Überprüfung ortsveränderlicher Betriebsmittel

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Wie viele Geräte muss die Elektrofachkraft in einer Stunde prüfen?
Wie viele Geräte muss die Elektrofachkraft in einer Stunde prüfen? (Bildquelle: sinemaslow/iStock/Thinkstock)

Frage aus der Praxis

Leider findet mein Arbeitgeber (Verwaltung öffentlicher Dienst) die Überprüfung der Betriebsmittel sinnlos. Eine Inventur der elektrischen Betriebsmittel hat bisher nicht stattgefunden und eine Gefährdungsbeurteilung ist ein Fremdwort. Ich hab es in den letzten 4 Jahren geschafft ein bissl Ordnung ins System zu bringen und bin jetzt bei ca. 3.500 Geräten angekommen, die jährlich zu prüfen sind. Meinen Vorgesetzten ist der Aufwand zu groß und sie suchen jetzt einen Grund mich loszuwerden. Ich muss extra Listen ausfüllen und seperate Auswertungen der Prüfungen machen, damit ermittelt werden kann, wie viele Geräte ich pro Stunde prüfe. Man verlangt von mir 10 Geräte pro Stunde. Ich bin nur allein unterwegs, da ich der einzige Elektriker in der Verwaltung bin. Von den Hausmeistern erhalte ich auch kaum Hilfe.

Nun meine Frage: Gibt es irgendwo eine gesetzliche Vorgabe, wieviel Geräte ich pro Stunde prüfen muss?

Antwort des Experten

Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Markus Klar, LL.M.

Um die Antwort auf die abschließende Frage schon einmal vorweg zu nehmen: Nein, es gibt keine gesetzliche Vorgabe, wie viele elektrische Geräte ein Prüfer pro Stunde prüfen muss.

Dass die Anfrage aus dem behördlichen Umfeld kommt, verwundert doch. Die staatliche Verwaltung ist nicht dem Konkurrenz- und Kostendruck unterworfen, wie ein Unternehmen der Wirtschaft. Daher sollte sich ein Behördenleiter seiner Verpflichtung aus staatlichem Gesetz und unfallversicherungsrechtlicher Vorschrift (UVV) ganz besonders bewusst sein.

DGUV Vorschrift 3: Prüfung elektrischer Betriebsmittel und Anlagen

Die in Rede stehende UVV ist im Falle der öffentlichen Verwaltung die DGUV Vorschrift. Diese gibt dem Unternehmer in § 5 auf, seine elektrischen Betriebsmittel und Anlagen prüfen zu lassen. Dies ist ein Rechtsanwendungsbefehl, da der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) mit § 15 SGB VII die Befugnis zur Rechtssetzung in ihrem Satzungsbereich übertragen wurde.

Unternehmer nach Arbeitsschutzgesetz

Jetzt könnte man spitzfindig behaupten, der Behördenleiter wäre kein Unternehmer. Hier holt ihn aber das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und diesem nachgeordnet die BetrSichV ein. Nach § 2 Ab. 3 des Arbeitsschutzgesetzes ist Arbeitgeber, wer Personen nach § 2 Abs. 2 (ArbSchG) beschäftigt. Hier wird bewusst nicht auf Arbeitnehmer sondern auf Beschäftigte abgestellt und hier sind die üblichen im öffentlichen Dienst vertretenen Beschäftigtengruppen genannt: Nr. 1 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Nr. 4 Beamtinnen und Beamte. Weiterhin nennt § 2 Abs. 5 des Arbeitsschutzgesetzes explizit den Bereich des öffentlichen Dienstes und in Absatz 4 besagte Unfallverhütungsvorschriften. Selbst wenn man die UVV als nicht anwendbar begründet bekommt, so ergibt sich die Prüfpflicht eben aus § 10 Abs. 1 Satz 2 der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV).

