Die Verantwortung für die Jahresplanung der Elektrosicherheit im Unternehmen ist eine umfangreiche und komplexe Aufgabe, die schlaflose Nächte bereiten kann. Wer mit dem groben Überblick beginnt und Zeit und Raum für die unvermeidlichen Umstrukturierungen lässt, kommt damit meist am besten zurecht.
Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCD, FI-Schutzschalter) sind ein unverzichtbares Werkzeug der Elektrosicherheit. Ihr Einsatz schützt nicht nur vor elektrischem Schlag (Personenschutz), sondern dient auch der Brandverhütung (Sachschutz). Es gibt unterschiedliche Typen von RCD mit spezifischen Bezeichnungen und Abkürzungen und nicht jede Schutzeinrichtung ist für jeden Schutz-Zweck geeignet.
Mit RCD Stromunfälle verhindern
Der Schutz vor elektrischem Schlag und lebensgefährlichen Körperströmen erfolgt nicht allein durch das Isolieren. Neben dem Verhindern einer direkten Berührung kommt dem zusätzlichen Schutz durch Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen eine große Bedeutung bei der Verhütung von Stromunfällen zu. Die
Planung,
Errichtung und
Prüfung
dieser Schutzeinrichtungen gehört häufig zu den Aufgaben einer Elektrofachkraft.
Die ersten Modelle von einsatzbereiten Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen gab es bereits in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts. Sie waren mit einem Auslösedifferenzstrom von 0,3 A jedoch eher für den Brandschutz als den Personenschutz geeignet. Erst 1984 tauchten sie als Schutzeinrichtungen in den ersten Normen auf. Mittlerweile ist ihr Einsatz in vielen Regelwerken verankert und als wirksame Schutzmaßnahme etabliert. Vereinfacht ausgedrückt: Jede Steckdose – ob im privaten, im gewerblichen oder im industriellen Bereich – benötigt heute eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung.
FI, FU und RCD
Die inzwischen entwickelten unterschiedlichen Typen von Fehlerstrom-Schutzschaltern haben zu einer Vielzahl von Begriffen und Abkürzungen geführt. Nachfolgend eine Übersicht der wichtigsten Bezeichnungen:
Für Fehlerstrom-Schutzschalter wird häufig die englische Bezeichnung RCD verwendet. RCD steht für „residual current operated protective device“, was soviel bedeutet wie „Reststromschutzgerät“.
Welche Typen von RCD gibt es?
Unterschiedliche Typen von Fehlerstromschutzeinrichtungen werden anhand der Art des auftretenden Differenzstroms unterschieden:
Typ AC-RCD: wechselstromsensitiver Fehlerstromschutzschalter; reagiert nur auf Wechselfehlerströme, ist in Deutschland seit 1985 nicht mehr zugelassen!
Typ A-RCD: pulsstromsensitiver Fehlerstromschutzschalter; kann Wechselströme sowie pulsierende Gleichströme erfassen
Die Standard-RCD in Deutschland und für übliche und häufige Anwendungen in Haushalt und Gewerbebetrieben ausreichend ist die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung vom Typ A.
Wenn mit glatten Gleichfehlerströmen gerechnet werden muss, werden Fehlerstrom-Schutzschalter vom Typ-B notwendig. Für einige Anwendungsfälle ist dies vorgeschrieben.
Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen vom Typ B+ wurden im Jahr 2009 normativ eingeführt und haben gegenüber Typ B erhöhte Anforderungen: Es ist definiert, dass Fehlerströme mit einer Frequenz im Bereich zwischen 1 und 20 kHz auch spätestens bei 420 mA zu einer Abschaltung führen. Dabei ist es unerheblich, ob der Bemessungsdifferenzstrom 30, 100 oder 300 mA beträgt. Bei der Kennzeichnung kommt das kHz-Zeichen dazu. (s. Abb.)
Merke
RCD vom Typ AC sind die ältesten und einfachsten Schutzeinrichtungen und bei uns längst nicht mehr erlaubt. Bei aus dem Ausland importierten Stromerzeugern können jedoch noch AC-RCD verbaut sein. Solche Geräte dürfen – Konformitätserklärung hin oder her – in Deutschland NICHT betrieben werden. Die Einkaufsabteilungen von Unternehmen sind gut beraten, in diesen Fragen mit einer befähigten Elektrofachkraft zusammenzuarbeiten.
Einteilung von RCD nach Zeitverzögerung
Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen werden auch danach unterschieden, wie schnell sie reagieren sollen. Es gibt sie in
unverzögerten,
kurzzeitverzögerten und
verzögerten (selektiven) Ausführungen.
Bei in Reihe geschalteten Anlagen muss sichergestellt sein, dass ein Fehler nicht zum Auslösen mehrerer Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen führt. Denn ein Fehler in einem Anlagenteil soll nicht die gesamte Anlage abschalten. Verzögerungszeiten von 150 bis 500 Millisekunden sollen dies verhindern.
Kurzzeitverzögerte Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (ca. 10 Millisekunden) werden für Bemessungsdifferenzströme < 300 mA eingesetzt, wenn stark induktive oder kapazitive Lasten geschaltet werden.
Neuere Schutzeinrichtungen gibt es auch mit sogenannten Restart-Funktionen, die für ein automatisches Wiedereinschalten sorgen. Solche „intelligenten“ Ausführungen sind z.B. wichtig in nicht ständig überwachten oder schwer zugänglichen Anlagen (Sendeanlagen, Pumpstationen), wo keine Beschäftigten vor Ort ein Einschalten vornehmen könnten. Andere Modelle von Fehlerstrom-Schutzschaltern lassen sich ferngesteuert ein- und ausschalten.
