Elektrosicherheit: EFK berichten von Problemen in eigenen Betrieben

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Elektrosicherheit und die Probleme in eigenen Betrieben
Elektrosicherheit muss aufgebaut, organisiert und gepflegt werden und genau hier sehen Elektrofachkräfte das größte Problem in ihren Betrieben! (Bildquelle: kadmy/iStock/Getty Images)

Uns hat interessiert: Wo sehen Sie die größten Mängel in der elektrotechnischen Organisation Ihres Unternehmens?

elektrofachkraft.de bedankt sich ganz herzlich bei allen Usern, die an dieser Umfrage teilgenommen haben. Die Resonanz war wirklich groß – die Antworten erschreckend.

Hier sehen Elektrofachkräfte die größten Probleme in eigenen Betrieben

Dass auf eine Frage nach Mängeln in den Antworten Schwierigkeiten, Hürden und Probleme im beruflichen Alltag genannt werden, war zu erwarten. Doch die Deutlichkeit, Heftigkeit und Richtung der Aussagen hat die Redaktion überrascht. Hier einige typische Antworten:

„Kein Verständnis für elektrotechnische Notwendigkeiten und Belange im Unternehmen.“

„Mangelndes Interesse der Führung, Elektrische Sicherheit wird als Kostenfaktor gesehen.“

„Gesamtverantwortliche Elektrofachkraft (GVEFK) besteht nur auf dem Papier, trotz weisungsfreier Bestellung keine Rückendeckung durch die Geschäftsführung.“

„Keine Akzeptanz durch Geschäftsführung bzw. Niederlassungsleitung, Elektroorganisation kostet Geld.“

„Verantwortlichkeiten bei der Aufstellung der elektrotechnischen Organisation werden nicht wahrgenommen.“

„Fehlende schriftliche Beauftragungen der verantwortlichen Personen.“
>>> Tipp der Redaktion: Laden Sie sich das Formular „Bestellung zur verantwortlichen Elektrofachkraft“ herunter

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„Hinweise und Berichte von Mängeln des Elektromeisters werden nicht ernstgenommen.“

„Immer wieder arbeiten elektrotechnische Laien an der Elektroanlage. (Hausmeister).“

„So lange der Strom aus der Steckdose kommt, kümmert sich keiner drum oder Anliegen werden übergangen. Erst wenn nichts mehr zu retten ist, die Anlagen in einem katastrophalen Zustand sind, werden Überlegungen angestrebt, ob Handlungsbedarf besteht.“

„… bis vor einem Jahr gab es noch keine VEFK sowie eine Organisationsstruktur der Elektroabteilung! Dies hat aber mehr als 10 Jahre Überredungskunst, Nerven und viel Zeit für Sitzungen gekostet.“

Häufigst genanntes Problem: Geschäftsführung/Betriebsleitung/Chef

Eines fällt beim Ordnen aller Antworten besonders auf: Mit Abstand am häufigsten werden die genannten Mängel der Entscheiderebene zugeordnet, ob diese nun Geschäftsführung, Betriebsleitung, Werkleitung oder einfach nur „unser Chef“ genannt wird. Die Probleme entstehen oft dadurch, dass „Elektrofachkräfte von Elektrolaien geführt werden“, wie ein Teilnehmer treffend formulierte.

Elektrotechnische Laien stehen in der innerbetrieblichen Hierarchie formal über der Elektrofachkraft und entscheiden über deren Anliegen oder bügeln sie ab. Und dass obwohl sie selbst gar nicht qualifiziert sind, eine Gefahr einzuschätzen und über notwendige Maßnahmen zu entscheiden. Die Situation wird vielerorts verschärft durch Zeitdruck, Kostendruck und mangelndes Verständnis, z.B. für Weiterbildung („da wird nur das Allernötigste genehmigt“).

In einer solchen Situation gerät eine Elektrofachkraft in die schwierige Lage, trotz mangelnder Unterstützung von oben die Anforderungen an Elektrosicherheit im Betrieb umsetzen zu müssen. Ein User formulierte diese Zwickmühle folgendermaßen: „Der Elektromeister soll zwar die Anlagen und Geräte überprüfen, es wird aber nichts fachgerecht repariert oder instandgesetzt. Alles darf nichts kosten.“

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Was Betriebsleiter oft missverstehen

Derlei innerbetriebliche Verhältnisse hatten die Verfasser der DGUV Vorschrift 3 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ und der Normen, welche die Elektrofachkraft definieren, sicherlich nicht beabsichtigt. Denn drei wesentliche Aspekte werden in vielen Unternehmen offenbar nicht verstanden oder bewusst missachtet:

