Hoch hinaus – Neue Konzepte für die Windenergie
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Zwar drehen sich hierzulande knapp 30.000 Windräder, dennoch läuft es mit der Windenergie in Deutschland nicht ganz rund. Durch Rückbau alter Anlagen hat die Anzahl der Windenergieanlagen im Vergleich zu 2020 sogar abgenommen, wenngleich durch effizientere neue Anlagen die Windkraftleistung insgesamt wächst. Doch der Ausbau der Windkraft geht nur langsam voran. Neue Ideen und Konzepte könnten nun für Auftrieb sorgen. Höhenwindkraft lautet eines der Zauberwörter.
Wind ist eine klassische erneuerbare Energiequelle. Die Menschheit nutzt die Bewegungsenergie von Luftströmungen seit Jahrhunderten. Mit Windrädern und Windmühlen wurde – und wird in einigen Regionen der Erde bis heute – Korn gemahlen oder Wasser gepumpt.
Das technische Prinzip ist simpel. Ob friesische Windmühle oder Hightech-Windkraftanlage – die kinetische Energie der anströmenden Luft bringt die Flügel zum Rotieren. Heute wird die auf diese Weise gewonnene mechanische Energie meist über einen Generator in elektrische Energie umgewandelt. Weltweit versorgen Windkraftanlagen auf diese Weise Menschen mit Elektrizität, von der Wüste bis zu Forschungsstationen in der Antarktis.
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Windräder immer höher und leistungsfähiger
Windräder sind typischerweise etwa zwischen 90 und 130 Meter hoch. Doch der Trend scheint nach oben zu gehen und die Höchstwerte (im doppelten Wortsinn) steigen, hier einige Rekordhalter:
- Die 2006 errichtete Windkraftanlage Laasow in Brandenburg war mit ihrem 160 Meter hohen Gittermast einige Jahre lang die höchste Windkraftanlage der Welt.
- 2012 verlor Deutschland diesen Spitzenplatz an einen polnischen Windpark, dessen Anlagen bis etwa 210 Meter Höhe erreichen.
- 2014 übernahm eine Windkraftanlage in Dänemark mit 230 Metern die Spitze.
- Seit 2017 steht das beim Bau höchste Windrad der Welt in Gaildorf bei Stuttgart. Ein Turm der dortigen Anlage ist 246,5 Meter hoch.
Inzwischen gilt die Haliade-X 14 MW, eine Offshore-Anlage vor der Nordostküste Englands, als größte – und leistungsfähigste – Windenergieanlage der Welt. Mit ihren 220 Metern Rotordurchmesser kommt sie bei einer Nabenhöhe von 150 Metern auf eine Höhe von 260 Metern. Doch auch dieser Rekord dürfte fallen. China plant Anlagen bis 280 Meter, auch der dänische Hersteller Vestas will in diese Dimension vorstoßen. Der Baukonzern Max Bögl plant nahe seinem Firmensitz in der Oberpfalz ein Windrad mit einer Gesamthöhe von 285 Metern zu errichten. Schon bald könnte dort das dann vielleicht leistungsstärkste Onshore-Windrad der Welt stehen.
Deutlich bessere Windverhältnisse in der Höhe
Doch warum dieser Drang nach oben zu immer neuen Höhenrekorden? Man könnte meinen, es ginge ums Prestige, doch es gibt auch physikalisch-meteorologische Gründe. Denn weiter oben weht der Wind in der Regel zum einen stärker und zum anderen ist der Luftstrom in den höheren Luftschichten auch beständiger. Beides kommt der Energieausbeute zugute.
Dazu kommt, dass größere Windräder aufgrund der steigenden Nabenhöhe längere Rotoren erlauben. Je größer die vom Wind überstrichene Rotorfläche ist, desto größer ist auch die nutzbare Energie, die eine Windkraftanlage dem Wind entziehen kann. Größere Anlagen bringen somit mehr Ertrag. Forscher und Entwickler gehen davon aus, dass jeder weitere Meter Nabenhöhe den jährlichen Stromertrag um 0,5 bis 1,0 Prozent steigert.
Kosten, Stabilitäts- und Transportprobleme
Das Streben nach immer neuen Höhenrekorden bei Windrädern ist daher verständlich, aber auch die Nachteile werden immer deutlicher. Denn mit zunehmender Höhe steigt das Gewicht und damit wachsen auch die physikalischen Kräfte. Somit müssen Fundamente und Bauwerke immer stabiler werden, was wiederum die Kosten in die Höhe treibt.
Auch die mechanischen Komponenten zur Kraftübertragung wie Rotorbremse, Windnachführung, Blattwinkelverstellung usw. werden stärker beansprucht und müssen in ihrer Auslegung entsprechend angepasst werden. Last, but not least wird es trotz ausgeklügelter Schwerlastlogistik zunehmend aufwendiger und schwieriger, die immer länger werdenden Rotoren an ihren Einsatzort zu transportieren.
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Leichtbau und smarte Rotoren
Um diesen Begrenzungen entgegenzuwirken, werden seit Jahren unterschiedlichste Ansätze diskutiert. So sollen die Rotoren schlanker werden und durch verbesserte Leichtbau-Materialien soll ihr Gewicht sinken. Andere Konzepte arbeiten – 4.0 hat längst auch die Windbranche erfasst – an „intelligenten“ Flügeln mit beweglichen Elementen, sogenannten „Smart Blades“. Ähnlich wie die Klappen an den Tragflächen von Flugzeugen sollen sie die Windströmung bei Bedarf umlenken.
Ein neuer Windradtyp kommt von einem Ingenieur aus Leipzig. Statt der bisherigen Bauform mit einem einteiligen Turm setzt der Entwickler auf eine Dreibeinkonstruktion mit einer vertikalen Säule und zwei Stützsäulen. Der Generator soll dabei aus Gründen der Stabilität nicht mehr oben in der Gondel sitzen, sondern mehrere Generatoren sollen am Fuß der Anlage integriert sein. Zwei Prototypen mit 380 Meter Höhe sind in der Planung.
Klingt clever: bestehende Windparks um eine zweite Ebene aufstocken
Interessant klingt auch die Idee, bestehende Windparks um eine Etage aufzustocken. Denn dort, wo sich bereits Windräder drehen, ist die Infrastruktur vorhanden, die Investitionskosten sinken. Solange sich die Rotoren der Höhenwindräder stets oberhalb des Bereichs herkömmlicher Windräder bewegen, könnten sie sich problemlos „im zweiten Stock“ bereits bestehender Windparks drehen. Mit dieser Lösung müssten keine neuen Flächen ausgewiesen werden.
Auch über eine kombinierte Nutzung von Höhenwindenergie und Solarenergie wird nachgedacht. Warum nicht die Luft über den immer größer werdenden Flächen von Solarkollektoren ebenfalls zur Energiegewinnung nutzen, auch dies spart wertvolle Flächen.
Tipp
Am Windmessmast in Kettwitz ist eine Panorama-Webcam installiert. Auf https://klettwitz.panomax.com kann man sich nicht nur anschauen, wie ein rekultivierter Braunkohletagebau aus 220 Meter Höhe aussieht. Man weiß aus dieser Perspektive auch die Leistung derjenigen zu schätzen, die Windräder installieren und warten.
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