Verpflichtende Prüfungen an elektrischen Anlagen – normative Grundlagen

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Zahlreiche Vorschriften fordern regelmäßige Prüfungen
Zahlreiche Vorschriften fordern regelmäßige Prüfungen (Bildquelle: francescomoufotografo/iStock/Getty Images Plus)

Allgemein anerkannte Regeln der Technik

Sowohl in der Prüfverordnung (PrüfVO) in Bezug auf bestimmte Gebäudearten als auch im VDE-Vorschriftenwerk ist immer wieder die erforderliche Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik gefordert. Diese Regeln bestehen im Wesentlichen aus Zusammenfassungen der Berufsgenossenschaften, Verordnungen des Gesetzgebers und dem VDE-Vorschriftenwerk. Auch wenn viele dieser Zusammenfassungen keinen direkten gesetzlichen Bezug aufweisen, werden sie herangezogen, um die Sicherheit elektrischer Anlagen nachzuweisen. Somit besteht eine Verpflichtung zur Einhaltung aufgrund kausaler Herleitung.

Wird die Prüfung elektrischer Anlagen innerhalb der gesetzlichen Texte eher oberflächlich und allgemein behandelt, so gehen das VDE-Vorschriftenwerk sowie die berufsgenossenschaftlichen Regeln erheblich weiter ins Detail.

Berufsgenossenschaftliche Forderungen

Das von der Berufsgenossenschaft zur Verfügung gestellte Regelwerk, bestehend aus Informationen, Merkblättern und Vorschriften, stellt dem Betreiber und der verantwortlichen Elektrofachkraft viele Hilfsmittel zur Verfügung und ist gleichzeitig Bestandteil der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Aus Sicht der Versicherungen trägt der Betreiber als Fachkraft die Entscheidung zur Beurteilung der mit der jeweiligen Anlage verbundenen Gefahren und ist somit unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften in erster Linie an seinen Sachverstand und seine fachliche Qualifikation gebunden. Viele Sachverhalte ergeben sich aus der verpflichtend durchzuführenden Gefährdungsbeurteilung und den daraus abzuleitenden Maßnahmen. Die Grundlage dieser Forderung stellt die Betriebssicherheitsverordnung (§ 3 Gefährdungsbeurteilung).

Als Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung leitet der Arbeitgeber bzw. die bestellte verantwortliche Elektrofachkraft u.a. die notwendigen Prüfintervalle der elektrischen Anlagen ab. Diese Intervalle sind gemäß § 5 der DGUV Vorschrift 3 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ so zu bemessen, dass Mängel an der Anlage rechtzeitig erkannt werden können. In diesem Zusammenhang ist zwischen ortsfesten und ortsveränderlichen elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln zu unterscheiden.

Tabelle 1A „Elektrische Anlagen und ortsfeste Betriebsmittel“
Wiederholungsprüfungen ortsfester elektrischer Anlagen und Betriebsmittel (Tabelle 1A „Elektrische Anlagen und ortsfeste Betriebsmittel“). Klicken Sie auf die Abbildung, um sie zu vergrößern.

Die Prüffristen sind hierbei als erfüllt zu betrachten, sobald die in der Durchführungsanweisung zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 Tabelle 1A und 1B angegebenen Festlegungen erfüllt sind.

Forderungen aus dem VDE-Vorschriftenwerk

Somit hat der Betreiber elektrischer Anlagen eine Hilfestellung, muss jedoch in letzter Instanz als Ergebnis seiner Gefährdungsbeurteilung die Prüfintervalle seiner Anlagen und Betriebsmittel bestimmen. Diese können von den Erläuterungen der DGUV Vorschrift 3 abweichen, wenn z.B. der Einsatzort oder die Umgebungsbedingungen außergewöhnlich sind. Diese Aussage wird in der DIN VDE 0105-100:2015-10 „Betrieb von elektrischen Anlagen“ (Abs. 5.3.3.101.6 Häufigkeit der wiederkehrenden Prüfung) bekräftigt.

Gemäß DIN VDE 0100-600:2017-06 „Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 6: Prüfungen“ und DIN VDE 0105-100 muss jede elektrische Anlage einer Erstprüfung vor der ersten Inbetriebnahme, nach Änderungen und Erweiterungen sowie einer wiederkehrenden Prüfung in regelmäßigen Zeitabständen unterzogen werden. Diese Prüfungen dienen dem Zweck, den sicheren Zustand der Anlage nachzuweisen.

Besichtigen: Mängel rechtzeitig erkennen

Die Prüfungen bestehen aus drei Arbeitsschritten: dem Besichtigen, Erproben und Messen. Allein die Besichtigung der Anlage durch eine Elektrofachkraft gemäß DIN VDE 1000-10:2009-01 „Anforderungen an die im Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen“ deckt hierbei einen hohen Anteil entstandener Mängel auf, da diese häufig offensichtlich und daher schnell erkennbar sind. Hierzu gehören u.a. äußere Beschädigungen der Gehäuse und Leitungen oder die fachgerechte Einstellung der Schutzeinrichtungen.

