbar, dass ein Mieter z.B. auf eine Waschmaschine verzichten muss oder nicht staubsaugen kann, während der Geschirrspüler läuft, weil ansonsten die Leitungen überlasten würden.

Beitrag ursprünglich aus März 2017, zuletzt aktualisiert im Januar 2024

  • Autor:

    Dr. Friedhelm Kring

    freier Lektor und Redakteur

    Kring, Friedhelm

    Dr. Friedhelm Kring ist freier Lektor, Redakteur und Fachjournalist mit den Schwerpunkten Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.

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Kommentare

Kommentar von Mönius Martin |

Stichwort Qualifikation „Elektrofachkraft“ (EFK):
bei der Qualifikation „Elektrofachkraft“ (EFK) handelt es sich um einen Status
und nicht um einen Berufsabschluss.
Neben den in der DGUV-Vorschrift 3, VDE 1000-10 bzw. VDE 0105-100
dargestellten fachlichen Anforderungen tritt auch immer die persönliche Eignung.
Während der Berufsabschluss trotz mangelnder persönlicher Eignung nicht verlustig gehen kann, ist dies bei einem Status sehr wohl der Fall.
Die Parameter:
-Fachliche Ausbildung
-Kenntnisse
-Erfahrungen
-Kenntnis der einschlägigen Normen
-Persönliche Eignung
müssen erfüllt sein um den Status einer EfK zu erlangen.
Fazit:
Der Begriff »Elektrofachkraft« ist keine Berufsbezeichnung,
sondern definiert die Befähigung zur Erfüllung bestimmter Aufgaben.
Regelmäßige Weiterbildungsmaßnahmen (Sach-Fachkunde)
gehören zum Erhalt des "Status EfK".
Provokativ:
Wer erfüllt letztendlich in der Praxis z.B. zeitnahe Tätigkeit all diese Parameter?

Kommentar von Andreas |

Warum wird §13 NAV nur unvollständig zitiert? Vollständig steht dort: "(Satz 4) Die Arbeiten dürfen außer durch den Netzbetreiber nur durch ein in ein Installateurverzeichnis eines Netzbetreibers eingetragenes Installationsunternehmen durchgeführt werden; [...]. (Satz 5) Mit Ausnahme des Abschnitts zwischen Hausanschlusssicherung und Messeinrichtung einschließlich der Messeinrichtung gilt Satz 4 nicht für Instandhaltungsarbeiten."

Somit darf ein elektrischer Laie z.B. Lichtschalter oder Steckdosen austauschen, da es sich dabei unzweifelhaft um Instandhaltungsarbeiten handelt!

Kommentar von Jörg Bauer |

Im Prinzip ist es mit der Eigenleistung immer gleich: solange nichts passiert und alles funktioniert fühlt sich jeder sicher.
Ein wesentlicher Unterschied vom Privatmann zum Elektrohandwerksbetrieb ist z. B. dessen Betriebshaftpflichtversicherung, wenn aus der geleisteten Arbeit Schäden entstehen. Diese Tatsache ist auch den Verteilungsnetzbetreibern äußerst wichtig, da sehr viele Immobilien unmittelbar aus dem Niederspannungsnetz der Energieversorger gespeist werden. Sollten hier Netzrückwirkungen egal welcher Art auftreten, möchten diese eine verantwortliche (versicherte) Fachkraft ansprechen können.
Ansonsten gebe ich Ihnen Recht: bessere und schlechtere Arbeiten finden sich überall.

Kommentar von Meckeronkel |

Moin,
der letzte Fachmann hat alles versaut. Abgekauter Duspol als FI Tester. Das öffnet die Augen. Und Hand aufs Herz, welcher Elektriker prüft nach DIN / VDE, wenn er einen Schalter tauscht. In der Praxis sind weniger als 5%.
Also, DIN / VDE sind nette Hinweise, die selbst "Fachleute" gepflegt ignorieren.
Grüße

Kommentar von Steffen |

Ich kann Matthias Aussagen sehr gut folgen. Ich bin seit über 10 Jahren als Elektroingenieur in der Planung und tw. auch Errichtung von industriellen Sondermaschinen tätig und würde mich für diesen Bereich durchaus als EFK bezeichnen. Damit sehe ich mich eigentlich durchaus in der Lage, in meinem Eigenheim Elektroinstallationsarbeiten durchzuführen.
Ich habe mich mit meinem eingetragenen Installateur mittlerweile darauf geeinigt, dass ich die praktischen Arbeiten selbst vornehme und er die Prüfung übernimmt (schon weil mir privat der Zugang zu Messgeräten und auch die Erfahrung damit fehlt).

