Floating PV − wenn Solarmodule schwimmen gehen
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Photovoltaik gewinnt in Deutschland kontinuierlich an Bedeutung. Ihr Anteil an der Bruttostromerzeugung ist auf inzwischen etwa 12 % angewachsen. Ein vielversprechender Ansatz für den weiteren Ausbau der Stromerzeugung durch Sonnenlicht besteht darin, ungenutzte Wasserflächen einzubeziehen.
Mit Floating Photovoltaics (FPV) werden Konzepte umschrieben, bei denen die Photovoltaikmodule nicht auf Dächern oder Freiflächen, sondern über Wasserflächen installiert werden. In Asien laufen bereits Floating-PV-Anlagen mit Leistungen in der Größenordnung von mehreren Dutzend MW. In Europa schwimmen die größten Floating-PV-Anlagen in den Niederlanden, doch auch in Deutschland wurden erste Floating-Photovoltaik-Projekte realisiert und weitere sind in Planung.
Immenses Potenzial auf deutschen Baggerseen
Bereits seit 2019 erzeugen Solarmodule auf einem Baggersee bei Renchen in Baden-Württemberg jährlich rund 800.000 kWh Solarstrom und versorgen das benachbarte Kieswerk mit Strom. Gegenüber den Anlagen in den Niederlanden oder in China mag diese Leistung bescheiden wirken − die folgende Tabelle zeigt die Größenordnungen beispielhafter Projekte −, doch Studien zeigen, dass sich auch hierzulande große Chancen für schwimmende PV-Anlagen bieten. Die Experten des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) schätzen das Potenzial für Photovoltaik allein auf den etwa 500 Braunkohletageabbauseen in Deutschland auf etwa 26 GWP.
Ort
|
Leistung | Status |
Dezhou/China | 320 MW | seit 2022, auf einem Stausee, derzeit weltgrößte FPV-Anlage |
Cirata/Indonesien | 145 MW | im Bau, auf einem Stausee |
Sellingen/Niederlange | 41,4 MW | seit 2021, auf einem Sandabbausee, größte FPV-Anlage außerhalb Asiens |
Uivermeertjes/Niederlande | 29,8 MW | seit 2021, auf einem Sandabbausee |
Bomhofsplas/Niederlande | 27,4 MW | seit 2020, auf einem Baggersee |
Sekdoorn/Niederlande | 14,5 MW | seit 2019, auf einem Sandabbausee |
Renchen/Baden-Württemberg | 750 kW | seit 2019, auf einem Baggersee |
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Module schwimmend oder am Grund verankert
Für das Installieren von Floating-Photovoltaikanlagen bieten sich je nach Gewässertyp unterschiedliche Möglichkeiten an: Entweder schwimmen die Module auf der Wasseroberfläche oder an bzw. auf speziellen Schwimmkörpern, die im Gewässerboden oder am Ufer verankert werden.
Je nach Lage und Gewässer müssen zusätzlich Wellenbrecher, Wartungsstege, Schutzrohre usw. installiert werden. Technisch ist das alles machbar, auch bei schwankenden Wasserspiegeln. Im Wallis schwimmt ein Solarpark auf einem mehr als 1.800 m hoch gelegenen Stausee. Selbst wenn dessen Speicherbecken in den Wintermonaten leer ist und die Photovoltaikmodule auf dem Seegrund liegen, bleiben sie in Betrieb.
Die Dimensionierung einer schwimmenden Photovoltaikanlage ist meist weit weniger begrenzt als bei herkömmlicher Photovoltaik, wo Dachflächen oder Grundstücksgrenzen einen festen Rahmen vorgeben. Die Anlage auf dem 18 Hektar großen Baggersee im niederländischen Bomhofsplas beispielsweise umfasst fast 73.000 Photovoltaikmodule, 13 Transformatoren und 192 Wechselrichter, dennoch bleiben große Bereiche der Wasseroberfläche und die Uferzonen unbedeckt.
