Erste Hilfe bei einem Elektrounfall

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Schnelle erste Hilfe bei Elektrounfällen rettet Leben.
Schnelle erste Hilfe bei Elektrounfällen rettet Leben. (Bildquelle: IJzendoorn/iStock/Getty Images Plus)

Elektrounfälle sind zum Glück relativ selten, haben aber oft schwerwiegende Folgen. Verglichen mit anderen Unfallarten ist der Anteil der Elektrounfälle mit tödlichem Verlauf vergleichsweise hoch. Daher darf man die Wahrscheinlichkeit, dass ein Stromunfall tödlich endet, nicht unterschätzen.

Elektrounfall: Was tun?

Der Ablauf der ersten Hilfe soll generell nach den Prinzipien der Rettungskette erfolgen: Sofortmaßnahmen, Notruf und erste Hilfe zählen zu den Maßnahmen, die unmittelbar am Unfallort von den dort hinzukommenden bzw. schon anwesenden Ersthelfern eingeleitet werden müssen.

Bei Unfällen immer zuerst auf den Eigenschutz achten!

Sofortmaßnahmen inklusive Notruf

Gerade bei einem Stromunfall sind die Sofortmaßnahmen wie der Eigenschutz, das Absichern der Unfallstelle und der Notruf besonders wichtig. So halten Sie die Verzögerungszeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes am Unfallort so gering wie nur möglich.

Für das Absichern der Unfallstelle und die Unfallmeldung kann jede am Unfallort eintreffende Person sorgen.

Bei Unfällen durch elektrischen Strom unbedingt die 5 Sicherheitsregeln beachten!

Strom sofort unterbrechen!

Bei Niederspannung (bis 1.000 Volt Wechselspannung bzw. 1.500 Volt Gleichspannung):

Eine Unterbrechung der Stromzuleitung kann erfolgen durch

  • Herausziehen des Steckers,
  • Betätigung der Sicherung bzw. des Hauptschalters.

Ist das nicht sofort möglich, muss der Verunglückte durch einen nicht leitenden Gegenstand, z.B. eine trockene Holzlatte, von den unter Spannung stehenden Teilen getrennt werden.
Stellen Sie sich dabei selbst isoliert auf, z.B. auf ein trockenes Brett, trockene Kleider,  eine dicke Zeitung oder etwas Folie.
Berühren Sie sonst nichts – keine Wand, kein Gestell und auch keinen anderen Helfer.

Bei Hochspannung und bei Mittelspannung (über 1.000 Volt Wechselspannung bzw. 1.500 Volt Gleichspannung):

Durch den Ersthelfer ist grundsätzlich sofort der Notruf zu veranlassen und Fachpersonal herbeizurufen. Eine weitere Hilfeleistung kann erst nach Eingreifen von Fachpersonal (Freischalten des Anlagenteils) erfolgen. Nähern Sie sich vorher dem Verunglückten nicht und berühren Sie ihn nicht, auch nicht mit isolierenden Hilfsmitteln – es besteht Lebensgefahr!

Notruf

Der Unfall wird nach dem 5-W-Schema gemeldet:

  • WO (geschah es)
  • WAS (geschah)
  • WIE VIELE (Verletzte)
  • WELCHE (Arten der Verletzung)
  • WARTEN auf Rückfragen

Bei einem Notruf muss grundsätzlich die Information „STROMUNFALL“ gemeldet werden.

