Asbestgefährdung bei Elektroarbeiten
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Noch 25 Jahre nach dem bundesweiten Asbestverbot beschäftigt das Thema Arbeitsschützer, Umweltschützer und Ärzte. Auch Beschäftigte in Elektroberufen können von Asbestrisiken betroffen sein.
Asbest: eine permanente Gefahr im Altbau
Asbest war als Baustoff jahrzehntelang sehr beliebt. Seine Eigenschaften wie Hitzebeständigkeit, Chemikalienresistenz und hohe Elastizität, dazu thermische wie elektrische Isolierfähigkeit ermöglichten eine Fülle von Anwendungen. Ob Dachplatten oder Wandverkleidungen, Spachtelmassen oder Rohrdämmungen, bis zum Asbestverbot 1993 wurden in Deutschland rund 4,4 Millionen Tonnen Asbest verbaut.
Die Gesundheitsrisiken, insbesondere die krebserzeugende Wirkung der Asbestfasern, sind lange bekannt. Jeder, der mit asbesthaltige Materialien umgeht, sie bearbeitet oder entsorgt, ist gefährdet. Dies betrifft insbesondere Unternehmen, die mit Sanierungen oder Abriss zu tun haben, zudem neben Dachdeckern oder Aufzugsbauern auch Elektroinstallationsbetriebe. Bei Elektroarbeiten in Gebäuden, die vor 1993 errichtet wurden, müssen Sie sich stets bewusst sein, dass Asbestgefahren lauern könnten.
Darum sind auch Elektroberufe betroffen
Das Risiko, bei elektrotechnischen Tätigkeiten auf Asbest zu stoßen, besteht bei ganz unterschiedlichen Aufgaben, z.B.:
- Der überdachte Fahrradabstellplatz einer Wohnanlage soll mit einer Beleuchtung versehen werden. Schon beim Säubern der Wellplatten mit dem Hochdruckreiniger werden Fasern freigesetzt, erst recht beim Schleifen oder Anbohren und dem Verlegen von Leitungen.
- Auf dem Dach einer Scheune soll eine Solaranlage montiert werden. Dabei sind Stäube kaum zu vermeiden. Bestehen die Dachplatten aus Asbestzement, enthalten die Stäube krebserzeugende Asbestfasern.
- Bei Umbauarbeiten in einem Gewerbebetrieb wird eine nicht mehr benötigte Abstellkammer zum neuen Serverraum. Hinter der abgehängten Zwischendecke müssen jede Menge Strom- und Datenleitungen verlegt werden. Enthalten die Deckenplatten Asbest, werden bei jeder Bearbeitung oder Beschädigung Fasern freigesetzt.
Auch beim Arbeiten an Elektroleitungen, die durch asbesthaltige Brandabschottungen geführt sind, müssen Sie mit Asbestrisiken rechnen. Selbst die Verkleidung älterer Elektroschränke oder Nachtspeicheröfen können Asbest enthalten.
Das sollten Elektrofachkräfte zu Asbest wissen
- Auch wenn in manchen Fällen wie etwa Wellplatten aus Eternit das Bewusstsein für die Asbestrisiken inzwischen gewachsen ist, sind viele asbesthaltige Materialien nicht ohne Weiteres zu erkennen. Denn Asbest war (und ist!) in rund 3.500 verschiedenen Produkten enthalten. Gerade bei einem Putz oder einem Wandbelag hat der Laie kaum eine Chance, per Augenschein und ohne Beprobung asbestverdächtige von unverdächtigen Materialien zu unterscheiden.
- Auch wenn viele Gebäude inzwischen aufwendig saniert wurden, betrifft dies kaum mehr als 10 Prozent des jemals in Deutschland verbauten Asbestes. Im Altbau müssen Sie stets mit dem Vorkommen von Asbest in der einen oder anderen Form rechnen.
- Jede mechanische Bearbeitung wie Bohren oder Mauernutfräsen setzt auch in starkgebundenem Asbest Fasern frei. Das sind jedoch häufig gerade die Tätigkeiten, die im Altbau nicht selten vorkommen, wenn z.B. eine Elektroinstallation erneuert werden soll.
- Aus schwachgebundenen Asbestformen lösen sich Asbestfasern noch viel leichter, auch ohne mechanische Bearbeitung. Hier kann selbst bei Reinigungsarbeiten oder dem Inspizieren eines Kabelschachts bereits ein Risiko bestehen.
Asbestrisiken bedürfen besonderer Schutzmaßnahmen
Die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) verbietet das „Arbeiten an asbesthaltigen Teilen von Gebäuden, Geräten, Maschinen, Anlagen, Fahrzeugen und sonstigen Erzeugnissen.“ Sie regelt jedoch auch einige Ausnahmefälle wie Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten (ASI).
Als Grundlage aller Schutzmaßnahmen dient die Gefährdungsbeurteilung. Dazu kommen viele weitere Voraussetzungen für Asbestarbeiten wie Anzeigepflicht gegenüber der Behörde, Anforderungen an die Sachkunde, Absaugung, Personenschleusen, Duschen usw. Bei dem hier vorgegebenen Aufwand kommen Elektrobetriebe in eine Zwickmühle. Denn einerseits ist Asbest weit verbreitet, schwer zu erkennen und der Arbeitgeber muss seine Mitarbeiter vor der Gefährdung schützen. Andererseits wären Elektrosanierungen kaum mehr durchführbar, wenn man jeden Elektroarbeiter für das Setzen einer neuen Steckdose in „Astronauten-Montur“ durch Schleusen und Duschen schicken müsste.
Hilfreich für den konkreten Fall ist ein Blick in die TRGS 519, welche die Anforderungen der Gefahrstoffverordnung konkretisiert. Diese Technische Regel definiert u.a. ASI-Arbeiten sowie „Tätigkeiten mit geringer Exposition“ und „Tätigkeiten geringem Umfangs“. Denn nicht bei allen Arbeiten wird das gesamte Spektrum an Schutzmaßnahmen notwendig, unter bestimmten Voraussetzungen sind Erleichterungen vorgesehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Sie emissionsarme Verfahren nutzen.
Solche Standard-Verfahren für Arbeiten mit geringer Exposition finden Sie in der DGUV Information 201-012. Hier sowie in der Liste der neu aufgenommenen anerkannten Verfahren werden viele verschiedene Tätigkeiten wie Bohren, Schleifen, Ausstanzen oder Abstemmen aufgeführt, die auch im Rahmen von Elektroarbeiten notwendig werden können.
Wichtig zu wissen ist: In der TRGS 519 geht es allein um den Umgang mit Asbest bei ASI-Tätigkeiten. Das Montieren einer Solaranlage – ob Photovoltaik oder Solarthermie, ob mit Unterkonstruktion oder aufgeständert – ist keine Instandhaltungsmaßnahme und fällt daher nicht unter die in der Gefahrstoffverordnung genannten Ausnahmen. Damit ist das Anbringen einer Solaranlage auf einem Asbestzementdach grundsätzlich verboten. Die Behörden können unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmefälle zulassen. Ansonsten bleibt nur Rückbau und Entsorgung durch eine Fachfirma und das Anbringen der Solartechnik auf einem neu eingedeckten Dach.
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