Schutz gegen elektrischen Schlag innerhalb von Maschinen

5/5 Sterne (4 Stimmen)
Die Sicherheit des Anwenders muss gewährleistet sein.
Die Sicherheit des Anwenders muss gewährleistet sein. (Bildquelle: ndoeljindoel/iStock/Getty Images)

Die elektrische Ausrüstung der Maschine ist so zu gestalten, dass niemand einen elektrischen Schlag bekommt. Das heißt, der Hersteller muss alle mit der Anwendung der Maschine verbundenen Gefährdungen identifizieren und reduzieren (Maschinenrichtlinie 2006/42/EG). Dafür muss er alle vorhersehbaren Anwendungsszenarien berücksichtigen.

Die Sicherheit des Anwenders steht immer im Vordergrund

Die elektrotechnischen Sicherheitsanforderungen an Maschinen werden in der unter DIN EN 60204-1 harmonisierten VDE 0113-1 „Sicherheit von Maschinen – Elektrische Ausrüstung von Maschinen“ detailliert beschrieben und sind somit von Herstellern und Betreibern gleichermaßen zwingend einzuhalten. In der VDE 0113-1 sind alle Bestandteile der Maschine sowie die Rahmenbedingungen und die Anforderungen an die Umgebung beschrieben. Die Sicherheit des Anwenders steht zu jeder Zeit im Vordergrund.

Einhaltung von Schutzmaßnahmen

Viele Elemente der VDE 0113-1 mögen der erfahrenen Elektrofachkraft sehr bekannt vorkommen, da sie schon im Rahmen der regelmäßigen Prüfung von elektrischen Anlagen gemäß DIN VDE 0100-600 „Errichten von Niederspannungsanlagen“ Anwendung finden.

Die elektrische Ausrüstung der Maschine muss so gestaltet sein, dass keine Person einen elektrischen Schlag erleiden kann. Diese Anforderung, welche für den Anwender sicherlich selbstverständlich ist und auch sein sollte, muss durch den Hersteller sichergestellt und nachgewiesen werden. Die zu diesem Zweck gewählte Schutzmaßnahme muss den Basisschutz (Schutz bei direkter Berührung) und den Fehlerschutz (Schutz bei indirekter Berührung) beinhalten.

Dieses Ziel kann sowohl durch eine gemeinsame oder zwei separate Schutzvorkehrungen erreicht werden und bedeutet konkret, dass der Anwender weder mit aktiven Leitern in Verbindung kommen noch durch indirekte Berührung z.B. im Falle eines Körperschlusses gefährdet werden darf.

Basisschutz – Schutz bei direkter Berührung

Um die Berührung gefährlicher aktiver Teile einer elektrischen Anlage auszuschließen, sieht der Basisschutz die Isolierung aller aktiven Teile vor. Diese Vorgabe gilt für jeden Stromkreis oder Teil der elektrischen Ausrüstung einer Maschine gemäß VDE 0113-1. Die Isolierung muss hierbei in der Art beschaffen sein, dass sie nur durch Zerstörung entfernt werden kann (DIN VDE 0100-410).

Schutz bei direkter Berührung
Schutz bei direkter Berührung

Alternativ können sich aktive Bauteile innerhalb von Gehäusen befinden, wenn diese einen ausreichenden Schutz vor direkter Berührung bieten. Dies schließt u.a. die Begrenzung des Zugangs auf den dafür bestimmten Personenkreis ein.

Oftmals war es in der Vergangenheit besonders bei Altanlagen erforderlich, den Basisschutz anzupassen. Dies geschah und geschieht unter Zuhilfenahme von Abdeckungen, da die Alternative oft mit hohen Kosten verbunden ist. In diesem Zusammenhang sollte bedacht werden, dass auch diese Zusatzausrüstung den Ansprüchen der DIN VDE 0100-410 genügen muss. Insbesondere ist hierbei auf die ausreichende Stabilität, eine ordentliche Montage sowie die Dauerhaftigkeit der zur Anwendung kommenden Abdeckungen zu achten.

