Kupferleitungen in der Netzwerktechnik: Symmetrie, Aufbau, Kenngrößen

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Steigende Datenraten erfordern ein komplexeres und leistungsfähigeres Verkabelungssystem.
Steigende Datenraten erfordern ein komplexeres und leistungsfähigeres Verkabelungssystem. (Bildquelle: WangAnQi/iStock/Thinkstock)

Hinter einer Datenleitung steckt mehr als nur ein Stück Draht. Bei der Übertragung hochfrequenter elektrischer Signale treten Effekte wie Dämpfung, Reflexion und Nebensprechen ungewollt auf. Werden Kupferleitungen nicht ordnungsgemäß verlegt und falsch angeschlossen, dominieren diese Effekte die Signalübertragung und die Strecke ist für bestimmte Netzanwendungen nicht mehr geeignet. Daher sollte die installierte Strecke fachgerecht aufgebaut und geprüft werden.

Symmetrie einer Kupferleitung

Symmetrische Kupferleitungen bestehen prinzipiell aus einem oder mehreren Adernpaaren. Der Begriff „Symmetrie“ bezieht sich dabei nicht auf den physikalischen Aufbau der Kupferleitung, sondern auf dessen elektrische Eigenschaften gegenüber dem Erdpotenzial. Zur Datenübertragung werden Hin- und Rückleiter benötigt, welche gewollt miteinander verseilt sind. Bei der Übertragung selbst werden spezielle Übertragungstechniken eingesetzt (Stichwort: differenzielle Signalübertragung). Dabei werden gleiche elektrische Signale mit gegensätzlicher Polaritat eingespeist. Im Idealfall würden sich die Signalamplituden aufheben und ein Potenzialunterschied zur Bezugserde (Masse) würde nicht bestehen.

Aufbau einer Twisted Pair-Leitung

In einer modernen Kommunikationskabelanlage kommen sogenannte Twisted Pair-Leitungen zum Einsatz. Twisted Pair (TP) steht für gekreuzte oder verdrillte Aderpaare.

Aufbau einer TP-Leitung
Abb. 1: Aufbau einer TP-Leitung

Der Leiter besteht aus einem leitfähigen Material (Kupfer) und dient zum Transport von elektrischen Ladungsträgern. Wichtige Parameter sind hier u.a der Durchmesser, bzw. der Querschnitt des Leiters. Dieser wird meistens in AWG (American Wiring Gauge – amerikanisches Drahtmaß) angegeben.

Die Ader ist der Leiter mit einer komplett umschließenden Isolierhülle. Bei der Ader sind die eingesetzten Isolierwerkstoffe von großer Bedeutung. U.a. wegen der Dielektrizitätskonstante ε. Hier wird ein Isoliermaterial mit niedriger Dielektrizitätskonstante ε eingesetzt.

Der Mantel fasst die Adern in einer gemeinsamen Hülle zusammen. Bei dem eigentlichen Aufbau der Leitung wird besonders auf die Konstruktion und die Verseilung der Adernpaare geachtet. Diese konstruktiven Maßnahmen wie beispielsweise unterschiedliche Schlaglängen zur besseren gegenseitigen Entkopplungen und die Schirmung werden nachfolgend betrachtet.

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Bei einer Twisted Pair-Leitung handelt es sich um eine symmetrische Kupferleitung, die aus acht Adern besteht. Zur Optimierung der elektromagnetischen Eigenschaften werden die Adern eines Aderpaars miteinander verdrillt. Somit wird eine gute Störunterdrückung erzielt und eine gegenseitige elektrische Beeinflussung der Adernpaare reduziert. Zusätzlich können die (einzelnen) Adernpaare gegen Störeinflusse geschirmt sein. Verfügbar sind unterschiedliche Leitungsvarianten. Im Anhang H der DIN EN 50173-1 „Informationstechnik – Anwendungsneutrale Kommunikationskabelanlagen, Teil 1: Allgemeine Anforderungen“ finden Sie ein Schema zur Bezeichnung von Datenleitungen, welches in der Regel auch von den Herstellern angewendet wird.

