Messpraktikum: Schleifenimpedanz und Netzinnenwiderstand
- Kommentare: 20
- Prüfen
- Artikel als PDF herunterladen
Mit der Durchführung von Messungen kann die Elektrofachkraft die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen nachweisen. Eine der häufigsten Schutzmaßnahmen von elektrischen Stromkreisen ist der Schutz durch Abschaltung. Eine der wichtigsten Messungen in diesem Zusammenhang ist die Messung der Schleifenimpedanz.
Tipp der Redaktion
Der Prüfmeister für die Elektrosicherheit
über 350 Prüfprotokolle, Formulare und Checklisten in Word
Kommen Sie Ihren Aufgaben als Elektrofachkraft z.B. bei der Organisation und Durchführung von Prüfungen elektrischer Arbeits- und Betriebsmittel ideal nach.
Was versteht man unter „Impedanz“?
Unter einer Impedanz wird der Wechselstromwiderstand eines Stromkreises verstanden. Diese Impedanz setzt sich z.B. aus allen Leitungs-, Klemmen- und Übergangswiderständen des Stromkreises zusammen. In der Normung (z.B. DIN VDE 0100-600 „Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 6: Prüfungen“) wird diese zu messende Impedanz auch Fehlerschleifenimpedanz genannt.
Was bedeutet „Fehlerschleifenimpedanz“?
Die Fehlerschleifenimpedanz setzt sich zusammen aus den gesamten Wechselstromwiderständen von der Stromquelle (z.B. Transformator) über den aktiven Leiter (Außenleiter) als Hinweg und den Rückleitern zur Stromquelle (z.B. Schutz- bzw. PEN-Leiter) des im Fehlerfall wirkenden Kreises.
Was ist eine Schleifenimpedanzmessung?
Unter Schleifenimpedanzmessung versteht man also die Messung der Widerstände des gesamten Hin- und Rückwegs einer Stromschleife innerhalb eines Wechselstromkreises, die im Fehlerfall (z.B. Gehäuseschluss eines Betriebsmittels) entsteht.
In der Praxis einer Elektrofachkraft ist das TN-CS-System wohl die am häufigsten angewendete Netzform. Dabei kommen fast immer Spannungen zwischen 230 V und 400 V zur Anwendung. Typische Anwendungsbereiche für die Schleifenimpedanzmessung sind Steckdosenstromkreise und Verbraucherstromkreise mit Nennströmen bis 32 A.
Downloadtipps der Redaktion
E-Book Prüfprotokolle für die Elektrofachkraft
Hier gelangen Sie zum Download.
E-Book zu den Normen VDE 0701 und VDE 0702 - Fachwissen für den Prüfer
Hier gelangen Sie zum Download.
Downloadpaket für ortsveränderliche elektrische Arbeitsmittel
Abschaltzeiten müssen beachtet werden
Laut DIN VDE 0100-410 („Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 4-41: Schutzmaßnahmen – Schutz gegen elektrischen Schlag“), Tabelle 41.1, muss in einem TN-System zur Realisierung der Schutzmaßnahme „Schutz durch Abschaltung“ für Stromkreise bis max. 32 A innerhalb von 0,4 Sekunden durch die Schutzeinrichtung eine Abschaltung des fehlerbehafteten Stromkreises erfolgen.
Die Abschaltzeit der Schutzeinrichtung hängt dabei von der Charakteristik des Schutzorgans und des Nennstroms ab. So schaltet z.B. ein Leitungsschutzschalter mit einem Nennstrom von 16 A und einer Charakteristik vom Typ B innerhalb von 0,4 Sekunden ab, wenn mindestens das Fünffache des Nennstroms fließt. Ein LS-Schalter ist so gebaut, das dieser bei mindestens dem fünffachen des Nennstromes sicher abschaltet. Die Auslöszeit ist dabei kleiner als die in der VDE 0100-410 normativ geforderten 0,4 Sekunden. Bei Strömen kleiner als das fünffache des Nennstromes ist dies nicht in jedem Fall sichergestellt. In der Praxis bedeutet das, dass bei einem Fehlerstrom von 5 x INenn (5 x 16 A = 80 A) die Abschaltzeit normativ durch den beschriebenen Leitungsschutzschalter sichergestellt ist.
