Prävention von Hochspannungsunfällen

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Die DGUV Information 203-016 unterstützt bei der Vermeidung von Stromunfällen
Die DGUV Information 203-016 beschreibt u.a. Maßnahmen zur Kennzeichnung und Abgrenzung von Arbeitsbereichen (Bildquelle: sodapix sodapix/Getty Images Plus)

Elektrounfälle im Zusammenhang mit Hochspannung sind meist mit schweren Verbrennungen verbunden und enden oft tödlich. In der Unfallprävention kommt der Kennzeichnung des Gefahrenbereichs eine hohe Bedeutung zu. Entsprechende Vorgaben finden sich im berufsgenossenschaftlichen Regelwerk. Das zentrale Dokument dazu, die DGUV Information 203-016 „Kennzeichnung von Arbeitsbereichen an elektrischen Anlagen mit Nennspannung über 1 kV“, wurde kürzlich überarbeitet und neu vorgelegt.

Eine der jüngsten Änderungen im berufsgenossenschaftlichen Regelwerk betrifft insbesondere die Elektrofachkraft. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat ihre DGUV Information 203-016Kennzeichnung von Arbeitsbereichen an elektrischen Anlagen mit Nennspannung über 1 kV“ gründlich überarbeitet und neu aufgelegt. Das Dokument war bis 2014 als BGI 758 bekannt.

Das ist neu in der DGUV Information 203-016

Die auffallendste Neuerung ist der verdreifachte Umfang dieser wichtigen DGUV Information, die von zuvor 8 auf nun 24 Seiten angewachsen ist. Dies liegt jedoch nicht daran, dass sich die Kennzeichnungsvorgaben seit der letzten Aktualisierung von 2001 um das Doppelte aufgebläht hätten, sondern an der deutlich anwenderfreundlicheren und ausführlicheren Gestaltung mit vielen Ergänzungen, Beispielen und Fotos:

  • Die allgemeinen Grundsätze zum Kennzeichnen und Abgrenzen von gefährlichen Arbeitsbereichen liegen wesentlich ausführlicher vor.
  • Zwei eigene Unterkapitel gehen nun darauf ein, welche Rolle Farben und Hilfsmittel beim Kennzeichnen spielen.
  • Ebenfalls neu hinzugekommen ist ein Unterkapitel mit Hinweisen zur Ausführung des Arbeitsbereichs.
  • Sehr nützlich für den Praktiker ist das neue Kapitel 4 mit beispielhaften Ausführungen aus der Praxis. In diesem Kapitel werden anhand von Farbfotos typische Situationen dargestellt, in denen Kennzeichnung, Abgrenzung und Kommunikation gefragt sind. Die Beispiele umfassen Innenraumschaltanlagen, Freiluftschaltanlagen und Freileitungen.

Seltsamerweise wird selbst in der aktuellen Version von 2016 noch auf eine „Arbeitsstättenrichtlinie ASR A1.3“ verwiesen. Gemeint ist vermutlich die Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A1.3. Denn die früheren Arbeitsstättenrichtlinien sind bereits zum Jahresende 2012 ungültig geworden.

Neu: Konkrete Vorgaben zu Einweisung und Freigabe

Auffallend an der DGUV Information 203-016 ist, dass der Punkt „Einweisung und Freigabe“ ein eigenes Kapitel erhält. Während in der alten Version das Thema lediglich lapidar in einem Satz abgehandelt wird, finden sich in der Neufassung konkrete Anforderungen für die Praxis:

  • Erst wenn der Anlagenverantwortliche dem Arbeitsverantwortlichen die Durchführungserlaubnis erteilt, darf dieser die geplante Arbeit für seine Mitarbeiter freigeben.
  • Dabei muss der Anlagenverantwortliche dem Arbeitsverantwortlichen den Arbeitsbereich in der Einweisung vor Ort eindeutig angeben.
  • In dieser Einweisung muss der Anlagenverantwortliche auf folgende Aspekte eingehen bzw. diese erläutern:
    • alle Besonderheiten der Arbeitssituation wie etwa provisorische Schaltzustände oder rückwärtig anstehende Spannungen
    • die Maßnahmen zum Abgrenzen und Kennzeichnen des Arbeitsbereichs
    • die Zugangsregelung zum Arbeitsbereich
  • Bei mehreren Arbeitsverantwortlichen für jeweils zugeordnete unterschiedliche Arbeiten muss der Anlagenverantwortliche jeden Arbeitsverantwortlichen einweisen.
  • Der Anlagenverantwortliche muss die Einweisung wiederholen
    • bei einem Wechsel des Arbeitsverantwortlichen
    • bei länger andauernden Arbeiten
    • bei maßgeblichen Veränderungen im Arbeitsablauf

Der Arbeitsverantwortliche muss vor Beginn der Arbeiten seine hierfür vorgesehenen Mitarbeiter vor Ort über den Arbeitsbereich und die getroffenen Sicherheitsmaßnahmen einweisen. Wird der Arbeitsverantwortliche durch den Anlagenverantwortlichen erneut eingewiesen (siehe den oben zuletzt genannten Punkt), so muss er seinerseits die Mitarbeiter seines Arbeitsteams diesbezüglich erneut einweisen.

Durch dieses auf den ersten Blick streng und formal anmutende Prozedere soll verhindert werden, dass Kommunikationsmängel bei Einweisung und Freigabe zur Ursache von elektrischen Hochspannungsunfällen werden.

Die DGUV Information 203-016 finden Sie im Online-Angebot der DGUV zum kostenlosen Download: „Kennzeichnung von Arbeitsbereichen an elektrischen Anlagen mit Nennspannung über 1 kV

Hinweis
DGUV Informationen gehören zwar zum sogenannten berufsgenossenschaftlichen Regelwerk. Sie sind jedoch im Gegensatz zu den DGUV Vorschriften keine verbindlichen Rechtsnormen, d.h. sie müssen nicht verpflichtend angewendet bzw. umgesetzt werden. DGUV Informationen geben jedoch wertvolle Hilfestellungen und Empfehlungen für die Unfallprävention bei bestimmten Tätigkeiten oder für bestimmte Zielgruppen. Sie erhöhen in aller Regel deutlich Ihre Rechtssicherheit im Schadensfall, wenn Sie nachweisen können, dass Sie sich nach den Vorgaben der DGUV gerichtet haben.

  • Autor:

    Dr. Friedhelm Kring

    freier Lektor und Redakteur

    Kring, Friedhelm

    Dr. Friedhelm Kring ist freier Lektor, Redakteur und Fachjournalist mit den Schwerpunkten Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.

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