Wichtige Anwendungshinweise zum Einsatz AFDDs: Das steht in DIN EN 62606 Beiblatt 1

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Brandschutzschalter erhöhen die elektrische Sicherheit, indem sie Fehlerlichtbögen erkennen.
Brandschutzschalter erhöhen die elektrische Sicherheit, indem sie Fehlerlichtbögen erkennen. (Bildquelle: Xanya69/iStock/Getty Images Plus)

Im Juni 2020 wurde das DIN-EN-62606-Beiblatt 1 (VDE 0665-10 Beiblatt 1) veröffentlicht. Darin finden sich Anwendungshinweise zum Einsatz von Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDDs), besser bekannt als Brandschutzschalter, die in der DIN EN 62606 (VDE 0665-10) „Allgemeine Anforderungen an Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen“ näher geregelt sind.

Brandschutzschalter erhöhen die elektrische Sicherheit, indem sie Fehlerlichtbögen erkennen. Der vorbeugende Brandschutz durch den Einsatz von AFDDs trägt dazu bei, die Gefahr durch elektrisch gezündete Brände zu senken, indem Defekte in der Elektroinstallation schneller erkannt und die fehlerbehafteten Stromkreise getrennt werden. Das DIN-EN-62606-Beiblatt 1 ergänzt die DIN EN 62606 (VDE 0665-10). Es dient als technische Grundlage für Normen zum Schutz gegen Feuer mittels Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen.

Einbau von AFDDs nicht mehr verpflichtend

Seit der im Oktober 2019 veröffentlichten überarbeiteten Version der DIN VDE 0100-420 „Errichten von Niederspannungsanlagen Teil 4-42: Schutzmaßnahmen – Schutz gegen thermische Auswirkungen“ ist der Einbau von Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDD) nicht mehr zwingend vorgeschrieben. In der aktuellen Ausgabe der Norm vom Juni 2022 wird stattdessen der Einsatz besonderer Maßnahmen empfohlen, z.B. der Einbau einer AFDD, sowie die Durchführung einer Risiko- und Sicherheitsbewertung gefordert. Die alte Fassung von 2016 hatte noch den pauschalen Einsatz von AFDDs für bestimmte Räumlichkeiten bzw. Anwendungssituationen gefordert.

DIN EN 62606 Beiblatt 1 liefert wertvolle Hinweise zum Einsatz von AFDDs

Wie der Titel erkennen lässt, erläutert die DIN EN 62606 (VDE 0665-10) die allgemeinen Anforderungen an Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen. Ergänzt werden diese Anforderungen seit Juni 2020 durch das DIN EN 62606 Beiblatt 1 (VDE 0665-10 Beiblatt 1), dessen vollständiger Titel DIN EN 62606 Beiblatt 1 (VDE 0665-10 Beiblatt 1):2020-06 „Allgemeine Anforderungen an Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen; Beiblatt 1: Anwendungshinweise zum Einsatz von Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen nach DIN EN 62606 (VDE 0665-10)“ lautet. Dieses Beiblatt verschafft den Anwendern zusätzliche Informationen zur Wirkungsweise und zum Einsatz von Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDDs) und ist damit von praktischer Relevanz beispielsweise für Elektrofachkraft (EFK), Elektroplaner und Elektroinstallateur.

Hinweis

Das diesem Beitrag zugrunde liegende DIN-EN-62606-Beiblatt 1 enthält Informationen zur DIN EN 62606 (VDE 0665-10), jedoch keine zusätzlich genormten Festlegungen.

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Zuständig und verantwortlich: Arbeitsgremium „Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen“

Verantwortlich für den Inhalt des Beiblatts 1 zur DIN EN 62606 ist das nationale Arbeitsgremium UK 541.3 „Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen“ der DKE (Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik in DIN und VDE). Das Beiblatt erläutert die EN 62606 (VDE 0665-10) und enthält Zusatzinformationen. Die darin enthaltenen Verweisungen auf Text, Tabellen und Gleichungen ohne zusätzlichen Normbezug beziehen sich stets auf die Norm DIN EN 62606 (VDE 0665-10).

Anwendungsbereich: Konkretisierung des Einsatzes von AFDDs

Das Beiblatt thematisiert den Einsatz von Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDDs) in Wechselstromkreisen in Hausinstallationen und ähnlichen Anwendungen gemäß der DIN EN 62606 (VDE 0665-10). Es verschafft dem Anwender (beispielsweise der Elektrofachkraft, dem Elektroinstallateur, dem Elektroplaner) zusätzliche Informationen zur Wirkungsweise sowie zum Einsatz von AFDDs.

So funktioniert eine Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtung

Das Risiko eines gefährlichen Lichtbogens wächst mit steigendem Strom über einer Fehlerstelle. Im Falle niedriger Ströme unter 2,5 A ist es eher unwahrscheinlich, dass ein stabiler Lichtbogen entsteht. Zwar wird an der Fehlerstelle (beispielsweise leitfähige Isolationsstrecke) die elektrische Energie in Hitze umgesetzt. Diese führt jedoch lediglich zu einer langsamen Verkohlung des Isoliermaterials (beispielsweise Karbonisierung von PVC).

Bildet sich an einer Fehlerstelle ein Fehlerlichtbogen, kann über dem Lichtbogen eine Lichtbogenspannung von rund 20 V bis 60 V gemessen werden. Der über diesen Lichtbogen fließende Strom ist dabei auch abhängig von der Impedanz an der Fehlerstelle. Nach jedem Nulldurchgang einer Halbwelle wird der Fehlerlichtbogen erneut gezündet und es kann sich ein stabiler Lichtbogen ausbilden.

