Zusatzqualifikation „Programmierung“

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Die Zusatzqualifikation „Programmierung“ wurde 2018 eingeführt.
Die Zusatzqualifikation „Programmierung“ wurde 2018 eingeführt. (Bildquelle: Andrey Suslov/iStock/Getty Images Plus)

Rechtliche Vorgaben zur Zusatzqualifizierung „Programmierung“

Software ersetzt bzw. ergänzt im Zuge der Digitalisierung immer mehr die Hardware. Nahezu jede Maschine verfügt mittlerweile über entsprechende Applikationen. Die Funktionen aller neueren technischen Geräte werden inzwischen in weiten Teilen programmiert. Dementsprechend wandeln sich die Arbeitsanforderungen in den industriellen Elektroberufen. Elektroniker und Mechatroniker müssen inzwischen in der Lage sein, Änderungen und Erweiterungen an bestehenden Steuerprogrammen vorzunehmen, Softwarebausteine zu parametrieren und zu konfigurieren, Geräte miteinander zu vernetzen und deren Programme aufeinander abzustimmen. Und das betrifft nicht nur speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS), sondern umfasst sehr unterschiedliche Programmiersprachen und erweitert sich auf die Vernetzung der einzelnen Controller. Aus diesen Gründen nimmt die Bedeutung der Kompetenz „Programmierung“ auch für Facharbeiter der industriellen Elektroberufe zu. Die durch den Gesetzgeber vorgesehene Zusatzqualifizierung berücksichtigt das, fördert die Entwicklung von Basiskenntnissen in der Programmierung mittels Hochsprachen und bestätigt das erworbene Können durch eine integrierte Prüfung.

Dafür gliedert sich die Vermittlung der Zusatzqualifikation „Programmierung“ in drei Phasen:1

  1. Analysieren von technischen Aufträgen und Entwickeln von Lösungen
    • Kundenanforderungen hinsichtlich der geforderten Funktionen analysieren
    • Prozesse, Schnittstellen und Umgebungsbedingungen sowie Ausgangszustand der Systeme analysieren, Anforderungen an Softwaremodule feststellen und dokumentieren
    • Änderungen der Systeme und Softwarelösungen unter Anwendung von Designmethoden planen und abstimmen
  1. Anpassen von Softwaremodulen
    • Softwaremodule anpassen und dokumentieren
    • angepasste Softwaremodule in Systeme integrieren
  1. Testen von Softwaremodulen im System
    • Testplan entsprechend dem betrieblichen Test und Freigabeverfahren entwerfen, insbesondere Abläufe sowie Norm- und Grenzwerte von Betriebsparametern festlegen, und Testdaten generieren
    • technische Umgebungsbedingungen simulieren
    • Softwaremodule testen
    • Systemtests durchführen und Komponenten im System mit den Betriebsparametern unter Umgebungsbedingungen testen
    • Störungen analysieren und systematische Fehlersuche in Systemen durchführen
    • Systemkonfiguration, Qualitätskontrollen und Testläufe dokumentieren.
    • Änderungsdokumentation erstellen

Die für die Zusatzqualifikation vorgesehene Zeit beträgt acht Wochen. Sie wird ausschließlich im Ausbildungsbetrieb vermittelt, kann aber nach regionaler Absprache durch die Berufsschulen unterstützt werden.

Zusatzqualifikation „Programmierung“ im Ausbildungsbetrieb

Die aufgeführten Phasen der Zusatzqualifikation „Programmierung“ sowie die damit verbundenen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten stellen Rahmenbedingungen dar. Allerdings verzichtet das deutsche Berufsausbildungssystem explizit darauf, die Inhalte zu konkretisieren. Damit soll zum einen dem schnellen Veralten durch neue technologische Entwicklungen entgegengewirkt werden. Zum anderen sollen die Unternehmen ausreichend Freiraum erhalten, um die Inhalte an ihre Bedürfnisse anzupassen. Jedes Ausbildungsunternehmen hat damit die Möglichkeit, die gesetzlichen Vorgaben der Ausbildungsordnung an seine tatsächlichen Gegebenheiten zu adaptieren.

Die Umsetzung dieser Gestaltungsfreiheit ist aber für manche der Ausbildungsbereiche in den Unternehmen entsprechend schwierig. Denn die sehr allgemeinen Vorgaben sind von ihnen auf ihr Unternehmen zu übersetzen. Welche Arbeitsaufgaben sind für die Auszubildenden zum Erwerb der Zusatzqualifikation angemessen? Welche Technologien sind zu berücksichtigen? An welcher Stelle entsteht durch die Arbeit der Auszubildenden für das Unternehmen ein Mehrwert? Wie ist deren Arbeit mit den jeweiligen Fachbereichen im Unternehmen abzustimmen?