U/UTP – Twisted Pair-Leitung ohne jegliche Schirmung
Abb. 2: U/UTP – Twisted Pair-Leitung ohne jegliche Schirmung
S/FTP - Twisted Pair-Leitung mit Gesamtschirm und Einzelpaarschirm
Abb. 3: S/FTP - Twisted Pair-Leitung mit Gesamtschirm und Einzelpaarschirm

Bezüglich der „Farbcodierung“ richten sich die Farben der einzelnen Adern in der Regel nach dem amerikanischen Standard TIA/EIA 568-B.2.

Farben nach TIA/EIA 568-B.2
Abb. 4: Farben nach TIA/EIA 568-B.2

Wichtig zu wissen ist, dass dieser Standard zwei Definitionen umfasst. Diese werden unter dem Punkt „Verbindungstechnik“ erläutert.

Elektrische Kenngrößen von Kupferleitungen

Datenleitungen, d.h. Leitungen, die primär zur Übertragung von Daten in der Netzwerktechnik eingesetzt werden, müssen anders betrachtet werden als Leitungen/Kabel, die zur reinen Stromversorgung elektrischer Betriebsmittel dienen.

Ohne detailliert auf die Leitungstheorie einzugehen, sollten dennoch die wichtigsten Eigenschaften, elektrische Kenngrößen und deren Abhängigkeiten zueinander kurz betrachtet werden. Sämtliche elektrische Parameter wie beispielsweise Dämpfung und Reflexion werden von der Leitungsgeometrie/Konstruktion und den Materialeigenschaften beeinflusst. Die nachfolgende Betrachtung stellt nur eine vereinfachte Sichtweise dar.

Nimmt man an, dass die Kupferleitung über die gesamte betrachtete Länge ideal ist, d.h. gleiches Material, gleicher Leiterquerschnitt, konstanter Leiterabstand, gleichmäßige Isolation und gleiches Leitermaterial, spricht man von einer homogenen Leitung. Für die weiteren Erläuterungen einer verlustbehafteten homogenen Leitung ist diese als Ersatzschaltbild in Abbildung 5 dargestellt. In Längsrichtung wird man feststellen, dass ein Leiterwiderstand R und eine Induktivität L vorhanden sind. Des Weiteren sind zwischen jedem Aderpaar ein Isolationsleitwert G und eine Kapazität C feststellbar.

Wird die Kupferleitung über die gesamte Länge, wie zuvor beschrieben, als homogen betrachtet, können diese Größen auf einen beliebigen Leitungsabschnitt dx bezogen werden. Die Leitungsgrößen R, L, G und C, bezogen auf die Länge, nennt man nun Leitungsbeläge oder Leitungskennwerte. Daraus ergeben sich folgende Leitungsgrößen, bezogen auf die Längeneinheit (übliche Angabe in km), die in Abbildung 5 zu sehen sind:

Widerstandsbelag R'
[Ω/km]
Induktivitätsbelag L' [H/km]
Kapazitätsbelag C' [F/km]
Ableitungsbelag G' [S/km]
Verlustbehaftete homogene Leitung
Abb. 5: Verlustbehaftete homogene Leitung

Die elektrischen Eigenschaften einer Kupferleitung sind durch die Leitungsbeläge eindeutig charakterisiert. Ein vom Sender eingespeistes elektrisches Signal breitet sich somit in der Leitung mit endlicher Geschwindigkeit aus. Man spricht von einer elektromagnetischen Welle in der Leitung. Spannung und Strom entlang der Leitung sind somit eine Funktion von Ort x und der Zeit t.

Widerstandsbelag R'

Jeder Leiter hat einen ohmschen Wirkwiderstand. Der Leitungswiderstand R ist der Gleichstromwiderstand von Hin- und Rückleiter. Dieser ist abhängig vom spezifischen Widerstand des Materials, vom Querschnitt des Leiters und von der Länge. Bei höheren Frequenzen kommt zusätzlich der sogenannte Skin-Effekt zum Tragen.

