Spannungsbereiche bei der Leitungs- und Kabelverlegung (DIN VDE 0100-520)

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VDE 0100-520 fordert ausreichende Isolationsfestigkeit der Leitungsadern.
VDE 0100-520 fordert ausreichende Isolationsfestigkeit beim Verlegen von Kabeln und Leitungen. (Bildquelle: FactoryTh/iStock/Thinkstock)

Bei der Installation, dem Anschluss oder der Verlegung von Leitungsadern ist u.a. deren Nähe zu anderen technischen Anlagen zu berücksichtigen (VDE 0100-520). In der Praxis kommt es bei der gemeinsamen Verlegung von Leitungsadern der Mess-, Steuer-, Regel- oder Informationstechnik einerseits und Leitungsadern der Haus- bzw. Energietechnik andererseits immer wieder zu Problemen (z.B. im Anschluss-/Klemmenbereich von Verteilern und Steuerschränken).

Laut Absatz 414.1.1 der VDE 0100-410 (Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 4-41: Schutzmaßnahmen – Schutz gegen elektrischen Schlag) werden grundsätzlich zwei Spannungsbereiche nach DIN EN 61140 unterschieden.

Spannungsbereich I bei der Kabelverlegung (U ≤ 50 V AC und U ≤ 120 V DC)

Zum Spannungsbereich I gehören

  • Wechselstromsysteme mit Spannungen ≤ 50 V AC und
  • Gleichstromsysteme mit Spannungen ≤ 120 V DC.

Der zuvor genannte Spannungsbereich (Spannungsband U ≤ 50 V AC) gilt  für geerdete Wechselstromsysteme (z.B. TN-Systeme) für Spannungen zwischen Außenleiter und Erde, zwischen den Außenleitern untereinander, für isolierte bzw. nicht wirksam geerdete Wechselstromsysteme (z.B. IT-Systeme) für Spannungen zwischen den Außenleitern.

Bei Gleichstromsystemen bezieht sich der Spannungsbereich (Spannungsband U ≤ 120 V DC) für geerdete Netze auf die Spannung zwischen Leiter und Erde sowie auf Spannungen zwischen den Leitern untereinander, darüber hinaus bei isolierten bzw. nicht wirksam geerdeten Netzen auf Spannungen zwischen den Leitern.

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Spannungsbereich II bei der Kabelverlegung (U > 50 V AC und U > 120 V DC)

Als Spannungsbereich II werden alle Wechselstromsysteme mit Spannungen > 50 V AC und Gleichstromsysteme mit Spannungen > 120 V DC bezeichnet.

In Wechselstromsystemen dürfen diese Spannungen dabei folgende Werte annehmen:

  • Spannungen in geerdeten Netzen zwischen Außenleiter und Erde: 50 V < U ≤ 600 V
  • Spannungen in geerdeten Netzen zwischen Außenleitern untereinander: 50 V < U ≤ 1.000 V
  • Spannungen in isolierten bzw. nicht wirksam geerdeten Netzen zwischen Außenleitern untereinander: 50 V < U ≤ 1.000 V

Bei Gleichstromsystemen gelten die folgenden Spannungen:

  • Spannungen in geerdeten Netzen zwischen Leiter und Erde: 120 V < U ≤ 900 V
  • Spannungen in geerdeten Netzen zwischen Leitern untereinander: 120 V < U ≤ 1.500 V
  • Spannungen in isolierten bzw. nicht wirksam geerdeten Netzen zwischen Leitern untereinander: 120 V < U ≤ 1.500 V

Gemeinsame Verlegung von Leitungsadern unterschiedlicher Spannungsbereiche in Verteilungen

Bei der Verlegung von Leitungsadern ist die Isolationsfestigkeit der Isolierungen maßgebend. Beachten Sie: Kabel und Leitungen sind überwiegend schutzisolierte Betriebsmittel, die aus einer Aderisolierung (Basisisolierung) und einer Mantelisolierung (zusätzliche Isolierung) bestehen. Beide Isolierungen zusammen haben im Allgemeinen eine ausreichende Spannungsfestigkeit gegenüber den typischerweise verwendeten Spannungen der Licht- und Kraftstromkreise der Haustechnik (230 V/400 V).

Im Anschlussbereich von Unterverteilungen, Schalt- und Steuerschränken werden die äußeren Mäntel jedoch meist beim Eintritt in das Gehäuse entfernt. Die weitere Verlegung der Leitungsadern innerhalb der Verteilungen bis zu den Anschlussklemmen erfolgt ohne den zusätzlich isolierenden äußeren Mantel (z.B. innerhalb eines Kabel- oder Installationskanals). Innerhalb dieser Kanäle befinden sich meist alle in den Verteiler eingeführte Leitungsadern aller Spannungsebenen. Besonderes Augenmerk ist auf die Verlegung der mess-, steuer-, regel- oder informationstechnischen Leitungsadern zu legen.