Aus diesem Grund werden wir Ihnen einige Vorschläge unterbreiten. Dabei folgen wir dem Modell der „vollständigen“ beruflichen Handlung, das sich in folgende Phasen unterteilt:

  • Informieren
  • Planen
  • Entscheiden
  • Durchführen
  • Kontrollieren
  • Bewerten

Kriterien zur Auswahl geeigneter betrieblicher Aufgaben sind folgende:2

  1. Die betriebliche Aufgabe muss einen Lösungsprozess beinhalten. Es reicht also nicht aus, die Auszubildenden eine Arbeitsaufgabe ausführen zu lassen. Stattdessen sollen sie für ein existierendes Problem im Unternehmen eine Lösung entwickeln, die Umsetzung planen und realisieren sowie deren Wirksamkeit bewerten.
  2. Es muss ein eindeutiger inhaltlicher Bezug der ausgewählten Aufgabe zu den Vorgaben der Ausbildungsordnung existieren. Alle aufgeführten Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten sind auszubilden.
  3. Damit kommen Routineaufgaben nicht infrage. Vielmehr eignen sich Optimierungen oder Erweiterungen in den Prozessen der Unternehmen. Das beinhaltet zugleich die Abstimmung und Zusammenarbeit mit den Kollegen unterschiedlicher Fachbereiche.
  4. Um diese Aufgabe zu erfüllen, müssen die Auszubildenden über entsprechende Freiräume verfügen. Das betrifft die Wahl der Lösung ebenso wie die einzusetzenden Technologien, Softwareprodukte und/oder Werkzeuge.
  5. Schließlich muss die praxisbezogene Aufgabe bewertbar sein. Es muss sich also deren Erfolg anhand der vorgegebenen Ziele messen lassen. Damit wird eine Reflexion der Aufgabe möglich.
  6. Sollte das Ziel der Aufgabe durch unerwartete Störungen nicht erreicht werden, kann die Prüfungskommission das Vorgehen dennoch als positive Prüfungsleistung bestätigen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Auszubildende zeigt, dass er sich schlüssig mit dem entstandenen Ergebnis auseinandergesetzt hat.

Tipp der Redaktion

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Für Ausbilder

Vorschläge zur inhaltlichen Gestaltung der Zusatzqualifizierung „Programmierung“

Einbindung eines RFID-Moduls in ein bestehendes SPS-Programm

Aufgabenstellung

Im Zuge der Erweiterung einer horizontalen Integration wurde ein bisher unberücksichtigt gebliebener Arbeitsplatz in das bestehende RFID-System eingebunden. Um die Steuerung des Gesamtablaufs mittels einer SPS zu ermöglichen, ist der RFID-Schreib-Lese-Sensor noch in deren Programm zu integrieren. Dazu sind die Strukturen des aktuellen Programms zu analysieren, auf ihre Plausibilität zu überprüfen und mittels einer methodisch geeigneten Bausteinstruktur miteinander zu verknüpfen. Die Lösung ist zu testen, zu dokumentieren und anschließend dem internen Kunden zu übergeben.

Ausgabe von Fehlermeldungen

Aufgabenstellung

Im Zuge eines Condition-Monitoring-Projekts sind für eine in Betrieb befindliche Maschine potenzielle Fehler und Abweichungen zu bestimmen. Diese sind in einem zweiten Schritt nach ihrer Bedeutung, ihrer Auftretenswahrscheinlichkeit und ihrer Entdeckungsmöglichkeit zu bewerten. Potenzielle Fehler und Abweichungen, die die Risikoprioritätenzahl von 125 übersteigen, sollen bei einem Auftreten auf einem Display visualisiert werden. Dazu sind im Programm der Steuerung die entsprechenden Textmeldungen anzulegen. Weiterhin sind die Programmbausteine zu erstellen, die die automatische Anzeige der Meldungen veranlassen. Die erweiterten Programme sind zu testen, die vorgenommenen Änderungen zu dokumentieren. Anschließend ist das modifizierte Programm dem Kunden zu übergeben.

Programmierung eines Human Machine Interface (HMI)

Aufgabenstellung

An einer älteren Werkzeugmaschine sollen die bisherigen konventionellen Bedienelemente durch ein Human Maschine Interface (HMI) ersetzt werden. Dazu ist die bisherige Bedienstruktur der Maschine zu analysieren und auf ein Touchscreen-Display zu übertragen. Dazu ist zu ermitteln, welche Bedienfunktionen auf Softwarebasis abgebildet werden können. Weiterhin ist eine Struktur zu entwerfen, die die Anforderungen moderner Softwareergonomie erfüllt. Schließlich ist das entsprechende Programmmodul zu entwickeln und in die bestehende Software zu integrieren. Die Funktionen des HMI sind zu testen und zu dokumentieren. Im letzten Schritt ist das System an den internen Kunden zu übergeben.

 


1 vgl. Anlage 7 der Ausbildungsverordnung der industriellen Elektroberufe
2 vgl. IHK-Leitfaden zu den Änderungen in der Prüfungsorganisation der Industriellen Metallberufe, Industriellen Elektroberufe und des Mechatronikers, S. 38

Autor: Peter Schaffert

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