Tipp für die Elektrofachkraft: So dokumentieren Sie rechtssicher

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Vernachlässigen Sie nicht die Dokumentation
Sichern Sie sich immer ab (Bildquelle: matt_benoit/iStock/Thinkstock)

Wer behauptet, muss beweisen. Um im Schadensfall nachweisen zu können, dass Sie alles richtig gemacht haben, ist die rechtssichere Dokumentation von Prüfungen oder Unterweisungen unerlässlich.

Die große Blickrichtung: Rechtssicherheit

Bevor wir uns der Thematik des Dokumentierens zuwenden, ist es sinnvoll, zuerst einmal den Begriff „rechtssicher“ zu definieren. Dieser Begriff hat nämlich zwei unterschiedliche Blickrichtungen. Die eine Blickrichtung liegt der Bedeutungserläuterung des Deutschen Universalwörterbuchs zugrunde. Hier wird „rechtssicher“ im Sinne der durch die Rechtsordnung gewährleisteten Sicherheit verwendet. Diese ist insofern ein Merkmal des Rechtsstaats und beinhaltet den Willkürschutz des Einzelnen gegenüber dem Staat. Die Bindung des Staats an Recht und Gesetz, die in Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes festgeschrieben ist, sorgt dafür, dass sich nicht plötzlich und unerwartet rechtliche Rahmenbedingungen ändern, dass nicht plötzlich strafbar ist, was gestern noch nicht einmal verboten war. Rechtssicherheit in diesem Sinne ist also der (klagbare) Anspruch des Einzelnen gegen den Staat.

Anforderungen an den Einzelnen

Die andere Blickrichtung – und um die geht es im Zusammenhang mit dem Dokumentieren – ist die, welche Anforderungen der Staat oder ein Dritter an den Einzelnen stellt, wenn es darum geht, die Gesetze und Verordnungen einzuhalten respektive umzusetzen. Hier wird gerne auch der Begriff „gerichtsfest“ synonym verwendet. Tatsächlich meint dies in diesem Kontext das Gleiche: „gerichtlich verwendbar“ oder „vor Gericht standhaltend“. Allerdings klingt „gerichtsfest“ schon etwas anmaßend oder hochtrabend. Es scheint den Ausgang eines Verfahrens vorwegnehmen zu wollen. Dabei obliegt es letztlich dem erkennenden Gericht, Beweise zu würdigen und darauf und auf die Gesetze gestützt, die Entscheidung zu treffen.

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Wer behauptet, muss beweisen

Damit haben wir nun eigentlich den Kern erreicht: Beweise haben. Auf nichts anderes läuft das rechtssichere Dokumentieren hinaus. Grundsätzlich gilt in unserer Rechtsordnung: Wer behauptet, muss beweisen. Oder präziser: Wer etwas für sich Günstiges behauptet, ist verpflichtet, die dazu führenden Umstände zu beweisen. Wer also beweispflichtig ist, aber beweisfällig bleibt, verliert in der Regel den Prozess. Und da Prozesse nicht nur aktiv geführt werden – man also in der Klägerposition ist –, sondern auch passiv über einen hereinbrechen können, ist es wichtig, in jeder Situation geeignete Beweise zu haben.

Zunftregeln als Sorgfaltsmaßstab

Häufig wird es um Sorgfaltspflichtverletzungen gehen. Hier muss man dann zu seiner Entlastung vortragen, sorgfältig gewesen zu sein, also die im Verkehr gebotene Sorgfalt eben nicht verletzt zu haben. Bei dem Begriff „Sorgfalt“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Solche Begriffe haben die unangenehme Eigenschaft, dass sie auslegungsbedürftig sind und die Auslegung von einer bestimmten Verkehrsanschauung abhängt. Welche Anschauung die richtige ist, ist einerseits von der Situation und der Gemengelage abhängig und wird andererseits leider erst im Prozess, häufig unter Hinzuziehung eines Sachverständigen, abschließend verbindlich geklärt. Hierbei spielen die Zunftregeln, also die dem jeweiligen Gewerk innewohnenden allgemein anerkannten Regeln der Technik eine bedeutende Rolle. Für die Elektrotechnik sind dies, wie man auch § 49 Abs. 2 EnWG und § 13 NAV entnehmen kann, die Bestimmungen des VDE-Vorschriftenwerks.

