Prüffristen für Elektrogeräte und Elektroanlagen
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Die Praxis zeigt, dass in vielen Betrieben starre Prüffristen für Elektrogeräte und -anlagen bestehen. Dabei ist oft unklar, woher diese Intervalle eigentlich kommen. Sind sie in dieser Form rechtssicher? Darf die Häufigkeit der wiederkehrenden Prüfungen selbst festgelegt werden?
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber/Betreiber im Elektrobereich immer gehalten, die Prüffristen gefährdungsbezogen selbst festzusetzen; das ist nichts Neues! Allerdings gibt es mittlerweile Vorgaben, die eine schriftliche Gefährdungsbeurteilung verlangen. Und: Wenn es zu einem Elektrounfall kommt und keine Gefährdungsbeurteilung für die Tätigkeit, das Elektrogerät oder die Elektroanlage existiert, stehen Arbeitgeber/Betreiber vor Problemen.
Prüfung nach DGUV, BetrSichV und EnWG
„BGV-A3-Prüfung“ (jetzt DGUV Vorschrift 3) – dieses Schlagwort kennt sicherlich jeder, der elektrische Geräte in seinem Unternehmen im Einsatz hat. Die DGUV Vorschrift 3 (ehemals BGV A3) gilt seit April 1979 als autonomes Satzungsrecht der Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaften).
Sie hatte wie alle Unfallverhütungsvorschriften durch § 15 des 7. Sozialgesetzbuchs Rechtscharakter erlangt. Eine bedeutend höhere rechtliche Gewichtung ist der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) seit Inkrafttreten im Oktober 2002 beizumessen.
Dazu kommen noch die Vorgaben privater Normengeber. Für den Elektrobereich ist das der Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik, dessen VDE-Normen im § 49 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) sogar einen „quasi rechtsverbindlichen“ Charakter zugesprochen bekommen.
„(1) Energieanlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass die technische Sicherheit gewährleistet ist. Dabei sind vorbehaltlich sonstiger Rechtsvorschriften die allgemein anerkannten Regeln der Technik zu beachten.
(2) Die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik wird vermutet, wenn bei Anlagen zur Erzeugung, Fortleitung und Abgabe von
1. Elektrizität die technischen Regeln des Verbandes der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.,
2. Gas die technischen Regeln der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e.V. eingehalten worden sind.“
Es wird also bei Anwendung der VDE-Normen vermutet, die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten zu haben. Dieser Beweis des ersten Anscheins erlischt, wenn andere Lösungen zur Anwendung gelangen. Dann muss die Gleichwertigkeit der zur Anwendung gelangten Maßnahmen im Vorfeld schriftlich bewiesen werden.
Mit der Einführung staatlicher Arbeitsschutzvorschriften werden europäische Rahmenrichtlinien umgesetzt. Der Arbeitgeber muss präventiv und eigenverantwortlich für Sicherheit und Gesundheitsschutz seiner Beschäftigten bei der Arbeit Sorge tragen. Hierzu sind im Voraus schriftliche Gefährdungsbeurteilungen zu erstellen. Bei der Gefahrenabwehr sind Maßnahmen zu ergreifen, die dem Stand der Technik entsprechen.
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Stand der Technik bzw. allgemein anerkannte Regeln der Technik
Vorsicht: Der vom Gesetzgeber verlangte Stand der Technik kann oftmals fortschrittlicher sein als die allgemein anerkannten Regeln der Technik!
Mit der Verabschiedung des Unfallversicherungsmodernisierungsgesetzes (UVMG) durch den Bundestag im Juni 2008 wurden die Berufsgenossenschaften zusätzlich als Regelsetzer zurückgedrängt. Ohne Zustimmung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) dürfen keine autonomen Rechtsnormen mehr herausgegeben werden. Eine entsprechende Änderung von § 15 des 7. Sozialgesetzbuchs ist erfolgt. Stattdessen werden immer mehr Technische Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit im Bundesarbeitsblatt bekannt gemacht.
Die Technischen Regeln geben beispielhafte Maßnahmen zum Arbeitsschutz vor, die der Arbeitgeber bei der präventiven Gefährdungserfassung umsetzen muss, um die Vermutung der Einhaltung staatlicher Arbeitsschutzvorschriften für sich geltend machen zu können.
Prüffristen für Elektrogeräte und Elektroanlagen
Das Konzept der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) sieht vor, dass der Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 3 Abs. 6 BetrSichV Art, Umfang und Fristen notwendiger Prüfungen zu ermitteln und festzulegen hat.