Aufgrund ausbleibender Prüfung werden z.B. Isolationsfehler im Zusammenhang mit Steckverbindern (siehe Abbildungen) häufig zu spät festgestellt und stellen als Folge dessen ein hohes Brandrisiko dar. Mit regelmäßigen Prüfungen könnte eine Vielzahl solcher Fehler frühzeitig erkannt und behoben werden.

Durch Besichtigen können Sie Isolationsfehler rechtzeitig erkennen
Durch Besichtigen können Sie Isolationsfehler rechtzeitig erkennen

Schutzeinrichtungen erproben

Im Anschluss an die Besichtigung der Anlage, welche gemäß DIN VDE 0100-600, Abschnitt 6.4.2.1, immer vor den Folgeprüfungen erfolgen muss, findet die Prüfung durch Erproben und Messen statt. In diesem zweiten Prüfabschnitt gemäß DIN VDE 0105-100 werden alle Sicherheitseinrichtungen der Anlage, also Schutzeinrichtungen, Stromkreise von zur Sicherheit gehörenden Bauteilen und dazugehörigen Melde- bzw. Anzeigeeinrichtungen, auf ordnungsgemäße Funktion geprüft. Diese Forderungen werden innerhalb der DIN VDE 0100-600 (Abs. 6.4.3.10 Funktionsprüfungen) untermauert.

Beurteilung der Anlage durch Messen

Schutzmaßnahmen einer Anlage, die nicht durch eine Funktionsprobe auf ihre Wirksamkeit geprüft werden können, werden durch Messung der jeweiligen Parameter gemäß DIN VDE 0100-410:2018-10 „Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 4-41: Schutzmaßnahmen – Schutz gegen elektrischen Schlag“ geprüft. Diese Parameter sind u.a.:

  • Durchgängigkeit der Leiter
  • Isolationswiderstand der elektrischen Anlage
  • Schutz durch automatische Abschaltung der Stromversorgung
  • Spannungspolarität und Phasenfolge
  • Spannungsfall

Die Prüfung durch Messen gibt der Elektrofachkraft die Möglichkeit, die elektrische Anlage abschließend beurteilen zu können. Dieser Schritt wird durch DIN VDE 0105-100, DIN VDE 0100-600 und DIN VDE 0113-1 „Sicherheit von Maschinen – Elektrische Ausrüstung von Maschinen“ explizit gefordert und dient vor allem dazu, die Funktion aller bereitgestellten Schutzmaßnahmen sicherzustellen. Bei näherer Betrachtung dieser Vorschriften wird schnell deutlich, dass die Qualifikation des Prüfers zur Elektrofachkraft unabdingbar ist. Ein Prüfer, welcher nicht die Qualifikation zur Elektrofachkraft besitzt, kann die zugehörigen Normen zur Erfüllung dieser Aufgabe nicht selbstständig überblicken.

Prüfungen nur durch die Elektrofachkraft

Daher ist es nicht nur nötig, sondern auch normativ gefordert, dass sowohl die Erstprüfung gemäß DIN VDE 0100-600 als auch die wiederkehrende Prüfung gemäß DIN VDE 0105-100 durch eine Elektrofachkraft erfolgt. Einzig die Prüfung durch Erproben im Rahmen der wiederkehrenden Prüfung gemäß DIN VDE 0105-100 lässt Einschränkungen zu. Die Norm geht sogar noch einen Schritt weiter und betont explizit, dass über die Qualifikation zur Elektrofachkraft hinaus, welche im Abschnitt 3.2.4 der DIN VDE 0105-100 definiert ist, die Befähigung zur Durchführung von Prüfungen sowie eine entsprechende Erfahrung vorhanden sein muss.

Das Prüfprotokoll als Abschluss einer Prüfung

Zum Abschluss einer Erst- oder Folgeprüfung sind die Prüfergebnisse aufzuzeichnen und für die Folgeprüfung heranzuziehen.

So kann die Anlage über die Lebensdauer fachgerecht bewertet werden. Im Rahmen der Erstprüfung muss der Prüfbericht gemäß DIN VDE 0100-600 die folgenden Informationen enthalten:

  1. Details über den Anlagenumfang
  2. Aufzeichnungen über die Ergebnisse der Besichtigung
  3. Aufzeichnungen über die Ergebnisse des Erprobens und Messens
  4. Aufzeichnungen über die geprüften Stromkreise unter Berücksichtigung eines jeden Stromkreises, inkl. der Schutzeinrichtungen
  5. Benennung der zuständigen und verantwortlichen Personen
  6. Unterschrift der prüfenden Person
  • Autor:

    B. Eng., MBA Jörg Belzer

    Leiter der technischen Abteilung des Logistikzentrums einer Handelskette

    Belzer, Joerg

    Jörg Belzer leitet heute die technische Abteilung eines Logistikzentrums einer großen Handelskette.