Prüfen ist Pflicht

Im Bereich der öffentlichen Verwaltung nicht zu prüfen, bedeutet letztlich einen Verstoß gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (GG). Nach dessen Artikel 20 Abs. 3 GG ist die vollziehende Gewalt (Exekutive, also die Staatsverwaltung) an Gesetz und Recht gebunden. Dies wird bezeichnet als die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bestehend aus Vorrang des Gesetzes und Vorbehalt des Gesetzes. Es bleibt also gar kein Ermessungsspielraum hinsichtlich des „ob“ des Prüfens, da diese Verpflichtung in einem Gesetz steht respektive sich aus einem solchen ergibt. Die gesetzlichen Verpflichtungen sind durchzuführen.

Die Gefährdungsbeurteilung zeigt Prüffristen auf

Hinsichtlich des Aufwands (dies betrifft den Aspekt des „Wie“) kann man durchaus einen Königsweg finden. Hier kommt die Gefährdungsbeurteilung ins Spiel. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung, die ihrerseits auch eine gesetzliche Pflicht aus § 5 des Arbeitsschutzgesetzes sowie § 3 der Betriebssicherheitsverordnung ist, hat der Arbeitgeber Prüfart, Prüffrist und Prüfumfang zu ermitteln (§ 3 Abs. 3 BetrSichV). Hier kann nun der gesunde Menschen- und Sicherheitsverstand walten. Nicht jedes Arbeitsmittel muss pauschal und in Stein gemeißelt jährlich geprüft werden. Man denke an die Reserve-Kaffeemaschine im Schrank. Durch die Gefährdungsbeurteilung werden die Prüffristen orientiert an der Gemengelage - will sagen: Beanspruchung, Niveau der Anwender, Ausrüstungsgrad des Arbeitsmittels etc. - festgelegt. Größere Prüfzyklen als ein Jahr sind durchaus denkbar.

Nicht genug Personal ist keine Ausrede

"Es steht nicht genügend Prüfpersonal zur Verfügung." - Dies ist schon einmal gar kein Grund nicht oder nur mit halber Kraft zu prüfen. Stehen in Ansehung der Arbeitsaufgabe Prüfen nicht genügend Prüfer zu Verfügung, so handelt es sich um ein Organisationsverschulden.

Vorliegend sollten basierend auf den Angaben in der Anfrage allgemeine Denkanstösse zur Problemlösung gegeben werden. Diese stellen keine Rechtsberatung im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes dar und können diese auch nicht ersetzen.

  • Autor:

    Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Markus Klar, LL.M.

    EABCon-Ingenieurbüro Klar - Consulting Elektrotechnik - Arbeitsschutz - Betriebsorganisation

    Markus Klar

    Markus Klar ist langjähriger, ehrenamtlicher Richter am Arbeitsgericht Gera, seit 2011 am Landesarbeitsgericht Thüringen und als Autor und freiberuflicher Ingenieur mit dem Schwerpunkt rechtssichere Betriebsorganisation, Arbeitsschutz und Elektrosicherheit beratend tätig.

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Kommentare

Kommentar von Rainer Roßmann |

Für 1,50€ kann kein Mensch ein Betriebsmittel ordnungsgemäß
überprüfen,dokumentieren etc.
Im Schnitt werden hier ca. 10Min./Stk benötigt.
Ich brauche in der Regel sogar mehr als 10Min/Stk da die Betriebsmittel unter den Tischen usw. gesucht werden müssen.
Für 1,50€ kann man nur die Marke kleben, Pfusch!!

Kommentar von Markus Hartmann |

Hier muß ich Herrn Schäfer recht geben. Ich erlebe dies gerade auch in meiner Firma hier gibt es zwar eine VEFK aber auch nur das halt eine da ist. Der Kommentar von Herrn Schäfer vom 30.01.15 kann ich nur beipflichten.

