Bei welchen Tätigkeiten benötige ich einen Gesichtsschutz?
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Frage aus der Praxis
Ich arbeite im Bereich der Crashanlage eines Verkehrsclubs und habe folgendes Anliegen:
Bei einem Hochvolt-Fahrzeug aus China haben wir nach einem Crashtest die Spannungsfreiheit am Fahrzeug festgestellt. Dies wurde auf Video aufgenommen und bei YouTube veröffentlicht. Ein Zuschauer hat daraufhin beklagt, dass wir beim Freischalten keinen Gesichtsschutz getragen haben.
Unser Mitarbeiter hatte HV-Handschuhe an. Auf dem Video war zu sehen, wie er den Deckel des DC-DC-Wandlers abschraubt, um danach mit einem geeigneten Messgerät die Spannungsfreiheit festzustellen. Das Fahrzeug verfügte nicht über einen Service Connect, hatte aber eine Abschaltung der HV-Batterie. Es war nach dem Crash spannungsfrei, was der Mitarbeiter nochmals prüfen wollte.
Der Zuschauer meinte, dass es beim Ziehen des SC (12-V-Stecker) Vorschrift wäre – so wurde es ihm mehrfach in einem Lehrgang gesagt – eine Gesichtsmaske zu tragen.
Meine Frage lautet nun: Bei welchen Tätigkeiten benötige ich tatsächlich eine Gesichtsmaske?
Meiner Meinung nach nur dann, wenn Lichtbögen entstehen können. Diese kommen nicht vor bei:
- Ziehen des SC
- Abschrauben des Deckels zum DC-DC-Wandler (bzw. bei freilegen der Kontakte) um Spannungsfreiheit zu prüfen
- Messen der Spannungsfreiheit mit einem geeigneten Messgerät
Diese können entstehen:
- wenn die Batterie nicht abgeschaltet hat, der Deckel keinen Pilotkontakt besitzt und eines der stromführenden Kabel an- bzw. abgesteckt wird
- bei Arbeiten an der geöffneten Batterie im ausgebauten Zustand
Tipp der Redaktion
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Antwort der Experten
Prinzipiell ist die Einschätzung richtig, dass bei Gefahr eines Lichtbogens ein Gesichtsschutz getragen werden muss. Es ist daher grundsätzlich wichtig, dass der Gesichtsschutz beim Öffnen und Messen getragen wird. Wenn tatsächlich Spannungsfreiheit festgestellt worden ist, ist es u.E. nicht notwendig, den Gesichtsschutz beim Ziehen der SC zu tragen. Die DGUV Information 209-093 „Qualifizierung für Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen“ sagt dazu unter 3.2.2, „dass an unter Spannung stehenden Teilen im Regelfall nicht gearbeitet werden darf“. Vor Beginn der Arbeiten sind deshalb die fünf Sicherheitsregeln einzuhalten.
Zu Regel 3 „Spannungsfreiheit feststellen“ wird unter 3.2.2 ausgeführt, „dass selbst nach abgeschalteter HV-Spannung noch Restspannung (bspw. Zwischenkreisspannung) vorhanden sein kann“. Das Feststellen der Spannungsfreiheit darf laut DGUV Vorschrift 3 „nur durch eine Elektrofachkraft (EFK) oder eine elektrotechnisch unterwiesene Person (EuP) durchgeführt werden“ – zur Feststellung sind geeignete Spannungsprüfer oder herstellerspezifische Prüfvorrichtungen zu verwenden. Besteht die Möglichkeit, dass doch Restspannung vorhanden sein kann, kommt auch Abschnitt 6 der DIN VDE 0105-100:2015-10 ins Spiel. Laut Unterabschnitt 6.3.10 „Besondere Festlegungen für Niederspannungsanlagen“ wird gefordert, dass für Niederspannungsanlagen mit Überstrom- und Kurzschlussschutz isolierende Schutzmittel gegen benachbarte unter Spannung stehende Teile, isolierte oder isolierende Werkzeuge sowie geeignete persönliche Schutzausrüstungen (6.3.6) zu verwenden sind. Laut Abschnitt 6.3.1.5 müssen Arbeitende geeignete persönliche Schutzausrüstungen benutzen, sie sollten auch keine Metallteile wie z.B. Schmuck tragen, wenn dadurch eine Gefährdung entstehen kann. Das bedeutet unserer Meinung nach, dass bei noch anliegender Spannung beim Ziehen des SC ein Gesichtsschutz unbedingt getragen werden muss. Dasselbe gilt beim Einsetzen des SC unter Spannung (ggf. ist bei Arbeiten unter Hebebühnen sogar die Verwendung eines Helms mit Gesichtsschutz zwingend vorgeschrieben).
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Downloadpaket für ortsveränderliche elektrische Arbeitsmittel
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Unterweisung: DGUV Vorschrift 3 Elektrische Anlagen und Betriebsmittel
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