Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge in Industrieanlagen: Herausforderungen und Förderprogramme
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Die Integration von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Industrieanlagen bringt eine Vielzahl technischer, betrieblicher und regulatorischer Herausforderungen mit sich. Von der Netzkapazität über die Standortwahl bis hin zu den einzuhaltenden Normen und Vorschriften müssen zahlreiche Aspekte beachtet werden, um eine effiziente und sichere Lösung zu gewährleisten. Dazu kommen verschiedene Förderprogramme, die ebenfalls an Bedingungen geknüpft sind.
Besonders wichtig ist die Bedarfsanalyse, die es Unternehmen ermöglicht, den Ladebedarf präzise zu ermitteln. Dies umfasst nicht nur die elektrifizierten Flotten, sondern auch Ladepunkte für Mitarbeiter, Besucher und externe Dienstleister. Unternehmen müssen strategisch planen, wie viele Ladepunkte nötig sind und wie diese nachhaltig in bestehende und zukünftige Strukturen integriert werden können.
Komplexität der Ladepark-Planung: von Zielgruppen bis zur technischen Umsetzung
Die Planung eines Ladeparks für Elektrofahrzeuge ist ein vielschichtiger Prozess, der zahlreiche technische und organisatorische Aspekte miteinander verzahnt. Im Mittelpunkt steht die Frage, wer den Ladepark nutzen soll und wie sich dies auf die technischen Anforderungen auswirkt. Öffentliche Ladeparks erfordern in der Regel Schnellladestationen, da Nutzer hier möglichst wenig Zeit verbringen möchten.
- Gleichstrom-Ladetechnologie (DC) mit Leistungen von 100 kW oder mehr wird bevorzugt, um Fahrzeuge innerhalb von 30 Minuten auf bis zu 80 % ihrer Kapazität zu laden.
- Im Gegensatz dazu genügen für interne Anwendungen wie Mitarbeiter- oder Flottenparkplätze oft Wechselstrom-Ladestationen (AC), die über mehrere Stunden hinweg eine konstante Ladeleistung bieten.
Die Standortwahl muss sowohl logistische Anforderungen als auch die technische Infrastruktur berücksichtigen. Ein leistungsfähiger Netzanschluss ist eine wichtige Grundlage, da Schnellladestationen einen hohen Energiebedarf haben. In vielen Fällen ist ein eigener Mittelspannungsanschluss notwendig, der mit Transformatoren und Schaltanlagen ausgestattet wird, um die elektrische Energie auf das benötigte Niveau zu bringen. Gleichzeitig müssen Kabelwege und Verlegemethoden sorgfältig geplant werden, da große Entfernungen nicht nur höhere Kosten, sondern auch Energieverluste verursachen.
Neben den baulichen und technischen Anforderungen spielen wirtschaftliche und organisatorische Aspekte eine zentrale Rolle. Geschäftsmodelle, die auf Nutzerabrechnung basieren, benötigen ein Backend-System, das die Ladestationen mit Abrechnungssystemen und Payment-Optionen wie Kreditkarten oder RFID-Technologie vernetzt. Die Einhaltung von Normen und Vorschriften wie der DIN VDE 0100-722 oder der EU-Ladesäulenverordnung ist verpflichtend, um die Betriebssicherheit zu gewährleisten. Darüber hinaus sind Fördermöglichkeiten und Genehmigungsverfahren frühzeitig in den Planungsprozess einzubeziehen. Dies umfasst sowohl die Recherche nach Förderprogrammen als auch die Abstimmung mit kommunalen Behörden für Bau- und Netzanschlüsse.
Ein weiterer Aspekt ist die langfristige Wartung und Betriebsführung des Ladeparks. Elektrische Anlagen müssen regelmäßig geprüft und gewartet werden, um Ausfälle zu vermeiden und Sicherheitsstandards zu gewährleisten. Unternehmen können hierfür auf Servicepakete zurückgreifen, die von der Fernwartung bis zu Vor-Ort-Interventionen reichen. Ein integriertes Lastmanagementsystem hilft zudem, die Netzbelastung zu steuern und gleichzeitig die Effizienz des Ladeparks zu maximieren, insbesondere bei einer geplanten Erweiterung der Ladepunkte.
