Kombiableiter – Ein Begriff ohne normative Hintergründe

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Kombiableiter – ein Begriff ohne normative Hintergründe
Kombiableiter – ein Begriff ohne normative Hintergründe (Bildquelle: anyaberkut/iStock/Getty Images)

Überspannungsschutz ist normativ eindeutig klassifiziert. Der Kombiableiter ist aber normativ nicht beschrieben, und es liegt in der Verantwortung der Hersteller, dem Anwender eine klare Zuordnung an die Hand zu geben.

Die für Überspannungsschutzgeräte (SPD – Surge Protection Device) relevante Produktnorm ist die EN 61643-11:2002-A11:2007. In dieser Norm sind alle Anforderungen zusammengefasst, die im Rahmen einer Produktentwicklung zu beachten sind. Von elektrischen und mechanischen Anforderungen über Prüfabläufe bis hin zur Kennzeichnung der Produkte existieren Beschreibungen.

Unterscheidung nach Stoßstromprüfungen

Im Abschnitt 6.2 „Elektrische Anforderungen“ wird in den Unterpunkten 6.2.3 bis 6.2.5 zwischen den verschiedenen Stoßstromprüfungen unterschieden, die bei Erfüllung der Anforderungen verschiedene Kennzeichnungen der Produkte (Typ1, Typ2, Typ3) mit sich bringen.

6.2.3 Blitzstromprüfung(en) der Klasse I:

Ein SPD muss entsprechend der Klasse I geprüft werden, wenn der Hersteller erklärt, dass es diese Anforderungen erfüllt. Prüfung nach 7.6.5.

Der für diese Prüfung besonders relevante Prüfimpuls ist der Iimp, ein Blitzstrom-Prüfimpuls, der auch oft als (10/350)µs-Impuls benannt wird. SPD, die diese Prüfungen erfüllen, sind so genannte Blitzstromableiter. Die Kennzeichnung auf den Produkten ist nach Abschnitt 6.1.1 eindeutig „Typ1“ oder alternativ T1 in einem Quadrat.

6.2.4 Nennableitstoßstromprüfung(en) der Klasse II:

Ein SPD muss entsprechend der Klasse II geprüft werden, wenn der Hersteller erklärt, dass es diese Anforderungen erfüllt. Prüfung nach 7.6.5.

Der für diese Prüfung besonders relevante Prüfimpuls ist der In, ein Prüfimpuls, der auch oft als (8/20)µs-Impuls benannt wird. SPD, die diese Prüfungen erfüllen, sind nach Abschnitt 6.1.1 eindeutig mit „Typ2“ oder alternativ T2 (in einem Quadrat) zu kennzeichnen.

6.2.5 Prüfungen mit kombiniertem Stoß der Klasse III:

Ein SPD muss entsprechend der Klasse III geprüft werden, wenn der Hersteller erklärt, dass es diese Anforderungen erfüllt. Prüfung nach 7.6.7.

Die Prüfung wird mit einem Hybrid-Impuls durchgeführt, für den klare Definitionen der Leerlauf-Stoßspannung und des Kurzschluss-Stoßstromes aufgeführt sind. SPD, die diese Prüfungen erfüllen, sind nach Abschnitt 6.1.1 eindeutig mit „Typ3“ oder alternativ T3 in einem Quadrat“ zu kennzeichnen.

Blitzstromableiter - umgangssprachlich auch Kombiableiter genannt

Der Begriff Kombiableiter ist in der Normung nicht besetzt. Anders ist das im allgemeinen Sprachgebrauch. Das Wort Kombiableiter wird oft genutzt, die Bedeutung ist jedoch nicht eindeutig. Die häufigste Verwendung des Begriffes ist in Verbindung mit einem T1-Blitzstromableiter, der sich durch einen niedrigen Schutzpegel auszeichnet. Diese Beschreibung passt eindeutig auf den FLT-CP-PLUS von Phoenix Contact (Bild 1).

Blitzstromableiter mit niedrigem Schutzpegel – umgangssprachlich auch Kombiableiter
Abb. 1: Blitzstromableiter mit niedrigem Schutzpegel – umgangssprachlich auch Kombiableiter

Hierbei handelt es sich um einen durchgängig steckbaren Blitzstromableiter, der höchste Anforderungen nach Blitzschutzklasse I (Iimp=100kA) erfüllt und einen Schutzpegel von UP ≤ 1,5kV realisiert.

Problem bei Ausschreibungen

In der Umsetzung von Überspannungsschutz-Konzepten bleiben Kombiableiter nach dieser Definition jedoch weiterhin Typ1-Ableiter. Ausschreibungen, die klar die Forderung nach Typ 1 und Typ 2 stellen, können damit nicht erfüllt werden. Typ2-Ableiter werden in diesem Fall separat angeboten. Konzeptionell können beide Forderungen der Ausschreibungen nur dann zusammengefasst werden, wenn das entsprechende SPD sowohl die Anforderungen nach Typ1 als auch nach Typ2 erfüllen. Das ist und muss nach EN 61643-11:2002-A11:2007 dann eindeutig auf dem Produkt gekennzeichnet sein. Eine echte Ableiterkombination Typ1 und Typ2 bietet Phoenix Contact mit dem FLT-CP (Bild 2).

Ableiter-Kombination Typ 1 und Typ 2
Abb. 2: Ableiter-Kombination Typ 1 und Typ 2

Diese Produkte sind ebenfalls durchgängig steckbar ausgeführt, fassen jedoch eigenständig funktionierende Typ1-Stecker mit eigenständigen Typ-2-Steckern zu kompletten Installationsblocken zusammen. Im Sinne der Norm würde auf diese Art der Ableiter-Kombination der Begriff Kombiableiter besser passen.

Phoenix Contact bietet mit der Compact-Familie aus dem Bereich Trabtech beide Varianten – die Entscheidung trifft der Anwender unter Zuhilfenahme der Anforderungen seines Kunden.

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