Die Prüfung elektrischer Anlagen ist ein Muss

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Wartung und Prüfung sollten nicht vernachlässigt werden.
Wartung und Prüfung sollten nicht vernachlässigt werden. (Bildquelle: kadmy/iStock/Getty Images)

Viele Unternehmen betreiben Störungsbeseitigung statt vorbeugende Wartung und Instandhaltung ihrer elektrischen Anlagen. Begründet wird dies mit Kostenersparnis, indem beispielsweise auf die Beschäftigung einer eigenen Elektrofachkraft verzichtet wird. Mit diesem Vorgehen riskieren die Unternehmen jedoch die elektrische Sicherheit im Betrieb – und Kosten werden langfristig auch nicht gespart. Lesen Sie hier, warum sich Kosten sparen bei der Prüfung elektrischer Anlagen und Betriebsmittel nicht wirklich lohnt.

Elektrische Anlagen – egal ob neu errichtet oder alt – verändern sich im normalen Betrieb kontinuierlich. Elektrotechnische Veränderungen können aktiv durch äußere Eingriffe herbeigeführt werden, sie können aber auch passiv jederzeit im normalen Betrieb entstehen (z.B. durch Schalt- und Steuervorgänge oder kurzzeitige Überlastungen).

Wartung und Prüfung elektrischer Anlagen sind ein Muss

Elektrische Anlagen müssen fachgerecht gewartet und in regelmäßigen Abständen einer fachgerechten Prüfung unterzogen werden. Nur elektrische Anlagen, die fachgerecht gewartet und geprüft werden, bieten ein Höchstmaß an Betriebssicherheit und damit auch ein Höchstmaß an Personen-, Sach- und Brandschadensicherheit.

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Diese Forderung wird auch durch

  • das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG),
  • die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV),
  • die DGUV Vorschrift 3 (ehemals BGV A3) (§ 5) sowie
  • die VDE-Bestimmungen, insbesondere durch die DIN VDE 0100-600 „Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 6: Prüfungen“ und DIN VDE 0105-100 „Betrieb von elektrischen Anlagen“

erhoben und bleibt somit unberührt im Hinblick auf mögliche versicherungsinterne Entscheidungen.

Prüfung elektrischer Anlagen: Elektrofachkraft ist erforderlich

Eine fachlich korrekte Aussage über den Zustand einer elektrischen Anlage kann nur durch eine Person erfolgen, die im Hinblick auf ihre Ausbildung gemäß DIN VDE 1000-10 „Anforderungen an die im Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen“ eine Elektrofachkraft ist. Zu diesem Personenkreis zählt an fachlich höchster Stelle der Elektroingenieur und damit in letzter Konsequenz der Elektrosachverständige.

Vorbeugende Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen vs. Störungsbeseitigung

Interessanterweise zeigt sich in der Praxis, dass technisch geführte Betriebe im Gegensatz zu kaufmännisch geführten Betrieben im Durchschnitt die elektrotechnisch betriebssichereren und damit auch die elektrotechnisch brandschadensichereren Betriebe sind.

Oftmals wird mit Provisorien gearbeitet, um im Fehlerfall die Produktion aufrecht zu erhalten
Oftmals wird mit Provisorien gearbeitet, um im Fehlerfall die Produktion aufrecht zu erhalten. (Bildquelle: moodboard/moodboard/Getty Images)

Rein kaufmännisch geführte Betriebe betreiben häufig in ihren elektrischen Anlagen eine reine Störungsbeseitigung, die durch externe Elektrounternehmen durchgeführt wird, während technisch geführte Betriebe in der Regel vorbeugende Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen in ihren elektrischen Anlagen durch eine eigene Elektroabteilung durchführen lassen.

Aus kaufmännischer Sicht eine klare Entscheidung. Jede eigene Elektrofachkraft kostet 365 Tage im Jahr Geld, während die zeitlich begrenzt eingesetzte externe, also im Rahmen einer Dienstleistung gemietete Elektrofachkraft nur nach tatsächlichem Aufwand Kosten verursacht.

Aus elektrotechnischer Sicht ist diese Rechnung jedoch ein Trugschluss. Die Kosten für die elektrische Anlage steigen bei nicht fachgerechter Wartung und Instandhaltung mit jedem Jahr unverhältnismäßig stark an, da sich immer häufiger Störungen und Fehler einstellen. Die Folge hiervon sind in der Regel brand- und unfallgefährliche Provisorien, wenn alles kurzfristig getan werden muss, um die Produktion aufrechterhalten zu können.

Erst- und Wiederholungsprüfung elektrischer Anlagen

VDE-Bestimmungen unterscheiden die Prüfung elektrischer Anlagen grundsätzlich in:

6.4.1.1 Jede Anlage muss - soweit sinnvoll durchführbar - während der Errichtung und nach Fertigstellung geprüft werden, bevor sie vom Benutzer in Betrieb genommen wird.