Eine Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtung analysiert den Strom- und Spannungsverlauf des überwachten Stromkreises und bewertet diesen ständig. Sämtliche aktiven Leiter werden durch das Gerät geführt. Dabei erfassen Sensoren im Außenleiter die relevanten Kenngrößen (beispielsweise Strom, Spannung und Frequenz). Es erfolgen eine Verarbeitung der erfassten Signalmuster (HF-Rauschen und Stromsignal) in einer Analogschaltung und anschließend ein Vergleich mit vorgespeicherten Mustern der Fehlerzustände im Mikrocontroller. Erfasst werden serielle und parallele Fehlerlichtbögen. Dadurch werden das Auslösesignal erzeugt sowie der Schaltmechanismus angesteuert. Die Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtung (AFDD) schaltet den Stromkreis sicher ab.

Die unterschiedlichen Bauarten von Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen

Klassifikation von Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDDs)

Die Klassifikation von Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDDs) erfolgt anhand verschiedener Kenngrößen und Ausführungsformen. Die Klassifikationen unterscheiden dabei hauptsächlich nach den folgenden Aspekten:

  • Bauart
  • Art der Befestigung sowie des Anschlusses
  • Anzahl der Pole und Strompfade

Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtung (AFDD) im Einsatz neben anderen Schutzeinrichtungen

Abhängig von der am Maßstab der Bauart erfolgten Klassifikation von Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDDs) ergeben sich unterschiedliche Notwendigkeiten bzw. Möglichkeiten des Einsatzes neben anderen Schutzeinrichtungen in der Installation.

Beim Einsatz von Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDDs), die als einzelne Einrichtung aus der Fehlerlichtbogen-Schutzeinheit sowie der zugehörigen Ausschaltvorrichtung bestehen, müssen im jeweiligen Stromkreis weitere Schutzvorrichtungen vorgesehen werden, die einen Überstrom- und Fehlerstromschutz bereitstellen.

Anders verhält es sich beim Einsatz von Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDDs), die als einzelne Einrichtung aus einer Schutzeinrichtung mit integrierter Fehlerlichtbogen-Schutzeinheit und aus einer oder mehreren Überstrom-Schutzeinrichtungen und/oder einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung bestehen. Hier ist es nicht erforderlich, dass die Überstrom-Schutzeinrichtungen und/oder die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung im zu schützenden Stromkreis nochmals separat vorgesehen werden.

Dies hat zur Folge, dass beispielsweise bei einer Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtung (AFDD) mit integriertem Leitungsschutzschalter gemäß DIN EN 60898-1 (VDE 0641-11) „Elektrisches Installationsmaterial – Leitungsschutzschalter für Hausinstallationen und ähnliche Zwecke – Teil 1: Leitungsschutzschalter für Wechselstrom (AC)“ keine weitere Überstrom-Schutzeinrichtung im Endstromkreis erforderlich ist.

Ein Fehlerstrom-Schutzschalter (RCCB), also eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung gemäß DIN EN 61008-1 (VDE 0664-10) „Fehlerstrom-/Differenzstrom-Schutzschalter ohne eingebauten Überstromschutz (RCCBs) für Hausinstallationen und für ähnliche Anwendungen – Teil 1: Allgemeine Anforderungen“ ist in der Installation erforderlich, um einen Schutz vor Fehlerströmen zu gewährleisten. Existiert jedoch ein RCBO, also ein Fehlerstrom-Schutzschalter mit eingebautem Überstromschutz gemäß DIN EN 61009-1 (VDE 0664-20) „Fehlerstrom-/Differenzstrom-Schutzschalter mit eingebautem Überstromschutz (RCBOs) für Hausinstallationen und für ähnliche Anwendungen – Teil 1: Allgemeine Anforderungen“ mit einer integrierten Fehlerlichtbogen-Schutzeinheit, kann auf den separaten Leitungsschutzschalter sowie den separaten Fehlerstrom-Schutzschalter (RCCB) bzw. auf den separaten Fehlerstrom-Schutzschalter mit eingebautem Überstromschutz (RCBO) verzichtet werden.

Im Falle von Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDDs), bestehend aus der Fehlerlichtbogen-Schutzeinheit sowie einer angegebenen Schutzeinrichtung (beispielsweise Überstrom-Schutzeinrichtung und/oder Fehlerstrom-Schutzeinrichtung), die vor Ort zusammengebaut werden müssen, gilt sinngemäß die gleiche Vorgehensweise hinsichtlich der weiteren einzusetzenden Schutzeinrichtungen, die im jeweiligen Endstromkreis vorzusehen sind.

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  • Autor:

    Lic. jur./Wiss. Dok. Ernst Schneider

    Inhaber eines Fachredaktionsbüros

    Ernst Schneider

    Ernst Schneider ist Mitglied in der Sektorgruppe Elektrotechnik (ANP-SGE) und in der Themengruppe Produktkonformität (ANP-TGP) des Ausschusses Normenpraxis im DIN e.V.

    Er veröffentlichte bereits eine Vielzahl von Büchern, Fachzeitschriften und elektronischen Informationsdiensten. Seit 2004 ist er außerdem Unternehmensberater für technologieorientierte Unternehmen.

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