Netzkapazität und Energieversorgung
Industrieanlagen zeichnen sich durch eine hohe Grundlast aus, die durch Maschinen und Produktionsanlagen entsteht. Zusätzliche Verbraucher wie Ladestationen können die Netzkapazität erheblich belasten. Die Planung beginnt daher mit einer detaillierten Analyse der verfügbaren elektrischen Anschlussleistung.
Normen wie die DIN VDE 0100-722 legen fest, welche Anforderungen an die elektrische Infrastruktur für Ladeeinrichtungen gelten. Zum Beispiel wird definiert, wie Schutzmaßnahmen für Überlast und Kurzschluss aussehen müssen. Schnellladestationen, die Leistungen von 50 kW oder mehr benötigen, erfordern häufig die Nachrüstung eines leistungsfähigeren Mittelspannungsanschlusses oder eines zusätzlichen Transformators.
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Lastmanagement und Spitzenlastvermeidung
Ein Schlüsselpunkt ist das Lastmanagement, das die optimale Verteilung der verfügbaren Energie ermöglicht, ohne die Anschlusskapazitäten zu überlasten. Dies ist insbesondere bei der Kopplung mit erneuerbaren Energien wie Photovoltaik und Speichersystemen entscheidend. Offene Schnittstellen und dynamische Lastmanagementsysteme, die eine Integration in bestehende Energiemanagementsysteme ermöglichen, sind hier ideal. Dadurch wird nicht nur der Energiebedarf effizient gesteuert, sondern es werden auch Kosten durch die Vermeidung von Lastspitzen gesenkt.
Die Integration von Ladeinfrastruktur kann zu erheblichen Lastspitzen führen, die Energiekosten und Netzstabilität negativ beeinflussen. Ein intelligentes Lastmanagement ist daher unerlässlich. Systeme, die den Standard ISO 15118 „Straßenfahrzeuge – Kommunikationsschnittstelle zwischen Fahrzeug und Ladestation“ unterstützen, ermöglichen die dynamische Anpassung der Ladeleistung in Abhängigkeit von der aktuellen Netzbelastung. Dies reduziert nicht nur Lastspitzen, sondern optimiert auch den Energieverbrauch im gesamten Betrieb. Industrieunternehmen profitieren dabei von einer nahtlosen Integration in bestehende Energiemanagementsysteme gemäß der Norm DIN EN ISO 50001 „Energiemanagementsysteme – Anforderungen mit Anleitung zur Anwendung“, die eine systematische Optimierung des Energieeinsatzes im Unternehmen fördert.
Standortwahl und bauliche Anforderungen
Die Positionierung der Ladepunkte innerhalb einer Industrieanlage ist entscheidend für den reibungslosen Betriebsablauf.
Ladepunkte müssen
- sowohl für Flottenfahrzeuge
- als auch für externe Besucherfahrzeuge
leicht zugänglich sein.
Gleichzeitig sind bauliche Anforderungen zu berücksichtigen. Kabelwege sollten möglichst kurz gehalten werden, um Energieverluste und Materialkosten zu minimieren. In Bereichen mit erhöhten mechanischen oder klimatischen Belastungen, wie sie in Industrieanlagen üblich sind, müssen Kabel mit zusätzlichem Schutz gegen Feuchtigkeit und mechanische Einwirkungen verlegt werden.
Sicherheits- und Infrastrukturanforderungen bei Ladeinfrastruktur in Tiefgaragen
Die Planung und Installation von Ladeinfrastruktur in Tiefgaragen erfordert besondere Aufmerksamkeit hinsichtlich technischer und sicherheitstechnischer Anforderungen. Zentral ist dabei die Berücksichtigung der maximalen Anschlussleistung, die durch die Hausanschlusssicherungen vorgegeben wird. Diese Sicherungen bestimmen die maximale Strommenge, die im gesamten Gebäude verfügbar ist, und verhindern Überlastungen. Ein dynamisches Lastmanagement ist wichtig, um die Last gleichmäßig zu verteilen und Überschreitungen zu vermeiden, die im Ernstfall zu Stromausfällen führen könnten.