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Erste Hilfe

Maßnahmen der Ersten Hilfe bei Elektrounfällen

  • Feststellen, ob Atemstillstand vorliegt
    • Hals des Verletzten überstrecken, Mund leicht öffnen (keine Atembewegungen sicht- bzw. fühlbar, keine Atemgeräusche hörbar, sichtbare Verlegung der Atemwege, bläulichblasses Aussehen, insbesondere der Lippen und Ohrläppchen)
    • bei Atemstillstand keine Pulskontrolle, sondern sofort Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW)
  • Feststellen, ob Kreislaufstillstand vorliegt
    • nicht erweckbar, bewegungslos: Bewusstlosigkeit
    • keine sichtbaren und fühlbaren Atembewegungen, kein hörbares Atemgeräusch: Atemstillstand
    • bei Kreislaufstillstand (Bewusstlosigkeit + Atemstillstand), sofort Herzdruckmassage durchführen (Herz-Lungen-Wiederbelebung)
  • Liegt kein Atem- und Kreislaufstillstand vor, Verunglückten in stabile Seitenlage bringen
So bringen Sie einen Verunglückten in die stabile Seitenlage.
So bringen Sie einen Verunglückten in die stabile Seitenlage. (Bildquelle: lukaves/iStock/Getty Images Plus)
  • Lagerung von Verunglückten mit Eigenatmung
    • Bequem lagern und vor Kälte, Nässe sowie übermäßiger Wärme bewahren.
    • Wenn ausreichende Eigenatmung vorhanden, in stabile Seitenlage bringen und so dem Transport des Rettungsdiensts überantworten.
    • Bei Verdacht auf Bauchverletzung darf der Verunglückte weder trinken noch essen.
    • Bei Bewusstlosigkeit keine Flüssigkeit einflößen.
    • Bekleidungsstücke, die die Atmung behindern, öffnen oder lockern.
    • Persönliche Gegenstände (Zahnprothese, Brille, Schuhe o.a.) sicherstellen und beim Abtransport mitgeben.

Downloadtipps der Redaktion

E-Book: „Antworten auf häufig gestellte Fragen“

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e+-Artikel: „DIN VDE 1000-10: Anforderungen an die in der Elektrotechnik tätigen Personen"

Hier gelangen Sie zum Download.

Unterweisung: „DGUV Vorschrift 3 – Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“

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Formular: „Bestellung zur Elektrofachkraft“

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Herz-Lungen-Wiederbelebung

Herzdruckmassage

  • Voraussetzungen für eine exakte Herzdruckmassage:
    • Verunglückter liegt auf einer harten Unterlage (Fußboden).
    • Brustbereich des Verunglückten freimachen, beengende Kleidung lösen.
  • Ablauf der Herzdruckmassage:
    • Seitlich in Brusthöhe knien.
    • Druckpunkt im Brustbereich suchen.
    • Handballen einer Hand auf diese Linie in die Mitte der Brust legen, Handballen der anderen Hand auf den Handrücken der ersten Hand; alle Finger sind ausgestreckt.
    • Mit durchgedrückten Armen durch Gewichtsverlagerung des Körpers ruckartigen, senkrechten Druck auf das Brustbein des Verunglückten ausüben, das sich etwa 5 cm senken muss; Handballen beim Aufrichten nicht vom Brustbein abheben.
    • Druck 30-mal als Herzdruckmassage im Wechsel mit zwei Beatmungen durchführen.
    • Nach ca. zwei Minuten Lebenszeichen überprüfen.
      → Beim Ausbleiben der Lebenszeichen Herz-Lungen-Wiederbelebung fortzusetzen, bis die Atmung einsetzt oder der Rettungsdienst übernimmt.
      → Bei erfolgreicher Wiederbelebung in stabile Seitenlage bringen, Atmung und den Kreislauf ständig kontrollieren.

Die Herzdruckmassage ist möglichst in Verbindung mit der Atemspende durchzuführen!

Atemspende (Mund-zu-Nase- und Mund-zu-Mund-Beatmung)

Entfernen Sie vor Beginn der Atemspende evtl. Verunreinigungen und Fremdkörper aus dem Mund des Verunglückten.

