Wiederkehrende Prüfungen an Elektrofahrzeugen
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Elektrofahrzeuge unterliegen wie alle Fahrzeuge der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO). Damit unterliegen sie auch der dort festgelegten Pflicht, in den vorgeschriebenen Abständen einem Sachverständigen für Kraftfahrzeuge vorgeführt zu werden und die Hauptuntersuchung zu absolvieren. Für privat genutzte Elektrofahrzeuge wäre die Prüfplicht damit erfüllt. Bei gewerblich genutzten Elektrofahrzeugen reicht das jedoch nicht aus. Hier kommen noch die Prüfungen nach Arbeitsschutzrecht hinzu.
Beruflich genutztes Fahrzeug ist Arbeitsmittel
Bei (Elektro-)Fahrzeugen, die gewerblich im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit eingesetzt und verwendet werden, handelt es sich um Arbeitsmittel im Sinne des § 2 Abs. 1 der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV).
Der Arbeitgeber oder der nach § 13 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) Beauftragte hat somit den sicheren Zustand der Fahrzeuge zu gewährleisten, die er den Beschäftigten zur Verwendung zur Verfügung stellt. Unter anderem ist dazu die regelmäßige Prüfung
- entsprechend § 14 Abs. 2 BetrSichV
- sowie nach Instandsetzungen an sicherheitsrelevanten Teilen auch nach § 14 Abs. 3 in Verbindung mit § 2 Abs. 9 BetrSichV
erforderlich.
Elektrofahrzeug ist elektrisches Arbeitsmittel
Die DGUV Vorschrift 3 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ ist dann einschlägig, wenn für das in Rede stehende Arbeitsmittel (die DGUV-Vorschriften sprechen von „Betriebsmitteln“) der Geltungsbereich gemäß den einleitenden Begriffsbestimmungen eröffnet ist.
Hierzu heißt es in § 2 Abs. 1 DGUV Vorschrift 3:
„Elektrische Betriebsmittel im Sinne dieser Unfallverhütungsvorschrift sind alle Gegenstände, die als Ganzes oder in einzelnen Teilen dem Anwenden elektrischer Energie (z.B. Gegenstände zum Erzeugen, Fortleiten, Verteilen, Speichern, Messen, Umsetzen und Verbrauchen) oder dem Übertragen, Verteilen und Verarbeiten von Informationen (z.B. Gegenstände der Fernmelde- und Informationstechnik) dienen.“
Wie oben dargelegt, handelt es sich bei den gewerblichen Elektrofahrzeugen um Arbeitsmittel (= Betriebsmittel) und aufgrund der Tatsache, dass sie mit elektrischer Energie betrieben werden, gemäß vorstehender Begriffsbestimmung um elektrische Arbeitsmittel. Spannungsgrenzen sind zunächst nicht festgelegt und daher unbeachtlich. Demzufolge ist die DGUV Vorschrift 3 einschlägig und anzuwenden.
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Auswirkungen der Anwendung der DGUV Vorschrift 3
a) Gemäß § 3 Abs. 1 DGUV Vorschrift 3 hat der Unternehmer (entspricht in diesem Kontext dem Arbeitgeber und schließt den nach § 13 ArbSchG bzw. nach § 13 DGUV Vorschrift 1 Beauftragten ein) dafür zu sorgen, dass elektrische Arbeitsmittel nur von einer Elektrofachkraft den elektrotechnischen Regeln entsprechend errichtet, geändert und instand gehalten werden dürfen. Dieser Forderung wird entsprochen, wenn die Elektrofahrzeuge in Fachwerkstätten mit nach DGUV Information 209-093 für Arbeiten an Hochvoltfahrzeugen qualifiziertem Personal instand gehalten werden. Dieses Personal ist nach Abschluss des entsprechenden Ausbildungsabschnitts zur fachkundigen Person (FHV) als Elektrofachkraft im Sinne der DGUV Vorschrift 3 anzusehen.
