Prüfung ortsveränderlicher Geräte der Schutzklasse I
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Frage aus der Praxis
Bei unserer letzten Jahresunterweisung der Elektrofachkräfte kam folgende Frage auf:
Wenn ich ortsveränderliche Elektrogeräte nach DIN VDE 0701 oder auch nach DIN VDE 0702 prüfen möchte und es sich hierbei um ein Gerät der Schutzklasse I handelt, das Gerät aber vollständig schutzisoliert ist und nicht einmal metallische Schrauben aus dem Gehäuse herausragen, muss ich dann trotzdem den Schutzleiterwiderstand prüfen?
Beispiel wäre eine Fassheizung: Der Stecker hat einen Schutzleiter und das Gerät ist SK I, nach außen habe ich aber keine leitenden Teile. Aktuell machen wir den Anschlusskasten auf und messen den Schutzleiterwiderstand bis an die Anschlussklemme.
Tipp der Redaktion

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Antwort des Experten
Bei der Prüfung ortsveränderlicher elektrischer Geräte der Schutzklasse I gemäß DIN EN 50678 (VDE 0701):2021-02 und DIN EN 50699 (VDE 0702):2021-06 ist die Messung des Schutzleiterwiderstands ein zentraler Bestandteil. Diese Messung dient dazu, die ordnungsgemäße Verbindung zwischen dem Schutzleiteranschluss (Schutzkontakt des Netzsteckers) und allen berührbaren leitfähigen Teilen sicherzustellen. Der zulässige Grenzwert für den Schutzleiterwiderstand beträgt dabei ≤ 0,3 Ω für Anschlussleitungen bis 5 m Länge und einem Bemessungsstrom bis 16 A, mit einer zusätzlichen Toleranz von 0,1 Ω je weitere 7,5 m, jedoch maximal 1,0 Ω.
Downloadtipps der Redaktion
E-Book: VDE 0701 und VDE 0702
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Unterweisung: Prüfung von allgemeinen ortsveränderlichen Betriebsmitteln
Hier gelangen Sie zum Download.
Mess- und Prüfprotokoll nach VDE 0701 und VDE 0702
In Ihrem spezifischen Fall handelt es sich um ein Schutzklasse-I-Gerät, das vollständig schutzisoliert ist und keine berührbaren leitfähigen Teile aufweist. Trotz des Vorhandenseins eines Schutzleiters im Anschlusskabel sind keine metallischen Teile von außen zugänglich. Die Normen DIN VDE 0701 und 0702 sehen vor, dass bei Geräten der Schutzklasse I ohne berührbare leitfähige Teile die Schutzleiterprüfung dennoch durchgeführt werden sollte, um die Unversehrtheit des Schutzleiters sicherzustellen. Da keine äußeren leitfähigen Teile vorhanden sind, ist es in solchen Fällen üblich, den Anschlusskasten zu öffnen und den Schutzleiterwiderstand direkt an der Anschlussklemme zu messen, wie Sie es derzeit praktizieren. Diese Vorgehensweise gewährleistet, dass der Schutzleiter ordnungsgemäß mit dem internen Schutzleiteranschluss verbunden ist und im Fehlerfall seine Schutzfunktion erfüllen kann.
Fazit
Bei Schutzklasse-I-Geräten ohne berührbare leitfähige Teile sollten Sie den Schutzleiterwiderstand weiterhin messen, indem Sie den Anschlusskasten öffnen und die Messung direkt an der Schutzleiterklemme durchführen. Dies stellt sicher, dass der Schutzleiter im Fehlerfall seine Schutzfunktion erfüllen kann.
Kommentare
Kommentar von Georg Z |
Wie ist das denn bei manchen Kaffeemaschinen ohne Warmhalteplatte. Unser Modell ist komplett Kunststoffverkapselt. Nur mit einer ultradünnen Nadel kommt man durch Lüftungsschlitze an den Schutzleiter. Dabei beschädigt man aber u.U. andere Leitungen. Uns wurde bei einer Schulung beigebracht: Dort wo man mit der normalen Messsonde (Prüffinger) nicht ran kommt kann die Schutzleiterwiderstandsmessung reicht es den Schutzleiter durch das entsprechende Ableitsstrommessverfahren nachzuweisen.
Kommentar von Frank Ertinger |
Bei solchen Geräten wird bei uns derzeit der Ersatzableitstrom gemessen.
