Elektrosicherheit bei Windenergieanlagen
- Kommentare: 0
- Sicher arbeiten
- Artikel als PDF herunterladen

Windenergieanlagen sind mit den zugehörigen Nebengebäuden als abgeschlossene elektrische Betriebsstätten zu betreiben. Um elektrische Gefährdungen durch die elektrischen Anlagen zu vermeiden und den sicheren Betrieb zu gewährleisten, sind spezielle Anforderungen zu berücksichtigen.
Die Elektrosicherheit bei Windenergieanlagen wird im Wesentlichen gewährleistet durch ein systematisches Schutzkonzept gegen elektrischen Schlag für einen sicheren technischen Betrieb der Anlage über die Betriebszeit von 20 Jahren.
Die folgende Abbildung zeigt eine Multimegawatt-Windenergieanlage nach dem derzeitigen Stand der Technik.

Wie ist eine Windenergieanlage aufgebaut?
Eine Windenergieanlage gliedert sich grundsätzlich in die Anlagenbereiche
- Außenbereich der Windenergieanlage,
- Turm,
- Maschinenhaus,
- Rotor,
- Mittelspannungsräume und
- hochgelegene Außenflächen der Windenergieanlage.

Downloadtipps der Redaktion
e+-Artikel: „Energiemanagement: Mit der DIN EN ISO 50001 Energiekosten senken“
Hier gelangen Sie zum Download.
Checkliste für die Sichtprüfung ortsfester elektrischer Arbeitsmittel und Anlagen
Hier gelangen Sie zum Download.
E-Book: „Prüfprotokolle für die Elektrofachkraft“
Welche Besonderheiten sind beim Betrieb von Windenergieanlagen zu beachten?
Der Betrieb elektrischer Anlagen wird in der DGUV Vorschrift 3 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ und in der DIN VDE 0105-100 VDE 0105-100:2015-10 „Betrieb von elektrischen Anlagen, Teil 100: Allgemeine Festlegungen“ behandelt. Dabei müssen Besonderheiten beim Betrieb von Windenergieanlagen berücksichtigt werden.
Die Gefährdungen durch die elektrischen Anlagen in Betriebsräumen von Windenergieanlagen sind abhängig vom
- Grad des Berührungs- und Lichtbogenschutzes sowie von der
- Bedienungssicherheit der jeweiligen Windenergieanlage.

Die gesamte Windenergieanlage als auch zugehörige Nebengebäude mit den enthaltenen elektrischen Anlagen sind als abgeschlossene elektrische Betriebsstätte zu betreiben. Die Zugangsberechtigung darf nur Elektrofachkräften (EFKs) oder elektrotechnisch unterwiesenen Personen (EuPs) erteilt werden. Andere Personen sind durch Elektrofachkräfte oder elektrotechnisch unterwiesene Personen zu beaufsichtigen.
Eine besondere Gefährdung geht von Mittelspannungsanlagen, Transformatoren und Niederspannungs-Verteileranlagen aus. Der Zutritt darf daher nur solchen Elektrofachkräften oder elektrotechnisch unterwiesenen Personen erteilt werden, denen spezielle Fachkenntnisse vermittelt wurden.