„(6) Der Arbeitgeber hat Art und Umfang erforderlicher Prüfungen von Arbeitsmitteln sowie die Fristen von wiederkehrenden Prüfungen nach den §§ 14 und 16 zu ermitteln und festzulegen, soweit diese Verordnung nicht bereits entsprechende Vorgaben enthält.“
Es reicht dementsprechend nicht aus, die beispielhaften Prüffristen aus der Durchführungsanweisung zur DGUV Vorschrift 3 (BGV A3) als feste Prüffristen zu übernehmen! Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ist zu prüfen, ob aufgrund besonderer betrieblicher Gegebenheiten ggf. eine kürzere Prüffrist festzulegen ist.
Nach staatlichem Recht wird dem Arbeitgeber aber auch die Möglichkeit eingeräumt, längere Prüffristen festzusetzen, wenn dies das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung zulässt.
Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung nach BetrSichV
Grundsätzlich ist kein neues Dokument erforderlich. Vielmehr ist die seit 1996 erforderliche Gefährdungsbeurteilung nach Arbeitsschutzgesetz entsprechend den Anforderungen der Betriebssicherheitsverordnung zu ergänzen bzw. zu erweitern. Hierzu sind Gefährdungen zu erfassen, die mit der Benutzung der Arbeitsmittel selbst verbunden sind.
Aber auch mögliche Wechselwirkungen der Arbeitsmittel mit bereits vorhandenen Arbeitsmitteln, Arbeitsstoffen und der Arbeitsumgebung müssen erfasst, bewertet und die erforderlichen Maßnahmen festgelegt werden, um eine sichere Benutzung der Arbeitsmittel zu gewährleisten. Besondere formelle Anforderungen an das Dokument der Gefährdungsbeurteilung werden nicht gestellt. Wichtig für einen Außenstehenden sind transparente, nachvollziehbare und wiederholbare Prüffristen und Prüfumfänge.
Arbeitsmittel im Sinne der BetrSichV
„(1) Arbeitsmittel sind Werkzeuge, Geräte, Maschinen oder Anlagen, die für die Arbeit verwendet werden, sowie überwachungsbedürftige Anlagen.“
Mit der Definition der Arbeitsmittel sind allerdings Elektroinstallationen in Gebäuden zunächst von dem Anwendungsbereich der Betriebssicherheitsverordnung ausgenommen.
Eine Ausnahme gilt für Betriebsmittel, deren Benutzung in direktem Zusammenhang mit der Arbeit stehen. Das könnte z.B. eine Steckdose im explosionsgefährdeten Bereich sein, die als Arbeitsmittel im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung anzusehen ist.
Im Normalfall dient eine Steckdose zur Übertragung elektrischer Energie und fällt, wie die komplette Installation, unter den Anwendungsbereich der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). Eine entsprechende Kommentierung kann man in den Leitlinien zur Betriebssicherheitsverordnung vom LASI (Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik) nachlesen.
Auszug aus den Leitlinien zur Betriebssicherheitsverordnung
„Frage: Gehören Gebäude bzw. Einrichtungen in Gebäuden zu den Arbeitsmitteln nach BetrSichV?
Antwort: Gebäude in denen sich Arbeitsstätten befinden unterliegen der ArbStättV. Bei Einrichtungen in Gebäuden, wie z.B. Treppen, Türen, Rolltore, Beleuchtung, Lüftungstechnische Anlagen, Elektroinstallation und Heizungsanlagen gelten in erster Linie die Anforderungen der ArbStättV. Die BetrSichV ist zugleich anzuwenden, wenn die Benutzung der Einrichtungen in direktem Zusammenhang mit der Arbeit steht (z.B. Elektroinstallation in explosionsgefährdeten Bereichen).“
In der Arbeitsstättenverordnung gibt es keine Forderung zur Ermittlung der Prüffrist mittels Gefährdungsbeurteilung. Eine Lücke im elektrotechnischen Regelwerk ist allerdings nicht zu erkennen, da es weiterhin die DGUV Vorschrift 3 (BGV A3) und die VDE-Normen gibt, die für das ganze elektrische Arbeitssystem – von der Elektroinstallation bis zu den angeschlossenen Arbeitsmitteln – konkrete Anforderungen an die Sicherheit stellen.
Aussagen zu Prüffristen in DIN VDE 0105-100 und DGUV Vorschrift 3 (BGV A3)
„5.3 Erhalten des ordnungsgemäßen Zustandes
5.3.3 Prüfen
5.3.3.1 Der Zweck von Prüfungen ist der Nachweis, dass eine elektrische Anlage den Sicherheitsvorschriften und den Errichtungsnormen entspricht;...