Kommentar von Fischer |
Guten Tag, die Vorgehensweise des Kollegen ist sicherlich fachlich richtig. Mir stellt sich allerdings die Frage: Welche Schutzfunktion hat der Schutzleiter, wenn es keine elektrisch leitende, berührbare und nicht mit dem PE verbundene Teile gibt? Wo ist die Gefährdung? Was hat sich der Entwickler dabei gedacht? Es gibt immer mehr SK I Geräte, die rein ausserlich eher SK II Geräte sind und es schlichtweg gar keinen Messpunkt gibt, ausser ich öffne das Gehäuse. Bei einer Reparatur sicherlich nicht zuviel verlangt, aber bei einer reinen Wiederholungsprüfung wirklich zweckmäßig? Interessant ist dazu die DGUV Information 203-070 Seite 13
"Das Öffnen des Prüflings mit Werkzeugen ist grundsätzlich nicht erforderlich, außer wenn vom Hersteller in der Gebrauchsanleitung ausdrücklich darauf hingewiesen wird oder ein begründeter Verdacht auf einen Sicherheitsmangel nur auf diese Weise geklärt werden kann."
Letztendlich bleibt es dem jeweiligen Prüfer in seinem Entscheidungsspielraum überlassen, wie weit er bei der Prüfung geht.
Kommentar von Martens H.E. |
Nicht jedes Gerät der Klasse 1 lässt sich am Anschlusskasten öffnen, ohne das Gehäuse zu beschädigen.
Sind keine Metallteile zugänglich, genügt eine Ableitstromprüfung. dieser darf dann maximal 1 mA betragen.
Kommentar von Achim Zavesky |
Hört sich gut an. Haben sie schon mal versucht an einer Kaffeemaschine den Anschlusskasten zu öffnen. Na dann viel Spaß.
Kommentar von Jens Kutzer |
Guten Tag Herr Schneider,
vielen Dank für Ihre Erklärung und ich stimme Ihnen zu, dass der Schutzleiter bis zu den Anschlussklemmen gemessen wird.
Wie sieht es bei den Geräten aus, bei denen der Anschlusspunkt nicht geöffnet werden kann, da diese vergossen oder das Kunststoffgehäuse ultraverschweißt ist. Hier sehe ich leider keine Möglichkeit den Schutzleiter zu messen.
Vielleicht könne Sie hierzu auch noch Hilfestellung geben.
Vielen Dank im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Jens Kutzer
Antwort von Jasmin Sprenger
Guten Tag Herr Kutzer,
wir haben in der Praxis noch kein Gerät gefunden, das nicht geöffnet werden kann. Wenn dies trotzdem der Fall sein sollte und eine Messung nicht möglich ist, würden wir ein solches Gerät aus dem Verkehr ziehen, weil eine erfolgreiche Prüfung unmöglich ist.
Herzliche Grüße
Ernst Schneider
Kommentar von Chr. Grubert |
"...Bei Schutzklasse-I-Geräten ohne berührbare leitfähige Teile sollten Sie den Schutzleiterwiderstand weiterhin messen, indem Sie den Anschlusskasten öffnen und die Messung direkt an der Schutzleiterklemme durchführen..."
Erweitern wir doch diese Frage/Antwort um die gängige Praxis, dass viele Geräte gar keinen (öffenbaren) "Klemmkasten" haben (zig Kaffeemaschinen fallen mir spontan hierzu ein).
Die einzige "Chance" wäre das Öffnen des Gerätes... Und das geht - bekanntlich - am Ziel vorbei.
Auch einen Ipe darf man (lt meiner letzten Schulung bei einem Meßgeräte-Hersteller) nicht als "Indikator" für einen guten Schutzleiter gelten lassen, da dieser sehr klein sein kann, was auch der (Standard-)Wert einer "offenen" Geräteanschlussleitung zeigt.
Praxistaugliche Lösungen für den tagtäglichen Umgang bei dieser Frage, sind sehr rar gesät.
Antwort von Anne Freitag
Sehr geehrter Herr Grubert,
bei solchen Geräten dient der Schutzleiter nicht vordringlich als Schutzmaßnahme, sondern als Funktionsmaßnahme (bspw. Abschirmung bezüglich EMV). Weil ein Schutzleiter vorhanden ist, muss das Gerät aber trotzdem geöffnet werden, um einen geeigneten Messpunkt zu finden.
Herzliche Grüße
Ernst Schneider
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