  1. Genau deshalb, weil nicht jeder Betriebsleiter/Geschäftsführer über eine elektrotechnische Qualifikation verfügen kann, hat der Gesetzgeber die Stellung der Elektrofachkraft geschaffen. Nur die Elektrofachkraft ist in der Lage, Gefährdungen einzuschätzen und geeignete Maßnahmen festzulegen. Die Entscheidung, was notwendig ist und was nicht, kann kein Laie treffen, auch wenn dieser in der Unternehmenshierarchie höher steht.
  2. Durch Delegieren von Pflichten ist die Sache für „den Chef“ keineswegs erledigt. Die Gesamtverantwortung für die Sicherheit im Betrieb liegt nach wie vor beim Arbeitgeber und Unternehmer. Er kann diese nicht allein auf beauftragte Mitarbeiter, verantwortliche Elektrofachkraft (VEFK), Elektrofachkraft usw. abwälzen.
  3. Wer delegiert, muss den beauftragten Mitarbeiter auch entsprechend ausstatten, damit dieser seiner Aufgabe gerecht werden kann. Das Umsetzen von Elektrosicherheit benötigt Ressourcen an Zeit und Geld für Ausrüstung, Kontrollen, Unterweisungen, Fortbildung usw. Wer diese als Entscheider verweigert, hindert die Elektrofachkraft am Wahrnehmen ihrer Pflichten.

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Fazit: Prüfen, kontrollieren, schulen, unterweisen!

Elektrosicherheit entsteht nicht dadurch, dass ein Betrieb eine Elektrofachkraft bestellt. Elektrosicherheit muss aufgebaut, organisiert und gepflegt werden. Da geht es um Prüfungen und Kontrollen, Schulungen und Unterweisungen, Dokumentation und Nachweise. Diese Aufgaben kann eine Elektrofachkraft nur wahrnehmen, wenn sie dafür in ihrem Unternehmen vollumfängliche Rückendeckung hat. Dies ist offenbar noch lange nicht selbstverständlich auf der Führungsebene in deutschen Betrieben. Eine Teilnehmerstimme macht die Brisanz deutlich: „Muss erst ein Elektrounfall geschehen damit die Werkleitung bzw. Geschäftsführung wachgerüttelt werden?“

Geht es Ihnen ähnlich wie Ihren Kollegen oder können Sie da gar nicht mitreden, dafür aber Positives zur elektrotechnischen Organisation in Ihrem Unternehmen berichten?

Verwenden Sie die Kommentarfunktion am Ende des Beitrags oder schicken Sie uns Ihre Nachrichten gerne an redaktion@elektrofachkraft.de. Wir freuen uns auf zahlreiche Antworten.

Ihre Redaktion von elektrofachkraft.de.

  • Autor:

    Dr. Friedhelm Kring

    freier Lektor und Redakteur

    Kring, Friedhelm

    Dr. Friedhelm Kring ist freier Lektor, Redakteur und Fachjournalist mit den Schwerpunkten Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.

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Kommentare

Kommentar von Wolfgang Brenner |

Sehr geehrte Damen und Herren.
Als ehemaliger TÜV SÜD Sachverständiger und Fachdozent an den Bundeswehrakademie
in Nienburg und Mannheim kann das nur bestätigen .
Alles was mit Verantwortung im Elektrobereich zu tun hat ,wird von der Geschäftsleitung nicht akpeptiert und es muss immer erst etwas passieren .Kürzlich nicht die 5 Sicherheitsregeln beachtet vom E.Monteur und schon erlitt der Kollege einen Stromschlag. Vor der E.Anlage keinen FI Schutzschalter eingebaut ,obwohl dies mehrfach beanstandet wurde vom Kollegen der DEKRA
Es wurde nur protokolliert ,aber der Einbau erfolgte nicht und Nachkontrolle fand nicht statt. Hier fragt man sich ,warum dies nicht seitens der Geschäftsleitung angewiesen bzw. sofort veranlasst wurde?
Dies nur eins von vielen Beispielen ,dass unsere Betriebssicherheitsverordnung garnicht wahrgenommen wird oder soll ,weil es Kosten verursacht ,aber ein neuer G.Bercedes wird angeschafft ,aber eine sichere Elektroinstallation ist nicht erwünscht, weil es Geld kosten könnte.
Leider sehe ich das immer wieder bei meinen Begutachtungen ,denn mit einer sicheren Elektroanlage verdient man ja kein Geld und das sieht man schon immer wieder bei den überfälligen Geräteprüfungen (ortsveränderlich ). Grausam mit welchen fehlerhaftigen Maschinen immer noch gearbeitet wird. Schlimme Zustände auch in Berlin im Bundessitz der Regierung sieht man immer mehr fehlerhafte Geräte ohne Prüfsiegel .Schlimme Zustände .
Dies nur mal kurz aus der Praxis.
Mfg.
W.Brenner
TÜV SÜD Sachverständiger i.R.

