DGUV Information 215-830: Das gilt bei der Zusammenarbeit mit Fremdfirmen
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Wenn Mitarbeiter fremder Unternehmen im Auftrag Ihres Arbeitgebers in Ihrem Betrieb tätig sind, ist stets darauf zu achten, dass die arbeitsschutzrechtlichen Aspekte vollumfänglich Berücksichtigung finden. Generell gilt, dass die Auftragserledigung durch Fremdfirmen – unabhängig davon, ob es sich um elektrotechnische oder andere Tätigkeiten handelt – in Bezug auf die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz besonderen Risiken unterliegt. Denn erfahrungsgemäß besuchen die wenigsten als Fremdfirma beauftragten Unternehmer im Vorfeld der Arbeiten die Arbeitsstätte des Auftraggebers und planen mit diesem Aspekte der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes. Nicht selten kommt es sogar zu keinerlei Absprachen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer zum Thema Arbeitsschutz. Dabei gibt es eine ganze Reihe von Fragen zu klären, z.B.:
- Wie muss der Arbeitsschutz organisiert werden, wenn mehrere Unternehmen im Rahmen von Werkverträgen zusammenarbeiten?
- Wer trägt Verantwortung für was?
- Wie werden die Tätigkeiten koordiniert?
- Was muss beachtet werden, wenn Aufträge an Subunternehmen weitergegeben werden?
Im Folgenden wird bezüglich der Verantwortlichkeit für die arbeitsschutzrelevanten Sachverhalte stets der Auftraggeber namentlich angeführt. In elektrotechnisch relevanten Abteilungen dürfte in der Regel die Zuständigkeit von diesem an die verantwortliche Elektrofachkraft (VEFK) delegiert sein.
„Zusammenarbeit von Unternehmen im Rahmen von Werkverträgen“
Die neu überarbeitete, im Januar 2020 erschienene, DGUV Information 215-830 „Zusammenarbeit von Unternehmen im Rahmen von Werkverträgen“ unterstützt Unternehmen dabei, Antworten auf die oben erwähnten Fragen zu finden und Sicherheitsdefizite in der Zusammenarbeit mit Fremdfirmen zu vermeiden, um den Anforderungen des Arbeitsschutzrechts gerecht zu werden. Die Neufassung ersetzt die aus dem Jahr 2010 stammende alte Version der DGUV Information 215-830, die den Titel „Einsatz von Fremdfirmen im Rahmen von Werkverträgen“ trug. Die Inhalte wurden umfassend aktualisiert und an die aktuelle Rechtslage angepasst. Die vorliegende Informationsschrift wendet sich sowohl an Unternehmen, die als Auftraggeber tätig sind, als auch an Unternehmen, die zur Ausübung bestimmter Tätigkeiten beauftragt werden. Die DGUV Information 215-830 unterstützt die Unternehmen bei der Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen aus dem Arbeitsschutzrecht. Ihren vollen Nutzen entfalten die darin erläuterten Hilfsmittel, wenn sie branchen- und betriebsspezifisch angepasst werden.
Die DGUV Information 215-830 bereitet das Thema „Zusammenarbeit von Unternehmen im Rahmen von Werkverträgen“ verständlich und in übersichtlicher Form auf. Wir erläutern Ihnen in diesem Beitrag die für Ihre Aufgabe als (verantwortliche) Elektrofachkraft relevanten Inhalte der DGUV-Information. Handeln Sie beim Einsatz von Fremdfirmen in Ihrem Betrieb stets nach der Maxime, dass Auftraggeber und Auftragnehmer in puncto Arbeitsschutz zwingend zusammenarbeiten müssen. Dabei gilt es vor allem, Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten eindeutig zu regeln, um Sicherheitsdefizite zu vermeiden.
