Stromspeicher: für welche Aufgaben im Betrieb sie nützlich sind und welche Hoffnungen sie noch nicht erfüllen
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In Zeiten steigender Energiepreise und volatiler Stromerzeugung setzen Unternehmen und Privatleute große Hoffnungen auf eigene Stromspeicher. Den Stromverbrauch vom schwankenden Angebot der Stromversorger abzukoppeln, ist heute aber nur begrenzt möglich. Trotzdem kann es sich sowohl für Handwerksbetriebe als auch für die Industrie lohnen, Stromspeicher zu betreiben.
Was versteht man unter Stromspeicher?
Ein Strom- oder Energiespeicher ist ein System, in das Energie eingespeichert wird (Laden = Einspeichern), die dort über einen bestimmten Zeitraum verbleibt und bei Bedarf wieder entnommen werden kann (Entladen = Ausspeichern).
Neben der Form der eingebrachten Energie − z.B. mechanische, elektrische oder chemische Energie − sind für einen Stromspeicher die Energie- und Leistungsdichte, die Beladungs- und Entladungszeiten, die mögliche Speicherdauer (kurzzeitig und langfristig nutzbare Speicher) sowie zeitabhängige Verluste (z.B. Selbstentladung) entscheidend. Wie effizient ein bestimmter Speicher ist, hängt u.a. davon ab, wie hoch die Verluste bei den einzelnen Prozessschritten sind. So wäre der Einsatz der Power-to-Gas-Technologie für die Langzeitstromspeicherung heute zwar grundsätzlich möglich, ist aber wegen der geringen Effizienz − etwa 60 % bis 70 % Energieverlust bei der Rückverstromung − derzeit wirtschaftlich nicht sinnvoll. Für welche Anwendungen Speicher geeignet sind, hängt von der jeweiligen Technologie und deren Reifegrad ab. Aktuell können verfügbare Speicher nicht alle Anforderungen an Leistung (in MW) und Kapazität (in MW/h) sowie Speicherdauer (Kurzeit- oder Langzeitspeicherung) erfüllen, die Stromversorger, Industrie und Gewerbe sowie Privathaushalte stellen. Da sehr intensiv an unterschiedlichsten Speichermöglichkeiten geforscht wird, ist mittel- bis langfristig mit der Optimierung von bestehenden oder veränderten Technologien zu rechnen.
Diese Speichertypen stehen heute zur Verfügung
Strom ist − in allgemeinster Form − als Bewegung von elektrischen Ladungsträgern wie Elektronen beispielsweise in Leitern und Halbleitern sowie von Ionen in Elektrolyten definiert. In einem Stromspeicher wird Strom in der Regel nicht direkt, sondern in verschiedenen Energieformen eingespeichert. Auf diese Weise kann die Speicherung beispielsweise in mechanischer, elektrischer oder auch chemischer Form stattfinden.

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Batteriespeicher
Im deutschen Sprachgebrauch hat sich für die derzeit am meisten genutzten elektrochemischen Speicher der Begriff „Batteriespeicher“ durchgesetzt, obwohl er eigentlich nicht korrekt ist. Denn als Speicher werden nicht zum einmaligen Gebrauch bestimmte Batterien eingesetzt, sondern Akkus, die wieder aufgeladen werden können.
Natrium-Ionen-Batterien
Der schwedische Konzern Northvolt will bald mit der Produktion von Natrium-Ionen-Batterien beginnen, die als mögliche Alternative zu Lithium-Ionen-Batterien für die stationäre Nutzung gelten.
Zum Vergleich: Die neue Zelle soll eine Spitzenenergiedichte von mehr als 160 Wh/kg erreichen. Eine Lithium-Ionen-Akkuzelle erreicht eine Energiedichte von rund 280 bis 300 Wh/kg. Ein gleichwertiger Natrium-Ionen-Speicher wäre also aufgrund der geringeren Energiedichte größer und schwerer. Dafür wären die Kosten niedriger; außerdem ist die Natrium-Ionen- Technologie wesentlich sicherer als die Lithium-Ionen-Technologie.
Keramische Festkörperbatterien
Eine Variante der Natrium-Ionen-Akkus sind keramische Festkörperbatterien, die feuer- und explosionssicher sowie robust, für mobile Anwendungen aber ebenfalls zu schwer sind. Das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS und die Altech Group arbeiten daran, ihre extrem langlebige cerenergy®-Batterie für die Serienfertigung zu optimieren. Die Herstellungskosten sollen 40 % unter denen von vergleichbaren Lithium-Ionen-Batterien liegen.
