Elektrische Arbeitsmittel: Ist der Prüfer für das Ergebnis haftbar?

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Durch die Prüfung elektrischer Arbeitsmittel soll ihre Sicherheit festgestellt werden.
Durch die Prüfung elektrischer Arbeitsmittel soll ihre Sicherheit festgestellt werden. (Bildquelle: AndreyPopov/iStock/Thinkstock)

Prüfungen elektrischer Arbeitsmittel sind kein lästiger Selbstzweck, der routinemäßig abgearbeitet werden muss. Die Notwendigkeit von Prüfungen ergibt sich aus dem Erfordernis, die Sicherheit von Arbeitsmitteln unter Berücksichtigung der Einsatzbedingungen, der Beanspruchungen und weiterer Parameter einer örtlich vorzufindenden Gemengelage festzustellen.

Pflicht zur Prüfung von Arbeitsmitteln

Die Pflicht Arbeitsmittel regelmäßig prüfen zu lassen, trifft nach § 14 Abs. 2 der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) bzw. § 5 der DGUV Vorschrift 3 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ den Arbeitsgeber. Dieser muss sich je nach Rechtsquelle einer befähigten Person (§ 2 Abs. 6 BetrSichV in Verbindung mit Kap. 3.3 TRBS 1203) respektive einer Elektrofachkraft (§ 2 DGUV Vorschrift 3) bedienen.

Sicherheit: ein Zustand frei von Risiken

Ein solcher Zustand ist selten. Daher wird man sich mit einer relativen Sicherheit, bei der das zu verbleibende Restrisiko geringer oder höchstens gleich dem gerade noch akzeptablen Grenzrisiko ist, zufrieden geben müssen. Das Grenzrisiko kann nun subjektiv zum Beispiel anhand einer Risikomatrix festgestellt werden, oder ist durch Auslösewerte (Grenzwerte) vorgegeben.

Diese Grenzwerte, z.B. der maximale Schutzleiterwiderstand von 300 mΩ, stellen Obergrenzen dar, die allerdings auch noch einer arbeitsmittelspezifischen Bewertung bedürfen. So wäre das geringfügige Unterschreiten des Grenzwerts einer 1 m langen Verlängerungsleitung mit 1 mm2 Querschnitt mit Blick auf die Materialkennwerte (spezifischer Widerstand von Kupfer) zu beanstanden. Da die Grenzwerte allerdings mit Blick auf eine bestimmte Gefährdungslage ermittelt und festgelegt worden sind, würde der gefährliche Zustand jedoch noch nicht erreicht.

Nun beinhaltet so eine Prüfung immer zwei Aspekte:

  • Zum einen wird zu einem bestimmten Zeitpunkt, also im Moment der Prüfung, ein Messwert festgestellt, der als Prüfergebnis festgehalten wird.
  • Zum zweiten gibt es darauf basierend die Wette, dass und wenn wie lang, dieser Zustand noch anhalten wird.

Wie die meisten Wetten oder Vorhersagen, ist auch diese mit einer erheblichen Unsicherheit behaftet.

Hinweis:
Es können stets nur die zum Zeitpunkt der Prüfung bekannten Parameter in die Vorhersage einbezogen werden. Daraus folgernd und aus der Betrachtung und Bewertung der Momentaufnahme des Prüfergebnisses wird festgelegt, welche Zeit in der Zukunft das Arbeitsmittel sicher zu betreiben sein wird.

Es wird nun einsichtig, dass die Empfehlungen aus Tabelle 2 der TRBS 1201 sowie Tabelle 1B der DGUV Vorschrift 3 nur Richtwerte darstellen können, weil die Einflussparameter nur bedingt im Vorfeld komplett zu erfassen sind. Wer sich also pauschal an den Empfehlungen orientiert, kann trotzdem daneben liegen.

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Verantwortung des Prüfers

Der Prüfer ist für die ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung und die Feststellung des Prüfergebnisses verantwortlich. Als befähigte Person legt er zudem unter Rückgriff auf seine Erfahrungen einen Zeitpunkt für die nächste Prüfung fest. Hier ist er dafür verantwortlich, alle ihm zu diesem Zeitpunkt bekannten Parameter, die Einfluss auf die Sicherheit haben könnten, in diese Einschätzung einfließen zu lassen. Diese Einschätzung ist jedoch eine Wette, bei der er trotz gewissenhafter Bewertung auch einmal daneben liegen kann.

Hinweis:
Sobald das Arbeitsmittel den Prüfplatz verlässt, endet die Verantwortung des Prüfers. Der Prüfer übernimmt mit seiner Unterschrift Verantwortung für das Messergebnis und seine Einschätzung zur Prüffrist. Mit fortschreitender Betriebszeit nach der Prüfung verblasst die Wirkung der Einschätzung.

>>>Tipp der Redaktion: Lesen Sie auch den Beitrag „Ermittlung von Prüffristen elektrischer Arbeitsmittel“

Pflicht des Prüfers

Jeder Mensch muss für aktives Handeln geradestehen und haften. Zwischen Verantwortung und Haftung liegt aber immer eine Pflichtverletzung. Die Pflicht des Prüfers ist

  • die gewissenhafte,
  • den Regeln des Fachs entsprechende Ermittlung des Prüfergebnisses sowie
  • die fundierte Einschätzung des Zeitraums bis zur nächsten Prüfung.

Wird hier nicht ordnungsgemäß vorgegangen, steht eine Haftung im Raum. Bei einem möglichen Schadensereignis muss jedoch ein direkt kausaler Zusammenhang zur Pflichtverletzung bestehen, d.h. die Pflichtverletzung muss (mit-)ursächlich für den Schaden sein.

