„Wann darf ich eigenständig prüfen?“

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Wann darf ich eigenständig prüfen?
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Frage aus der Praxis

Darf ein Berufsfremder (Kfz-Mechaniker), der eine Schulung als Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten (bei der IHK, 80 Stunden, oder bei einer anderen Einrichtung) absolviert hat, elektrische Prüfungen an ortsveränderlichen Geräten ohne Aufsicht einer Elektrofachkraft durchführen?

Antwort des Experten

Die Voraussetzungen zur Tätigkeit als eigenverantwortlicher VDE-Prüfer, z.B. für ortsveränderliche Betriebsmittel, sind vor allem im Arbeitsschutzgesetz (ArbschG), in der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und der Technischen Regel für Betriebssicherheit (TRBS) 1203 niedergeschrieben.

Grundsätzlich liegt die Entscheidung für die durchführende Person der Prüfungen beim Unternehmer (§ 7 ArbschG).

Wenn der Arbeitgeber die Befähigung für VDE-Prüfungen nicht selbst hat, kann er fachkundige Personen damit beauftragen (§ 13 ArbschG).

Die Betriebssicherheitsverordnung spricht hier von einer „befähigten Person“ (bP).

§ 2 Abs. 6 der Betriebssicherheitsverordnung

Zur Prüfung befähigte Person ist eine Person, die durch ihre Berufsausbildung, ihre Berufserfahrung und ihre zeitnahe berufliche Tätigkeit über die erforderlichen Kenntnisse zur Prüfung von Arbeitsmitteln verfügt; soweit hinsichtlich der Prüfung von Arbeitsmitteln in den Anhängen 2 und 3 weitergehende Anforderungen festgelegt sind, sind diese zu erfüllen.

Zum Thema „befähigte Person für Prüfungen“ wurden vom Gesetzgeber die Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) erlassen.

Abschnitt 2.1 der TRBS 1203

Die befähigte Person muss eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, die es ermöglicht, ihre beruflichen Kenntnisse nachvollziehbar festzustellen. Als abgeschlossene Berufsausbildung gilt auch ein abgeschlossenes Studium. Die Feststellung soll auf Berufsabschlüssen oder vergleichbaren Qualifikationsnachweisen beruhen.

Die TRBS 1203 beschreibt ebenfalls die erforderliche Qualifikation, den Begriff „Berufserfahrung“ (Abschnitt 2.2) sowie die konkreten Forderungen zur Erkennung elektrotechnischer Gefährdungen (Abschnitt 3.3).

Eine Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten mit einem Schulungsumfang von zwei bis drei Wochen erfüllt diese Anforderungen nicht.

Berufserfahrung ist notwendig

Die TRBS 1203 relativiert in Abschnitt 3.3 die Festlegung auf eine abgeschlossene Berufsausbildung nach Abschnitt 2.1 auf „eine andere für die vorgesehenen Prüfaufgaben ausreichende elektrotechnische Qualifikation“ und sorgt damit für Rechtsunsicherheit. Demnach wäre folgende Vorgehensweise vorstellbar:

Die Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten kann bereits während ihrer Schulung zur festgelegten Tätigkeit im Schwerpunkt VDE-Prüfungen ertüchtigt werden. Als anschließende, wenigstens einjährige Berufserfahrung bietet sich eine Mitarbeit bei VDE-Prüfungen an, welche durch regelmäßige fachspezifische Schulungen im Bereich „VDE“ in Theorie und Messpraxis an den betreffenden Prüfgeräten (inkl. Prüfung) zu ergänzen ist, um für den Mitarbeiter eine ausreichende elektrotechnische Qualifikation für die vorgesehenen Prüfaufgaben sicherzustellen. Der Arbeitgeber soll die Berufserfahrung für diesen Zeitraum schriftlich dokumentieren.

Schriftliche Bestellung der befähigten Person

Die zuständige verantwortliche Elektrofachkraft stellt eine entsprechende Arbeitsanweisung für die vorgesehene(n) Tätigkeit(en) zur Verfügung, bestellt die befähigte Person für die Prüfung elektrischer Betriebsmittel gemeinsam mit dem Arbeitgeber schriftlich und übernimmt mit seiner Unterschrift die Fachverantwortung, sofern der Arbeitgeber diese aufgrund seiner eigenen Ausbildung nicht selbst übernehmen kann.

Hohe Entscheidungskompetenz ist gefragt

Die Prüfung elektrischer Betriebsmittel wird fachlich häufig stark unterschätzt und erfährt deshalb auch oft nicht die erforderliche Anerkennung innerhalb des Unternehmens. Sie erfordert jedoch eine hohe Entscheidungskompetenz sowohl bei der Sichtprüfung als auch in der Auswertung der Messdaten, welche durch fundiertes Fachwissen und langjährige Berufserfahrung erst möglich ist.

Die nachhaltigere Lösung nach Abschnitt 3.3 der TRBS 1203 wäre deshalb in diesem Fall, die geforderte einjährige Berufserfahrung auf drei Jahre hochzusetzen. Der Zeitraum von drei Jahren entspricht dem Eineinhalbfachen der Zeit, die als Ausbildungszeit vorgeschrieben ist, um die berufliche Handlungsfähigkeit nachzuweisen und damit die Voraussetzung für eine Zulassung zu einer öffentlich-rechtlichen elektrotechnischen Abschlussprüfung zu erfüllen. Dann kann die Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten zu einem erfolgreichen Abschluss in einem anerkannten elektrotechnischen Berufsbild geführt und mit den beschriebenen Vorleistungen unstrittig als Elektrofachkraft und als befähigte Person bestellt werden.

  • Autor:

    Dipl.-Ing. Hans-Jörg Bauer

    Trainer, Dozent und Prüfer in der Aus- und Weiterbildung von Elektrofachkräften

    Hans-Jörg Bauer

    Hans-Jörg Bauer ist Elektromeister und Betriebswirt mit langjähriger Berufserfahrung in der Industrie als Trainer, Dozent und Prüfer in der Aus- und Weiterbildung von Elektrofachkräften in Theorie und Praxis.

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