Bei einem von Gleichstrom durchflossenen Leiter hat die Stromdichte J an allen Stellen des Querschnitts denselben Wert. Bei einem mit Wechselstrom durchflossenen Leiter findet aufgrund der Induktion eine Verdrängung des Stromflusses zur Leiteroberfläche hin statt. Bei hohen Wechselstromfrequenzen fließt der Strom dann nur noch an dem äußeren Rand („Haut“ – „Skin“) des Leiters. Daraus folgt, dass sich der effektiv nutzbare Leiterquerschnitt verringert. Somit ist der Widerstandsbelag R' abhängig von der Frequenz f und nimmt mit steigender Frequenz zu.

Induktivitätsbelag L'

Die Leitungsinduktivität L kann durch das vom Strom erzeugte magnetische Feld, das jeden Leiter umgibt, beschrieben werden. Die vom Strom durch den Hin- und Rückleiter erzeugten magnetischen Felder überlagern sich und tragen zur induzierten Gegenspannung (induktiver Spannungsabfall) in Hin- und Rückleiter bei.

Ableitungsbelag G'

Die Leiter eines Aderpaares sind voneinander isoliert, somit wirkt ein Isolationswiderstand Riso. G ist der Kehrwert des Isolationswiderstands. Der Ableitungsbelag G' beschreibt die Isolationsverluste und Querströme zwischen Hin- und Rückleiter. Des Weiteren werden durch den Ableitungsbelag dielektrische und Koronaverluste berücksichtigt.

Kapazitätsbelag C'

Die Leitungskapazität C kann dadurch beschrieben werden, dass die Adern eines Aderpaares aufgrund der dazwischen liegenden Isolierung (Dielektrikum) eine Art Kondensator bilden. Der Kapazitätsbelag ist somit eine Funktion der Leitungsgeometrie und der Dielektrizitatskonstante ε der Isolierung.

Ohne detaillierter auf weitere Zusammenhänge und Erläuterungen einzugehen, wird anhand dieser Betrachtungen bereits klar, dass eine Leitung nicht einfach nur als ein Stück Draht betrachtet werden kann, sondern dass die Kenngrößen das zu übertragende elektrische Signal in dessen Form, Amplitude und Phasenlage beeinflussen.

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Leitungsgleichung und Wellenwiderstand

Auf eine Herleitung und den Beweis der Richtigkeit wird an dieser Stelle verzichtet und auf gängige Fachliteratur verwiesen. Der komplexe Wellenwiderstand Zw kann aus den beschriebenen Leitungsparameter errechnet und abgeleitet werden und gilt als eine wichtige Kenngröße einer Leitung. Als Wellenwiderstand bezeichnet man den komplexen Widerstand (Wechselstromwiderstand) einer Leitung. Allgemein gilt für den komplexe Wellenwiderstand Zw einer symmetrischen Leitung folgende Formel:

Da in der Praxis „nur“ das Verhalten der Leitung bei hohen Frequenzen maßgeblich ist, kann durch eine Grenzwertbetrachtung gezeigt werden, dass man ab einer Frequenz von etwa 1 MHz von einem ideal betrachtet, weitgehend frequenzunabhängigem, konstanten Wellenwiderstand ausgehen kann (in Abhängigkeit der Geometrie). Des Weiteren kürzen sich die Längen heraus, sodass der Wellenwiderstand längenunabhängig wird. Die Aussage bezüglich der Frequenzunabhängigkeit ist etwas gewagt, da der Skin-Effekt sich bei R' bemerkbar macht und nicht komplett außer Acht gelassen werden sollte. Datenleitungen haben i.d.R. einen Wellenwiderstand, auch Leitungsimpedanz genannt, von typischerweise 100 Ω.

Welche Erkenntnis kann für die Praxis gewonnen werden?