Was gilt für Bedien- und Schaltvorgänge?
Bedienvorgänge und Schalthandlungen dürfen nur von mindestens elektrotechnisch unterwiesenen Personen ausgeführt werden, z.B. Starten oder Stoppen der Windenergieanlage unter Verwendung der Steuerung. Das direkte Betätigen von Schaltgeräten in Niederspannungs-Hauptstromkreisen darf nur von Elektrofachkräften ausgeführt werden.
Die Schaltberechtigung für Mittelspannungs-Anlagen darf nur speziell ausgebildeten Elektrofachkräften erteilt werden. Die Schaltberechtigung ist schriftlich auszufertigen. Zur Durchführung von Schalthandlungen sind betriebliche Anweisungen erforderlich, in denen insbesondere
- Vorgehensweise,
- Schaltungsablauf,
- Verantwortlichkeit,
- Zuständigkeit/Entscheidungsbefugnis,
- Koordination,
- Meldung und
- Dokumentation
festgelegt werden.
Was ist bei Montagearbeiten zu beachten?
Eine Notwendigkeit, Montagearbeiten unter Spannung durchzuführen, existiert grundsätzlich nicht. Es muss daher eine sichere Arbeitsstelle nach den 5 Sicherheitsregeln (Freischalten – Gegen Wiedereinschalten sichern – Spannungsfreiheit feststellen – Erden und kurzschließen – Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken) eingerichtet werden.
Teile der Windenergieanlage, die nach dem Freischalten noch unter Spannung stehen, z.B. Kondensatoren und Kabel, müssen mit geeigneten Betriebsmitteln entladen werden.
Ausgenommen hiervon sind Arbeiten an Akku-Notversorgungen (z.B. zur Rotorblattverstellung oder Hindernisbefeuerung) unter Beachtung geeigneter Schutzmaßnahmen, die in Montage- oder Arbeitsanweisungen festgelegt sein müssen. Abbildung 5 zeigt den Innenbereich der Nabe, wo die Akku-Notversorgung für die Rotorblattverstellung installiert wird.

Was gilt für Arbeiten in der Nähe aktiver Teile?
Wenn Arbeiten in der Nähe aktiver Teile (siehe § 7 DGUV Vorschrift 3) durchgeführt werden sollen, ist vorrangig freizuschalten und es sind die 5 Sicherheitsregeln anzuwenden. Kann nicht freigeschaltet werden, ist zumindest Schutz durch Schutzvorrichtung anzuwenden, z.B. Anbringen isolierender Abdeckungen.
In Türmen, im Maschinenhaus usw. existieren Bereiche, deren Begrenzungen vollständig oder teilweise aus metallischen Teilen bestehen und in denen außerdem die arbeitende Person mit ihrem Körper großflächig mit diesen Teilen in Berührung kommt. In diesen Bereichen dürfen ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel nur unter Anwendung spezieller Maßnahmen betrieben werden.
Regelmäßige Prüfungen notwendig
Für den Fall, dass an der Windenergieanlage oder an deren Betriebsmitteln ein Fehler auftritt, müssen Schutzmaßnahmen wirksam sein. Dies kann nur durch regelmäßige technische Prüfungen festgestellt werden. Dabei werden nach einer Sichtprüfung u.a.
- der Schutzleiterwiderstand,
- der Isolationswiderstand und
- die Erdung bzw. der Potenzialausgleich
elektrisch geprüft.
Wie sind die Prüffristen?
Folgende Prüffristen haben sich in der Praxis bewährt (siehe auch DGUV Vorschrift 3 und DGUV Information 203-006 „Auswahl und Betrieb elektrischer Anlagen und Betriebsmittel auf Bau- und Montagestellen“) und sollten als Empfehlungen aufgefasst werden:
- Anlagen: 2 bis 4 Jahre
- ortsfeste Betriebsmittel: 1 bis 2 Jahre
- handgeführte Betriebsmittel: 3 bis 6 Monate
Welche Anforderungen von ArbSchG und BetrSichV gelten?
Die DGUV Information 203-007 „Windenergieanlagen“ erläutert die speziellen Anforderungen und gibt umsetzbare Empfehlungen zur Gefährdungsbeurteilung bei Windenergieanlagen gemäß Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG).
Der Unternehmer hat dabei gemäß Arbeitsschutzgesetz und Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) zur Verhütung von Arbeitsunfällen und zum Gesundheitsschutz der Versicherten Vorkehrungen nach den geltenden Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften zu treffen, z.B.
- Auswahl geeigneter Arbeitsmittel,
- persönlicher Schutzausrüstung (PSA) und
- Vorkehrungen zur Verwendung eingebrachter Stoffe.

Die Einrichtungen, Anordnungen und Maßnahmen müssen den allgemein anerkannten Regeln der Sicherheitstechnik, der Arbeitsmedizin und der Hygiene sowie den sonstigen gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen. Der Unternehmer hat die getroffenen Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen.
Kommentare
Einen Kommentar schreiben