Besondere Anforderungen an Leitungsanlagen
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Elektrofachkräfte beschäftigen sich oft mit der Installation und Instandhaltung von elektrischen Anlagen. Die dafür erforderlichen allgemein anerkannten Regeln der Technik wie beispielsweise die VDE-Vorschriften, gehören zum täglichen Handwerkszeug und sind deshalb meist detailliert bekannt.
Bei der Installation von Leitungsanlagen in einigen Bereichen, wie z.B. Rettungswegen, oder für die sicherheitstechnische Gebäudeausrüstung, wie z.B. Sicherheitsbeleuchtung, sind bei der Installation darüber hinaus zusätzliche baurechtliche Verordnungen der jeweiligen Bundesländer zu berücksichtigen. Die Details und Schutzziele dieser Verordnungen erschließen sich – im Gegensatz zu den VDE-Vorschriften – meist nicht jeder Elektrofachkraft auf Anhieb. Dieser Fachbeitrag ist ein erster Schritt, um Einblick in diese Schutzziele zu geben.
Leitungsanlagen-Richtlinie
Eine der wichtigsten Verordnungen, die bei der Installation von Leitungsanlagen zu berücksichtigen sind, ist die Leitungsanlagen-Richtlinie. Am Beispiel der Leitungsanlagen-Richtlinie Nordrhein-Westfalen (LAR NRW) soll in den nun folgenden Fachbeiträgen exemplarisch auf die Anforderungen an Leitungsanlagen näher eingegangen werden (vgl. LAR NRW 2015). In zahlreichen Bundesländern gelten ähnliche Verordnungen mit ähnlichen Anforderungen und Schutzzielen, die bei der Installation zu berücksichtigen sind. Für die Auswahl der geltenden Verordnung ist der jeweilige Standort des Gebäudes (Bundesland) maßgeblich. Der interessierte Leser sei an dieser Stelle auf die jeweiligen Download-Bereiche der zuständigen Ministerien der Länder für das Bauwesen verwiesen.
Der Begriff „Leitungsanlagen“
Zu den Leitungsanlagen zählen alle Leitungen wie z.B. elektrische Leitungen oder Rohrleitungen inkl. deren Befestigungen (z.B. Schellen) und Tragesysteme (z.B. Kabelbühnen) sowie die dazugehörigen Armaturen, Dämmstoffe, Hausanschluss-, Mess-, Steuer-, Regeleinrichtungen und deren Verteiler.
Im Rahmen dieses und der nächsten Fachbeiträge werden lediglich die für Elektrofachkräfte relevanten elektrischen Leitungsanlagen betrachtet – und nicht die Rohrleitungen (z.B. Gas-, Wasser- und Lüftungsleitungsanlagen).
Anforderungen der LAR NRW
Gebäude werden meist weiträumig von Leitungsanlagen durchzogen. Sie können dabei in ihrem Verlauf z.B. für den Brandschutz wichtige Decken und Wände durchdringen und diese dabei schwächen oder in Flucht- und Rettungswegen eine zusätzliche Brandlast darstellen. Die zuvor genannten Beispiele sind nur zwei Gründe dafür, weshalb für Leitungsanlagen besondere Anforderungen formuliert sind.
Grundsätzlich werden die Anforderungen der LAR NRW in drei Rubriken unterteilt:
- Anforderungen an die Leitungsanlagen in Flucht- und Rettungswegen
- Anforderungen an den Funktionserhalt von elektrischen Leitungsanlagen im Brandfall
- Anforderungen an die Führung von Leitungen durch bestimmte Wände und Decken

Anforderungen an die Leitungsanlagen in Flucht- und Rettungswegen
Zu den Flucht- und Rettungswegen gehören:
- notwendige Treppenräume (Flucht- und Rettungswege, die über eine notwendige Treppe in einem Treppenraum führen)
- Räume zwischen notwendigen Treppenräumen und Ausgängen ins Freie (Flucht- und Rettungswege durch Räume, die eine Verbindung zwischen Treppenräumen und Gebäudeausgängen herstellen)
- notwendige Flure (Flucht- und Rettungswege in Fluren, die von Aufenthaltsräumen zu Treppenräumen mit notwendigen Treppen oder zu Ausgängen ins Freie führen)
- offene Gänge vor Gebäudeaußenwänden (Flucht- und Rettungswege, die über einen offenen Gang vor einer Gebäudeaußenwand verlaufen)
Schutzziel der LAR NRW
Grundsätzlich gilt, dass Leitungsanlagen in den oben aufgeführten Flucht- und Rettungswegen nur installiert werden dürfen, wenn keine Bedenken wegen des Brandschutzes bestehen.
Allgemeine Anforderungen
So dürfen z.B. Leitungsanlagen in Wänden und Decken diese nicht so stark schwächen, dass die verbleibenden Querschnitte nicht mehr ausreichend sind, um die erforderliche Feuerwiderstandsdauer der Wände und Decken aufrechtzuerhalten.
Installation von Leitungen in Sicherheitstreppenhäusern sowie in Räumen zwischen Sicherheitstreppenhäusern und den Ausgängen ins Freie
Ebenso sind grundsätzlich in Sicherheitstreppenhäusern sowie in Räumen zwischen Sicherheitstreppenhäusern und den Ausgängen ins Freie nur Leitungsanlagen zulässig, die der Versorgung (z.B. mit Licht) oder der Brandbekämpfung (z.B. durch eine Brandmeldeanlage) dieser Bereiche dienen.
Mit dieser allgemeinen Forderung soll eine Verrauchung der zuvor genannten Bereiche vermieden und damit die Nutzbarkeit so lange wie möglich aufrechterhalten werden. Das heißt, dass alle anderen Leitungsanlagen innerhalb dieser Bereiche nicht ohne weitere Maßnahmen installiert werden dürfen.
Diese Forderung stellt Elektrofachkräfte in der Praxis – gerade in älteren Bestandsbauten – oft vor größere Probleme. Eine Lösung für diesen Fall ist z.B. das brandschutztechnische Abtrennen der Leitungsanlagen gegenüber den Sicherheitstreppenhäusern bzw. gegenüber den Räumen zwischen Sicherheitstreppenhäusern und den Ausgängen ins Freie. Die Leitungsanlage befindet sich dadurch quasi nicht in dem zu schützenden Bereich, sondern in einem eigenen Raum. Selbst bei einem Brand der Leitungsanlage ist diese gegenüber dem Flucht- und Rettungsweg abgeschottet. Eine Verrauchung wird vermieden.
Fazit
Die obigen Erläuterungen geben einen ersten Einblick in die besonderen Anforderungen, die bei der Installation von Leitungsanlagen in bestimmten Bereichen zu berücksichtigen sind. Die Elektrofachkraft sollte sich vor der Installation von elektrischen Anlagen darüber im Klaren sein, ob es sich um einen nach LAR NRW geschützten Bereich, z.B. einen Flucht- und Rettungsweg, handelt. Dabei hilft u.a. ein Blick auf die ausgehängten Flucht- und Rettungspläne oder die Sichtung der offiziellen Grundrisspläne des Gebäudes.
Quelle
LAR NRW (2015): Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, Fassung März 2000 (27.12.2014)
Tipp der Redaktion
Lesen Sie auch den Expertenbeitrag Elektrische Leitungsanlagen in Flucht- und Rettungswegen
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