Gesetzliche Anforderungen an rechtssichere Dokumentation

Wie dokumentiere ich nun rechtssicher, insbesondere die Erfüllung der Sorgfaltspflichten? Zuerst muss festgestellt werden, ob es gesetzliche Dokumentationsvorschriften gibt. Dies ist z.B. bei der Pflichtenübertragung nach § 13 Abs. 2 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) der Fall. Hier gilt die Schriftform. Was Schriftform ist, steht im § 126 BGB: Hier ist die eigenhändige Unterschrift auf der Urkunde Voraussetzung.

Keine E-Mail, kein Stempel, kein Telefax erfüllt erst einmal die Schriftform. Hier ist man nur dann rechtlich sicher, wenn lediglich die Textform gefordert oder vereinbart war. Bei E-Mail kann die Schriftform durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn dem Dokument eine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz beigegeben war.

Andere Vorschriften wie die Betriebssicherheitsverordnung verlangen lediglich eine Dokumentation, ohne Vorgaben an die Form, wohl aber an den Inhalt zu machen (siehe § 14 Abs. 7 der Betriebssicherheitsverordnung [BetrSichV]). Hier ist dann zunächst alles erlaubt und damit rechtssicher, was den Anforderungen an die Aufzeichnung und deren Inhalt genügt. Hier springen sofort IT-Anwendungen zur Aufzeichnung ins Auge. Ja, es ist möglich, solche für die Aufzeichnungen nach der Betriebssicherheitsverordnung zu verwenden, wenn dort nicht im Einzelfall etwas anderes gefordert wird. Doch Vorsicht: Im Ernstfall müsste vielleicht bewiesen werden, dass die Aufzeichnungen nicht manipuliert worden sind. Auch müsste vielleicht nachgewiesen werden, wer die Aufzeichnungen so geführt hat. Bei einer einfachen Tabellenkalkulation oder einer PC-Datenbank ist dies nur mit erheblichem Aufwand möglich. Ein gutes System sorgt aber dafür, dass der Urheber der Daten nachvollziehbar bleibt und Aufzeichnungen nachträglich nicht manipuliert werden können.

Beispiele für Ihre Dokumentation

Im Allgemeinen soll nach dem Motto gehandelt werden: Wer schreibt, der bleibt! Das heißt, fast jeder Vorgang sollte dokumentiert werden. Dazu einige Beispiele für Ihre Dokumentation:

  • Dokumentieren Sie die regelmäßige Prüfung elektrischer Betriebsmittel anhand von Mess- bzw. Prüfprotokollen.
  • Halten Sie die Teilnahme an Unterweisungen schriftlich fest.
  • Weisen Sie die Qualifikationen des eigenen und externen Personals schriftlich nach.
  • Die Berufung zu einer bestimmten Tätigkeit oder einer bestimmten Rolle bzw. Position wie „elektrotechnisch unterwiesene Person“ oder „verantwortliche Elektrofachkraft“ sollte ebenfalls dokumentiert werden.
  • Gefährdungsbeurteilungen von Arbeitsplätzen haben schriftlich zu erfolgen.
  • Halten Sie auch die Organisation und den Ablauf von Prozessen schriftlich fest.
  • Dokumentieren Sie die Übergabe von kompletten Anlagen oder Teilanlagen.