Kommentar von Hans Fleischmann |

Ganz allgemein zum Prüfen ortsfester und ortsveränderlicher Geräte und Anlagen:
Ich kenne mehrere Betriebe die nach ISO 900x zertifiziert sind und deren Servicepersonal weder bei der Erstinbetriebnahme noch nach einer Reparatur eine Prüfung durchführen. Diese Dienstleister haben meist nicht mal ein Messgerät dafür dabei. Manche haben nicht einmal eine VEFK für ihre Serviceleute. Wie kann so etwas zertifiziert werden? Es muss doch schon beim Organisatioinsdiagramm auffallen dass hier etwas fehlt.

Kommentar von Thomas Sachs |

Hallo Herr Schäfer,

vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort.

Kommentar von Thomas Sachs |

Hallo,
ich arbeite als Meister in einem Chemiewerk. Bisher wurden die ortsveränderlichen Betriebsmittel durch einen Kontraktor geprüft, der mittlerweile die entsprechende Prüferfahrung und Schulungen hat. Nun sollen aus Kostengründen diese Prüfungen von eigenem Personal ausgeführt werden. Dafür kommt nur ein Kollege in Frage, der eine entsprechende Ausbildung als Elektriker hat, als Elektrofachkraft eingesetzt wird und auch Erfahrung hat. Nur für die Prüfung der ortsveränderlichen Betriebsmittel fehlt ihm die Erfahrung und Praxis.
Die Prüfungen werden von dem Kontraktor mit seinem eigenen Prüfgerät durchgeführt und in seiner Prüfsoftware verwaltet, die auf einem werkseigenen Notebook installiert ist.
Nun wäre die Frage, wie man den eigenen Mitarbeiter an die Prüfung heranführt. Zumindest müssten wir ein entsprechendes Prüfgerät mit Software kaufen, idealerweise das Gleiche oder eines, welches softwarekompatibel zu dem vorhandenen Datenbestand ist.
Ausserdem bin ich der Meinung, dass der Mitarbeiter vorab eine Schulung erhalten muss, wie richtig geprüft wird. Mein direkter Vorgesetzter, der auch die vEFK ist, ist der Meinung, dass der Mitarbeiter ein erfahrener Elektriker ist, von dem man erwarten kann, dass er weiss, wie er zu prüfen hat.
Wie geht man nun am Besten vor?

Thomas Sachs

Kommentar von Markus |

Als gelernte Elektrofachkraft darfst du die Messungen nach DGUV Vorschrift 3 (ehem. BGV A3) aus rechtlicher Sicht durchführen. Solltest aber dennoch eine Seminar dazu absolvieren, einfach nur, um wieder in das Thema reinzukommen. Ebenso solltest du dich mit dem entsprechenden Messgerät vertraut machen. Die Sicherheitsprüfung ist in meinen Augen sehr wichtig und sollte auch gewissenhaft erledigt werden, d.h man sollte sich die einzelnen Geräte auch optisch anschauen (Sichtprüfung). In vielen Werkstätten oder Produktionsfirmen fallen da schon viele Geräte durch (defekte Schuko-Stecker, defekte Gehäuse, fehlende Sicherheitseinrichtungen). Ich denke als gelernter wirst du ein Auge dafür haben. Gruss Markus

Kommentar von Mike Zänker |

Ich bin Gruppenleiter in einerWerkstatt für behinderte Menschen und betreue eine Gruppe mit 15 psychisch beeinträchtigen Menschen.
Als ursprünglichen Beruf habe ich Elektroinstallateur gelernt. In der Elektrobranche habe ich bis vor 5 Jahren gearbeitet und seitdem keine weiteren Berufspraxis mehr als Elektriker gesammelt.
Nun soll ich in unserer Werkstatt die BGV A3 Prüfung aller Geräte machen.
Meine Frage: Darf ich dies aus rechtlicher Sicht machen.
Und falls ich das machen darf, könnte ich das als Dienstleister für Kunden der Werkstatt anbieten.
Die Geräte werden aktuell von einer Elektrofirma für 1,50€ pro Stück geprüft. Da kann meiner Meinung nach keine ordnungsgemäße BGV A3 Prüfung inkl. (rechtssicherer) Dokumentation gemacht werden.

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