Wahl und Festlegung des Leiterquerschnitts

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Zahlreiche Kriterien sind bei der Wahl des Leiterquerschnitts zu beachten.
Zahlreiche Kriterien sind bei der Wahl des Leiterquerschnitts zu beachten. (Bildquelle: demarco-media/iStock/Getty Images Plus)

Die Wahl des Leiterquerschnitts einer inneren Verdrahtung hängt ab vom Betriebsstrom bzw. der zulässigen Leitertemperatur und von der Lufttemperatur innerhalb des Schaltschranks. Was genau dabei zu beachten ist, und welche Vorgaben gültig sind, lesen Sie in diesem Artikel.

Grundsätzlich gelten nachstehende Angaben für eine Verdrahtung innerhalb von Gehäusen (Schaltschränken) nicht nur für Schaltanlagen und Verteilersysteme sondern auch für Maschinen-Steuerungen jeglicher Art.
Festgelegt sind diese Angaben für Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen nach DIN EN 60439-1 (VDE 0660 Teil 500).

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Verdrahtungen in Schaltschränken beeinflussen die Betriebssicherheit

Die elektrischen Verbindungen innerhalb einer Schaltgerätekombination beeinflussen in großem Maße die Betriebssicherheit; sie müssen deshalb sehr sorgfältig dimensioniert und hergestellt werden.

Dabei ist zu beachten:

  • Lufttemperatur im Gehäuse am Ort des Leiters
  • Erwärmung des Leiters
  • Einfluss der Wärme auf die Befestigungen
  • Einfluss der Wärme auf die Anschlüsse elektrischer Betriebsmittel
  • Kurzschlussfestigkeit

Einflüsse auf die Anschlusstemperatur

Gerade betriebsmittelabhängige Leiter, d.h. die Erwärmung der Zu- und Ableitungen sowie der Verbindungen zwischen den Betriebsmitteln haben einen unmittelbaren Einfluss auf die Anschlusstemperatur und damit auf die Erwärmung der Betriebsmittel.

Dabei sind insbesondere Korrekturfaktoren für eine eventuell erhöhte Umgebungstemperatur und vor allem für eine Leitungsanhäufung (ohne Steuerleitungen) zu berücksichtigen; gerade die Verlegungsart ohne Abstand gegeneinander oder Häufungen in Verdrahtungskanälen sind besonders zu beachten!

Von außen eingeführte Leiter dürfen eine Grenztemperatur von 70 K, also eine Temperatur von 105 °C annehmen. Obwohl PVC-Leitungen nur für eine Betriebstemperatur von 70 °C ausgelegt sind, gestattet man den Anschluss an diese 105 °C warmen Betriebsmittel-Anschlüsse innerhalb einer geschlossenen Umhüllung (Gehäuse).

Die Wahl des richtigen Leiterquerschnitts

Bei TSK-Anlagen wird die richtige Dimensionierung dieser Verbindungen mit der Typprüfung nachgewiesen. Die zulässigen Anschlusstemperaturen werden somit überwacht und eine Überlastung der Betriebsmittel vermieden.

Aber gerade bei der Vielzahl individueller PTSK-Anlagen muss eine zu starke Erwärmung der Betriebsmittel vermieden werden. Hier bleibt nur der Weg, die Querschnitte vorzusehen, die vom Hersteller des Betriebsmittels in seinen Unterlagen vorgeschrieben werden; hier also die in DIN EN 60947-1/2008-4 (VDE 0660-100) für Niederspannungsschaltgeräte genannten.

Da innerhalb von Schaltgerätekombinationen neben dem Betriebsstrom jedoch auch die Art der Verlegung und die im Innern der Anlage zu erwartende Lufttemperatur berücksichtigt werden müssen, sollte hier die Auswahltabelle für die Leiterquerschnitte in PTSK-Anlagen nach DIN VDE 0600 Teil 507 herangezogen werden.

Entsprechend dieser DIN VDE 0660 Teil 507/Tabelle B.1 (Seite 21 der Bestimmung) ist der Betriebsstrom in Abhängigkeit zur zulässigen Leitertemperatur, zur Lufttemperatur innerhalb der Kapselung um den Leiter und zur möglichen Leiter-Installation festgelegt; im Schaltanlagenbau üblich nutzt man hier zur Auswahl die Gruppe 3 – freiverlegte Leitungen.

Bei der Auswahl und Festlegung von Querschnitten nach Gruppe 3 der DIN VDE 0660 Teil 507 (kleinster Querschnitt bei höchstem Betriebsstrom) und anschließender Verlegung der stromführenden Leitungen (≥ 10A) in Verdrahtungskanälen besteht die Gefahr außergewöhnlicher Erwärmung und damit Wärmestau, Schwelbrand, Rauch etc.

Zu beachten ist außerdem, dass die innere Verdrahtung bei dieser Festlegung teilweise mit über 50% an der Wärmeentwicklung innerhalb einer Schaltanlage beteiligt ist und diese natürlich über die Wahl und Festlegung der Querschnitte wesentlich zu beeinflussen ist.

Strombelastbarkeit isolierter Leitungen im geschlossenen Schaltschrank bei einer Lufttemperatur im Schaltschrank um den Leiter von 35°C / 55°C
Abb. 1: Strombelastbarkeit isolierter Leitungen im geschlossenen Schaltschrank bei einer Lufttemperatur im Schaltschrank um den Leiter von 35°C / 55°C (*: Beliebige Verlegung, 6 gleichzeitig mit 100% belastete Adern)

Zusätzliche Anmerkungen:

Abb. 1 zeigt die maximal zulässigen Betriebsströme und die Verlustleistung isolierter Leiter bei Lufttemperaturen im Schaltschrank um den Leiter von 35°C bzw. 55°C und höchstzulässiger Leitertemperatur von 70°C nach VDE 0660 Teil 507, Tabelle B1. Die angegebenen Werte dürfen bei Kurzzeit- und Aussetzbetrieb entsprechend VDE 0100 Teil 430 umgerechnet werden. Bei kleineren Strömen ist die Verlustleistung mit nachstehender Formel umzurechnen: P = Pn (I / In)²

Umrechnungsfaktoren für abweichende Umgebungstemperaturen
Abb. 2: Umrechnungsfaktoren für abweichende Umgebungstemperaturen

Ergebnis:

VORSICHT bei der Auswahl und Festlegung von Leiterquerschnitten zur inneren Verdrahtung!

Bei freiverlegten Leitungen mit einem Querschnitt von 16 mm²
kann ein maximaler Betriebsstrom

  • bei einer inneren Umgebungstemperatur von 35 °C (im Schaltschrank während des Betriebs!) von 65A geführt werden;
  • bei einer inneren Umgebungstemperatur von 55 °C (der Normalfall!) von nur 50A (!).

Also bitte: Eher eine Stufe höher als niedriger!

Autor: Dipl.-Ing. Hans J. Rübsam, beratender Ingenieur

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