„Was liegt nun wirklich in meiner Verantwortung als Elektrofachkraft?“

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Was liegt als Elektrofachkraft nun wirklich in meiner Verantwortung?
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Frage aus der Praxis

Mit einem leichten Bedauern habe ich bei uns in der Firma die Stelle der Elektrofachkraft übernommen. Vor dem Unterschreiben habe ich leider nur mündlich einiges vorab geklärt, wie z.B. Normen und Messgeräte zur Prüfung von elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln. Jetzt hat sich herausgestellt, dass sich die Firma aufgrund der anfänglichen Kosten vor weiteren Gesprächen in dieser Richtung drückt. Zusätzlich soll ich noch die elektrotechnisch unterwiesene Person im praktischen Teil ausbilden sowie die Sicherheitsunterweisungen im elektrotechnischen Bereich durchführen. Dies ist meiner Meinung nach aber nicht rechtens, da ich nicht auf die nötigen Normen zugreifen kann und damit nicht rechtssicher unterweisen kann. Auch kann ich damit nicht für die Prüfungen an elektrischen Anlagen unterschreiben. Oder sehe ich das falsch?

Antwort des Experten

Zu diesem Thema wurde bereits viele mögliche Vorgehensweisen beschrieben. Letztendlich können Sie nur in dem Rahmen agieren, den der Arbeitgeber mit entsprechender finanzieller Ausstattung und seinem Verständnis für das erforderliche Maß an elektrischer Sicherheit zulässt.

Nach den einschlägigen Vorschriften und Gesetzen trägt der Arbeitgeber jeweils die Gesamtverantwortung für das Unternehmen und gibt deshalb die aus seiner Sicht notwendigen Maßnahmen und (finanziellen) Mittel frei. Ihre fachliche Weisungsfreiheit, also wie Sie die Maßnahmen fachlich umsetzen, bleibt davon unberührt, sofern Ihre Führungskraft nicht ebenfalls Elektrofachkraft ist. Die Norm DIN VDE 1000-10 „Anforderungen an die im Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen“ beschreibt, dass für die elektrotechnische Sicherheit nur die verantwortliche Elektrofachkraft und nicht die disziplinarisch übergeordnete Person verantwortlich ist.

Eine konkrete Bestellung ist notwendig

Ihrer Fragestellung entnehme ich, dass die Pflichtenübertragung auf Sie als verantwortliche Elektrofachkraft schriftlich erfolgt ist, wie es z.B. im Arbeitsschutzgesetz (§ 13 ArbSchG) und besonders in den Vorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (§ 13 DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“) vorgesehen ist. Offensichtlich wurde Ihre schriftliche Bestellung als verantwortliche Elektrofachkraft in manchen Punkten jedoch eher allgemein formuliert. Diese müssen nun in der praktischen Umsetzung konkretisiert werden.

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Geltende Vorschriften müssen vorhanden sein

Aus § 12 der DGUV Vorschrift 1 ergibt sich die Pflicht des Unternehmers, den mit der Durchführung und Unterstützung von Maßnahmen betrauten Mitarbeitern alle Vorschriften und Regeln zur Verfügung zu stellen, die für ihren Zuständigkeitsbereich gelten. Als Fachexperte können Sie deshalb mithilfe einer strukturierten Planung aufzeigen, in welchem (betriebswirtschaftlichen) Rahmen Sie die elektrische Sicherheit im Unternehmen umsetzen möchten.

Einsatz und Unterweisung der Mitarbeiter

Beim Einsatz von Personal müssen Sie als verantwortliche Elektrofachkraft entscheiden, welche Arbeiten durch Personen ausgeführt werden dürfen, die weder Elektrofachkraft noch elektrotechnisch unterwiesene Person sind (vgl. DIN VDE 1000-10, Erläuterungen). Im Umkehrschluss stellen Sie mit jährlichen bzw. situationsbezogenen Sicherheitsunterweisungen und z.B. berufspraktischen Unterweisungen von elektrotechnisch unterwiesenen Personen zu Ihrer eigenen Entlastung sicher, dass der Personenkreis, der unter Ihrer Aufsicht und Leitung steht, für die vorgesehenen Aufgaben befähigt ist.

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Prüfungen rechtssicher durchführen

Zur rechtssicheren Durchführung von Prüfungen an elektrischen Anlagen enthält die Technische Regel für Betriebssicherheit (TRBS) 1203 „Befähigte Personen“ konkrete Vorgaben bezüglich der Befähigung des Prüfers:

  • eine einschlägige elektrotechnische Berufsausbildung, die in Ihrem Fall offensichtlich gegeben ist, da Sie als (verantwortliche) Elektrofachkraft bestellt wurden
  • eine entsprechende Berufserfahrung von mindestens einem Jahr (z.B. in der Installation und Inbetriebnahme von elektrischen Anlagen)
  • eine zeitnahe berufliche Tätigkeit (Die zeitnahe berufliche Tätigkeit schließt Kenntnisse in der Prüfertätigkeit mit ein. Bei einer längeren Unterbrechung der Ausübung der Tätigkeit können die Kenntnisse durch die Teilnahme an Prüfungen Dritter oder durch eine fachbezogene Schulung aufgefrischt werden.)

In der TRBS 1203 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die befähigte Person ihre Kenntnisse zum Stand der Technik hinsichtlich des zu prüfenden Arbeitsmittels aufrechterhalten muss. Gemäß den Erläuterungen zu Punkt 5.2 im Anhang A der DIN VDE 1000-10 sowie § 7 der DGUV Vorschrift 1 besteht für Elektrofachkräfte ebenfalls die Pflicht zum Erhalt und Ausbau der erforderlichen Fachkunde, z.B. durch regelmäßige Teilnahme an Schulungen. Diese Forderung besteht vor allem deshalb, weil der Stand der Technik und die einschlägigen Normen ständigen Änderungen und Neuerungen unterliegen und so eine laufende Fortbildung der mit elektrotechnischen Tätigkeiten betrauten Personen zur Auffrischung der bereits erworbenen Kenntnisse bedingt.

Bieten Sie konkrete Vorschläge an

Wenn Sie also bei der Durchführung der Ihnen übertragenen Aufgaben für sich Defizite erkennen, bieten Sie Ihrer Führungskraft konkrete Vorschläge zur Abhilfe an. Ist vom Arbeitgeber dennoch keine Kooperationsbereitschaft zu erkennen, ist die letzte Option, die (Teil-)Verantwortung für bestimmte Aufgaben an den Unternehmer zurückzugeben.

Offensichtlich hat Ihre Führungskraft mit Ihrer Bestellung erkannt, dass die Fachverantwortung für die elektrische Sicherheit bei Ihnen in den richtigen Händen liegt. Jede begründete und belegte Aktivität von Ihrer Seite unterstreicht Ihre fachliche Kompetenz, minimiert den Verdacht des vorsätzlich unterlassenen Tuns und Handelns und bildet einen wichtigen Schritt zur rechtssicheren Umsetzung Ihrer Aufgaben im Bereich der elektrischen Sicherheit – sowohl für Sie als auch für den Unternehmer selbst.

  • Autor:

    Dipl.-Ing. Hans-Jörg Bauer

    Trainer, Dozent und Prüfer in der Aus- und Weiterbildung von Elektrofachkräften

    Hans-Jörg Bauer

    Hans-Jörg Bauer ist Elektromeister und Betriebswirt mit langjähriger Berufserfahrung in der Industrie als Trainer, Dozent und Prüfer in der Aus- und Weiterbildung von Elektrofachkräften in Theorie und Praxis.

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