Sind Elektrofachkräfte als Arbeits- und Anlagenverantwortliche zu bestellen?
- Kommentare: 0
- Qualifikation
- Artikel als PDF herunterladen
Frage aus der Praxis
Ich bin an unserem Standort zur verantwortlichen Elektrofachkraft bestellt und bin mit der Abarbeitung der Organisationsthemen beschäftigt. Derzeit bearbeite ich die Bestellung der Elektrofachkräfte. Meine Frage dazu: Sind alle Elektrofachkräfte generell als Anlagenverantwortliche und Arbeitsverantwortliche zu bestellen? Und wie sieht es dann in den Zeiten aus, wo Elektromeister und/oder Elektro-Teamleiter anwesend sind? Sind diese dann automatisch Anlagenverantwortliche?
In unserer Praxis sieht es so aus, dass selbst in der Tagschicht Reparaturaufträge von den Elektrikern selbstständig abgearbeitet werden, ohne Kenntnis des Elektromeisters.
Antwort des Experten
Für die geschilderten Tätigkeiten sollten jeweils Arbeits- bzw. Anlagenverantwortliche benannt werden. Damit ist die Zuständigkeit insbesondere gegenüber Dritten geklärt. Jeder, der an einer Arbeitsaufgabe beteiligt ist, sollte wissen, wer der Anlagenverantwortliche bzw. der Arbeitsverantwortliche ist.
Eine schriftliche Bestellung ist nicht nötig. Wenn zu bestimmten Zeiten mehrere Elektromeister oder Teamleiter anwesend sind, ändert sich dadurch nichts an der Anlagen- und Arbeitsverantwortung.
Die Begriffe „Anlagenverantwortlicher“ (ANLV) und „Arbeitsverantwortlicher“ (AV) sowie deren Aufgaben sind in der DIN VDE 0105-100: 2015-10 „Betrieb von elektrischen Anlagen“ enthalten. Um die Notwendigkeit einer Bestellung zu überprüfen, sind deshalb zunächst die Aufgaben und Verantwortlichkeiten festzustellen.
Downloadtipp der Redaktion
Fachinformation „Arbeiten an elektrischen Anlagen“
Hier gelangen Sie zum Download.
Checkliste: Anforderungsprofil Elektrofachkraft
Hier gelangen Sie zum Download.
Formular: Bestellung zur Elektrofachkraft
Was ist ein Anlagenverantwortlicher?
Anlagenverantwortlicher ist eine Person, die beauftragt ist, während der Durchführung von Arbeiten die unmittelbare Verantwortung für den sicheren Betrieb der elektrischen Anlage zu tragen, die zur Arbeitsstelle gehört. Jede elektrische Anlage, an der gearbeitet wird, muss unter der Verantwortung eines Anlagenverantwortlichen stehen. Erforderlichenfalls können durch den Anlagenverantwortlichen einige mit dieser Verantwortung einhergehende Verpflichtungen auf andere Personen übertragen werden.
Der Anlagenverantwortliche mit Weisungsbefugnis für den sicheren Betrieb muss Elektrofachkraft (EFK) sein.
Aufgaben des Anlagenverantwortlichen
Der Anlagenverantwortliche hat die möglichen Auswirkungen der Arbeiten auf die elektrische Anlage oder die Teile davon, die in seiner Verantwortung stehen, sowie die Auswirkungen der elektrischen Anlage auf die Arbeitsstelle und die arbeitenden Personen zu beurteilen. Der Anlagenverantwortliche vergibt für diesen Teil der Anlage die Durchführungserlaubnis an den Arbeitsverantwortlichen.
Durchführungserlaubnis – was muss der Anlagenverantwortliche beachten?
Nur der Anlagenverantwortliche darf die Durchführungserlaubnis zur Ausführung der geplanten Arbeit erteilen und zurücknehmen. Diese Durchführungserlaubnis muss im Falle einer Unterbrechung der Arbeiten, mit Ausnahme von kurzen Pausen, bei denen die Arbeitsstelle nicht verlassen wird, erneut erteilt werden. Grundsätzlich sind vor Aufnahme der Arbeit Festlegungen zu treffen, nach welchem Ablauf im Falle einer Unterbrechung die Arbeit wieder aufgenommen werden darf. Dies gilt insbesondere dann, wenn von der Arbeitsstelle aus keine Erdungs- und Kurzschließvorrichtung sichtbar ist.