  • Mund-zu-Nase-Beatmung
    • Verunglückten flach auf den Rücken legen.
    • Seitlich hinknien.
    • Hals des Verunglückten überstrecken:
      mit einer Hand an die Stirn, mit der anderen Hand unter den Unterkiefer fassen und den Kopf nackenwärts beugen.
    • Unterlippe mit dem Daumen gegen die Oberlippe drücken und so den Mund des Betroffenen schließen.
    • Helfer atmet ein, setzt seinen weit geöffneten Mund um die Nase des Verunglückten herum fest auf das Gesicht auf (ggf. Beatmungsgerät benutzen), damit die Luft seitlich nicht entweichen kann und bläst die eigene Ausatemluft vorsichtig in die Atemwege ein.
    • Helfer hebt seinen Kopf ab, dreht ihn zur Seite, beobachtet dabei den Brustkorb des Verunglückten, der durch das Zusammensinken des Brustkorbs selbstständig ausatmet.
    • 15-mal in der Minute durchführen.
  • Mund-zu-Mund-Beatmung
    • Verunglückten flach auf den Rücken legen.
    • Seitlich hinknien.
    • Hals des Verunglückten überstrecken:
      mit einer Hand an die Stirn, mit der anderen Hand unter den Unterkiefer fassen und den Kopf nackenwärts beugen.
    • Helfer verschließt mit Daumen und Zeigefinger, der auf der Stirn liegenden Hand, die Nase des Verunglückten.
    • Helfer setzt seinen Mund fest um den leicht geöffneten Mund des Verunglückten herum auf.
    • 15-mal in der Minute durchführen.

Die Atemspende so lange durchführen, bis Erfolg eintritt oder bis zur ärztlichen Entscheidung!

Erste Hilfe bei Verbrennungen

Grundsätzliches

  • Einweghandschuhe benutzen.
  • Brandwunden niemals mit den Fingern berühren.
  • In keinem Fall irgendwelche Salben, Puder, Gelees oder Öl verwenden.
  • Brandblasen nicht öffnen (Infektionsgefahr).
  • Angebrannte Kleidung vorsichtig entfernen; klebt sie an der Haut, muss sie dort gelassen werden.

Erstversorgung

  • Kleinflächige Verbrennungen können zur Schmerzlinderung mit möglichst fließendem Wasser gekühlt werden.
  • Größere Verbrennungen sollten nicht gekühlt werden: es besteht Gefahr einer Unterkühlung.
  • Brandwunden locker und keimfrei mit einem sterilen Wundverband bedecken.
  • Nur bei Bewusstsein schluckweise Flüssigkeit zuführen.
  • Türen und Fenster schließen; Brandverletzte dürfen keine Körperwärme verlieren. Gestell aus Stühlen, Tischen o.Ä. bauen und Goldfolie aus dem Sanitätskasten oder Decken darüberlegen (keine Körperberührung).
  • Den bewusstlosen Verletzten in stabile Seitenlage bringen; so kann er nicht ersticken, falls er erbricht.

Zusammenfassung

Kontrollmerkmale für Ersthelfer

Zustand des Verunglückten Feststellbar durch Merkmale
Bewusstsein
  • Hören
  • Sehen
  • antwortet auf kurze Fragen
  • reagiert auf Berührung
Atmung
  • Sehen
  • Hören
  • Fühlen
  • Heben und Senken des Brustkorbs
  • Ein- und Ausatmung am Brustkorb
  • Ein- und Ausatmungshauch an Mund und Nase
Herzschlag
  • Tasten
  • Hören
  • Pulsschlag am Hals
  • Herzschlag am Brustkorb abhören
Pupillenreaktion Sehen
  • Pupille ist weit und wird enger
  • Pupille ist weit und bleibt weit (starr)

Blutung

Weichteilverletzung

Sehen

spritzende Blutung

sickernde Blutung

Schock Sehen
  • fahle Blässe
  • Atmung schnell und oberflächlich oder keuchend und tief
  • Teilnahmslosigkeit
  • Pupillen weit
Fühlen
  • Haut kalt und schweißig
  • schneller und schwächer werdender Puls
Hören
  • hastige Atmung
  • Betroffener verlangt nach Wasser
Knochenbruch Sehen
  • ungewöhnliche Lage der Gliedmaßen
  • Schwellung, Achsenknickung
Beweglichkeitsprüfung
  • Arme im Hand-, Ellenbogen oder Schultergelenk
  • Beine im Fuß-, Knie- oder Hüftgelenk