Angemerkt sei hier noch, dass Leitungsschutzschalter mit einer Charakteristik vom Typ C das Zehnfache und solche mit der Charakteristik vom Typ D das Zwanzigfache des Nennstroms benötigen, um innerhalb der gleichen Zeit eine Abschaltung herbeizuführen. Bei dem Austausch von Leitungsschutzschaltern (z.B. aufgrund von Anlaufströmen an CEE-Steckdosen) ist deshalb auch immer die Schutzmaßnahme zu überprüfen.
Leitungs- und Übergangswiderstände begrenzen den Fehlerstrom
Damit die Schutzmaßnahme „Schutz durch Abschaltung“ im Fehlerfall funktioniert, ist es erforderlich, dass ein möglichst großer Fehlerstrom innerhalb der Fehlerschleife fließen kann. Der Fehlerstrom wird jedoch maßgeblich durch den Leitungswiderstand (z.B. aufgrund von Leitungslänge und -querschnitt) bestimmt. Je größer die Leitungslänge und je kleiner der Leitungsquerschnitt, desto größer der Leitungswiderstand.
Die Schleifenimpedanz (Zs) muss laut DIN VDE 0100-410, Abs. 411.4.4, in einem TN-System dabei so bemessen sein, dass diese zur Einhaltung der Schutzmaßnahme nicht größer wird als der Quotient aus Nennspannung (UNennspannung) des Außenleiters gegen Erde (z.B. 230 V für eine Steckdose) und erforderlichem Abschaltstrom (IAbschalt) der Schutzeinrichtung (z.B. 80 A für einen LS-Schalter vom Typ B 16 A). In einer Formel ausgedrückt bedeutet das:
ZS ≤ UNennspannung/IAbschalt
Als Rechen- und Messbeispiel für die maximale Schleifenimpedanz soll hier noch einmal die Steckdose mit 230 V dienen, die über einen LS-Schalter vom Typ B 16 A abgesichert ist:
Zs ≤ 230 V/80 A
Zs ≤ 2,88 Ω
Messwert mit Sicherheitsfaktor beaufschlagen
Die maximale Schleifenimpedanz dürfte somit theoretisch 2,88 Ω betragen. Dabei handelt es sich jedoch um einen rein akademischen Wert. Messgeräte nach DIN EN 61557-10 VDE 0413-10 („Elektrische Sicherheit in Niederspannungsnetzen bis AC 1.000 V und DC 1.500 V – Geräte zum Prüfen, Messen oder Überwachen von Schutzmaßnahmen“) dürfen, auch wenn sie kalibriert sind, einen Messfehler (sog. Betriebsmessabweichung) von 30 % besitzen. D.h. die Elektrofachkraft sollte hier einen Sicherheitsaufschlag von mind. 30 % (Faktor 0,7) beachten:
Zs ≤ 0,7 x (230 V/80 A)
Zs ≤ 2,0 Ω
Für die Praxis bedeutet das, dass Schleifenimpedanz-Messwerte von deutlich unter 2,0 Ω erreicht werden sollten. Messwerte um die 2,0 Ω sollten immer Grund für eine erhöhte Aufmerksamkeit bzw. Korrektur sein.
Tipps für wiederkehrende Messungen
Für die regelmäßigen wiederkehrenden Prüfungen muss die Schleifenimpedanz nicht zwingend für alle Steckdosen eines Bereichs (z.B. eines Flures) gemessen werden. In der Praxis reicht es vielmehr aus, die Schleifenimpedanzmessung an der entferntesten Steckdose eines Stromkreises durchzuführen (z.B. letzte Steckdose des Flurs). Diese Steckdose besitzt den längsten Leitungsweg. Demzufolge muss sie auch die höchste Impedanz und somit letztendlich auch den schlechtesten Messwert des gesamten Steckdosenstromkreises im Flur aufweisen.
Was ist der Unterschied zwischen Schleifenimpedanz und Netzinnenwiderstand?
Oft kommt es in der Praxis zu Verwechslungen zwischen den Begriffen „Schleifenimpedanz“ und „Netzinnenwiderstand“.
- Die Schleifenimpedanz wird zwischen Außen- und Schutzleiter gemessen.
- Der Netzinnenwiderstand hingegen zwischen Außen- und Neutralleiter.
Die Messung des Netzinnenwiderstands ist also keine Ersatzmessung für die Schleifenimpedanz. Die Messung gibt keine direkte Auskunft über den Schutzleiter. Bei dieser Messung wird vielmehr unterstellt, dass die Impedanz von Neutral- und Schutzleiter annähernd gleich ist.
