Muss die Elektrofachkraft schriftlich bestellt werden?

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Muss die Elektrofachkraft schriftlich bestellt werden?
Muss die Elektrofachkraft schriftlich bestellt werden? (Bildquelle: BrianAJackson/iStock/Thinkstock)

Frage aus der Praxis

Warum muss ich die Elektrofachkraft schriftlich bestellen?

Antwort des Experten

Es gibt tatsächlich keine eindeutige Forderung, Elektrofachkräfte schriftlich zu ernennen oder zu bestellen. Dem Mitarbeiter kann es zudem recht egal sein, ob er Elektrofachkraft ist oder nicht. Schließlich handelt es sich dabei nicht um einen Berufsabschluss, sondern um einen Status.

Die Forderung, für bestimmte elektrotechnische Arbeiten Elektrofachkräfte einzusetzen, trifft nach § 3 Abs. 1 der DGUV Vorschrift 3 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ ausschließlich den Unternehmer, der im staatlichen Arbeitsschutzrecht Arbeitgeber heißt. Dieser ist gehalten, sicherzustellen, dass die mit den im gleichen Absatz genannten Arbeiten zu betrauenden Mitarbeiter den Status „Elektrofachkraft“ erreicht haben. Möchte der Arbeitgeber die Verantwortung für den elektrotechnischen Betrieb oder Betriebsteil nicht selbst vollständig übernehmen, so kann er eine verantwortliche Elektrofachkraft (VEFK) beauftragen, die neben ihm die Verantwortung übernimmt. Der Arbeitgeber zieht sich dann auf eine Oberaufsicht zurück, bei der er die verantwortliche Elektrofachkraft bei deren Aufgabenerledigung überwacht. Die verantwortliche Elektrofachkraft, die eine solche Verantwortung übernehmen soll, muss ihrerseits schriftlich bestellt werden – so vorgeschrieben in § 13 Abs. 2 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) und in § 13 der DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“.

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Zu viel Formalismus?

Für die verantwortliche Elektrofachkraft ist alles klar. Was ist aber mit der Elektrofachkraft? Ist die schriftliche Bestellung zur Elektrofachkraft zu viel Formalismus?

Tatsächlich wird man sich in einem kleinen oder mittleren inhabergeführten Fachbetrieb des Elektrohandwerks kaum damit abgeben. Betriebsleiter und Mitarbeiter sind einander persönlich bekannt. Der Chef hat sich bei der Einstellung mit der fachlichen Ausbildung und den Kenntnissen des Mitarbeiters beschäftigt und diesem den EFK-Status bereits rein gedanklich zugebilligt. Es besteht auch hier aufgrund der übersichtlichen Betriebsstruktur kaum die Gefahr, dass Mitarbeiter Aufgaben bekommen, denen sie nicht gewachsen sind, oder dass Dritte dem Meister „in die Parade fahren“. Der Meister weiß, was jeder Mitarbeiter kann und wem er welche Aufgaben gibt.

So wenig, wie man sich hier mit der Thematik rund um die verantwortliche Elektrofachkraft nach DIN VDE 1000-10 „Anforderungen an die im Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen“ auseinandersetzen muss und wird, so wenig wird es hier wahrscheinlich schriftliche Bestellungen von Elektrofachkräften geben.

Tipp der Redaktion

Formular für die Bestellung einer Elektrofachkraft

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Formular für die Bestellung einer verantwortlichen Elektrofachkraft

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DIN VDE 1000-10: Anforderungen an die in der Elektrotechnik tätigen Personen

Hier geht's zum e+ Artikel.

Wann Bestellungen notwendig sind

Anders sieht die Situation in Großbetrieben des Handwerks oder gar von Industrie, Dienstleistung und öffentlicher Verwaltung aus. Leisten sich Letztere in einem sonst wenig elektroaffinen Portfolio eine elektrotechnische Instandhaltungsabteilung, so bleibt diese ein Fremdkörper mit Sonderstatus. Die Unternehmensleitung (Unternehmer, Arbeitgeber, Behördenleiter) ist entweder vom operativen Tagesgeschäft aufgrund ihrer primär strategischen Ausrichtung zu weit entfernt oder versteht aufgrund mangelnder elektrotechnischer Kenntnisse die Belange des Fremdkörpers nicht vollständig. Ist sie sich zumindest ihrer generellen Verantwortung bewusst, so hat sie die eigentliche Verantwortung an eine verantwortliche Elektrofachkraft abgegeben. Häufig ist dadurch eine Situation entstanden, bei der Fach- und Disziplinarverantwortung nicht in einer Hand liegen. Hier schlägt jetzt die Stunde der Bestellungen.