Kommentar von Schorsch |

Ja, man ist immer wieder erstaunt, dass diese (un-)verantwortlichen Eigentümer, Unternehmer, Geschäftsführungen, Betriebsleitungen und Chefs das Thema Elektrosicherheit nicht ernst nehmen. Obwohl es seit vielen Jahren entsprechende einschlägige Regelwerke gibt (Betriebssicherheitsverordnung, DGUV-Vorschriften usw.) und entsprechende Unternehmer-Pflichten (Fürsorge-, Betreiber- und Verkehrssicherungspflicht) bestehen, glauben diese Chefs, sie könnten sich aus der Affäre ziehen und anderen die Schuld zuweisen. Nein - so läuft es nicht!

Solche Chefs werden spätestens in einem Strafprozess erkennen, dass sie für alles jederzeit die volle Verantwortung hatten und nun - bspw. wegen Organisationsverschulden - ins Gefängnis gehen. Insbesondere bei tödlichen (Elektro-)Unfällen wird der Richter fragen:
Wo ist die Gefährdungsbeurteilung und was haben Sie als Unternehmer menschenmögliches getan, damit es nicht zu dem tödlichen (Elektro-)Unfall kam?

Und bei Elektroanlagen geht es neben dem Personenschutz auch immer um Brandschutz. Wer hier nachlässig handelt, kann nicht erwarten, dass irgendeine Versicherung den Schaden bezahlt - im Gegenteil.

Ein Rat an die EFKs oder VEFKs: Alles dokumentieren und mündliche Chef-Anweisungen immer schriftlich (auch per Mail) bestätigen lassen! In einem Prozess sind Dokumente das Wichtigste, um zu beweisen, dass man selbst immer richtig gehandelt hat, aber "der Chef nicht wollte" ...

Immer daran denken: Arbeitnehmer mit einem normalen Arbeitsvertrag (Dienstleistungsvertrag), schulden nur ein Bemühen und sind nur zuständig ... aber nicht verantwortlich. Verantwortung muss immer schriftlich delegiert und vom Empfänger per Unterschrift angenommen werden um arbeitsrechtlich wirksam zu sein! Siehe auch hier: https://olev.de/uv/verantwortung.htm

Kommentar von VEFK ohne Funktion |

Ich kann meinen Vorrednern nur zustimmen. Bei allem Verständnis für die Belange eines Unternehmers ist es in meinen Augen nicht zu dulden, dass Führungskräfte in die Lage versetzt werden, eine erforderliche und sinnvoll tätige elektrotechnische Organisation zu verhindern. Auch uns insbesondere die öffentliche Hand glänzt hier oftmals als Negativbeispiel. Es sollten Anreize geschaffen werden, die einen "Muss-Charakter" haben. Im öffentlichen Straßenverkehr MUSS jedes Fahrzeug eine gültige TÜV-Plakette besitzen. Und im motorisierten Straßenverkehr wird nicht erst NACH einem Unfall nach einer gültigen Fahrerlaubnis gefragt. Sie ist einfach GRUNDLAGE für das Führen eines Kraftfahrzeugs. Kontrollen fördern zwar regelmäßig schwarze Schafe zutage - aber im Vergleich zur Elektroproblematik eine eher verschwindend geringe Menge. Etwas ähnliches sollten meines Erachtens Unternehmen nachweisen MÜSSEN sobald die das Terrain Elektro betreten. Über das Wie kann man sich unterhalten. Die Mitgliedschaft in einer Kammer ist ja quasi auch ein Muss. Aber auch auf versicherungsrechtlicher Basis - exorbitant höhere Beiträge bei Nichtvorhandensein einer qualifizierten Struktur. Oder eine Kombination aus verschiedenen Maßnahmen. Vor allem aber Kontrollinstanzen fehlen. Ich bin von Pontius zu Pilatus gelaufen und überall wurde ich vertröstet und weiter verwiesen. Niemand sah sich in der Lage von Dienst wegen eine Kontrolle zu initiieren. Zudem scheinen Mauscheleien zwischen den Behörden und Unternehmern Tür und Tor für Missorganisation zu öffnen. Angesichts des oft traurigen Zustands von elektrotechnischen Betriebsteilen halte ich einen Vorstoß in diese Richtung für unumgänglich.

Kommentar von Bernhard |

Es sind nicht nur die Unternehmen, die nicht auf elektrische Sicherheit achten. Auch Vermieter haben oftmals kein Ohr für etwaige Probleme der elektrischen Installation. Das fängt an bei fehlenden Schutzleiter, geht weiter über zu hoch dimensionierte, teilweise auch bereits verklebte Leitungsschutzschalter bis hin zu zerstörten Isolierungen. Und als Antwort bekommt man nur, dass die Elektrik ja auch die letzten 40 Jahre funktioniert hat. Meiner Erfahrung nach wird dank vieler Brandschutzversicherungen in Unternehmen viel unternommen, aber die Sensibilität muss überall erhöht werden.

Kommentar von Gerald Schopf |

Bei uns heißt es immer: "Sicherheit geht vor!" Jeder Mitarbeiter ist verpflichtet, suspekte Geräte oder auch Anlagen sofort stillzulegen und einer Elektrofachkraft zu melden.

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