...

6.4.1.5 Bei Erweiterungen oder Änderungen einer bestehenden Anlage muss nachgewiesen werden, dass die Änderungen oder Erweiterungen der Reihe DIN VDE 0100 (VDE 0100) entsprechen und die Sicherheit der bestehenden Anlage nicht beeinträchtigt ist.

6.4.1.6 Die Prüfung muss von einer Elektrofachkraft vorgenommen werden, die zur Durchführung von Prüfungen befähigt ist.

...

DIN VDE 0100-600:2017-06 (Auszug) (Quelle: VDE Verlag)

Bei der Erstprüfung nach DIN VDE 0100-600, also bei Neuerrichtung oder nach wesentlicher Änderung, muss jede elektrische Anlage – soweit sinnvoll durchführbar – während der Errichtung und nach Fertigstellung geprüft werden, bevor sie vom Benutzer in Betrieb genommen wird.

Bei der wiederkehrenden Prüfung in elektrischen Anlagen gibt es keinen klar definierten Prüfzeitraum. Nach DIN EN 50110-1 (VDE 0105-1) müssen elektrische Anlagen in geeigneten Zeitabständen – die der Betreiber gemäß seiner Gefährdungsbeurteilung (siehe § 3 BetrSichV) festgelegt hat – wiederkehrend geprüft werden.

Der Betreiber elektrischer Anlagen ist somit gefordert, unter Berücksichtigung der Betriebsbedingungen geeignete Prüfzeiträume und den Prüfumfang selbst festzulegen, sodass dadurch eine Beurteilung des ordnungsgemäßen Zustands der elektrischen Anlagen hinreichend möglich ist.

Genau diese Selbstverantwortung durch den Betreiber elektrischer Anlagen stellt in der Praxis einen erheblichen Schwachpunkt dar. Insbesondere vordergründig wirtschaftliche Argumentationen oder fachliche bzw. technische Unwissenheit haben Geschäftsführungen industrieller Betriebe veranlasst, diesen Ermessungsspielraum der DIN EN 50110-1 unzulässig bzw. fahrlässig auszulegen, sodass Prüfungen in viel zu langen Intervallen oder gar nicht mehr durchgeführt werden.

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Protokoll für die Wiederholungsprüfung

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Prüfpflicht nach BetrSichV für Prüfung elektrischer Anlagen und Betriebsmittel

Elektrische Anlagen sowie die darin vorhandenen elektrischen Betriebsmittel zählen gemäß § 2 (1) der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) zu den Arbeitsmitteln im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung.

Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass sämtliche Arbeitsmittel sicher verwendet werden können
Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass sämtliche Arbeitsmittel sicher verwendet werden können. (Bildquelle: ndoeljindoel/iStock/Getty Images)

Nach § 3 (1) der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) muss der Arbeitgeber für sämtliche Arbeitsmittel, also auch die elektrische Anlage oder eine elektrische Maschine, eine Gefährdungsbeurteilung nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes anfertigen.

Unter Berücksichtigung der Anhänge der Gefahrstoffverordnung und der allgemeinen Grundsätze des § 4 des Arbeitsschutzgesetzes sind die notwendigen Maßnahmen für die sichere Bereitstellung und Benutzung der Arbeitsmittel zu ermitteln.

Dabei hat er insbesondere die Gefährdungen zu berücksichtigen, die mit der Benutzung des Arbeitsmittels selbst verbunden sind und die am Arbeitsplatz durch Wechselwirkungen der Arbeitsmittel untereinander oder mit Arbeitsstoffen oder der Arbeitsumgebung hervorgerufen werden. Der Arbeitgeber muss im Rahmen der Anfertigung der Gefährdungsbeurteilung nach § 3 (6) der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) für Arbeitsmittel insbesondere Art, Umfang und Fristen erforderlicher Prüfungen ermitteln.

Ferner hat der Arbeitgeber die notwendigen Voraussetzungen zu ermitteln und festzulegen, welche die Personen erfüllen müssen, die von ihm mit der Prüfung oder Erprobung von Arbeitsmitteln zu beauftragen sind.

§ 2 Begriffsbestimmungen

(1) Arbeitsmittel sind Werkzeuge, Geräte, Maschinen oder Anlagen, die für die Arbeit verwendet werden, sowie überwachungsbedürftige Anlagen.

(2) Die Verwendung von Arbeitsmitteln umfasst jegliche Tätigkeit mit diesen. Hierzu gehören insbesondere das Montieren und Installieren, Bedienen, An- oder Abschalten oder Einstellen, Gebrauchen, Betreiben, Instandhalten, Reinigen, Prüfen, Umbauen, Erproben, Demontieren, Transportieren und Überwachen.