b) Entsprechend § 4 Abs. 2 DGUV Vorschrift 3 müssen sich elektrische Arbeitsmittel in einem sicheren Zustand befinden und in diesem erhalten werden. Hierin ist aufgrund der Dualität des deutschen Arbeitsschutzrechts eine aus der Betriebssicherheitsverordnung bekannte und gleichlautende Forderung zu erkennen. Insoweit sind der DGUV Vorschrift 3 keine über das staatliche Arbeitsschutzrecht hinausgehenden Forderungen zu entnehmen. Weitere Forderungen, auch die aus den §§ 6 und 7 der DGUV Vorschrift 3, betreffen überwiegend die Instandhaltung.
c) § 5 DGUV Vorschrift 3 wiederholt das eingangs erwähnte Prüferfordernis aus § 14 BetrSichV für elektrische Arbeitsmittel. Jedoch gibt die DGUV Vorschrift 3 keine Prüfverfahren oder -methoden vor, sodass für diese die entsprechenden (elektrotechnischen) Regeln herangezogen werden müssen.
d) Ein Prüfbuch wäre nur zu führen, wenn dies ausdrücklich vom Unfallversicherungsträger verlangt wird (§ 5 Abs. 3 DGUV Vorschrift 3). Es kann hier im Einzelfall aufgrund der örtlich vorzufindenden Gemengelage zu einer solchen Auflage gekommen sein. Gleichwohl ist es geboten, das Ergebnis der Prüfung in geeigneter Weise aufzuzeichnen (siehe dazu § 14 Abs. 7 BetrSichV).
Fahrzeugbezogene Arbeitsschutzprüfung
Fahrzeug im Sinne der DGUV Vorschrift 70
Gleichzeitig handelt es sich bei dem Arbeitsmittel um ein Fahrzeug im Sinne der DGUV Vorschrift 70 „Fahrzeuge“. Neben den einsatztäglich durch den Fahrzeugführer durchzuführenden Prüfungen (Fahrzeugcheck, DGUV Grundsatz 314-002, früher BGG 915) hat der Unternehmer gemäß § 57 Abs. 1 DGUV Vorschrift 70 jedes Fahrzeug nach Bedarf, mindestens jedoch einmal jährlich, durch einen Sachkundigen prüfen zu lassen. Der Sachkundige entspricht der „zur Prüfung befähigten Person“, welche in § 2 Abs. 6 BetrSichV beschrieben und in der Technischen Regel für Betriebssicherheit TRBS 1203 „zur Prüfung befähigte Personen“konkretisiert wird.
Zur Prüfdurchführung selbst enthält die DGUV Vorschrift 70 keine Anhaltspunkte. Hier wird lediglich in § 57 Abs. 2 in Übereinstimmung mit § 14 Abs. 7 BetrSichV verlangt, das Ergebnis der Prüfung schriftlich festzuhalten und diesen Nachweis mindestens bis zur nächsten Prüfung aufzubewahren.
Die jährlichen Prüfungen, die von der DGUV Vorschrift 70 gefordert werden, sollten unter Beachtung des DGUV Grundsatzes 314-003 „Prüfung von Fahrzeugen auf Betriebssicherheit“ ausgeführt werden. Darin ist unter Prüfpunkt A22 die elektrische Anlage enthalten, sodass durch diese Prüfungen auch gleichzeitig die Anforderungen der DGUV Vorschrift 3 erfüllt werden.
Hauptuntersuchung ersetzt Arbeitsschutzprüfung nicht
Die gesetzlich durch § 29 StVZO vorgeschriebene Hauptuntersuchung ersetzt die Prüfungen nach Betriebssicherheitsverordnung sowie nach den DGUV Vorschriften 3 und 70 nicht. Die Hauptuntersuchung fokussiert die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs, während die anderen Vorschriften auf die Arbeitssicherheit abstellen. Beide Prüfungen zusammen führen zur notwendigerweise zu gewährleistenden Betriebssicherheit des Fahrzeugs.
