Elektrische Geräte vor Inbetriebnahme erst prüfen!

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Vor der Inbetriebnahme elektrischer Geräte und Betriebsmittel müssen diese geprüft werden.
Elektrische Geräte und Betriebsmittel (Bildquelle: Bet Noire/GettyImages)
rechtlichte Grundlagen

Warum muss ein neues elektrisches Gerät erst noch geprüft werden, bevor es in Betrieb genommen wird? Ist das nicht völlig überflüssig?

Nein, ist es nicht, denn: Sicherheit geht vor! Vor allem in deinem Arbeitsgebiet als Elektro-Azubi. Weil das Arbeiten mit Strom gefährlich ist, gibt es viele Vorschriften und Regeln zu beachten. Eine davon ist die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). In § 5 Absatz 1 Satz 1 steht: „Der Arbeitgeber darf nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen und verwenden lassen, die unter Berücksichtigung der vorgesehenen Einsatzbedingungen bei der Verwendung sicher sind.“

Im Unternehmen dürfen also nur solche elektrischen Geräte oder Betriebsmittel zur Verwendung kommen, die dieser Vorgabe entsprechen: Sie müssen bei der Verwendung sicher sein. Deshalb müssen elektrische Geräte vor ihrer ersten Inbetriebnahme geprüft werden.

So muss die Eingangsprüfung organisiert sein

So muss die Eingangsprüfung organisiert sein

Diese Erstprüfung vor der Inbetriebnahme ist nicht nur eine technische, sondern auch eine recht schwierige organisatorische Aufgabe. Zuständig ist die verantwortliche Elektrofachkraft. Sie muss dafür sorgen, dass jede Anschaffung neuer elektrischer Geräte vorab mit ihr abgestimmt wird.

Wenn das nicht der Fall ist, sondern das Gerät auf einem anderen Weg beschafft wurde oder es im Unternehmen selbst entstanden ist, dann gilt Folgendes: Es darf nur dann eingesetzt werden, wenn es zuvor von der verantwortlichen Elektrofachkraft geprüft worden ist oder auf ihre Veranlassung von jemand anderem geprüft wurde.

Zu diesen Prüfungen sind betriebliche Arbeitsanweisungen erforderlich. Auch diese müssen von der verantwortlichen Elektrofachkraft erarbeitet und anschließend vom Unternehmer erlassen und durchgesetzt werden.

In der folgenden Tabelle siehst du, welche Maßnahmen und Prüfschritte für die Prüfung vor der ersten Inbetriebnahme notwendig sind. Außerdem siehst du, wer an welchem Punkt verantwortlich ist. So erhältst du einen guten Überblick über Form und Inhalt der Erstprüfung.

Tipp der Redaktion

Seit Februar 2021 ist die Norm DIN EN 50678 VDE 0701:2021-02 gültig. Sie trägt den Titel „Allgemeines Verfahren zur Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen von Elektrogeräten nach der Reparatur“. Im Juni 2021 ist außerdem die Norm DIN EN 50699 VDE 0702:2021-06 mit dem Titel „Wiederholungsprüfung für elektrische Geräte“ erschienen.

Lies hier mehr zur VDE 0701:2021-02.

Lies hier mehr zur VDE 0702:2021-06.

Prüfung von ortsveränderlichen elektrischen Betriebsmitteln oder Geräten

 
Hinweis: Die DIN VDE 0701-0702 wird im Laufe des Jahres 2020 komplett überarbeitet, die neue Fassung dürfte spätestens Anfang 2021 in Kraft treten.
Maßnahmen/Prüfschritte bei der Prüfung vor der ersten Inbetriebnahme Verantwortung/Bemerkung

Erarbeiten und Verabschiedung einer Betriebsanweisung über folgende Punkte:

  • mögliche Gefährdungen durch den elektrischen Strom
  • Verfahrensweise bei der Anschaffung von elektrischen Geräten
  • Verbot, private elektrische Geräte ohne Genehmigung mit in das Unternehmen zu bringen
  • Kennzeichnung der Geräte mit Prüfmarken sowie der Anwendungskategorie
  • Pflicht, vor jedem Verwenden eines elektrischen Geräts durch Besichtigen zu kontrollieren, ob offensichtliche Schäden vorhanden sind und ob der Einsatz entsprechend der Kennzeichnung mit der Anwendungskategorie erfolgt
  • Pflicht, erkannte Schäden an den Geräten sofort dem Vorgesetzten zu melden
Unternehmer, verantwortliche Elektrofachkraft (VEFK)

