Prüfung ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel

5/5 Sterne (4 Stimmen)
Der Arbeitgeber hat dafür Sorge zu tragen, dass den Mitarbeitern ausschließlich sichere Betriebsmittel zur Verfügung gestellt werden.
Der Arbeitgeber hat dafür Sorge zu tragen, dass den Mitarbeitern ausschließlich sichere Betriebsmittel zur Verfügung gestellt werden. (Bildquelle: Twister40/iStock/Thinkstock)

Der Arbeitgeber hat dafür Sorge zu tragen, dass den Mitarbeitern ausschließlich sichere Betriebsmittel zur Verfügung gestellt werden. Um dies zu gewährleisten, sind die Betriebsmittel regelmäßig zu prüfen. Die Prüfungen sowie die Ergebnisse daraus sind zu dokumentieren.

Wann ist ein Betriebsmittel sicher?

Der § 4 der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) enthält die Grundpflichten des Arbeitgebers (Unternehmers) und listet in den Absätzen 4 und 5 allgemeine Anforderungen bezüglich der Prüfungen auf. Laut Absatz 1 dürfen Arbeitsmittel grundsätzlich erst dann verwendet werden, wenn der Arbeitgeber

  1. eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt hat,
  2. die dabei ermittelten Schutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik getroffen und
  3. festgestellt hat, dass die Verwendung der Arbeitsmittel nach dem Stand der Technik sicher ist.

In der amtlichen Begründung zur neuen Betriebssicherheitsverordnung wird hier angeführt, dass Absatz 1 die Bedeutung der Gefährdungsbeurteilung betone. Besonders wichtig ist hier u.a., dass der Arbeitgeber bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen von den allgemeinen Grundsätzen des § 4 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) ausgehen muss.

Wenn sich aus der Gefährdungsbeurteilung ergibt, dass Gefährdungen durch technische Schutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik nicht oder nur unzureichend vermieden werden können, muss der Arbeitgeber nach Absatz 2 geeignete

  • organisatorische und
  • personenbezogene Schutzmaßnahmen

ergreifen. Hier gilt der arbeitsschutzrechtliche Grundsatz, dass technische Schutzmaßnahmen Vorrang vor organisatorischen, diese wiederum Vorrang vor personenbezogenen Schutzmaßnahmen haben.

Hinweis

Die Verwendung persönlicher Schutzausrüstung soll grundsätzlich auf das erforderliche Minimum beschränkt werden.

Alternative Schutzmaßnahmen sind möglich

Nach § 4 Abs. 3 der Betriebssicherheitsverordnung hat der Arbeitgeber bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen die Vorschriften der Betriebssicherheitsverordnung einschließlich der Anhänge zu beachten und die nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 der Betriebssicherheitsverordnung bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen. Mit Letzterem sind die vom Ausschuss für Betriebssicherheit (ABS) aufgestellten Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) gemeint. Bei entsprechender Berücksichtigung wird davon ausgegangen, dass die Anforderungen der Betriebssicherheitsverordnung erfüllt werden. Von den Regeln und Erkenntnissen darf allerdings abgewichen werden, wenn Sicherheit und Gesundheit durch andere Maßnahmen zumindest in vergleichbarer Weise gewährleistet werden.

Hinweis

Prinzipiell kann man davon aber nur abraten, denn bei einem Arbeitsunfall muss der Arbeitgeber nachweisen, dass genau dies der Fall ist. Ein solcher Nachweis ist in der Praxis nur sehr schwer und meist mit erheblichem Aufwand zu erbringen.

Welche Betriebsmittel müssen geprüft werden?

Laut § 4 Abs. 4 der Betriebssicherheitsverordnung ist der Arbeitgeber dafür verantwortlich, dass Betriebsmittel, für die in § 14 und im Abschnitt 3 dieser Verordnung Prüfungen vorgeschrieben sind, nur verwendet werden, wenn diese Prüfungen auch durchgeführt werden. Die Prüfungen sind grundsätzlich zu dokumentieren. Der Absatz wurde im Gesetzgebungsverfahren erst durch den Bundesrat eingefügt.

Konkret sind damit gemeint:

  • Arbeitsmittel, deren Sicherheit von den Montagebedingungen abhängt (§ 14 Abs. 1 BetrSichV),
  • Arbeitsmittel, die Schäden verursachenden Einflüssen ausgesetzt sind (§ 14 Abs. 2 BetrSichV) sowie
  • Krane, Flüssiggasanlagen und maschinentechnische Arbeitsmittel der Veranstaltungstechnik (Anhang 3 der BetrSichV).
Verstöße gegen diese Anforderungen sind Ordnungswidrigkeiten, sie können daher mit einem Bußgeld belegt werden (§ 22 BetrSichV).
Verstöße gegen diese Anforderungen sind Ordnungswidrigkeiten, sie können daher mit einem Bußgeld belegt werden (§ 22 BetrSichV). (Bildquelle: seb_ra/iStock/Thinkstock)

Was gilt für die erstmalige Verwendung der Betriebsmittel?