    Er absolvierte eine Ausbildung zum Energieanlagenelektroniker und war anschließend mehrere Jahre in der elektrotechnischen Instandhaltung tätig. Nach dem anschließenden nebenberuflichen Ingenieurstudium konnte er die gesamttechnische Leitung des Unternehmens übernehmen.

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Kommentare

Kommentar von Vincent |

Sehr geehrter Jens,
als Elektriker, der zwei Jahrzehnte im Wohnungsbau und in der Betreuung von Bestandswohnungen normgerecht und zielorientiert mit großen und kleinen Vermietern zusammen gearbeitet hat, kann ich mich nur wundern, dass es noch Eigentümer gibt, die ihre elektrischen Anlagen nach einem Mieterwechsel nicht überprüfen lassen. Bei diesen Überprüfungen wurden gefährlichste Mißstände oder fachlich falsch ausgeführte Umbauten seitens der Mieter festgestellt und behoben. Die Kosten sind überschaubar. Hier von Enteignung zu sprechen für jahrzehntelange angewendete Praxis (die scheinbar an Ihnen vorüber ging) ist falsch. Das Risiko wäre mir als Vermeiter viel zu hoch, dass Personen durch meine elektrische Anlage zu Schaden kommen.
Dies ist keine Verschwörungstheorie, sondern in Industrie, Gewerbe und Wohnungsbau gelebte Praxis. Die realität anerkannter Regeln der Technik anzuzweifeln, die über 100 Jahre gewachsen sind, ist reines Geschwurbel auf niedrigstem Niveau.

Kommentar von Jens |

Sollten die Vorgaben wirklich real sein, hat jeder beliebige mit guten Verbindungen zur Justiz die Möglichkeit, die Republik jederzeit völlig lahmzulegen - ähnlich einem Lockdown. Der Unterschied: es wäre auf unbestimmte Zeit, weil offensichtlich ja keine Grundgesetzte auszuhebeln sind und es würde nahezu alle Eigentümer normativ enteignen. Globalist und Transhumanist Klaus Schwab wäre fasziniert. PS: ich bin Eigentümer von mehreren Wohnungen und kann bestätigen, dass die Folgen für Vermieter und die Gesellschaft brachial fatal wären. Eigentlich dürfte ich wohl keine meiner Wohnungen vermieten und müsste die Wohnungen/Häusser direkt abreisen., was für mich natürlich ein Totalverlust wäre. Jede "Sicherstellung" auf Euer Niveau wäre weit über einem Neubau.

Kommentar von Mönius |

@ Helmut Lammertz

Auszug VDE 0105
Für Wohnungen sind längere Zeitspannen(z.B. bis zu 10 Jahren) möglich.
Bei einem Wechsel der Bewohner ist eine Prüfung der elektrischen Anlage dringend empfohlen.
Die Ergebnisse und Empfehlungen früherer Prüfberichte müssen,
soweit sie verfügbar sind, berücksichtigt werden.
Die konkrete Verantwortung des Mieters kann im jeweiligen Mietvertrag geregelt werden.
Unabhängig davon ist der Mieter jedoch verpflichtet, den Vermieter darüber zu informieren,
wenn offensichtliche Zustände eingetreten sind, die eine Überprüfung notwendig machen.
Fazit: Bei einem Mieterwechsel ist es im Hinblick auf eine rechtssichere Vermietung
und Vermeidung von strafrechtlich bedenklichen Personengefährdungen erforderlich,
eine Prüfung mit zugehöriger rechtssicherer Dokumentation durchzuführen,
sodass die technische Sicherheit der elektrischen Anlage
rechtssicher nachgewiesen werden kann.
Zu diesem Zeitpunkt besteht nicht nur ein unproblematischer Zugang zu den Mietflächen, sondern notwendige Änderungen können unkompliziert durchgeführt werden.
Ebenso kommt der Vermieter/Eigentümer seiner Sorgfaltspflicht
gegenüber dem künftigen Mieter nach,
der von unzulässigen Eingriffen seines Vorgängers kein Wissen hat.
Bei dieser Gelegenheit lässt sich auch das nächste Prüfintervall
aus der zu erwartenden Nutzung neu bemessen

Kommentar von Helmut Lammertz |

Wie ist das mit
Das hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung vom 15. Oktober 2008 (AZ VIII ZR 321/07) bestätigt. „Der Vermieter ist nicht verpflichtet, ohne besonderen Anlass eine regelmäßige Generalinspektion der Elektroleitungen in den Wohnungen seiner Mieter vorzunehmen“, lautet der Kernsatz des BGH-Urteils.
vereinbar?

Gelten im Betrieb andere Regeln als in Wohnungen.
GIlt für Mieter Sicherheit 2.ter Klasse?

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