Eine weitere Option sind Photovoltaikmodule auf speziellen Folien, die UV-beständig und sogar betretbar sind. Auch dieses Konzept wurde bereits realisiert. Auf Zypern schützen solche Photovoltaikfolien ein Wasserreservoir vor Verdunstung und Verschmutzung und erzeugen gleichzeitig elektrischen Strom.
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Natürliche Wasserkühlung steigert Ertrag
Zwar liegen die Stromgestehungskosten für schwimmende Photovoltaik laut Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme etwa 10 bis 15 % höher als bei Photovoltaikanlagen auf Freiflächen. Doch die anfängliche Erschwernis der Umgebung Wasser bietet gleichzeitig auf Dauer einen großen Vorteil. Denn die natürliche Kühlwirkung des Wassers lässt die Erträge steigen und damit auch die Wirtschaftlichkeit von Floating Photovoltaics im Vergleich zu konventionellen Freiflächenanlagen.
Je höher die Bodenpreise …
Den Floating-Photovoltaik-Planern in die Hände spielt zudem, dass der Flächenbedarf für das Installieren neuer Photovoltaikanlagen je nach Region mit anderen Nutzungsformen, dem Bedarf an Bauland und hohen Bodenpreisen kollidiert.
Nicht überall sind Konzepte wie Agri-Photovoltaik − Solar-Module, die über landwirtschaftlichen Kulturen angebracht sind − problemlos umsetzbar. Je teurer der Strom und je höher die Bodenpreise, desto lukrativer dürfte die schwimmende Solarstromerzeugung werden. Denn die Sonne als kostenlose Energiequelle steht auf Wasserflächen uneingeschränkt zur Verfügung und kritische Faktoren wie Dachneigung oder Verschattung spielen keine Rolle.
Auswirkungen auf Gewässerökologie im Blick behalten
Bei aller Begeisterung für die Chancen schwimmender Solarparks sollte man sich jedoch bewusst machen, dass das Errichten und Instandhalten mit zum Teil ganz neuen Herausforderungen verbunden ist. Denn beim Nutzen von Wasserflächen können sich Konflikte mit Naturschutz, Tourismus, Jagd und Freizeitaktivitäten ergeben. Da müssen sich plötzlich Bauplaner und Energieexperten beispielsweise die Frage stellen, wie viel Platz eine Entenfamilie benötigt, um noch unter den Photovoltaikmodulen durchschwimmen zu können.
Auch beeinflussen die Photovoltaikmodule den Lichteinfall und die Luftzirkulation an der Gewässeroberfläche, was nicht zulasten der Tier- und Pflanzenwelt gehen sollte. Bei vielen Gewässern in Deutschland dürfte eine Verschattung jedoch aus ökologischen Gründen eher wünschenswert sein. Denn eine Minderung der Sonneneinstrahlung wirkt der unerwünschten Aufheizung und Eutrophierung eines Gewässers entgegen. Das wiederum dürften die meisten Naturschützer begrüßen.
Potenzial erkennen und nutzen
Optionen für schwimmende Photovoltaikanlagen bestehen überall dort, wo Wasserflächen nicht genutzt werden. Das betrifft in Mitteleuropa z.B.:
- geflutete Tagebauflächen und alle Gewässer, die infolge des stillgelegten Kohlebergbaus entstanden sind
- Baggerseen, Kiesgruben, Schotterteiche usw., die auf den Abbau von Kies oder Sand zurückgehen
- Stauseen an Talsperren
Besonders lukrativ könnte die energetische Doppelnutzung von Stauseen mit Wasserkraftwerken sein. Denn kann die bereits vorhandene Infrastruktur für die Ableitung des Solarstroms genutzt werden, senkt dies die Kosten enorm. Auch für Fischfarmen und Aquakulturanlagen könnten sich lukrative Formen einer Mehrfachnutzung entwickeln. Wenn die Energiewende gelingen soll, muss Photovoltaik weiter ausgebaut werden. Schwimmende Photovoltaikanlagen können dazu − mit cleveren und flächenneutralen Lösungen − einen wesentlichen Beitrag leisten.
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