Die Haftung der Elektrofachkraft im Schadensfall

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Bei Fahrlässigkeit unterscheiden Juristen drei Haftungsgrundsätze.
Bei Fahrlässigkeit unterscheiden Juristen drei Haftungsgrundsätze. (Bildquelle: serezniy/iStock/Thinkstock)

Kommt es infolge der Arbeit einer Elektrofachkraft zu einem Unfall mit Personen- und/oder Sachschaden, greift zunächst der Versicherungsschutz durch die Betriebshaftpflichtversicherung. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Schaden nicht vorsätzlich, sondern durch fahrlässiges Tun entstanden ist. Achtung: Auch ein Unterlassen kann fahrlässig sein.

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Bei Fahrlässigkeit unterscheiden Juristen drei Haftungsgrundsätze

Leichte Fahrlässigkeit

Bei geringfügigen oder leicht entschuldbaren Pflichtwidrigkeiten, die jedem Mitarbeiter in vergleichbarer Position unterlaufen können, gilt keine Haftung des Mitarbeiters.

Mittlere Fahrlässigkeit

Der Mitarbeiter beachtet nicht die erforderliche Sorgfalt ohne den Vorwurf der besonderen Schwere. Eine anteilige Haftung des Mitarbeiters ist möglich.

Grobe Fahrlässigkeit

Der Mitarbeiter missachtet, was im konkreten Fall hätte einleuchten müssen. In diesem Fall gilt wenigstens eine anteilige Haftung des Mitarbeiters.

Je nach der Situation im Einzelfall kann der Arbeitgeber bei einem Elektrounfall von der in den Fall verwickelten Elektrofachkraft fordern, einen Haftungsanteil zu übernehmen. Zudem drohen auch bei Fahrlässigkeit arbeitsrechtliche Maßnahmen wie Ermahnung, Abmahnung oder Kündigung.

Keine Haftung ohne Verschulden

Grundsätzlich gilt: keine Haftung ohne Verschulden. Wer sich also pflichtgemäß verhält und verantwortungsbewusst handelt, der haftet nicht für einen entstanden Schaden. Das heißt, jeder, der Verantwortung trägt, kann einen etwaigen Schuldvorwurf ausschließen oder zumindest erheblich einschränken, wenn er die ihm obliegenden Pflichten erfüllt. Pflichtgemäß handelt, wer in seinem jeweiligen Aufgaben- und Verantwortungsbereich seinen Pflichten nachkommt.

Als Elektrofachkraft (EFK) erfüllen Sie diese Voraussetzung, wenn Sie sich fach- und sicherheitsgerecht verhalten. Dies setzt voraus, dass Sie die gesetzlichen
Vorgaben erfüllen, die fünf Sicherheitsregeln einhalten, die DGUV Vorschriften beachten und die elektrotechnischen Regeln einhalten. Als Führungskraft sind
die Anforderungen an Sie ungleich strenger.

Danach haben Sie darüber hinaus

  • Ihre Untergebenen in den richtigen Positionen einzusetzen,
  • den Mitarbeitern korrekte Anweisungen zu erteilen,
  • zu kontrollieren, ob die Mitarbeiter den Anweisungen entsprechend handeln, und
  • den/die direkten Vorgesetzten stets rechtzeitig zu informieren.

Anhand des nachstehenden Beispielsfalls aus der Praxis wird deutlich, auf welche Gesichtspunkte es bei der Beantwortung der Frage ankommt, unter welchen Voraussetzungen eine Elektrofachkraft haftet.

Praxisbeispiel

In einem Betrieb übersieht die Elektrofachkraft bei einer Prüfung einen schlechten Schutzleiterkontakt. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Haftung der Elektrofachkraft für die Folgen dieses Fehlers in Betracht kommt?

Kommt es infolge des schlechten Schutzleiterkontakts zu einem Personen- oder Sachschaden, so haftet die Elektrofachkraft aus zivilrechtlicher Sicht dem bzw. den Geschädigten gegenüber auf Schadenersatz – gegebenenfalls in Form von Schmerzensgeld. Aus strafrechtlicher Sicht droht im Falle eines Gesundheitsschadens unter Umständen eine Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung. Ist der übersehene schlechte Schutzleiterkontakt für den Tod einer Person verantwortlich, so droht der Elektrofachkraft schlimmstenfalls ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung. Voraussetzung ist sowohl für den zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch als auch für eine strafrechtliche Haftung, dass

  • der schlechte Schutzleiterkontakt und nicht eine sicherheitswidrige Verwendung die Ursache für den eingetretenen Schaden war und
  • der Elektrofachkraft bei der Prüfung ein Verschulden, d.h. eine schuldhafte Handlungsweise in Form einer rechtswidrigen Pflichtverletzung, vorgeworfen werden kann.

Das maßgebliche Kriterium bei der Beurteilung der Haftungsfrage ist, wie das Gericht die Art und Weise der Prüftätigkeit der Elektrofachkraft bewertet. Zur Beantwortung dieser Frage arbeitet das Gericht folgenden Fragenkatalog ab:

  • Ist die Elektrofachkraft nach den Regeln der Elektrotechnik vorgegangen, hat sie neue gefestigte Erkenntnisse berücksichtigt und danach das Prüfprotokoll erstellt?
  • Was ist unter einem „schlechten Schutzleiterkontakt“ zu verstehen?
  • War der Schutzleiterkontakt schadhaft und somit unbrauchbar oder entsprach er nicht den Normen und gilt nach überwiegender Meinung von Elektrofachkräften als ungeeignet?

Das Gericht kann als elektrotechnischer Laie fachspezifische Fragen und somit letztlich auch die Frage nach der haftungsrechtlichen Verantwortung der Elektrofachkraft nur mithilfe eines Sachverständigen beantworten.

  • Autor:

    Dr. Friedhelm Kring

    freier Lektor und Redakteur

    Kring, Friedhelm

    Dr. Friedhelm Kring ist freier Lektor, Redakteur und Fachjournalist mit den Schwerpunkten Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.

  • Autor:

    Lic. jur./Wiss. Dok. Ernst Schneider

    Inhaber eines Fachredaktionsbüros

    Ernst Schneider

    Ernst Schneider ist Mitglied in der Sektorgruppe Elektrotechnik (ANP-SGE) und in der Themengruppe Produktkonformität (ANP-TGP) des Ausschusses Normenpraxis im DIN e.V.

    Er veröffentlichte bereits eine Vielzahl von Büchern, Fachzeitschriften und elektronischen Informationsdiensten. Seit 2004 ist er außerdem Unternehmensberater für technologieorientierte Unternehmen.

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