Dass eine falsche Ermittlung des Prüfergebnisses eine Pflichtverletzung darstellt, dürfte wohl einsichtig sein. Aber auch die falsche Einschätzung der Prüffrist unter Bewertung aller vorliegenden Erkenntnisse ist mindestens fahrlässig.

Dem Arbeitgeber, der sich nach sorgfältiger Auswahl des Prüfers auf dessen Prüfergebnis usw. verlässt, kann dagegen nicht mehr der Vorwurf der Fahrlässigkeit gemacht werden. Ändern sich jedoch nach der Prüfung die der Festlegung der Prüffrist zugrunde liegenden Parameter, weil beispielsweise das Arbeitsmittel in einer anderen Umgebung eingesetzt oder deutlich stärker beansprucht wird, so liegt dies nicht mehr in der Verantwortung des Prüfers. Man wird wohl im Schadensfall individuell betrachten müssen, was der Prüfer einbezogen hat.

Tipp: Dem Prüfer ist zu raten, die Grundlagen seiner Einschätzung genau zu dokumentieren.

Downloadtipps der Redaktion

Downloadpaket für die Prüfung ortsveränderlicher elektrischer Arbeitsmittel/Geräte

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Unterweisung: DGUV Vorschrift 3 Elektrische Anlagen und Betriebsmittel

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Formular: Bestellung zur Elektrofachkraft

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Arbeitnehmerprivileg, Haftungsprivileg, Äquivalenztheorie

Dem beim Arbeitgeber angestellten Prüfer kommt im Hinblick auf die zivilrechtliche Haftung das Arbeitnehmerprivileg zu. Danach haftet ein Arbeitnehmer

  • für leichteste Fahrlässigkeit gar nicht,
  • für mittlere in einer Quote zum Arbeitgeber und
  • erst bei grober Fahrlässigkeit voll.

Zudem greift bei Schädigung eines Betriebsangehörigen das unfallversicherungsrechtliche Haftungsprivileg aus §§ 104, 105 SGB VII.

Beides gilt sowohl für Arbeitnehmer als auch für Auszubildende. Mit Blick auf Auszubildende als Prüfer kann ein Auswahlverschulden des Arbeitgebers zu besorgen sein. Dieser könnte sich dann nicht auf eine fehlerfreie Auswahl berufen und müsste deliktsrechtlich über § 831 BGB haften.

Vertraglich gegenüber Dritten muss der Geschäftsherr als Arbeitgeber des Prüfers sowieso immer nach §§ 280 ff i.V.m. 278 BGB für denjenigen haften, dessen er sich für die Erfüllung seiner Pflichten bedient. Da es beim Dienstvertrag mit dem Prüfer keine Gewährleistung gibt, ist außer in den oben genannten Fällen auch kein Rückgriff möglich. Vielmehr hat der Arbeitnehmer in Fällen der Außenhaftung gegen seinen Arbeitgeber den Anspruch, so gestellt zu werden, wie es im Innenverhältnis der Fall wäre. Will man auf Gewährleistungsansprüche nicht verzichten, so wäre der Werkvertrag das Mittel der Wahl. Hier ist neben der Leistung auch der Erfolg des Tätigwerdens geschuldet. Allerdings ist dies nicht mit Arbeitnehmern möglich.

Strafrechtlich muss im Sinne der Äquivalenztheorie die Handlung kausal für den Taterfolg gewesen sein – die Handlung kann nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Taterfolg entfällt. Dieser weitreichende Ansatz wird durch die Adäquanztheorie eingeschränkt, die von der objektiven Zurechenbarkeit ausgeht. Eine tiefere Betrachtung würde hier zu weit führen. Da es letztlich die Pflicht des Arbeitgebers ist, sichere Arbeitsmittel bereitzustellen und im weiteren Fortgang für eine hinreichende Sicherheit zu sorgen, treffen diesen dann auch die Folgen, wenn er es zulässt, dass falsche Prüfergebnisse ermittelt und falsche Prüffristen festgesetzt werden.

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Handlungspflicht und Unterlassen

Ist dem Prüfer allerdings auch die Kompetenz übertragen, unsichere Arbeitsmittel dem Betrieb zu entziehen, so trifft ihn diesbezüglich auch eine Handlungspflicht. Nimmt er diese nicht wahr, so haftet er als Garant für ein Unterlassen. Garant ist derjenige, der eine Handlungspflicht und auch die dazugehörige Handlungsmacht hat. Zu beachten ist, dass das Strafrecht immer an tatsächliche und nicht an gewillkürte, d.h. vereinbarte oder gewollte Verhältnisse anknüpft. Strafrechtliche Haftung lässt sich nicht durch eine Vereinbarung ausschließen.

Letztlich kommt es immer darauf an, genau zu analysieren, wer welche Pflichten hat. Kommt es zu Pflichtverletzungen, so ist im Schadensfall zu haften.

Beitrag aus dem Jahr 2017, aktualisiert im Juli 2023

  • Autor:

    Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Markus Klar, LL.M.

    EABCon-Ingenieurbüro Klar - Consulting Elektrotechnik - Arbeitsschutz - Betriebsorganisation

    Markus Klar

    Markus Klar ist langjähriger, ehrenamtlicher Richter am Arbeitsgericht Gera, seit 2011 am Landesarbeitsgericht Thüringen und als Autor und freiberuflicher Ingenieur mit dem Schwerpunkt rechtssichere Betriebsorganisation, Arbeitsschutz und Elektrosicherheit beratend tätig.

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Kommentare

Kommentar von Thomas Koch |

Der Beitrag ist sehr ausführlich, aber leider Begriffstechnisch zu kompliziert formuliert finde ich.
Man sieht das der Autor zu sehr auf juristischen Pfaden wandelt. Da kann ich mich gleich mit meinem Anwalt hinsetzen wenn ich das "richtig" verstehen will.

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