...

§ 3 Gefährdungsbeurteilung

(1) Der Arbeitgeber hat vor der Verwendung von Arbeitsmitteln die auftretenden Gefährdungen zu beurteilen (Gefährdungsbeurteilung) und daraus notwendige und geeignete Schutzmaßnahmen abzuleiten. Das Vorhandensein einer CE-Kennzeichnung am Arbeitsmittel entbindet nicht von der Pflicht zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung. Für Aufzugsanlagen gilt Satz 1 nur, wenn sie von einem Arbeitgeber im Sinne des § 2 Absatz 3 Satz 1 verwendet werden.

...

(6) Der Arbeitgeber hat Art und Umfang erforderlicher Prüfungen von Arbeitsmitteln sowie die Fristen von wiederkehrenden Prüfungen nach den §§ 14 und 16 zu ermitteln und festzulegen, soweit diese Verordnung nicht bereits entsprechende Vorgaben enthält. Satz 1 gilt auch für Aufzugsanlagen. Die Fristen für die wiederkehrenden Prüfungen sind so festzulegen, dass die Arbeitsmittel bis zur nächsten festgelegten Prüfung sicher verwendet werden können. Bei der Festlegung der Fristen für die wiederkehrenden Prüfungen nach § 14 Absatz 4 dürfen die in Anhang 3 Abschnitt 1 Nummer 3, Abschnitt 2 Nummer 4.1 Tabelle 1 und Abschnitt 3 Nummer 3.2 Tabelle 1 genannten Höchstfristen nicht überschritten werden. Bei der Festlegung der Fristen für die wiederkehrenden Prüfungen nach § 16 dürfen die in Anhang 2 Abschnitt 2 Nummer 4.1 und 4.3, Abschnitt 3 Nummer 5.1 bis 5.3 und Abschnitt 4 Nummer 5.8 in Verbindung mit Tabelle 1 genannten Höchstfristen nicht überschritten werden, es sei denn, dass in den genannten Anhängen etwas anderes bestimmt ist. Ferner hat der Arbeitgeber zu ermitteln und festzulegen, welche Voraussetzungen die zur Prüfung befähigten Personen erfüllen müssen, die von ihm mit den Prüfungen von Arbeitsmitteln nach den §§ 14, 15 und 16 zu beauftragen sind.

Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV, Auszug)

Die DGUV Vorschrift 3 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“

Die Prüfpflicht wird durch die berufsgenossenschaftliche Vorschrift DGUV Vorschrift 3 (ehemals BGV A3) „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ abgedeckt. Nach § 5 hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die elektrischen Anlagen und Betriebsmittel auf ihren ordnungsgemäßen Zustand geprüft werden und zwar:

  • vor der ersten Inbetriebnahme und nach einer Änderung oder Instandsetzung vor der Wiederinbetriebnahme durch eine Elektrofachkraft oder unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft und
  • in bestimmten Zeitabständen.

Dabei sind die Fristen so zu bemessen, dass entstehende Mängel, mit denen gerechnet werden muss, rechtzeitig festgestellt werden.

Autor: Dipl.-Ing. Holger Bluhm, VdS-anerkannter Sachverständiger zum Prüfen elektrischer Anlagen

Beitrag aus dem Jahr 2009, zuletzt geprüft im Oktober 2022

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Kommentare

Kommentar von Schmid manfred |

Die nachstehende Aussage ist m.E. so nicht haltbar, da explizit in der zitierten Norm "keine " Wertung diesbezüglich vorgenommen werden soll sondern auf das Wissen und die Erfahrung selbst.
Zitat Abs: 6 des o.g. Fachartikels
Zu diesem Personenkreis zählt an fachlich höchster Stelle der Elektroingenieur und damit in letzter Konsequenz der Elektrosachverständige.

Kommentar von Sylvio Krempin |

Als Vorstandsmitglied eines Gartenvereins interessiert mich, ob irgendwo festgelegt ist, in welchen Zeitabständen die elektrische Anlage, sprich Verteilungen und Leitungen) überprüft werden muss.Müssen nur die Hauptleitungen vom Hauptzähler zu den Verteilungen geprüft werden? Oder auch die einzelnen Leitungen von den Verteilungen zu den Einzelzählern in den Gartenlauben. Die Anlage ist noch aus DDR Zeiten und alle Kabel sind erdverlegt

Vielen Dank im vorraus für ihre Antwort Sylvio Krempin

Kommentar von Klaus Ruch |

Als Vorstandsmitglied eines Gartenvereins interessiert mich, ob irgendwo festgelegt ist, in welchen Zeitabständen die elektrische Anlage, sprich Verteilungen und Leitungen) überprüft werden muss.

Vielen Dank im vorraus für ihre Antwort

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