Phänomen Outsourcing: Warum Unternehmen Fremdfirmen beauftragen
In der modernen Wirtschaftswelt sind die Unternehmen dazu angehalten, sich auf ihr originäres Geschäftsfeld, das sogenannte Brot- und Buttergeschäft, zu konzentrieren, um sich im globalen Wettbewerb erfolgreich der Konkurrenz stellen zu können. In der Praxis ist es deshalb Usus, bestimmte Tätigkeitsbereiche, z.B. Reinigungs-, Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten, per Werkvertrag an Fremdfirmen zu delegieren. Dieses sogenannte Outsourcing ist in den meisten Betrieben gang und gäbe. Der Einsatz von Fremdfirmen ist dadurch gekennzeichnet, dass zwei oder häufig auch mehrere Unternehmen mit ihrer jeweiligen Organisation und ihren Mitarbeitern im Betrieb des Auftraggebers aufeinandertreffen. In einer solchen Konstellation besteht Abstimmungsbedarf, um sichere Abläufe für alle in den Fremdfirmeneinsatz involvierten Mitarbeiter sicherzustellen. Denn bei der Auftragserledigung durch Fremdfirmen können sich neue Gefährdungen ergeben. Beschäftigte der Fremdfirmen müssen sich zügig auf eine neue Arbeitsumgebung und neue Arbeitsbedingungen einstellen. Häufig sind die sich daraus ergebenden Anforderungen nicht bekannt. Gleichzeitig trifft die Stammbelegschaft des Auftraggebers auf Beschäftigte der Fremdfirmen, die eigene Arbeitsziele verfolgen. Gegenseitige Gefährdungen können dabei nicht ausgeschlossen werden. Die Folge kann ein erhöhtes Unfall- und Gesundheitsrisiko sein.
Werkvertrag bildet rechtliche Basis
Aufträge an Fremdfirmen werden regelmäßig auf der Grundlage von Werkverträgen vergeben. Der Werkvertrag ist dadurch charakterisiert, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer ein Arbeitsziel vorgibt (Herstellung eines Werks, z.B. Instandsetzung einer Anlage) und die beauftragte Fremdfirma sich zur Herstellung des in Auftrag gegebenen Werks verpflichtet. Zu diesem Zweck ergreift die Auftragnehmerin sämtliche Maßnahmen, die erforderlich sind, um das Werk gemäß den Vorgaben des Vertrags herzustellen. Gegenstand eines Werkvertrags im Sinne des § 631 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) kann dabei sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.
Bei einem Werkvertrag erbringt die beauftragte Fremdfirma die vereinbarten Leistungen in eigener Verantwortung, d.h., sie
- bestimmt Anzahl und Qualifikationen der zur Erledigung des Auftrags erforderlichen Beschäftigten,
- trifft die zeitliche Disposition und
- übt das Weisungsrecht hinsichtlich der Ausführung der zu erbringenden Tätigkeiten aus.
So können Unternehmen Verantwortung delegieren
Eine der zentralen Fragen angesichts eines bestehenden Werkvertragsverhältnisses lautet, wer die Verantwortung für den reibungslosen Ablauf trägt. Die DGUV Information 215-830 erläutert, wie und an wen Auftraggeber und Auftragnehmer Verantwortung übertragen können:
- auftragsverantwortliche Person des Auftraggebers
Der Auftraggeber kann aus der Belegschaft eine auftragsverantwortliche Person benennen, die dann Ansprechperson sowohl für ihn selbst als auch für die verantwortliche Person der Fremdfirma ist. In kleineren Unternehmen übernimmt regelmäßig der auftraggebende Unternehmer selbst diese Aufgabe. - verantwortliche Person der Fremdfirma
Sofern der Unternehmer der Fremdfirma nicht selbst vor Ort ist, setzt er eine verantwortliche Person ein. Diese muss über den zur sach- und fachgerechten Erfüllung des Auftrags notwendigen Entscheidungsspielraum verfügen.
Koordinierende Person regelt Zusammenarbeit
Sofern es zur Auftragserfüllung einer Zusammenarbeit von Beschäftigten des Auftraggebers sowie Beschäftigten der Fremdfirma an einem Arbeitsplatz bzw. in einem Arbeitsbereich bedarf, müssen die Unternehmen hinsichtlich der Durchführung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzbestimmungen kooperieren.
Sofern zur Vermeidung potenzieller gegenseitiger Gefährdungen nötig, müssen die Vertragsparteien eine Person benennen, deren Aufgabe darin besteht, die Arbeiten zu koordinieren (koordinierende Person). Zu diesem Zweck müssen sich Auftraggeber und Auftragnehmer abstimmen und sich auf eine Person einigen. Die Autoren der DGUV Information 215-830 empfehlen, die koordinierende Person mit einer umfangreichen Weisungsbefugnis auszustatten. Im Falle besonderer Gefahren, die in Abschnitt 2.5.1 der DGUV Regel 100-001 „Grundsätze der Prävention“ vertiefend erläutert werden, hat eine Übertragung der Weisungsbefugnis auf die koordinierende Person zwingend zu erfolgen.
