Stromausfälle mit Netzersatzanlagen überbrücken

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Ein Stromausfall kann schwerwiegende Folgen haben.
Ein Stromausfall kann schwerwiegende Folgen haben. (Bildquelle: Woters/iStock/Getty Images Plus)

Ein Stromausfall, beispielsweise in einem Krankenhaus, kann schwerwiegende Folgen haben. Um beim Ausfall der allgemeinen Stromversorgung elektrische Energie bereitzustellen, gibt es Netzersatzanlagen (NEA), die dafür sorgen, dass der Krankenhausbetrieb oder die Beleuchtung von Rettungswegen aufrechterhalten wird.

Mobile und fest installierte NEA

Die Netzersatzanlage, kurz NEA, ist auch unter den Synonymen Ersatzstromversorgung, Notstromaggregat oder Stromversorgungsaggregat bekannt. Letztlich spielt es keine große Rolle, welcher Name verwendet wird, sondern die Aufgabe steht im Vordergrund.

Eine Netzersatzanlage kann sowohl fest installiert als auch mobil sein. Beim Einsatz einer mobilen Netzersatzanlage ist diese auf einem Anhänger montiert und kann durch ein Zugfahrzeug an fast jede beliebige Stelle transportiert werden. Diese Variante kommt meist bei der Feuerwehr, dem Katastrophenschutz oder der Bundeswehr zum Einsatz.

Aufbau und Funktionsweise einer NEA

Prinzipiell wird der Generator durch einen Verbrennungsmotor angetrieben. Die erzeugte Spannung beträgt 230 V und ist mit der gebräuchlichen Netzspannung identisch. Zusätzlich besteht oft die Möglichkeit, eine Außenleiterspannung von 400 V für Dreiphasen-Drehstrom-Verbraucher abzugreifen.

Die Motoren, die häufig als Diesel mit Direkteinspritzung ausgeführt sind, können entweder luft-/ölgekühlt oder flüssigkeitsgekühlt sein. Bei der flüssigkeitsgekühlten Version werden Motor und Zylinderkopf mit einem Kühlmedium aus Wasser und Frostschutzkonzentrat gekühlt. Dabei zirkuliert das Kühlmittel mithilfe einer Kühlmittelpumpe durch den Kreislauf.

Isolationsbetrieb

Ein Stromaggregat hat zwei Betriebsarten: den sogenannten Isolationsbetrieb, der praktisch nur bei mobilen Aggregaten einen Sinn macht, und die Betriebsart TN-Netz.

Im Isolationsbetrieb findet auf der Generatorseite normalerweise keine Erdung statt. Es ist aber empfehlenswert, den Stromerzeuger über einen Erdspieß zu erden, um den Eigenschutz des Generators zu gewährleisten. Alle Verbraucher, die angeschlossen werden, haben natürlich eine leitende Verbindung ins Erdreich. Die wichtigste aktive Schutzmaßnahme bei dieser Betriebsart ist die Isolationsüberwachung, auch Iso-Wächter genannt. Der Iso-Wächter überprüft durch einen Messstrom den Isolationswiderstand zwischen den Außenleitern, dem Neutralleiter und Schutzleiter. Im Normalfall ist der Isolationswiderstand deutlich größer als 100 kΩ. Bei einem Fehlerfall sinkt er und der Iso-Wächter gibt ein akustisches Warnsignal, das quittiert werden kann. Sinkt der Widerstand weiter und wird der Fehler nicht behoben, schaltet das Aggregat automatisch ab.

Betrieb im TN-Netz

Im TN-Netz wird in der Nähe des Aggregats ein Erdungsnetz aufgebaut und eingemessen. Neben der Bestimmung des Erdübergangswiderstands des Anlagenerders werden weitere Messungen, wie die Phasenfolge von Drehstromsteckdosen oder die Schleifenimpedanz zwischen Außenleitern und Schutzleiter, durchgeführt.

Zur Sicherstellung der Rechtssicherheit aller Beteiligten ist die Dokumentation der Messung besonders wichtig.

Parallelbetrieb

Wird mehr elektrische Energie benötigt, als eine NEA liefern kann, kann vom Einzel- in den Parallelbetrieb gewechselt werden, indem mehrere Aggregate parallel geschaltet werden. Mithilfe eines elektronischen Synchronoskops oder einer Hell-Dunkel-Schaltung kann sich die Netzersatzanlage mit dem bestehenden Netz synchronisieren. Diese Prozedur ist über das elektronische Synchronoskop automatisiert. Bei einer Hell-Dunkel-Schaltung muss der Vorgang manuell durchgeführt werden. Über Potenziometer werden Spannung und Phasenlage so lange angepasst, bis die Lampen der verwendeten Schaltung leuchten oder erlöschen.

Mobile und fest installierte Netzersatzanlagen müssen wie alle elektrischen Anlagen gewartet und instand gehalten werden.
Mobile und fest installierte Netzersatzanlagen müssen wie alle elektrischen Anlagen gewartet und instand gehalten werden.