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VDE 0100-520 fordert ausreichende Isolationsfestigkeit der Leitungsadern

Laut Abs. 528.1 der VDE 0100-520 (Errichten von Niederspannungsanlagen Teil 5-52: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel – Kabel- und Leitungsanlagen) dürfen Stromkreise mit Spannungen der Spannungsbereiche I und II nicht in derselben Kabel- und Leitungsanlage verlegt sein (z.B. innerhalb eines Kabel- oder Installationskanals). Ausgenommen sind jedoch Stromkreise, für die eine der folgenden Maßnahmen umgesetzt wurde:

  • Kabel und Leitungen besitzen eine Isolationsfestigkeit, die der höchsten vorkommenden Spannung entspricht.
  • Alle Leiter von vieladrigen Kabeln und Leitungen sind für die höchste innerhalb des Kabels oder der Leitung vorkommenden Spannung isoliert.
  • Kabel und Leitungen besitzen eine ausreichende Isolationsfestigkeit entsprechend ihrer Bemessungsspannung und sind in getrennten Abschnitten von Elektroinstallationskanälen verlegt.
  • Kabel und Leitungen sind in durch Zwischenwände getrennte Elektroinstallationskanäle oder -wannen verlegt.
  • Kabel und Leitungen sind in getrennten Installationsrohrsystemen oder Elektroinstallationskanälen verlegt.

Die folgende Abbildung zeigt den Anschlussbereich eines Schaltschranks in dem Leitungsadern des Spannungsbereichs I (rote, gelbe und grüne Mess- und Steuerleitungen) und Leitungsadern des Spannungsbereichs II (Steckdosen und Beleuchtungsstromkreise) gemeinsam innerhalb des Kabelkanals ohne räumliche Trennung verlegt wurden.

Gemeinsame Verlegung von Leitungsadern der Spannungsbereiche I und II ohne räumliche Trennung
Gemeinsame Verlegung von Leitungsadern der Spannungsbereiche I und II ohne räumliche Trennung

Fazit

Vor der Verlegung von basisisolierten Leitungsadern innerhalb von Kabel- oder Installationskanälen oder im Anschlussbereich von Schalt- und Steuerschränken sollte die Isolationsfestigkeit der verwendeten Leistungsadern des Spannungsbereichs I über den Hersteller (z.B. mittels Leitungs- und Kabeldatenblätter) abgeklärt werden. Liegt kein Nachweis über die Isolationsfestigkeit der Isolierungen vor, so ist es angeraten die Leitungen in getrennten Kanälen oder in Kanälen mit Trennstegen zu verlegen. Ist auch dies nicht möglich, sollte unbedingt eine räumliche Trennung zwischen den Leitungsadern der beiden Spannungsbereiche eingehalten werden.

Quellenangaben:

VDE 0100-520: Beuth Verlag GmbH, Am DIN-Platz, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin; VDE 0100-520 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 5-52: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel – Kabel- und Leitungsanlagen

  • Autor:

    Dipl.-Ing. (FH) Christoph Schneppe, B.A.

    geschäftsführender Gesellschafter im Sachverständigenbüro Bluhm + Schneppe

    Christoph Schneppe

    Christoph Schneppe betreut als freiberuflicher Sachverständiger für Elektrotechnik den Schwerpunkt baurechtliche Prüfungen. Er ist VdS-anerkannter Sachverständiger zum Prüfen elektrischer Anlagen und staatlich anerkannter Sachverständiger (Prüfsachverständiger) für Sicherheitsbeleuchtungs-, Sicherheitsstromversorgungs-, Brandmelde- und Alarmierungsanlagen.

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Kommentare

Kommentar von Hensel |

Anfrage
im Artikel wird bei Kabel und Leitungen von Aderisolierung = Basisisolierung und von einer Mantelisolierung als zusätzliche Isilierung gesprochen
müsste es nicht Richtig heißen Aderisolierung = Betriebsisolierung und Mantelisolierung = Basisisolierung
für eine kurze Mitteilung wäre ich Ihnen dankbar MfG

Antwort von Christina Wernicke

Antwort des Autors:

Eine Leitung stellt ein elektrisches Betriebsmittel im Sinne der VDE 0100-200 dar.
Die ummantelte Einzelader einer Mantelleitung realisiert den Basisschutz des Betriebsmittels
gemäß VDE 0100-410. Der äußere Mantel (Ummantelung der Einzeladern) realisiert den Fehlerschutz
nach VDE 0100-410.

Basisschutz:
Schutz gegen elektrischen Schlag, wenn keine Fehlzustände vorliegen.
Entspricht bei Betriebsmitteln für Niederspannunganlagen dem Schutz gegen direktes Berühren.

Basisisolierung aktiver Teile:
Die Isolierung ist dafür bestimmt, das Berühren aktiver Teile zu verhindern.
Aktive Teile müssen vollständig mit einer Isolierung abgedeckt sein, die nur durch Zerstörung entfernt werden kann.
Diese Aufgabe erfüllt die Aderisolierung.

Fehlerschutz:
Schutz gegen elektrischen Schlag unter den Bedingungen eines Einzelfehlers.
Der Fehlerschutz entspricht bei Betriebsmitteln für Niederspannunganlagen dem Schutz bei indirektem Berühren.
(insbesondere im Hinblick auf einen Fehler der Basisisolierung).
Diese Aufgabe erfüllt der Mantel.

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