Erarbeiten einer Anweisung über die im Zusammenhang mit der Prüfung vor der ersten Inbetriebnahme eines elektrischen Geräts erforderlichen Aktivitäten:

  • Prüfschritte
  • Kennzeichnung mit der Anwendungskategorie
  • Aufnahmen in die Registratur o.Ä. der elektrischen Geräte
  • Festlegen des Prüfturnus und eventueller spezieller Prüfschritte der Wiederholungsprüfung
Verantwortliche Elektrofachkraft

Besichtigung

 
  • unversehrt, sauber
 
  • vorgeschriebene/angegebene Verschleißteile bzw. Zubehör vorhanden
Angebot/Bestellung vergleichen
  • CS-Zeichen vorhanden

wenn nein: beanstanden, nicht freigeben

wenn ja, aber kein Prüfzeichen: Aussagekraft klären

  • VDE-Prüfzeichen (oder Zeichen anderer Prüfstelle) oder GS-Zeichen vorhanden
    wenn nicht, Klärung mit dem Hersteller, warum nicht vorhanden; wenn Prüfung durch Prüfstelle möglich, diese fordern oder Gerät zurückgeben

Manche Geräte sind bezüglich ihrer Normenkonformität nicht prüfbar.

  • Angaben über Schutzart, Schutzklasse, Bemessungs-/Leistungsdaten vorhanden und eindeutig

Aufdrucke, Symbole kontrollieren

  • erforderliche Warnhinweise (z.B. „Achtung! Ableitstrom > 3,5 mA”) vorhanden, haltbar und eindeutig

Vorhandensein und Richtigkeit kontrollieren

  • Bedienanleitung vorhanden und ausreichend (Wartungs- und Prüfhinweise, Vorgaben für Instandhaltung, Ersatzteile, zugelassene Änderungen)
    wenn nicht, diese anfordern oder Gerät zurückgeben

Kontrolle, ob sie Vorgaben des Herstellers enthält

  • Prüfablauf klären

Art des Steckers und/oder der Schutzmaßnahme

Entscheidung, ob eine Erprobung oder Messungen zum Nachweis des ordnungsgemäßen Zustands erforderlich sind

Prüfung nach DIN VDE 0701- 0702

Entscheidung, ob für die Wiederholungsprüfungen eine besondere Prüfanweisung notwendig ist

Festlegen, ob durch VEFK oder EuP zu prüfen ist

Entscheidung, ob für die Wiederholungsprüfungen eine besondere Prüfanweisung notwendig ist

Festlegen, ob durch VEFK oder EuP zu prüfen ist

Entscheidung, ob für die Wiederholungsprüfungen eine besondere Prüfanweisung notwendig ist

Festlegen, welche Befähigung des Prüfers notwendig ist

Erproben der Grundfunktionen

Prüfung nach DIN VDE 0701-0702

Messungen: Entscheidung treffen, ob diese zum Nachweis des ordnungsgemäßen Zustands erforderlich sind

Messen des Schutzleiterstroms als Vorgabe für die Wiederholungsprüfung

Entscheidung über die im Zusammenhang mit dem Betreiben und der Wiederholungsprüfung erforderlichen organisatorischen Festlegungen (Inventarnummer, Anwendungskategorie, Prüffrist usw.)

VEFK

Betriebliche Arbeitsanweisungen

Die Erfahrung sagt, dass die verantwortliche Elektrofachkraft das Einhalten dieser Anweisung konsequent und unnachsichtig kontrolliert. Es darf kein elektrisches Betriebsmittel/Gerät (im folgenden Text nur als „Gerät” bezeichnet) eingekauft werden oder auf andere Weise in den Betrieb gelangen, das nicht den allgemein anerkannten bzw. von der verantwortlichen Elektrofachkraft festgelegten Qualitäts-/Sicherheitsmerkmalen genügt.