Besondere Aufmerksamkeit gilt den Sicherheitskomponenten. Eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) ist für jede Ladestation Pflicht und gewährleisten den Schutz vor elektrischen Schlägen. Leitungsschutzschalter (LS) verhindern Überlastungen und potenzielle Brandgefahren, während Überspannungs-Schutzeinrichtungen (SPDs) empfindliche Ladeelektronik vor Schäden durch Überspannungen schützen, die beispielsweise durch Blitzschläge entstehen können.
Die physische Verlegung der Stromleitungen spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle.
- Kabelrinnen, Sammelhalter oder Schienensysteme stellen sicher, dass die Stromversorgung effizient und sicher zu den Ladepunkten geleitet wird.
- Schienensysteme bieten den Vorteil, dass Ladestationen flexibel entlang der Stromschienen installiert und nachgerüstet werden können, was insbesondere bei großen Tiefgaragen von Vorteil ist.
Darüber hinaus sind bei der Installation brandschutztechnische Anforderungen zu beachten. Durchbrüche in Wänden müssen gemäß den Brandschutzvorgaben verschlossen und gekennzeichnet werden, um im Brandfall die Ausbreitung von Feuer und Rauch zu verhindern. Zudem muss sichergestellt werden, dass die Stromversorgung der Tiefgarage zentral abgeschaltet werden kann, sodass die Feuerwehr im Notfall gefahrlos arbeiten kann.
Abschließend sind geeichte Zähler erforderlich, wenn der Stromverbrauch der Ladestationen exakt abgerechnet werden soll. Diese Zähler sind besonders in Mehrparteienhäusern wichtig, um die Verbräuche transparent und nachvollziehbar zu machen. Ein durchdachtes Lastmanagementsystem und zukunftssichere Infrastruktur, die Erweiterungen ermöglicht, bilden die Grundlage für einen effizienten und sicheren Betrieb von Ladepunkten in Tiefgaragen.
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Sicherheitsanforderungen und Schutzmaßnahmen
Ladeinfrastruktur muss gemäß den Anforderungen der DIN EN 61851 „Konduktive Ladesysteme für Elektrofahrzeuge“ für Ladesysteme installiert werden, die Schutz vor elektrischen Fehlern und Überspannungen bietet. Besonders anspruchsvoll wird die Installation in explosionsgefährdeten Bereichen. Hier greifen die Vorgaben der ATEX-Richtlinien, die die sichere Verwendung von Geräten in explosionsgefährdeten Atmosphären regeln. Alle Komponenten der Ladeinfrastruktur müssen speziell für den Einsatz in solchen Zonen zertifiziert sein.
Skalierbarkeit und Zukunftssicherheit
Die steigende Elektrifizierung von Fahrzeugflotten erfordert eine zukunftssichere Infrastruktur. Ein modularer Aufbau ist entscheidend, um die Ladeinfrastruktur an zukünftige Anforderungen anpassen zu können. Technologien wie bidirektionales Laden (Vehicle to Grid), das nach der Norm DIN EN IEC 61851-1 (VDE 0122-1) „Konduktive Ladesysteme für Elektrofahrzeuge – Teil 1: Allgemeine Anforderungen“ geregelt wird, ermöglichen es, Elektrofahrzeuge als Energiespeicher in das Energiemanagement des Unternehmens einzubinden.
Regulatorische Anforderungen und Fördermöglichkeiten
Die Implementierung von Ladeinfrastruktur in Industrieanlagen erfordert die Beachtung zahlreicher gesetzlicher Vorgaben. In Deutschland regelt die Ladesäulenverordnung (LSV) die technischen Mindestanforderungen für den Aufbau und den Betrieb von öffentlich zugänglichen Ladepunkten. Sie legt u.a. fest, welche Steckertypen zulässig sind und welche Sicherheitsstandards eingehalten werden müssen. Für nicht öffentlich zugängliche Ladeinfrastrukturen, wie sie in Industrieanlagen häufig vorkommen, gelten zwar weniger strenge Vorschriften, dennoch ist die Einhaltung grundlegender technischer Standards essenziell.
- Förderprogramm „Öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Deutschland“: Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) stellt im Rahmen dieses Programms von 2021 bis 2025 insgesamt 500 Millionen Euro für den Aufbau öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur bereit. Gefördert werden sowohl Normalladepunkte bis 22 kW als auch Schnellladepunkte mit höherer Leistung (bmdv.bund.de/förderrichtlinie-ladeinfrastruktur).