Notwendige Anforderungen, wenn es keine gesetzlichen gibt

Gibt es keine gesetzlichen Anforderungen, so muss man sich im nächsten Schritt fragen, was man im Ernstfall mit den aufgezeichneten Daten anfangen will. Dienen die Daten vielleicht einmal als Entlastungsbeweis in einem Zivil- oder Strafprozess? Dann sollten die Anforderungen der Zivilprozess- bzw. Strafprozessordnung beachtet werden. Beide Ordnungen kennen den Urkundsbeweis, der gemeinhin auch als der beste der möglichen Beweise angesehen wird. Eine Urkunde kann nun alles sein, was diese Anforderungen erfüllt. Auffällig ist, dass sich die Definition der Urkunde in § 416 ZPO nahezu wortgleich mit den Anforderungen an die Schriftform des § 126 BGB deckt. Auch im Strafprozess sind Urkunden Schriftstücke mit verlesbarem Gedankeninhalt. Dies führt letztlich auf die volksmundliche Feststellung: Wer schreibt, der bleibt. Die FAZ geht in einem Artikel vom 12.02.2016 sogar noch weiter und postuliert: Der Stift ist mächtiger als das Keyboard.

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Prüfliste „Protokoll für die Wiederholungsprüfung“

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Prüfbericht „Erprobung“

Hier gelangen Sie zum Download.

Formular „Befähigungsnachweis“

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Unterweisungsprotokoll

Hier gelangen Sie zum Download.

Schreiben Sie alles auf

Wer schreibt, der bleibt
Wer schreibt, der bleibt (Bildquelle: anyaberkut/iStock/Thinkstock)

Man tut also gut daran, nachdem die Sorgfaltspflichten der eigenen Zunft festgestellt wurden, deren Erfüllung schriftlich zu dokumentieren. Dies können Aktenvermerke sein, die man sich im Idealfall von einem Dritten gegenzeichnen lässt. Aber auch eigene formlose Aufzeichnungen in einem Kalenderbuch, in dem man durchgeführte Kontrollen mit Uhrzeit, Kontrolliertem und natürlich Kontrollinhalt kurz festhält, sind nützlich. In einer nach ISO 9001 und ISO 4001 zertifizierten Geschäftsumgebung wird man jedoch nicht um Checklisten oder Auditierungsunterlagen herumkommen. Wichtig ist letztlich, dass die erzeugten Unterlagen Urkundscharakter haben. Sie müssen manipulationssicher sein und sich auf einen Urheber (möglichst mit Namensunterschrift) zurückführen lassen. Auch wenn es antiquiert klingen mag, sollte man sich ein Unterweisungs- und ein Prüfungskontrollbuch – gern auch in Loseblattform – anlegen, in dem dann alle wichtigen Unterlagen übersichtlich beisammen sind.

Fazit

Machiavelli hat einmal festgestellt, dass es der gewöhnliche Fehler der Menschen sei, bei gutem Wetter nicht an den Sturm zu denken. Beim Aufbau einer rechtssicheren Dokumentation sollten Sie sich bemühen, diesen gewöhnlichen Fehler nicht zu begehen, sondern vielmehr beim Erzeugen von Dokumenten daran denken, dass diese vielleicht einmal Ihre Sorgfalt beweisen können müssen. Da es dann zu spät ist, sollte man im Vorfeld nicht daran sparen.

  • Autor:

    Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Markus Klar, LL.M.

    EABCon-Ingenieurbüro Klar - Consulting Elektrotechnik - Arbeitsschutz - Betriebsorganisation

    Markus Klar

    Markus Klar ist langjähriger, ehrenamtlicher Richter am Arbeitsgericht Gera, seit 2011 am Landesarbeitsgericht Thüringen und als Autor und freiberuflicher Ingenieur mit dem Schwerpunkt rechtssichere Betriebsorganisation, Arbeitsschutz und Elektrosicherheit beratend tätig.

  • Autor:

    Dipl.-Ing. Patrick Stepke, M.Sc.

    Entwicklungsingenieur Industrielle Messtechnik, Dozent für Elektrotechnik

    Stepke, Patrick

    Seit 2008 ist Patrick Stepke als Entwicklungsingenieur für industrielle Messtechnik in einem mittelständischen Technologieunternehmen tätig. Außerdem ist er seit 2011 Lehrbeauftragter und Dozent u.a. für Elektrotechnik, Gebäudeautomation, elektrische Installationstechnik.

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