Kurzzeitspeicher
- Kurzzeitspeicher für die öffentliche Stromversorgung:
Leistungsspeicher werden von den Stromversorgern bei kurzfristigen Fluktuationen zur Netzstabilisierung eingesetzt, oft mehrmals pro Tag. Sie überbrücken Engpässe in Sekunden- bis Minutenlänge. Geeignet sind u.a. Batterien, Kondensatoren und Schwungradspeicher. Verschiebespeicher werden eingesetzt, um Stromproduktion und Stromverbrauch über einen Tag auszugleichen, häufig mit ein bis zwei Zyklen in Minuten- und Stundenlänge pro Tag. Geeignet sind u.a. Batteriespeicher, Druckluftspeicher und Pumpspeicherwerke (PSW). - Kurzzeitspeicher für die industrielle und gewerbliche Absicherung von Stromversorgung und Spannungsqualität:
Am besten geeignet sind beim derzeitigen Stand der Technik elektrochemische Speicher wie die Lithium-Ionen-Technologie. In Kombination mit Photovoltaikanlagen sind Batteriespeicher auch für Gewerbe, Industrie und Privathaushalte sinnvoll einsetzbar. - Langzeitspeicher für die öffentliche Stromversorgung:
Um jahreszeitliche Schwankungen in der Stromproduktion aufzufangen, werden eigentlich Langzeitspeicher benötigt − die es aber derzeit noch nicht wirklich gibt. So kommt es immer wieder zu Strommangelsituationen. Europäische Nachbarländer wie Österreich, die Schweiz oder auch Norwegen gleichen Strommangellagen mit Wasserkraftwerken aus. In Deutschland ist dies aufgrund der Topografie nur sehr begrenzt möglich. Für einen wirtschaftlichen Transport des Stroms über sehr weite Strecken fehlen zudem noch viele Kilometer an Gleichstromleitungen (HGÜ-Stromtrassen). In Zukunft, so hoffen Experten, werden chemische Speicher (Power-to-X oder Wasserstoff/Methan) als Langzeitspeicher zur Verfügung stehen. Derzeit aber sind diese Technologien entweder noch nicht ausgereift oder noch nicht wirtschaftlich einsetzbar wie Power-to-Gas. - Langzeitspeicher − industrielle und gewerbliche Speicher:
Wenn Platz und Kosten keine Rolle spielen, können Unternehmen bald eine innovative Technologie zur Langzeitspeicherung nutzen. Das schweizerisch-amerikanische Unternehmen Energy Vault hat Hubspeicherkraftwerke entwickelt, die Strom in Form von Lageenergie speichern − mit jeweils 35 Tonnen schweren Materialblöcken. Diese werden per Elektroantrieb auf 200 Meter Höhe gehoben und dort gelagert. Wird Strom gebraucht, werden die Blöcke abgelassen. Dabei wird die gespeicherte Gravitationsenergie als kinetische Energie freigesetzt und kann Generatoren antreiben. Der Wirkungsgrad soll bei bis zu 80 % liegen. - Hoffnungsträger MOST − die Zukunft der Langzeitstromspeicherung?
Ein Technologieansatz, dem viele Experten zutrauen, langfristig das Groß- und Langzeitspeicherproblem zu lösen, ist MOST (Molecular Solar Thermal Energy Storage). Vereinfacht ausgedrückt werden dabei spezielle Moleküle, die sogenannten molekularen Schalter, dem Sonnenlicht ausgesetzt. Diese besonders lichtempfindlichen Moleküle speichern die Sonnenenergie und können sie später bei Bedarf wieder freisetzen.
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Betriebliche Anwendungsbereiche
Stromspeicher sind Investitionsgüter, die im Betrieb viele Funktionen übernehmen können:
Not- und Sicherheitsstromversorgung
Jeder Betrieb benötigt eine Stromreserve, um Unterbrechungen der öffentlichen Stromversorgung für einen begrenzten Zeitraum abzufedern. So muss gewährleistet sein, dass die Sicherheitsbeleuchtung, aber auch Evakuierungs-, Alarm- und Notfallanlagen, Rauchabzugsvorrichtungen, Feuerlöschanlagen etc. möglichst lange funktionsfähig bleiben. Während früher mit Benzin, Diesel oder Gas betriebene Notstromaggregate den Markt dominierten, nutzt man heute verstärkt betriebseigene Stromspeicher.
USV (unterbrechungsfreie Stromversorgung)
In Deutschland legt die Norm DIN EN 50160 „Merkmale der Spannung in öffentlichen Elektrizitätsversorgungsnetzen“ Anforderungen und tolerierbare Abweichungen an die Spannungsqualität fest.