Weitere Begriffe und Abkürzungen in internationalen Gerätenormen
RCM ist die Abkürzung für „Residual Current Monitor“ übersetzt, etwa „Fehlerstrom-Überwacher“ und bezeichnet Einrichtungen zur Differenzstrom-Überwachung.
RCCB: Residual Current operated Circuit-Breaker without over current protection – FI- oder DI-Schalter ohne eingebaute, Überstromauslöser
RCBO: Residual Current operated circuit-Breaker with integral Over current protection – FI- oder DI-Schalter mit eingebautem Überstromauslöser (FI/LS- oder DI/LS-Schalter)
SRCD: Socket outlet with Residual Current operated Device – eine Nischenlösung als Kombination aus Steckdose und FI-Schutzschalter
PRCD: Portable Residual Current operated Device – ortsveränderliche Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (Personenschutzschalter)
RCU: Residual Current Units – Fehlerstrom-Auslöser zum Anbau an Leitungsschutzschalter
CBR: Circuit-Breaker incorporating Residual current protection – Leistungsschalter mit Fehlerstromschutz
GFCI: Ground Fault Circuit Interrupter – in den USA verwendet für RCCB
MRCD: Modular Residual Current protection Device – Modulare Fehlerstrom-Schutzeinrichtung, d. h., die Einheiten zur Differenzstromerfassung, Differenzstriombewertung und der Lastschaltteil befinden sich in getrennten Gehäusen
Der Begriff „Personenschutzautomat“ ist ein reiner Marketing-Begriff und elektrotechnisch nicht definiert, er sollte in Normen und Regelwerken nicht auftauchen.
Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle noch IMD (Insulation Monitoring Device) als Abkürzung für Isolationsüberwachungsgeräte aufgeführt.
Tipp der Redaktion
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Grundsätzlich gelten Baustellen als Orte mit erhöhter elektrischer Gefährdung; mehr dazu in der DIN VDE 0100-704:2018-10. Elektrische Betriebsmittel werden auf Baustellen von speziellen Speisepunkten aus versorgt. Diese sogenannten Baustromverteiler müssen über einen RCD verfügen und alle Stromkreise für handgehaltene Betriebsmittel und Steckdosen absichern. Der Schutz gegen Körperströme erfolgt i.d.R. durch eine RCD mit ≤ 30 mA (bei Stromkreisen mit Nennstrom bis 32 A, ansonsten RCD ≤ 500 mA).
Übrigens: Auswahl und Prüfung der für die jeweilige Baustelle geeigneten Speisepunkte ist nicht Sache der Bauarbeiter. Hier steht zunächst der Arbeitgeber/Unternehmer in der Pflicht, nach einer Gefährdungsbeurteilung die Geräteanforderungen zu klären. Einrichtung und Prüfung ist Aufgabe einer Elektrofachkraft und für elektrotechnische Laien nicht zulässig.
Ein Baukran gilt als Hebezeug gemäß DIN VDE 0113-32. Eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung ist unverzichtbar. Sie übernimmt hier den Erdschlussschutz der Leitungsanlagen und den Schutz durch automatisches Abschalten.
Frequenzgesteuerte Betriebsmittel mit Drehstromanschluss müssen über einen RCD Typ B nach der folgenden Tabelle geschützt sein. (Die Angaben beruhen auf der DGUV Information 203-006, ehemals BGI 608, „Auswahl und Betrieb elektrischer Anlagen und Betriebsmittel auf Baustellen“.)
Ärgerlich ist es, wenn die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung eines Krans auslöst, ohne dass die Ursache bekannt ist. Ärger über teure Ausfallzeiten ist verständlich. Doch wer in einem solchen Fall Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen überbrückt oder ganz ausbaut, verstößt gleich gegen eine ganze Reihe von Vorschriften und Gesetzen, u.a. das Arbeitsschutzgesetz. Das hat nicht nur Bußgelder zur Folge, sondern im schlimmsten Fall, etwa bei Unfällen, auch strafrechtliche Konsequenzen für den Unternehmer und die anderen beteiligten Personen.
Danke für den Artikel über Vielfalt bei Fehlerstromschutzschaltern!
Hier sind die aktuellen Grundlagen bestens zusammengefasst.
Gerne werde ich mit meinen Kollegen den Artikel teilen.
mfg
Kommentar von Heinz Hubert Sommer |
Hallo Herr Dr.Kring.
Es wäre nett wenn ich Ihnen eine Frage stellen darf.
Ich baue i.M im Garten einen GFK-Pool.
dafür möchte ich einen Frequenzumrichter für eine Pool-Pumpe verwenden.
Muss ich dann in der vorgeschalteten Unterverteilung den FI Typ A gegen eine anderen austauschen ( hier B oder B+) ?
Und muss ich den Pool in die Erdung bzw. Potentialausgleich einbinden.
Kommentare
Kommentar von Dapke |
Danke für den Artikel. MfG
Kommentar von Rafael Knöringer |
Danke für den Artikel über Vielfalt bei Fehlerstromschutzschaltern!
Hier sind die aktuellen Grundlagen bestens zusammengefasst.
Gerne werde ich mit meinen Kollegen den Artikel teilen.
mfg
Kommentar von Heinz Hubert Sommer |
Hallo Herr Dr.Kring.
Es wäre nett wenn ich Ihnen eine Frage stellen darf.
Ich baue i.M im Garten einen GFK-Pool.
dafür möchte ich einen Frequenzumrichter für eine Pool-Pumpe verwenden.
Muss ich dann in der vorgeschalteten Unterverteilung den FI Typ A gegen eine anderen austauschen ( hier B oder B+) ?
Und muss ich den Pool in die Erdung bzw. Potentialausgleich einbinden.
mit freundlichen Grüßen
Sommer Heinz Hubert
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