Instandhaltungsmaßnahmen

Die Instandhaltung beinhaltet u.a.:

  • die elektrische Überprüfung
  • die Kontrolle des Motors
  • die Überprüfung und den Wechsel der üblichen Betriebsstoffe (Kühlmittel, Schmier- und Kraftstoffe)
    Bei Motorölen sind entsprechende Spezifikationen und Viskositäten der Hersteller zu berücksichtigen. Bei Kühlmitteln muss auf die richtige Frostschutzkonzentration geachtet werden, um auch bei tiefen Außentemperaturen während der Winterzeit den sicheren Betrieb zu gewährleisten. Ebenso sind die Jahreszeiten bei der Kraftstoffwahl von Bedeutung. Denn Dieselkraftstoffe unterscheiden sich saisonal bezüglich ihrer Kältefestigkeit.
  • die Kontrolle und der Austausch der Filter (Luft-, Öl- und Kraftstofffilter)

Regelmäßige Wartung ist unverzichtbar

Inspektionen und Wartungen sind wichtige Kernpunkte der Instandhaltungsstrategie bei elektrotechnischen Komponenten, um die Verfügbarkeit zu erhöhen und den Abnutzungsvorrat des Aggregats so gut wie möglich zu nutzen. Die regelmäßige Prüfung gliedert sich in die Bereiche Besichtigung, Erprobung, Messung und Protokollierung. Die Regelmäßigkeit dieser Maßnahmen hängt davon ab, ob es sich um ortsfeste Aggregate (d.h. fest installierte) oder ortsveränderliche Netzersatzanlagen handelt. Für die genauen Intervalle und weitere Besonderheiten bei der Überprüfung können die einschlägigen Normen und Richtlinien angewendet werden.

Da vielen Betreibern das Know-how und die Erfahrung hinsichtlich einer Wartung fehlen, wird diese Dienstleistung oft an Hersteller von Netzersatzanlagen vergeben, die regelmäßige Wartungen und Probeläufe unter realen Bedingungen durchführen. Beim Outsourcing sollten entsprechende Maßnahmen und Verantwortlichkeiten detailliert in einem Vertrag festgehalten werden.

NEA als Teil des IT-Grundschutzes

Neben den aufgezeigten Einsatzmöglichkeiten kommen Netzersatzanlagen auch dann zum Einsatz, wenn es um präventive Maßnahmen bei der Energieversorgung von Serverräumen geht. So hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) einen IT-Grundschutz-Katalog erstellt. Demnach sollen Netzersatzanlagen eingesetzt werden, um die Verfügbarkeit von Rechenzentren und ihrer digitalen Informationen zu gewährleisten. Sie sollen die Stromversorgung für einen Zeitraum von mindestens 24 Stunden sicherstellen können. Die Belastung und der Verbrauch während dieser Zeit hängen in erster Linie von der angeschlossenen Last ab. Besonders im Einschaltmoment ist oft ein erhöhter Energiebedarf vorhanden, sodass die Anlage bewusst überdimensioniert sein sollte. Für längere Einsatzzeiten sollte eine zügige Nachversorgung mit allen nötigen Betriebsstoffen sichergestellt sein. Das heißt, dass Tankfahrzeuge einen ungehinderten Zugang zum Aggregat und genügend Bewegungsfreiheit benötigen.

Gefährdungsanalysen

Aus Gefährdungsanalysen ergibt sich der Grad der Verfügbarkeit der einzuspeisenden IT-Anlagen. Je höher die Verfügbarkeit der benötigten Informationen ist, desto höher ist die Redundanz der Netzersatzanlage. Der Einbau eines zweiten oder sogar dritten Aggregats erhöht den finanziellen Aufwand jedoch erheblich. Der kurzzeitige Betrieb eines weiteren mobilen Aggregats ist allerdings sinnvoll, wenn die bestehende Netzersatzanlage, beispielsweise aufgrund von Wartungsarbeiten, nicht zur Verfügung steht.

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  • Autor:

    Dipl.-Ing. Patrick Stepke, M.Sc.

    Entwicklungsingenieur Industrielle Messtechnik, Dozent für Elektrotechnik

    Stepke, Patrick

    Seit 2008 ist Patrick Stepke als Entwicklungsingenieur für industrielle Messtechnik in einem mittelständischen Technologieunternehmen tätig. Außerdem ist er seit 2011 Lehrbeauftragter und Dozent u.a. für Elektrotechnik, Gebäudeautomation, elektrische Installationstechnik.

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Kommentare

Kommentar von Christopher Seidel |

Super geschriebener und informativer Artikel :-). Eine sehr gute Aufstellung. In diesen Blog werde ich mich noch richtig einlesen :-)

Kommentar von Joerg |

Ein IT-Netz auf der Generatorseite zum Schutz des Generators zu erden? Ich verstehe nicht wie das funktionieren sollte. Dies würde ausmeiner Sicht bedeuten, die Schutzmaßnahme IT auszuhebeln. Insbesondere weil die erreichbaren Erdungswiderstände mit einem Sternerder doch eher im unteren dreistelligen Bereich liegen. Da wären einige davon notwendig. Oder wo ist mein Denkfehler?

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