Der Fachvorgesetzte – die verantwortliche Elektrofachkraft nach DIN VDE 1000-10 – muss

  • das Personal hinsichtlich der elektrotechnischen Qualifikation beurteilen,
  • Regeln vorgeben,
  • sicherstellen, dass ein möglicherweise anderer Disziplinarvorgesetzter ohne elektrotechnischen Background, aber mit Weisungsrecht keine Anweisungen erlässt, die denen der verantwortlichen Elektrofachkraft entgegenlaufen.

Mit einer formellen Bestellung kann einerseits dem Mitarbeiter sein Status als Elektrofachkraft bescheinigt werden und andererseits können ihm Aufgaben übertragen oder Arbeitsverbote (z.B. keine Arbeiten unter Spannung [AuS]) ausgesprochen werden. Auch kann ihm eine Weisungsfreistellung gegenüber Weisungen von vorgesetzten elektrotechnischen Laien mit der Bestellung mitgegeben werden (analog der Empfehlung in DIN VDE 1000-10). Da Letztere meist rein funktionsorientiert auf Wirtschaftlichkeit fixiert sind, kann so einem in einen inneren Konflikt mündenden Streit zwischen Sicherheitsfestlegungen der verantwortlichen Elektrofachkraft und Wirtschaftlichkeitsforderungen des Vorgesetzten vorgebeugt werden.

Die notwendige Zuweisung von Aufgaben(-bereichen) basiert ihrerseits auf der Feststellung in Anhang 1 (Erläuterung zu 5.2) der DIN VDE 1000-10, nach der es keine umfassend für alle elektrotechnischen Arbeiten ausgebildete Elektrofachkraft geben kann. Der einschränkungslos deklarierte EFK-Status könnte zur Fehleinschätzung der eigenen Fähigkeiten führen und Grundlage für ein fahrlässiges Übernahmeverschulden sein.

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Rechtliche Forderungen nach Beauftragung

Weiterhin stellt man natürlich mit einer schriftlichen Bestellung die vielfältigen Beauftragungsanforderungen der Gesetze sicher. Eine Beauftragung muss zwar nicht zwingend schriftlich erfolgen, aber ganz im Sinne von § 416 ZPO und §§ 249 ff. StPO hat man für den Ernstfall Urkunden geschaffen.

So sehen § 10 Abs. 2 und § 12 Abs. 3 der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) ausdrücklich Beauftragungen für Instandhaltungspersonal und Verwender von Arbeitsmitteln mit besonderen Gefährdungen vor.

In der zentralen elektrotechnischen Betriebsvorschrift DIN VDE 0105-100 „Betrieb von elektrischen Anlagen“ kommt an zahlreichen Stellen die Forderung nach Beauftragung vor.

Auch die in § 7 des Arbeitsschutzgesetzes geforderte Prüfung der Befähigung von Mitarbeitern lässt sich mit einer schriftlichen Bestellung hervorragend nachhalten.

Nach § 2 des Nachweisgesetzes (NachwG) ist dem Mitarbeiter eine unterzeichnete Niederschrift über die wesentlichen Arbeitsbedingungen auszuhändigen. Die Feststellung des Status als Elektrofachkraft könnte unter § 2 Abs. 1 Nr. 5 des Nachweisgesetzes fallen. Gegebenenfalls könnte auch eine angestrebte Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001, 14001 o.Ä. die schriftliche Bestellung von verschiedenen Aufgabenträgern zur Voraussetzung haben.

Letztlich dokumentieren Sie als Arbeitgeber bzw. verantwortliche Elektrofachkraft mit einer schriftlichen Bestellung von Elektrofachkräften, dass Sie sich um den Aufbau einer rechtssicheren Organisation Gedanken gemacht haben.

Beitrag aus dem Jahr 2016, wurde geprüft und aktualisiert am 10.12.2020

  • Autor:

    Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Markus Klar, LL.M.

    EABCon-Ingenieurbüro Klar - Consulting Elektrotechnik - Arbeitsschutz - Betriebsorganisation

    Markus Klar

    Markus Klar ist langjähriger, ehrenamtlicher Richter am Arbeitsgericht Gera, seit 2011 am Landesarbeitsgericht Thüringen und als Autor und freiberuflicher Ingenieur mit dem Schwerpunkt rechtssichere Betriebsorganisation, Arbeitsschutz und Elektrosicherheit beratend tätig.

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Kommentare

Kommentar von Eduard 4 Pasler |

Wie sieht es mit einer Funktionszulage/Zusatzvergütung für die EFK als Nebentätigkeit/Zusatzqualifikation aus, wenn der zeitliche Aufwand mind. 40% täglich beträgt. Besteht ein Soll, Muss, Kann oder ein klarer arbeitsrechtlicher Vorteil?

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