- Förderprogramm „Gewerbliches Schnellladen“: Im September 2023 startete das BMDV ein Förderprogramm zum Aufbau von Schnellladeinfrastruktur für gewerbliche Flotten. In der ersten Antragsrunde wurden Mittel für rund 1.000 Schnellladepunkte bewilligt. Für 2024 wurden weitere 150 Millionen Euro bereitgestellt, um zusätzliche Schnellladepunkte zu fördern (bmdv.bund.de/Pressemitteilungen/2024).
- Förderung von nicht öffentlicher Schnellladeinfrastruktur für gewerbliche Unternehmen: Das BMDV unterstützt die Errichtung nicht öffentlich zugänglicher und gewerblich genutzter Schnellladeinfrastruktur. Gefördert werden Ladepunkte für Pkw, Lkw und Busse. Die Antragstellung ist seit dem 03.06.2024 wieder möglich (www.ptj.de).
- Förderprogramm des Landes Baden-Württemberg für Elektro-Lkw und Ladeinfrastruktur: Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg fördert Elektro-Lkw und die dazugehörige Ladeinfrastruktur. In wenigen Wochen wurden bereits Anträge über Investitionen von rund 60 Millionen Euro ausgelöst (www.verkehrsrundschau.de).
- Landesförderprogramm „progres.nrw“ in Nordrhein-Westfalen: Dieses Programm fördert die Errichtung von Ladeinfrastruktur mit 40 % der Ausgaben für nicht öffentlich zugängliche Ladepunkte für Beschäftigte und Mieter. Die maximale Förderhöhe pro Ladepunkt beträgt 1.000 Euro. Zusätzlich werden Netzanschlüsse und Umsetzungskonzepte gefördert. Die Förderperiode 2024 ist aktuell gültig (www.elektromobilitaet.nrw).
- Förderprogramm „TruckCharge@BW“ in Baden-Württemberg: Seit November 2024 unterstützt das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg Unternehmen bei der Anschaffung von Elektro-Lkw und beim Aufbau der dazugehörigen Ladeinfrastruktur. Das Programm zielt darauf ab, die klimaneutrale Logistik im Land zu fördern (www.e-mobilbw.de).
- Förderprogramm „Klimafreundliche Nutzfahrzeuge und Infrastruktur“ des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV): Dieses Programm unterstützt die Beschaffung von klimafreundlichen Nutzfahrzeugen sowie den Aufbau der notwendigen Ladeinfrastruktur. Gefördert werden u.a. batterieelektrische Fahrzeuge und die dazugehörigen Ladeeinrichtungen. Die Förderquote beträgt bis zu 80 % der Investitionsmehrkosten. Die bewilligten Vorgaben der Richtlinie werden auf Grundlage des Haushaltes 2024 ausfinanziert. Mittel für einen erneuten Förderaufruf stehen nicht zur Verfügung.
- Förderprogramm „Nicht öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur für den E-Straßengüterverkehr in Bayern“: Das bayerische Förderprogramm adressiert die Herausforderungen der Elektrifizierung von Lkw-Flotten in Unternehmen. Es ermöglicht Unternehmen, Ladepunkte speziell für firmeneigene oder verbundene Fahrzeuge zu errichten und deckt dabei eine Vielzahl von Kostenpunkten ab, darunter Netzanschlüsse, Ladestationen, Tiefbau, Fundamente und innovative Zusatzlösungen wie wetterabhängiges Lastmanagement. Mit Förderquoten von 40 % für große Unternehmen und 50 % für KMUs unterstützt das Programm sowohl Logistiker als auch Bau- und Entsorgungsunternehmen. Besondere Anreize bieten gestaffelte Fördersummen, etwa bis zu 100.000 Euro für Ladepunkte mit mehr als 500 kW Leistung oder innovativen Zusatzkriterien. Die maximale Fördersumme je Antrag beträgt 250.000 Euro, was einen erheblichen Beitrag zur Senkung der Umstellungskosten für Unternehmen leistet (www.bayern-innovativ.de).
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