Denn tatsächlich kommt es ständig zu sehr kurzzeitigen Unter- bzw. Überschreitungen der Toleranzwerte von unter einer Sekunde. Experten gehen davon aus, dass solche − „Spikes“ genannte − Störungen rund 18.000-mal pro Jahr auftreten. Was Menschen − wenn überhaupt − als Flackern der Beleuchtung wahrnehmen, kann hochsensible elektronische Geräte und Komponenten im schlimmsten Fall zerstören oder frühzeitig altern lassen.
Inzwischen ist es deshalb Standard, hochsensible technische Systeme wie z.B. Server und Telefonanlagen, aber auch Produktionsanlagen an eine USV-Anlage anzuschließen, die sie auch bei minimalen Unterbrechungen der Stromversorgung gleichmäßig weiterversorgt. Unterbrechungsfreie Stromversorgungen
beziehen ihren Strom meist aus einem Batteriespeicher und sind in der Regel nur für sehr kurze Überbrückungszeiten dimensioniert.
Optimierung des Eigenverbrauchs/Nutzung eigener erneuerbarer Quellen
Betriebe, die eine eigene Erzeugungsanlage wie etwa eine Photovoltaikanlage besitzen, können ihre Stromkosten durch Eigennutzung deutlich senken sowie Überschüsse speichern und zu einem gewünschten Zeitpunkt verbrauchen.
Lastspitzenkappung (Peak Shaving) bzw. Lastspitzenverlagerung (Peak Shifting)
Netzbetreiber erfassen die Abgabe von Strom an Großverbraucher auf der Basis der registrierenden Leistungsmessung (RLM). Sogenannte Lastgangzähler im Unternehmen ermitteln dabei die pro Messperiode (15 Minuten) abgenommene elektrische Leistung. Zu Stoßzeiten, etwa morgens bei Produktionsbeginn, benötigen sehr viele Großverbraucher große Strommengen. Das nutzen Netzbetreiber aus, um für diese Spitzenzeiten höhere Netzentgelte zu verlangen. Unternehmen werden anhand des Spitzenentgelts in eine Abrechnungskategorie eingeordnet − unabhängig davon, ob sie ansonsten weit weniger Strom beziehen.
Sind die betriebseigenen Lastspitzen bekannt, können Unternehmen zu den Spitzenzeiten auf Strom aus dem Speicher zurückgreifen. Dann muss der Stromversorger sie in eine niedrigere Abrechnungskategorie einordnen. Außerdem lassen sich Prozesse mit hohem Strombedarf auf Zeiten mit niedriger Abrechnungskategorie legen (z.B. Nachtschicht).
Power-Quality-Management (Energiemanagementsysteme)
Produktionsanlagen müssen heute rund um die Uhr verfügbar sein, ebenso wie die gesamte Informations- und Kommunikationstechnik. In der Praxis aber hat sich die Qualität der öffentlichen Stromversorgung so verschlechtert, dass es in den Betrieben zu Problemen kommt. IT-Ausfälle und Anlagenstillstände sind nur die sichtbaren Folgen. Schlechte Spannungsqualität kann aber auch die Lebensdauer von Produktionsanlagen, Komponenten der Infrastruktur sowie von Servern herabsetzen.
Mit einem Energiemanagementsystem (EMS, auch EnMS) lässt sich die Stromqualität überwachen und optimieren. Die zum EMS gehörenden Geräte erfassen präzise alle Stromflüsse und können Schwankungen ausgleichen. Außerdem liefern sie die Daten für die Planung, Implementierung und Kontrolle von Energieeffizienzmaßnahmen. Ein EMS hilft auch, die Energiemanagementziele des Unternehmens (z.B. nach DIN ISO 50001) zu erreichen.
Vermarktung von E-Ladepunkten an die Öffentlichkeit oder Mieter
Je nach Lage des Unternehmens am Standort können speichergestützte E-Ladesäulen für den E-Fuhrpark und für die Fahrzeuge der Mitarbeiter auch von Passanten oder Anrainern genutzt werden. Oft überdachen Unternehmen ihre Parkplätze mit PV-Modulen, um mehr Strom zur Verfügung zu haben und so die Effizienz weiter zu steigern.
Ladesäulenoptimierung
Falls Sie für Ihren betrieblichen Fuhrpark E-Fahrzeuge nutzen oder deren Einsatz planen, können Sie E-Ladesäulen zur Verfügung stellen und optimal aussteuern.
Fazit
Es gibt viele gute Gründe, einen eigenen Stromspeicher zu betreiben. Entscheidend für die Business Continuity ist es, die Kapazität des Speichers nicht zu überschätzen und möglichst präzise Pläne auch für Strommangellagen oder Stromausfälle in der Schublade zu haben.
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