Nach § 4 Abs. 5 muss der Arbeitgeber die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen vor der erstmaligen Verwendung der Arbeitsmittel überprüfen. Dies gilt allerdings nicht, wenn Prüfungen nach § 14 oder § 15 der Betriebssicherheitsverordnung durchgeführt wurden. Basis der Überprüfung bildet die tägliche Kontrolle der verwendeten Arbeitsmittel durch die Beschäftigten. Aufgrund der unterschiedlichen Qualifikation der Beschäftigten und wegen der Vielzahl der Arbeitsmittel genügt hier selbstverständlich eine Sichtkontrolle auf erkennbare Beschädigung(en).

Hinweis

Der Arbeitgeber bzw. die zuständige Elektrofachkraft ist außerdem dafür verantwortlich, dass Arbeitsmittel vor ihrer jeweiligen Verwendung durch Inaugenscheinnahme und – sofern dies erforderlich ist – durch eine Funktionskontrolle auf offensichtliche Mängel kontrolliert und Schutz- und Sicherheitseinrichtungen ebenfalls einer regelmäßigen Funktionskontrolle unterzogen werden.

Letzteres gilt grundsätzlich auch bei Arbeitsmitteln, für die wiederkehrende Prüfungen nach § 14 oder § 16 der Betriebssicherheitsverordnung vorgeschrieben sind.

Nur sichere Betriebsmittel sind erlaubt

In § 5 der Betriebssicherheitsverordnung werden die grundsätzlichen sicherheitsbezogenen Anforderungen an die verwendeten bzw. ausgegebenen Arbeitsmittel festgelegt. Dabei handelt es sich um die Messlatte, an der Prüfungen der ortsveränderlichen elektrischen Betriebsmittel ausgerichtet sein müssen. Laut Absatz 1 darf der Arbeitgeber nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen und verwenden lassen, die unter Berücksichtigung der vorgesehenen Einsatzbedingungen „sicher“ sind. Dies bedeutet, dass die Betriebsmittel

  • für die Art der auszuführenden Arbeiten geeignet sind,
  • den gegebenen Einsatzbedingungen und den vorhersehbaren Beanspruchungen angepasst sind und
  • über die erforderlichen sicherheitsrelevanten Ausrüstungen verfügen,

sodass eine Gefährdung durch ihre Verwendung so gering wie möglich gehalten wird.

Wenn durch derartige Maßnahmen die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten nicht gewährleistet werden kann, muss der Arbeitgeber andere geeignete Schutzmaßnahmen treffen, um die Gefährdung so weit wie möglich zu reduzieren. Satz 2 enthält die dem gesamten Arbeitsschutz zugrunde liegende Vorgabe, dass Gefährdungen prinzipiell minimiert werden müssen. Wenn eine Minimierung mittels Maßnahmen nach den Vorgaben von Satz 1 und 2 (Arbeitsmittel muss grundsätzlich geeignet und an die Einsatzbedingungen angepasst sein) nicht möglich ist, lässt Satz 3 also auch andere geeignete Schutzmaßnahmen (Ausrüstungen) zur Erreichung des Schutzziels zu.

Downloadtipp der Redaktion

Prüfprotokoll für ortsveränderliche elektrische Arbeitsmittel

Hier gelangen Sie zum Download.

Was passiert mit mangelhaften Betriebsmitteln?

Weitere Anforderungen des § 5 der Betriebssicherheitsverordnung sind:

1. Der Arbeitgeber darf Arbeitsmittel nicht zur Verfügung stellen und verwenden lassen, wenn sie Mängel aufweisen, die die sichere Verwendung beeinträchtigen (§ 5 Abs. 2 BetrSichV).

Der Absatz macht klar, dass Arbeitsmittel, die Mängel aufweisen, generell nicht verwendet bzw. weiterverwendet werden dürfen. Dies gilt übrigens unabhängig davon, ob die Mängel „zufällig“ oder anlässlich von konkreten Prüfungen aufgedeckt werden.

2. Der Arbeitgeber darf nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen und verwenden lassen, die den für sie geltenden Rechtsvorschriften über Sicherheit und Gesundheitsschutz entsprechen (§ 5 Abs. 3 BetrSichV).