Sofortmaßnahmen in Abhängigkeit vom Zustand des Verunglückten

Bewusstseinslage Atmung Herztätigkeit Maßnahmen
klar bei Bewusstsein regelmäßig regelmäßig
  • Flachlagerung bis zum Transport
  • Atemwege freihalten
Bewusstlosigkeit
regelmäßig regelmäßig
  • stabile Seitenlage
  • Atemwege freihalten
  • Atmung und Puls ständig beobachten
Atemstillstand Kreislaufstillstand Sofort Herz-Lungen-Wiederbelebung durchführen!

Beitrag ursprünglich aus 2022, zuletzt aktualisiert am 07.07.2023

  • Autor:

    Dipl.-Ing. Jörg Adamus

    selbstständiger Berater und Trainer für Arbeitssicherheit und Arbeiten unter Spannung

    Joerg Adamus

    Seit 2011 ist Jörg Adamus selbstständiger Berater und Trainer für Arbeitssicherheit und Arbeiten unter Spannung. Zuvor war er Leiter der Zentralstelle für Arbeiten unter Spannung im Qualifizierungszentrum der Vattenfall Europe Generation AG & Co. KG und befasste sich schwerpunktmäßig mit der Einführung und Anwendung der Arbeitsmethode Arbeiten unter Spannung, dem Arbeitsschutz bei Arbeiten an und in elektrischen Anlagen sowie der dazu erforderlichen Fortbildung der Elektrofachkräfte.

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Kommentare

Kommentar von Olaf Schley |

Guten Tag zusammen,
die Rettungskette hat sich inzwischen dahingehend geändert, dass die Sofortmaßnahmen und der Notruf zusammengeschmolzen sind. Damit soll bewirkt werden, dass das therapiefreie Intervall reduziert wird und bei der Notwendigkeit einer Wiederbelebung die Anleitung durch die Mitarbeiter der Rettungsleitstellen in Anspruch genommen wird. Es soll keine Zeit verloren gehen, um einen Notruf abzusetzen.
Ein Hinweis im Ablauf zur Verwendung eines möglichen AEDs wäre ebenfalls hilfreich, um bei fehlender Auswurfleistung des Herzens durch Kammerflimmern den Eigenrhythmus anzuregen.
Streng genommen wäre jedes Berühren eines Weidezauns ein schwerer Stromunfall. Hier sollte sicher zukünftig zumindest in der Definition mehr darauf eingegangen werden. Genauso ein Stromunfall durch einen geladenen Kondensators wird im allgemeinen keine Rechnung getragen.

Allen einen unfallfreien und gesunden Tag,
mit freundlichen Grüßen
Olaf Schley

Antwort von Jasmin Sprenger

Guten Tag Herr Schley,

vielen Dank für Ihren Kommentar! Wir werden das entsprechend anpassen.

Mit freundlichen Grüßen

Jasmin Sprenger von elektrofachkraft.de

Kommentar von Wochner, Christian |

Guten Tag,

ich fände es sehr wertig und zielführend nicht allgemein auf die Niederspannung "nur" auf 1000V sondern ausdrücklich auf 1000V/AC & 1500V/DC als Niederspannung hinzuweisen. Der Hintergrund ist, dass oftmals aus meiner Wahrnehmung und Erfahrung (als VEFK & SHB) dies zu Missverständnissen, Irritationen und Unsicherheiten sonst führen kann insbesondere dann wenn Bereiche, Unternehmen etc. eben sich an der NRL orientieren die bis 1kV/AC & 1,5kV/DC definiert ist.

Antwort von Jasmin Sprenger

Guten Tag Herr Wochner,

vielen Dank für Ihre Anmerkung! Wir haben das ergänzt.

Mit freundlichen Grüßen

Jasmin Sprenger von elektrofachkraft.de

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