Was ist ein Arbeitsverantwortlicher?
Der Arbeitsverantwortliche ist eine Person, die beauftragt ist, die unmittelbare Verantwortung für die Durchführung der Arbeit an der Arbeitsstelle zu tragen.
Für jede Arbeit muss ein Arbeitsverantwortlicher benannt werden. Erforderlichenfalls können einige mit dieser Verantwortung einhergehende Verpflichtungen auf andere Personen übertragen werden.
Aufgaben des Arbeitsverantwortlichen
Der Arbeitsverantwortliche trägt die Verantwortung für die Durchführung der Arbeiten. Darüber hinaus hat sich der Arbeitsverantwortliche vor Wiederaufnahme der Arbeit vom Fortbestand der getroffenen Schutzmaßnahmen zu überzeugen. Kann er dies nicht beurteilen, muss er die Unterstützung des Anlagenverantwortlichen anfordern. Daher muss bei der Einweisung durch den Anlagenverantwortlichen auf die getroffenen Schutzmaßnahmen hingewiesen werden.
Meldung an den Anlagenverantwortlichen
Vor Beginn der Arbeit sollte der Arbeitsverantwortliche zur Unterstützung des Anlagenverantwortlichen die Art, den Ort und die Auswirkungen der vorgesehenen Arbeit auf die Anlage melden. Vorzugsweise erfolgt diese Meldung schriftlich, insbesondere bei komplexen Arbeiten.
Unterweisung der Beschäftigten
Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen muss entweder der Anlagenverantwortliche oder der Arbeitsverantwortliche sicherstellen, dass vor Beginn und bei Beendigung von Arbeiten die ausführenden Personen aufgabenbezogen unterwiesen werden.
Tipp der Redaktion
Haben auch Sie eine Frage an unsere Experten? Dann empfehlen wir Ihnen elektrofachkraft.de – Das Magazin:
Auch als Onlineversion erhältlich. Machen Sie mit beim Papiersparen.
Wie wird die Elektrofachkraft bestellt?
Grundsätzlich ist für Ihr weiteres Vorgehen folgender Satz in einer Bestellung als Elektrofachkraft denkbar:
„Die beauftragte Elektrofachkraft übernimmt während der Durchführung der Arbeiten als Anlagenverantwortlicher die unmittelbare Verantwortung für den sicheren Betrieb der jeweiligen elektrischen Anlage und trägt gleichzeitig als Arbeitsverantwortlicher die unmittelbare Verantwortung für die Durchführung der Arbeit an der jeweiligen Arbeitsstelle.“
Die DIN VDE 0105-100 beschreibt aber auch folgenden Sachverhalt:
„In übersichtlichen Anlagen oder Anlagenteilen unter eindeutigen oder übersichtlichen Begleitumständen kann eine Elektrofachkraft festlegen, wie die Arbeit durchzuführen ist, damit die Sicherheit gewährleistet ist, wenn
a) entweder überschaubare Arbeiten stattfinden oder
b) Instandhaltungsarbeiten entsprechend vereinbarter Abläufe durchgeführt werden.“
Dieser Abschnitt trifft aus meiner Sicht für Ihren Fall am ehesten zu. Es reicht deshalb aus, für die geschilderten Tätigkeiten jeweils Arbeits- bzw. Anlagenverantwortliche zu benennen, damit die Zuständigkeit insbesondere gegenüber Dritten (z.B. Mitarbeiter, Kollegen oder Fremdfirmen) geklärt ist. Jeder, der an einer Arbeitsaufgabe beteiligt ist, sollte wissen, wer der Anlagenverantwortliche bzw. der Arbeitsverantwortliche ist; eine schriftliche Bestellung ist nicht erforderlich.
Wenn zu bestimmten Zeiten mehrere Elektromeister bzw. Teamleiter anwesend sind, ändert sich nichts an der Anlagen- und Arbeitsverantwortung, da diese tätigkeitsbezogen und nicht hierarchisch wahrgenommen wird.
Kommentare
Einen Kommentar schreiben