Zu Letzterem zählen neben der Betriebssicherheitsverordnung insbesondere Rechtsvorschriften, mit denen Gemeinschaftsrichtlinien in deutsches Recht umgesetzt wurden und die für die Arbeitsmittel zum Zeitpunkt des Bereitstellens auf dem Markt gelten. Mit Rechtsvorschriften im Sinne des Satzes 2 sind insbesondere

  • das Produktsicherheitsgesetz,
  • die (aktuell) geltenden Produktsicherheitsverordnungen sowie
  • andere einschlägige Vorschriften (z.B. das Medizinproduktegesetz [MPG] oder die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung [StVZO])

gemeint.

Wenn keine einschlägigen Rechtsvorschriften für die Bereitstellung auf dem Markt bestehen, ergeben sich die Schutzmaßnahmen aus der Gefährdungsbeurteilung bzw. den Schutzzielanforderungen der Betriebssicherheitsverordnung (hier insbesondere §§ 4, 5, 6, 8 und 9 sowie Anhang 1).

Arbeitsmittel, die der Arbeitgeber für eigene Zwecke selbst hergestellt hat, müssen natürlich auch den grundlegenden Sicherheitsanforderungen der anzuwendenden Gemeinschaftsrichtlinien entsprechen.

Ist der Arbeitgeber auch für mitgebrachte Betriebsmittel verantwortlich?

Laut § 5 Abs. 4 der Betriebssicherheitsverordnung muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass Beschäftigte nur die Arbeitsmittel verwenden, die er ihnen zur Verfügung gestellt hat oder deren Verwendung er ihnen ausdrücklich gestattet hat. Konkret geht es hier – obwohl dies für rechtliche Laien kaum verständlich ist – um Arbeitsmittel, die nicht der Arbeitgeber zur Verfügung gestellt hat, sondern die vom Beschäftigten selbst mitgebracht werden. Der Arbeitgeber ist auch hier für den Arbeitsschutz bei der Verwendung dieser Betriebs- bzw. Arbeitsmittel verantwortlich, da er die Verwendung durch den Beschäftigten – in welcher Form auch immer – zulässt.

Auch die mitgebrachte Kaffeemaschine muss anhand der BetrSichV geprüft werden.
Auch die mitgebrachte Kaffeemaschine muss anhand der BetrSichV geprüft werden. (Bildquelle: Sasha_Suzi/iStock/Thinkstock)

Hinweis

Dies gilt auch für alle von Beschäftigten mitgebrachten ortsveränderlichen Betriebsmittel, wie Kaffeemaschinen, Heißwasserbereiter oder Heizungsgeräte. Diese müssen ebenfalls anhand der BetrSichV geprüft werden oder dürfen anderenfalls nicht verwendet werden.

  • Autor:

    Lic. jur./Wiss. Dok. Ernst Schneider

    Inhaber eines Fachredaktionsbüros

    Ernst Schneider

    Ernst Schneider ist Mitglied in der Sektorgruppe Elektrotechnik (ANP-SGE) und in der Themengruppe Produktkonformität (ANP-TGP) des Ausschusses Normenpraxis im DIN e.V.

    Er veröffentlichte bereits eine Vielzahl von Büchern, Fachzeitschriften und elektronischen Informationsdiensten. Seit 2004 ist er außerdem Unternehmensberater für technologieorientierte Unternehmen.

Zurück

Kommentare

Kommentar von Sven |

Hallo!
Seit dem 1. Februar 2021 und 1. Juni 2021 sind die neuen Normen DIN EN 50678 (DIN VDE 0701 – Prüfungen nach einer Reparatur) und DIN EN 50699 (DIN VDE 0702 – Prüfungen anlässlich einer Wiederholungsprüfung). Welche davon ist bei einer ERSTprüfung (DGUV V3) anzuwenden? Danke vorab für die Antwort.

Kommentar von Felix |

"Arbeitgeber ist auch für mitgebrachte Betriebsmittel verantwortlich".
Wie sieht es in Zeiten von Home Office aus? Man kann doch nicht alle Privaten Geräte wie Bildschirm usw. Prüfen.

Antwort von Jasmin Sprenger

Guten Tag,

lesen Sie hierzu gerne unseren Beitrag „Elektroprüfungen bei Homeoffice – Wie soll das funktionieren?“.

Mit freundlichen Grüßen

Jasmin Sprenger von elektrofachkraft.de

Einen Kommentar schreiben

Was ist die Summe aus 4 und 5?