Sachkundige Prüfung nach DGUV Grundsatz 314-003
Für den über die Prüfungen der Hauptuntersuchung hinausgehenden Teil ist eine Prüfung nach den Vorgaben der DGUV Vorschrift 70 durch einen Sachkundigen (zur Prüfung befähigte Person) erforderlich. Der Sachkundige für den Hochvoltteil muss als fachkundige Person (FHV), d.h. als Elektrofachkraft, qualifiziert sein. Diese Prüfung kann natürlich im Rahmen der Hauptuntersuchung durch den Sachverständigen (zugelassene Überwachungsstelle) ergänzend durchgeführt werden.
Wichtig hierbei ist, dass die ergänzende Prüfung auch ausdrücklich bescheinigt wird. Dazu reicht die Bestätigung über eine erfolgreiche Hauptuntersuchung nicht aus, sodass in diesem Fall immer eine ausdrückliche Inbezugnahme der Unfallverhütungsvorschriften erfolgen muss, am besten ergänzt durch einen Hinweis auf die verwendete Prüfgrundlage, wie z.B. auf den DGUV Grundsatz 314-003. Es wird darauf hingewiesen, dass insbesondere die gesetzliche Frequenz der Hauptuntersuchungen den Anforderungen gemäß § 57 Abs. 1 DGUV Vorschrift 70 nicht genügt, da die Prüfung nach den Vorgaben der Unfallverhütungsvorschrift mindestens jährlich durchzuführen ist.
Umgekehrt reicht die erfolgreiche Prüfung nach den Unfallverhütungsvorschriften selbstverständlich in keinem Fall als Ersatz oder Grundlage für die Hauptuntersuchung aus.
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Prüfung der elektrischen Sicherheit
In Ansehung des Prüfpunkts A22 aus DGUV Grundsatz 314-003 sind im Rahmen der Sachkundigenprüfung mit Fokus auf die elektrische Sicherheit zu untersuchen:
- Belüftung der Batterien
- Schutz vor Kurzschluss
- Batteriebefestigung
- Beschädigungsfreiheit der Batterien
- Beschädigungsfreiheit von Leitungsführung und Kabelbäumen
- Isolationswiderstände
Ladekabel sind eigene elektrische Arbeitsmittel
Mobile Ladekabel für Elektrofahrzeuge sind unabhängig vom Fahrzeug als elektrische Arbeitsmittel nach § 5 Abs. 1 DGUV Vorschrift 3 gemäß DIN EN 50699 (VDE 0702):2021-06 „Wiederholungsprüfung für elektrische Geräte“ durch eine Elektrofachkraft als zur Prüfung befähigte Person zu prüfen. Für stationäres elektrisches Ladeequipment gilt DIN VDE 0105-100/A1:2017-06 Abschnitt 5.3.3.101 (deutsche Umsetzung des Harmonisierungsdokuments HD 60364-6:2016).
Fazit
In diesem Beitrag geht es in erster Linie um gewerblich genutzte Elektrofahrzeuge. Elektrofahrzeuge sind als elektrische Arbeitsmittel nach DGUV Vorschrift 3 sowie als mobile Arbeitsmittel nach DGUV Vorschrift 70 und § 14 Abs. 2 BetrSichV zu prüfen. Diese Prüfpflicht wird jedoch erfüllt, wenn die Prüfung fachgerecht nach DGUV Grundsatz 314-003 (insbesondere Prüfpunkt A22) im Rahmen der mindestens jährlich durchzuführenden Prüfung nach DGUV Vorschrift 70 durchgeführt wird.
Der Prüfer für den genannten Prüfpunkt an einem Hochvoltfahrzeug muss eine fachkundige Person (FHV) sein. Die Hauptuntersuchung ist als Äquivalent nur insoweit geeignet, als dass sich Prüfpunkte zur Verkehrssicherheit mit denen zur Arbeitssicherheit decken. Das Prüfergebnis ist entsprechend § 14 Abs. 7 BetrSichV aufzuzeichnen. Dieser Nachweis ist mindestens bis zur nächsten Prüfung verfügbar aufzubewahren.
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