Für das Entfernen der Abdeckungen gelten dann selbstverständlich sinngemäß die gleichen Vorschriften, die auch für das Öffnen von Gehäusen um aktive Elemente der elektrischen Ausrüstung zur Anwendung kommen.

Fehlerschutz - Schutz bei indirekter Berührung

Für den Schutz bei indirekter Berührung ist entweder das Verhindern einer Berührungsspannung oder die automatische Abschaltung der Spannungsversorgung zur Anwendung zu bringen. In beiden Fällen wird verhindert, dass der Anwender durch die Berührung eines fehlerbehafteten Teils der Anlage über eine bestimmte Zeit einen für ihn gefährlichen elektrischen Schlag erleidet. Diese Schutzmaßnahme sowie deren Anforderungen (z.B. erforderliche Abschaltzeiten) ist in Anlehnung an die DIN VDE 0100-410 „Errichten von Niederspannungsanlagen - Schutzmaßnahmen - Schutz gegen elektrischen Schlag“ zu betrachten.

Stattet man die zu schützenden Anlagenteile entsprechend aus, sodass keine Verbindung zum Versorgungssystem besteht (Schutztrennung) oder isoliert entsprechend der Kategorie „Schutzklasse 2“, so verhindert man diese Gefährdung für den Anwender in jedem Fall. Innerhalb von elektrischen Anlagen stellt diese Variante oft nur die Alternative dar, sodass die elektrische Versorgung im Fehlerfall abzuschalten ist. Die Abbildung zeigt beispielhaft einen vollständigen Körperschluss und den damit verbundenen Stromfluss durch den menschlichen Körper. Dieser Stromfluss in Höhe von nur 230 mA führt bereits nach einem Bruchteil einer Sekunde zu schwersten Schäden, Herzkammerflimmern und zum Tod, wobei das vorgeschaltete Schutzorgan nicht zur Auslösung kommt.

Stromfluss im Falle eines Körperschlusses
Stromfluss im Falle eines Körperschlusses (Bildquelle: Jörg Belzer, B.Eng.)

Um dies zu vermeiden, ist es zwingend erforderlich, die ordnungsgemäße Funktion des Schutzleiters sicherzustellen. Diese wesentlichen Voraussetzungen und Anforderungen an das Schutzleitersystem sind in der VDE 0113-1 erläutert.

  • Autor:

    B. Eng., MBA Jörg Belzer

    Leiter der technischen Abteilung des Logistikzentrums einer Handelskette

    Belzer, Joerg

    Jörg Belzer leitet heute die technische Abteilung eines Logistikzentrums einer großen Handelskette.

    Er absolvierte eine Ausbildung zum Energieanlagenelektroniker und war anschließend mehrere Jahre in der elektrotechnischen Instandhaltung tätig. Nach dem anschließenden nebenberuflichen Ingenieurstudium konnte er die gesamttechnische Leitung des Unternehmens übernehmen.

Zurück

Kommentare

Kommentar von Steffen N. |

Danke für den Beitrag!
Allerdings muss ich etwas anmerken:
"Die elektrotechnischen Sicherheitsanforderungen an Maschinen werden in der unter DIN EN 60204-1 harmonisierten VDE 0113-1 „Sicherheit von Maschinen – Elektrische Ausrüstung von Maschinen“ detailliert beschrieben und sind somit von Herstellern und Betreibern gleichermaßen zwingend einzuhalten" - das ist so nicht korrekt.
Erstens ist eine Norm kein Gesetz und damit per se nicht zwingend einzuhalten, selbst wenn sie harmonisiert ist. Es ist durchaus möglich, an der Norm vorbei zu arbeiten, dann liegt aber im Streitfalle die Beweislast beim Angeklagten.
Zweitens ist die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG über das ProdSG (genauer die 9. Verordnung zum ProdSG) in deutsches Recht überführt und damit in erster Linie für die Hersteller bindend. Die Betreiberseite wird von der Arbeitsmittel-Benutzungsrichtlinie 2009/104/EG (national umgesetzt durch die BetrSichV) abgedeckt.

Einen Kommentar schreiben

Bitte rechnen Sie 9 plus 7.