Die koordinierende Person muss immer dann aktiv eingreifen, wenn
- Sicherheitsmaßnahmen missachtet werden,
- Sicherheitsmaßnahmen den Anforderungen nicht genügen oder
- Arbeitsabläufe sich unvorhergesehen ändern.
Der Eingriff erfolgt in der Regel über die Verantwortlichen der beteiligten Unternehmen. Im Falle einer unmittelbaren Gefährdung von Beschäftigten oder von Dritten muss die koordinierende Person die Arbeiten unverzüglich stoppen. Hier gilt es, die Verantwortlichen der beteiligten Unternehmen umgehend über den Arbeitsstopp in Kenntnis zu setzen.
Aufsichtführende Person muss vor Ort anwesend sein
Tätigkeiten mit besonderen Gefahren, die von Beschäftigten der beauftragten Fremdfirma ausgeführt werden, werden von einer „aufsichtführenden Person“ überwacht, die die Durchführung der festgelegten Schutzmaßnahmen sicherstellt. Die Überwachung durch die aufsichtführende Person setzt grundsätzlich deren Anwesenheit vor Ort sowie Weisungsbefugnis voraus. Auftraggeber und Auftragnehmer müssen sich darauf einigen, welches Unternehmen die aufsichtführende Person stellt.
Wann der Auftragnehmer Verantwortung delegieren muss
Kann der Inhaber der Fremdfirma die Führungsaufgaben bei der Auftragserledigung nicht vor Ort selbst wahrnehmen, muss er diese auf einen geeigneten Mitarbeiter delegieren (verantwortliche Person der Fremdfirma). Gleichzeitig mit der Delegation muss die verantwortliche Person mit Entscheidungsvollmachten ausgestattet werden, schließlich übernimmt sie Unternehmerpflichten und wird deshalb schriftlich bestellt.
Zu den Unternehmerpflichten gehört es auch, den Mitarbeitern gegenüber Weisungen zu erteilen, d.h., die verantwortliche Person benötigt die hierfür erforderlichen Weisungsbefugnisse. Laut der DGUV Information 215-830 können z.B. Montageleiter, Gruppenleiter oder Vorarbeiter als verantwortliche Person eingesetzt werden. Die verantwortliche Person der Fremdfirma ist dem Auftraggeber bekannt zu geben.
Die Aufgabe der verantwortlichen Person der Fremdfirma besteht darin, die sichere Durchführung der Arbeiten zu überwachen. Dabei hat sie die Einhaltung der „Arbeitsschutzbestimmungen für Fremdfirmen“ zu berücksichtigen. Zur Bewältigung dieser Aufgabe muss sie über die nötige Erfahrung sowie ausreichende Kenntnisse verfügen. Darüber hinaus muss sie die Verhältnisse vor Ort kennen. Sofern sich Abweichungen vom geplanten Arbeitsablauf ergeben, muss sich die verantwortliche Person der Fremdfirma mit ihrem Vorgesetzten, gegebenenfalls mit der auftragsverantwortlichen Person des Auftraggebers abstimmen.
Für alle beteiligten Firmen gilt: Schutzmaßnahmen umsetzen und überprüfen
Der Auftraggeber ist dazu angehalten, sämtliche betroffenen Fremdfirmen über die in der gemeinsamen Gefährdungsbeurteilung festgesetzten Maßnahmen zur Reduzierung gegenseitiger Gefährdungen zu informieren. In der Folge sind beide Seiten, also Auftraggeber und Fremdfirmen, dazu verpflichtet, die jeweiligen Maßnahmen umzusetzen und in der Folge auf Wirksamkeit zu überprüfen. Existiert eine koordinierende Person, so überprüft auch diese die Wirksamkeit der Maßnahmen und greift gegebenenfalls in die Umsetzung der Maßnahmen ein.
Unterweisung von Fremdfirmenmitarbeitern ist unerlässlich
Die für die Unterweisung der Mitarbeiter der Fremdfirmen/Fremdfirma zuständige verantwortliche Person der Fremdfirma unterweist die Mitarbeiter über
- die betriebsspezifischen Regelungen des Auftraggebers,
- die auftragsspezifischen gegenseitigen Gefährdungen und Maßnahmen, die im Rahmen der gemeinsamen Gefährdungsbeurteilung ermittelt und festgelegt wurden, sowie
- die auftragsspezifischen Gefährdungen und Maßnahmen, die sich aus der eigenen Tätigkeit ergeben.
Die Unterweisung muss in verständlicher Form stattfinden und dokumentiert werden.
Tipp der Redaktion

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