Inhalt der Prüfung, CE-Zeichen, Konformitätserklärung

Inhalt der Prüfung

Der Prüfer muss in diesem Fall also kontrollieren,

  • ob für das betreffende Gerät eine solche Bestätigung des Herstellers (CE-Zeichen) und gegebenenfalls einer neutralen Prüfstelle (GS-Zeichen) vorliegt und
  • ob es sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befindet.

Um beides festzustellen, genügt zumeist das Besichtigen. Zu beachten ist dabei, dass seit 1997

  • kein Gerät ohne CE-Zeichen im Gebiet der EU in den Verkehr gebracht (Vertreiben, Verschenken, Verleihen usw.) werden darf und
  • der Hersteller/Importeur eine Konformitätserklärung abzugeben und auszustellen hat, mit der die Übereinstimmung des Erzeugnisses mit den einschlägigen EU-Richtlinien erklärt und die Berechtigung zur Kennzeichnung mit dem CE-Zeichen erworben wird.

Beim Beurteilen des Erzeugnisses kann davon ausgegangen werden, dass ein mit dem CE-Zeichen gekennzeichnetes Gerät nach Ansicht des Herstellers/Importeurs die Sicherheitsanforderungen der EU-Richtlinien erfüllt.

Wie aber die Erfahrungen zeigen, sind die Maßstäbe der Hersteller sehr unterschiedlich und somit die Sicherheit bzw. die Zuverlässigkeit der nur mit dem CE-Zeichen ausgestatteten Geräten oft ungenügend.

Beurteilung der Geräte, die nur das CE-Zeichen aufweisen

Beurteilung der Geräte

Mancher Hersteller/Importeur meint, mit dem gerade noch ausreichenden Minimum an Sicherheit und einer fragwürdigen Zuverlässigkeit den Forderungen zu genügen. Er produziert ein „Billiggerät”. Ein anderer fühlt sich verpflichtet, alle dem Stand der Technik entsprechenden Möglichkeiten der Sicherheit auszuschöpfen und eine hohe Zuverlässigkeit zu gewährleisten.

Für die zuständige Elektrofachkraft ist es in diesen Fällen sehr schwierig, über den Einsatz der Geräte zu entscheiden, weil

  • die ihr zur Verfügung stehenden Informationen unzureichend sind,
  • mit einer Prüfung nach DIN VDE 0701-0702 die Zuverlässigkeit der technischen Lösung nicht nachgewiesen werden kann,
  • das Einhalten der Sicherheitsanforderungen der Betriebssicherheitsverordnung jedoch von ihr ohne Abstriche bestätigt werden muss.

Tipp

Insofern bleibt lediglich die Möglichkeit, grundsätzlich keine Geräte einzusetzen, die nur das CE-Zeichen aufweisen. Der Einsatz sollte meines Erachtens nur dann erfolgen, wenn es möglich ist, sich über das Sicherheitsniveau des betreffenden Geräts Klarheit zu verschaffen.

Glühbirne

Betriebsmittel aus Eigenfertigung

Im Unternehmen selbst für den eigenen Gebrauch hergestellte Geräte müssen von der verantwortlichen Elektrofachkraft bzw. unter ihrer Leitung und Aufsicht nach jeweils geltenden allgemeinen und/oder Erzeugnisnormen geprüft werden.

Diese Geräte müssen die gleiche Qualität der Sicherheit gewährleisten, wie es bei einem serienmäßig hergestellten und typgeprüften Erzeugnis der Fall ist. Auch sie werden praktisch – im eigenen Unternehmen – „in den Verkehr gebracht”.

  • Autor:

    Lic. jur./Wiss. Dok. Ernst Schneider

    Inhaber eines Fachredaktionsbüros

    Ernst Schneider

    Ernst Schneider ist Mitglied in der Sektorgruppe Elektrotechnik (ANP-SGE) und in der Themengruppe Produktkonformität (ANP-TGP) des Ausschusses Normenpraxis im DIN e.V.

    Er veröffentlichte bereits eine Vielzahl von Büchern, Fachzeitschriften und elektronischen Informationsdiensten. Seit 2004 ist er außerdem Unternehmensberater für technologieorientierte Unternehmen.

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