Stromunfälle: Ursachen und Maßnahmen

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Stromunfälle: Ursachen und Maßnahmen
Stromunfälle passieren auch Elektrofachkräften. Woran liegt das? (Bildquelle: Keikona/iStock/Getty Images Plus)

Warum passieren immer wieder Stromunfälle, obwohl die Gefahren doch hinreichend bekannt sein müssten? Auch und gerade für Elektrofachkräfte sind sie allgegenwärtig und dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Hier ein Überblick über häufige Ursachen und grundsätzliche Maßnahmen.

Die Zahl tödlicher Stromunfälle ist in den letzten Jahrzehnten insgesamt zwar stark zurückgegangen, und im gewerblichen Bereich konnte mit Arbeitsschutzbestimmungen schon eine Menge erreicht werden. Doch verglichen mit dem privaten Bereich ist die Unfallrate am Arbeitsplatz immer noch hoch.

Eher seltene Ursache: Technische Mängel

Deshalb ist das Thema „elektrische Gefahren“ immer aktuell, vor allem für Menschen, die an elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln arbeiten. Denn: Technische Mängel sind nur noch eine seltene Unfallursache. Die Wahrscheinlichkeit, dass es tödlich endet, ist bei einem Stromunfall mehr als 25 Mal höher als bei anderen Arbeitsunfällen.

Häufige Ursache: Verhaltensfehler

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat 2002 in Zusammenarbeit mit dem Verband der Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnik e.V. (VDE) Stromunfälle in Industrie und Gewerbe, Freizeit und Haushalt ausgewertet: Nach der Studie „Elektrounfälle in Deutschland“ ereignen sich die meisten Stromunfälle im Niederspannungsbereich. Unfallursache ist, auffallend häufig, fehlerhaftes Verhalten.

Qualifikation schützt vor Fehlern nicht

In der Regel ist es keineswegs der ahnungslose Praktikant, der sich (im besten Fall) die Finger verbrennt: Unter den elektrotechnischen Laien trifft es vor allem Betriebsleiter, Ingenieure, Elektrofachkräfte und Meister, doch auch ihre qualifizierten Kollegen sind nicht immer auf der sicheren Seite, im Gegenteil: Sie verunglücken etwa doppelt so häufig.

Deutlich höhere Letalität

Nach der Studie sind vor allem Elektro-Obermonteure gefährdet, denn die Letalität ist für sie deutlich höher ‒ in diesem Fall also die Wahrscheinlichkeit, an den Folgen eines Stromunfalls zu sterben. Obwohl Obermonteure achtmal weniger häufig Stromunfälle erleiden als Elektromonteure, endet die Sache mehr als dreimal so oft tödlich.

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Häufige Ursache: Nachlässigkeit

Das liegt natürlich zum einen daran, dass die höher qualifizierten Fachkräfte verstärkt bei besonders komplexen und schwierigen Installations- und Wartungsarbeiten eingesetzt werden. Doch eine Unfallursache ist auch Nachlässigkeit: Man hat sich gerade aufgrund der langjährigen Tätigkeit und Erfahrung an die Gefahr gewöhnt, nimmt sie nicht mehr so bewusst wahr, geht unter Umständen zu lax mit den Risiken um.

Maßnahme: Fünf goldene Regeln müssen immer präsent sein

Die Unfallforscher betonen, was längst selbstverständlich sein sollte: Nur wenn schematisch festgelegte Sicherheitsmaßnahmen vor Beginn der Arbeiten durchgeführt werden, kann die Zahl der Stromunfälle deutlich reduziert werden.

Grundlage jeder sicheren Arbeit an elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln ist die Anwendung der Fünf Sicherheitsregeln in dieser Reihenfolge:

  1. Freischalten
  2. gegen Wiedereinschalten sichern
  3. Spannungsfreiheit feststellen
  4. Erden und kurzschließen
  5. benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken.

Maßnahme: Sicherheitstechnische Information und Unterweisung verbessern

In den mit Abstand meisten Fällen, in denen Elektrofachkräfte einen Elektrounfall erleiden, liegt ein Verstoß gegen eine, oft sogar mehrere dieser fünf goldenen Regeln vor. Deshalb plädieren die Autoren der Studie auch für eine weitere Verbesserung der sicherheitstechnischen Information und Unterweisung aller in der Elektrotechnik tätigen Personen.