Elektrische Anlagen müssen in geeigneten Zeitabständen geprüft werden. Wiederkehrende Prüfungen sollen Mängel aufdecken, die nach der Inbetriebnahme aufgetreten sind und den Betrieb behindern oder Gefährdungen hervorrufen können.“
An dieser Stelle wird der Betreiber von elektrischen Anlagen aufgefordert, sich seine eigenen Gedanken zu sinnvollen Prüffristen zu machen. Für die Nachvollziehbarkeit ist ein schriftliches Dokument unerlässlich. Eine gefährdungsbezogene Prüffristenermittlung ist sogar schon seit 1979 in der DGUV Vorschrift 3 (BGV A3) gefordert.
„(1) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass die elektrischen Anlagen und Betriebsmittel auf ihren ordnungsgemäßen Zustand geprüft werden:
1. vor der ersten Inbetriebnahme und nach einer Änderung oder Instandsetzung vor der Wiederinbetriebnahme durch eine Elektrofachkraft oder unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft und
2. in bestimmten Zeitabständen. Die Fristen sind so zu bemessen, dass entstehende Mängel, mit denen gerechnet werden muss, rechtzeitig festgestellt werden.“
Selbstverständlich kann man sich immer noch an den beispielhaften Prüffristen aus den Tabellen 1A und 1B in der Durchführungsanweisung zur DGUV Vorschrift 3 (BGV A3) orientieren. Mittlerweile jedoch nur noch, soweit es das Ergebnis der als Arbeitgeber/Betreiber unabdingbar durchzuführenden Gefährdungsbeurteilung zulässt.
>>> Lesen Sie auch den Beitrag „DIN VDE 0105-100 – Sicherer Betrieb elektrischer Anlagen“
Downloadtipps der Redaktion
E-Book: Prüfprotokolle für die Elektrofachkraft
Hier gelangen Sie zum Download.
Downloadpaket für ortsveränderliche elektrische Arbeitsmittel
Hier gelangen Sie zum Download.
Checkliste: Anforderungsprofil an die zur Prüfung befähigte Person
Hier gelangen Sie zum Download.
Ganzheitliches Prüfkonzept
Die Einhaltung der o.g. Vorgaben muss nicht zwangsläufig mit Zusatzkosten und Mehraufwand verbunden sein. Bei entsprechend richtiger Vorgehensweise liegt sehr viel Einsparpotenzial, Rechtssicherheit und hohe Verfügbarkeit von Elektrogeräten und Elektroanlagen vor.
Dazu müssen sinnvolle Regelungen individuell in den Betrieben umgesetzt werden. Variable Prüffristen und Prüfumfänge können im Zuge der Gefährdungsbeurteilungen mit den gelebten Regelungen sehr gut umgesetzt werden. Wird bei der Beschaffung von Arbeitsmitteln nicht nur der Preis, sondern auch Qualität und Anforderungen entsprechend dem Einsatzbereich berücksichtigt, ist der erste Schritt in die richtige Richtung getan.
Weiterhin erforderlich sind klare Regelungen, die eine Erstprüfung, Prüfung nach Instandsetzung/Reparatur von Arbeitsmitteln inklusive Dokumentation sicherstellen. Eine Einbindung der Mitarbeiter durch Sensibilisierung und Anweisung sind ebenfalls nützlich, wie auch zusätzliche adäquate Maßnahmen wie z.B. Wärmebild- und Netzanalysen.
Auch die VDE-Norm macht zu dieser Vorgehensweise eine klare Aussage:
„5.3.3.101.0.4
Bei Anlagen, die im normalen Betrieb einem wirksamen Managementsystem für vorbeugende Instandhaltung und Wartung unterliegen, dürfen die wiederkehrenden Prüfungen durch die angemessene Durchführung einer dauernden Überwachung und Wartung der Anlage und all ihrer Betriebsmittel durch Elektrofachkräfte ersetzt werden. Geeignete Nachweise müssen zur Verfügung gehalten werden.“
Weiterhin ist gemäß der TRBS 1201 „Prüfungen von Arbeitsmitteln und überwachungsbedürftigen Anlagen“ für die Festlegung der Prüffrist beispielsweise die Funktionsfähigkeit eines Verfahrens, mit dem eine planmäßige Instandhaltung (ständige Überwachung), insbesondere für sicherheitsrelevante Bau- und Verschleißteile, von Relevanz. Adäquate Alternativen und zusätzliche Maßnahmen inklusive Dokumentation sind entsprechend vorzuhalten.
Fazit
Eine Prüffristenermittlung muss immer mit einer transparenten, nachvollziehbaren und dokumentierten Gefährdungsbeurteilung einhergehen.
Autor: Mirko Engert
Beitrag von 2014, aktualisiert im Mai 2023
Kommentare
Kommentar von Carsten Krol |
Kann ich bei einer regelmäßig durchgeführten Wartung der elektrischen Anlage durch eine Elektrofachkraft auf eine Überprüfung verzichten?
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