Kommentar von Matthias |

zu Thomas:
Nein, im Kühlschrank habe ich keine Messgeräte. Du lagerst sie im Kühlschrank? Im Labor dagegen schon und außerdem noch einiges mehr an Messgeräten, deren Funktion der normale Hausinstallateur nicht mal vom Hörensagen kennt. Ich denke, es ist eher so, dass der gemeine Hausinstallateur handwerklich im Bereich Hausinstallation mehr Erfahrung als ich hat ... aber messtechnisch habe ich so meine begründeten Zweifel (und was VDE Vorschriften an geht leider auch). Und genau, deshalb habe ich auch gesagt, dass ich natürlich will, dass Installationen/Modifikationen von Fachkräften ausgeführt werden und dazu gehört auch, dass man als Fachkraft "nein" sagt, wenn man eine Arbeit ausführen soll, aber sie nicht überpüfen kann, weil man das entsprechende Messgerät nicht hat. Oder dass man nein sagt, wenn in einem bestimmten Bereich das Wissen fehlt. Das nennt man verantwotliches Handeln. Aber die Beschränkung auf eingetragene Hausinstallateure ist Unsinn, weil es in der Industrie, in der Medizintechnik, in der Luftfahrt, etc etc. Elektrofachkräfte gibt die ein wesentlich breiteres und tieferes Fachwissen haben, wie eingetragene Hausinstallateure und für die es auch kein Problem ist, sich in die relevanten Standards einzulesen. Ich erlebe immer wieder privat und beruflich, dass Handwerksbetriebe "Elektriker" ohne Ahnung schicken (was natürlich nicht auf alle zutrifft). Da kommt zB.: ein Typ der den Ableitstrom der Kaffemaschine für DGUV prüfen soll und dann munter den Strom des nichtvorhanden "Schutzleiters" bei Schutzklasse II "misst". Und wenn man ihn frägt, was er denn zum Teufel macht, sagt er "Ich stecke das Gerät ein und wenn bei meinem Messgerät das grüne Licht blinkt ist alles gut!" Nicht falsch verstehen, es gibt in der Industrie Pfeiffen und es gibt im Handwerk Pfeiffen und überall gibt es gute Leute. Aber wenn man sich wortwörtlich an die Vorschriften halten würde, darf ich zwar in meiner Arbeit in Krankenhäusern Systeme installieren und abnehmen mit Eingangsleistungen von bis zu 135 kV/60A, aber wenn meine Frau den Lichtschalter in der eigenen Küche tauschen möchte, müsste ich einen eingetragenen Elektroinstallateur rufen.
Nochmal ich will nichts an der Aussage aufweichen, dass es nur Fachkräfte dürfen mit entsprechendem Wissen und ERfahrung. Aber die gibt es nicht nur in eingetragenen Handwerksbetrieben.

Kommentar von Thomas |

Hallo!
Nun ja, Eigentum verpflichtet. Niemand meckert wenn das Auto alle 2 Jahre zum Tüv muss und im Kaufvertrag steht dass bei nicht Einhaltung der Service Intervalle die Gewährleistung erlischt...deswegen gibt es in München so viele Autos...die Menschen schlafen nachts in den Autos weil die viel sicherer oder überhaupt sicher sind....sicherer als die Elektroinstallationen in den Wohnungen....oder??
Zu Mathias... sicher kannst du handwerklich einen Schalter oder eine Steckdosen austauschen, keine Frage. Aber kannst du auch mess-technisch nachweisen das der Betrieb dann auch den Anforderungen entspricht? Berührungsspannung, Auslösezeit, Kurzschluss Strom....du hast sicher alle Meßgeräte im Küchenschrank und die nötige Erfahrung die Messwerte zu interpretieren...nicht persönlich nehmen. Wir Fachkräfte könnens nicht nur handwerklich, wir könnens auch messtechnisch beweisen das dass was wir tun in Ordnung ist ... und das ist der Knackpunkt! Hat nichts mit Lobby zu tun eher mit Verantwortungsbewußtsein. Aber es ist nicht einfach Menschen für solche Sachen wie Instandhaltung, Wartung und Service im Bereich Elektro zu sensibilisieren... ist eben kein Auto mit ESP, ASP PPP und mitlerweilen 16 Airbags,.....das vor der geschlossenen Haustüre glänzt wo hinter sich eine Elektroinstallation aus den 50er Jahren verbirgt. Beste Grüße

Kommentar von Matthias |

Den letzten Punkt in §13 der Niederspannungsanschlussverordnung halte ich für Protektionismus und Lobbyarbeit der Hausinstallateure (bzw deren Handwerkskammer). Keine Frage Elektroinstallationen müssen von einer Fachkraft durchgeführt werden. Aber wenn ich mich getreu an die Worte der Vorschrift halte, dürfte ich an meiner eigenen Hausinstallation keinen Lichtschalter tauschen. Ich würde mich zwar als Elektrofachkraft bezeichnen (Elektrotechnikstudium, jahrelange und aktuelle Erfahrung bei der Entwicklung und dem Service medizinischer Großgeräte, VEFK für eine bestimmte Abteilung bei meinem Arbeitgeber, Einblick in Hausinstallationen durch die Arbeit meines Vaters von der Kindheit an), aber ich bin natürlich kein im Installateurverzeichnis eines Netzbetreibers eingetragenes Installationsunternehmen.

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