Messungen in der Praxis
In der Praxis wird die Schleifenimpedanzmessung z.B. an Steckdosen durchgeführt, indem das Messgerät mit entsprechendem Adapter (z.B. Steckdosenadapter) in die unter Spannung stehende Steckdose eingesteckt wird. Je nach Messgerät gibt es eine entsprechende Auswahltaste für die Schleifenimpedanz (z.B. „Zs“ oder „ZSchl.“).
Nach der automatischen Messung können am Messgerät meist sowohl der Impedanzwert (ZSchl.) als auch der aufgrund der gleichzeitig erfolgten Spannungsmessung (UN) vom Messgerät berechnete theoretische Kurzschlussstrom (IAuslöse oder Ik) abgelesen werden.
Tipp der Redaktion
Der Prüfmeister für die Elektrosicherheit
über 350 Prüfprotokolle, Formulare und Checklisten in Word
Kommen Sie Ihren Aufgaben als Elektrofachkraft z.B. bei der Organisation und Durchführung von Prüfungen elektrischer Arbeits- und Betriebsmittel ideal nach.
Die folgende Abbildung zeigt einen unzureichenden Schleifenimpedanz-Messwert für einen Steckdosenstromkreis ( Ik ≈ UNennspannung/Zs = 230 V / 3,2 Ω = 71,9 A).
Fazit
- Die Messung der Schleifenimpedanz ist wichtig zur Überprüfung der Einhaltung von Schutzmaßnahmen.
- Durch den ermittelten Messwert kann die Elektrofachkraft den Nachweis führen, dass ein Stromkreis die normativ geforderten Abschaltbedingungen einhält. Dabei sind die Nennspannungen gegen Erde und der Abschaltstrom der Schutzeinrichtung zur Einhaltung der Abschaltzeiten laut DIN VDE 0100-410 für die verschiedenen Netzformen von der Elektrofachkraft zu berücksichtigen.
- Sollte die Schleifenimpedanz zu hoch sein, so können zur Korrektur die Leitungslänge verringert, der Leitungsquerschnitt vergrößert oder die Schutzeinrichtung mit ihrer Charakteristik empfindlicher gestaltet werden.
Quellenangaben:
Beuth Verlag GmbH, Am DIN-Platz, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin; DIN VDE 0100-600 VDE 0100-600:2017-06; Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 6: Prüfungen
Beuth Verlag GmbH, Am DIN-Platz, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin; DIN VDE 0100-410 VDE 0100-410:2018-10; Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 4-41: Schutzmaßnahmen – Schutz gegen elektrischen Schlag
Kommentare
Kommentar von Sven Kubin |
Leider ist hier wie so oft der Fehler gemacht worden, dass die Tabelle der VDE 0100-410 falsch gelesen wird. Es handelt sich um eine Spannung von 230 V (egal ob gegen PE oder N gemessen, somit ist eine Abschaltet von 0,4 s einzuhalten.
Kommentar von Rehbein |
Hallo,
ich finde den Beitrag insgesamt gut.
Es hätte vielleicht noch erwähnt werden können , dass die Messung des Netzinnenwiderstandes in der VDE nur empfohlen wird aber, bei Durchführung, damit auch die in der 0100-600 geforderte Überprüfung der Durchgängigkeit des N, also ggfs. vorhandene Unterbrechungen erkannt werden.
Ich halte diese eine, einfache Messung mehr, für eine gute Plausibilitätätsprüfung der durchgeführten Schleifenimpedanzmessung, d.h. die Messwerte dürfen nicht gravierend voneinander abweichen!
Kommentar von Daniel |
Wie ermittelt der Autor hier eine Abschaltzeit von 0,2s für das TN-System? Meiner Meinung nach sollten hier 0,4s genannt werden. Dies leitet sich aus der DIN VDE 0100-410 ab, die für eine Außenleiterspannung kleinergleich 230 V, ganz klar 0,4s nennt. Oder spricht der Autor hier von 690 Volt Netzen und das ist mir entgangen...
Kommentar von Peter Zimmermann |
Hallo,
die Abschalteten im TN-Netz sind hier falsch interpretiert.
Laut VDE 0100 T410 sind 0,4 Sekunden ausreichend. Da hier immer die Spannung U0 genannt wird. U0 ist die Spannung gegen Erde und somit 230 Volt.
Somit steht in der VDE U0 <= 230 Volt und somit gilt 0,4 Sekunden.
Dies wird sehr oft falsch gemacht.
Einen Kommentar schreiben