Übrigens: Seitens der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik (BGFW) werden Verstöße gegen die Fünf Sicherheitsregeln grundsätzlich als grob fahrlässig eingestuft.

Häufige Ursache: Organisatorische Mängel

Wenn fehlerhafte oder defekte Arbeitsmittel zum Unfall führen, liegt in der Regel ein organisatorischer Mangel vor: Der Defekt wurde nicht rechtzeitig erkannt und behoben. So passieren oft Unfälle beim Arbeiten in der Nähe spannungführender Teile, weil man Abdeckungen oder Abschrankungen vergaß oder die elektrische Gefährdung von vornherein nicht richtig erkannt und beurteilt wurde.

Rund 40 Prozent Lichtbogenunfälle

Während eine Körperdurchströmung glimpflich ausgehen kann, führen Lichtbogenunfälle ausnahmslos zu Gesundheitsschäden, oft mit verheerenden Folgen. Zugleich machen sie fast die Hälfte aller Stromunfälle aus: Ihr Anteil liegt seit Jahrzehnten bei 40 Prozent.

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Aufschlussreiche Verbrennungen

Die Untersuchung der Verteilung der Verbrennungen nach Lichtbogenunfällen gibt Aufschluss darüber, wie effektiv die Persönliche Schutzausrüstung eingesetzt wird:

  • Unterkörper, Rumpf und Oberarme sind meist weniger von Verbrennungen betroffen. Sie sind in der Regel von Arbeitskleidung bedeckt.
  • In rund jedem zweiten Fall kommt es zu Verbrennungen an Kopf, Hals, Unterarmen und Händen. Experten folgern daraus, dass bei diesen Arbeiten im Gefährdungsbereich elektrischer Anlagen kein Helm mit Gesichtsschutz, keine Arbeitsjacke und keine Handschuhe getragen wurden.

Maßnahme: PSA, PSA, PSA

Sicherheitsberater predigen es von allen Seiten: Wann immer eine Gefährdung durch Störlichtbögen nicht zu 100 Prozent ausgeschlossen werden kann, ist das Tragen vorschriftsmäßiger Arbeitskleidung und Schutzausrüstung unverzichtbar ‒ sei es bei Arbeiten unter Spannung oder in der Nähe von elektrischen Anlagen, die nicht freigeschaltet wurden.

Geeignetes Material + hohe Trageakzeptanz = größter Schutz

Eine speziell behandelte Baumwollfaser oder zu diesem Zweck entwickelte Kunstfaser kann einem Störlichtbogen wesentlich besser standhalten als ein Baumwollgewebe, wie es in normalen Arbeitsanzügen verwendet wird. Doch die beste Schutzkleidung nützt nichts, wenn sie im Schrank hängt. Nach Ansicht der Unfallexperten müssen Vorgesetzte unter Umständen abwägen, ob eine von den Mitarbeitern akzeptierte Maßnahme, die einen 90-prozentigen Schutz bietet, der Arbeitssicherheit nicht dienlicher ist als 98 Prozent Sicherheit, die auf keine Trageakzeptanz stößt.

Fazit

Es ist wie beim Autofahren: Wer gerade den Führerschein gemacht hat, ist oft vorsichtiger als jemand, der seit 20 Jahren fährt. Auch „alte Hasen“ in der Elektrotechnik verursachen schwere Unfälle. Zur Vermeidung hätten meist nur die bestehenden Vorschriften, Regeln und betrieblichen Anweisungen eingehalten werden müssen. Und: Nicht immer kann durch technische oder organisatorische Maßnahmen das Unfallrisiko beseitigt werden. Die Verwendung der PSA ist dann obligatorisch.

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  • Autorin:

    Christine Lendt

    freie Journalistin

    Lendt, Christine

    Christine Lendt ist als freie Autorin und Journalistin tätig mit einem Schwerpunkt im Bereich Ausbildung, Beruf, Arbeitsschutz.

    www.recherche-text.de

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