Unfallbericht: Fehlende Abstimmung führt zu Stromunfall

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Durch mangelnde Abstimmung und Aufgabenverteilung zwischen den Elektrofachkräften kann es zu Stromunfällen kommen.
Durch mangelnde Abstimmung und Aufgabenverteilung zwischen den Elektrofachkräften kann es zu Stromunfällen kommen. (Bildquelle: lisafx/iStock/Thinkstock)

Vor jeder Arbeit an elektrischen Anlagen ist ein Arbeitsverantwortlicher zu bestimmen. Warum eine klare Aufgabenverteilung und Abstimmung mit den Kollegen so wichtig ist, zeigt dieser Unfallbericht.

Was ist passiert?

In einem Einkaufszentrum waren drei neue Zähleranlagen zu installieren. Dabei sollte jeder Zähler mit einem separaten Hausanschlusskasten verbunden werden. Die beauftragte Installationsfirma teilte drei Elektromonteure für den Auftrag ein.

Zu Beginn der Arbeiten zogen die Elektrofachkräfte alle NH-Sicherungen in den Hausanschlusskästen, sodass die gesamte elektrische Anlage spannungsfrei war. Danach begannen die Monteure mit dem Errichten der neuen Zähleranlagen. Der Unfall ereignete sich im Laufe des Tages, als eine Elektrofachkraft gerade die Aderisolierung an einer Verbindungsleitung entfernte. Ein weiterer Monteur führte gleichzeitig einen Satz NH-Sicherungen in einen vermeintlich bereits fertiggestellten Abgang ein, ohne sich vorher mit seinen Kollegen abzustimmen.

Die fehlende Abstimmung hatte schlimme Folgen, denn an genau diesem Abschnitt entfernte die Elektrofachkraft gerade die Aderisolierungen. Der Elektromonteur erlitt eine Körperdurchströmung und schrie auf. Dies bemerkte sein Kollege, der die Sicherungen eingesetzt hatte, eilte zu der verunfallten Elektrofachkraft und riss seinem Kollegen das Kabel aus der Hand, da er sich durch die Verkrampfung nicht selbst aus dem Stromkreis befreien konnte.

Nach dem Stromunfall wurde der Monteur verletzt ins Krankenhaus gebracht. Bis auf den elektrischen Schlag kam der Monteur zum Glück unbeschadet davon.

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Was ist hier schiefgelaufen?

Bei der Unfallanalyse stellte sich heraus, dass für den Auftrag kein Arbeitsverantwortlicher ernannt worden war. Es trug also keine Elektrofachkraft die unmittelbare Verantwortung für die Durchführung der Arbeit an der Arbeitsstelle. Dadurch fehlten eine klare Aufgabenverteilung sowie die notwendigen Abstimmungen vor Ort (DGUV Vorschrift 1 § 2, DGUV Vorschrift 3 § 6 und VDE 0105-100 Abschn. 4.3).

Der Arbeitsverantwortliche...

  • ist eine Person, die benannt und beauftragt ist (§ 13 DGUV Vorschrift 1).
  • und der Anlagenverantwortliche können ein und dieselbe Person sein.
  • kann nur eine ausgebildete Elektrofachkraft sein.
  • soll über mehrjährige praktische Erfahrungen mit selbstständigem Arbeiten verfügen.
  • muss sich immer an der Arbeitsstelle befinden.
  • muss die dargelegte Sachlage untersuchen und eine Entscheidung auch bei einer fachlich übergeordneten Stelle herbeiführen.
  • unterrichtet die beteiligten Personen, die mit der Durchführung der Arbeit beauftragt sind, über alle vorhersehbaren Gefahren.

Außerdem missachteten die Elektrofachkräfte die zweite Sicherheitsregel. Sie brachten keine Verbotsschilder „Nicht schalten!“ an, die vor Wiedereinschalten schützen sollen.

So vermeiden Sie Unfälle durch fehlende Abstimmung

  • Vor Beginn der Arbeiten ist unbedingt ein Arbeitsverantwortlicher zu benennen. So sind die Verantwortung für die Durchführung der Arbeit sowie die Aufgabenverteilung klar geregelt.
  • Vor Beginn der Arbeiten sind alle beteiligten Personen über alle vorhersehbaren Gefahren zu unterrichten.
  • Beachten Sie die fünf Sicherheitsregeln. Erst nach Durchführung der fünf Sicherheitsregeln darf der Arbeitsverantwortliche die Arbeitsstelle freigeben.
  • Beginnen Sie das Wiedereinschalten nach Beendigung und Überprüfung der Arbeiten nur, wenn sich an der Arbeitsstelle keine Personen, Werkzeuge und Hilfsmittel mehr befinden.
  • Autor:

    Dr.-Ing. Jens Jühling

    Leiter der Abteilung Prävention der BG ETEM

    Jens Juehling

    Jens Jühling ist Technischer Sekretär der Internationalen Sektion Elektrizität der IVSS (Internationale Vereinigung für soziale Sicherheit) und seit 2006 Leiter der Abteilung Prävention.

    Seit vielen Jahren arbeitet er im Normungsbereich „Arbeiten unter Spannung“ mit. Derzeit ist er Obmann des Normungskomitees K214 und deutscher Vertreter in der Live Working Association.

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