  • Schon bei der Auswahl der Datenleitung lohnt sich ein Blick in das Datenblatt. Achten Sie nicht nur auf die Kategorie und die Übertragungseigenschaften, denn aufgrund des Skin-Effekts ist auf einen ausreichend großen Leiterdurchmesser, bzw. Querschnitt zu achten.
  • Achten Sie bei der Verlegung und Installation auf die im Datenblatt der Datenleitung und in der DIN EN 50174-2 vorgegebenen Biegeradien. Werden diese nicht eingehalten, ändern Sie erheblich die Konstruktion/Geometrie der Leitung und beeinflussen somit negativ das Übertragungsverhalten (Stichwort: Impedanzanomalie und daraus resultierende Signalreflexionen). Des Weiteren entsteht eine hohe Dämpfung.
  • Aufgrund der Störunterdrückung sollte die Verdrillung der einzelnen Adernpaare so weit wie möglich beibehalten werden und erst kurz vor der Kontaktierungsstelle (Stecker, Buchse, etc.) aufgetrennt werden.
  • Einige Kenngrößen steigen linear mit der Leitungslange. Da die Norm DIN EN 50173-1 keine direkte Längenristriktion vorschreibt, sollte vermieden werden mehr als 90 m (siehe TIA/EIA 568-B.1) Leitung fest zu installieren.

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Verbindungstechnik

Zuvor wurden die physikalischen Eigenschaften einer TP-Leitung erläutert und darauf hingewiesen, dass es bei unsachgemäßer Installation zu Übertragungsproblemen kommen kann. Sind qualitativ hochwertige Leitungen ausgewählt und fachgerecht installiert worden, ist dies noch kein Garant für eine gute Signalübertragung.

Denn was nutzt eine Leitung ohne die passende Verbindungstechnik? Hierbei ist u.a. darauf zu achten, dass die Verbindungstechnik – wie im Beitrag „Leitungsgebundene Übertragung in symmetrischen Kupferleitungen“ erläutert – die gleiche Kategorie (oder höher) wie die Leitung selbst aufweist, sondern dass die Verbindung zwischen Leitung und dem Steckverbindersystem (Stecker, Buchse, etc.) auch fachgerecht hergestellt wird, da ansonsten die Übertragungsqualität der Leitung für die Übertragungsstrecke nicht erreicht werden kann. Weitere Merkmale wie unterschiedliche Steckertypen und deren Kompatibilität sollen in diesem Artikel nicht näher erläutert werden. Es wird an dieser Stelle auf die im ersten Artikel erwähnten Normen für Verbindungstechnik hingewiesen.

In Bezug auf die Kontakt-Paarzuordnung hat sich in der Praxis der amerikanische Standard TIA/EIA 568 weitgehend durchgesetzt. Dieser umfasst zwei Definitionen: TIA/EIA 568 A und TIA/EIA 568 B. Die folgende Abbildung zeigt in Verbindung mit Tabelle 1 anhand einer RJ45-Buchse beispielhaft die Zuordnung der Aderfarben zu den jeweiligen Kontakten.

Kontakt-Paarzuordnung
Abb. 6: Kontakt-Paarzuordnung
Paarzuordnung - Farbzuordnung
Tab.: Paarzuordnung – Farbzuordnung

Zusammenfassung und Ausblick

Eine Datenleitung ist mehr als nur ein Stück Draht. Bei der Übertragung hochfrequenter elektrischer Signale treten Effekte wie Dämpfung, Reflexion und Nebensprechen ungewollt auf. Werden Leitungen nicht ordnungsgemaß verlegt und falsch angeschlossen, dominieren diese Effekte die Signalübertragung und die Strecke ist für bestimmte Netzanwendungen nicht mehr geeignet. Daher sollte die installierte Strecke fachgerecht aufgebaut und geprüft werden. Dazu lesen Sie mehr in den kommenden Beiträgen dieser Reihe.

  • Autor:

    Dipl.-Ing. (FH) Daniel Hübner

    Projektmanager/Projektingenieur (Elektrotechnik) auf dem US-Militärflugplatz in Ramstein

    Huebner, Daniel

    Derzeit arbeit Daniel Hübner als Projektmanager/Projektingenieur (Elektrotechnik) auf dem größten, außerhalb der USA gelegenen US-Militärflugplatz, in Ramstein. Seine Schwerpunkte liegen in der Planung und Projektierung intelligenter Gebäudesystemtechnik.

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