Führen von schwierigen Mitarbeitern

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Schwierige Mitarbeiter – darüber ist zu reden!
Schwierige Mitarbeiter – darüber ist zu reden! (Bildquelle: BernardaSv/iStock/Getty Images)

Was sind schwierige Mitarbeiter?

„Gute Führung ist ein Erfolgsfaktor für gute Unternehmen.“ So oder so ähnlich haben schon viele Aufsätze begonnen, die sich mit Führung auseinandersetzen und Ratschläge für gute Führung geben möchten. Bei aller Berechtigung für Tipps zum erfolgreichen Führen, es gibt jedoch auch eine dunkle Seite in der Arbeit von Führungskräften, über die wenig geschrieben, gesprochen und die wenig unterstützt wird. Es geht um den Umgang mit Mitarbeitern, die schwierig oder fast gar nicht zu führen sind. Wer dieses Thema anreißt, steht schnell im Kreuzfeuer von Personaler/-innen und Berater/-innen: Es gäbe keine schwierigen Mitarbeiter, es gibt lediglich das Scheitern von schwachen Führungskräften. Doch Leugnen war noch nie ein richtiger Ansatz.

Versuch einer Definition

Jede Führungskraft weiß in der Regel über einen oder mehrere Mitarbeiter zu berichten, die sie in ihrer Führungsarbeit zur Verzweiflung getrieben haben. Die immer und immer wieder gegen Regeln verstoßen und bei denen die Kollegen vehement das Durchgreifen des Chefs fordern. Die Führungskraft hat Gespräche geführt, gedroht oder Versprechungen gemacht: Geholfen hat es nichts. Am Ende stand die Resignation und man hat sie/ihn halt machen lassen.

Tatsächlich gibt es nicht viele Fälle von schwierigen Mitarbeitern im Unternehmen. Vielleicht sind es 2 %, vielleicht 5 % – entsprechende empirische Daten liegen nicht vor. Der erfolgreiche Umgang mit schwierigen Mitarbeitern und der Wandel hin zu teamfähigen und loyalen Kollegen ist ein harter Weg und funktioniert auch nicht immer. Aber es gibt Möglichkeiten.

Übersicht über verschiedene Ausprägungen des Typs schwieriger Mitarbeiter
Übersicht über verschiedene Ausprägungen des Typs schwieriger Mitarbeiter

Zuallererst sollen ein paar Beispiele skizziert werden, damit sich der Leser ein realistisches Bild davon machen kann, von welchen Mitarbeitern hier die Rede ist. Die Beispiele haben allesamt einen realistischen Hintergrund und sind oft in den vielen Jahren der Zusammenarbeit mit verschiedenen Führungskräften aufgetaucht.

Fehlende Leistungsbereitschaft oder der Minderleister

Immer dann, wenn im Team der Bedarf nach mehr Einsatz als normal auftaucht, macht der Minderleister nicht mit. Keine Überstunde, keine Samstagsarbeit, keine Inventur. Natürlich zieht dieses eigentlich korrekte Verhalten Nachfragen nach sich. Wieso ist ein Mitarbeiter schwierig, der einfach nur seinen Job macht? Die Antwort stellt das Team, die Abteilung und das Unternehmen in den Mittelpunkt. Die Komplexität von Aufgaben, die hohe Bedeutung der Termintreue und des Wettbewerbs fordern von den Mitarbeitern der Unternehmen weit mehr ab als früher. Das mag bedenklich klingen, aber viele Unternehmen finden nicht einmal mehr zusätzliche Arbeitskräfte. Wenn einer konsequent nicht mitzieht oder wenigstens gelegentlich zusätzliche Arbeit übernimmt, verbleibt die Arbeit auf den Schultern der Kollegen. Am Ende eskaliert das Thema bei der Führungskraft, die keine Instrumente in der Hand hat, außer dem Gespräch. Zumal Drohungen mit verpflichtender Mehrarbeit häufig in Krankheit des Minderleisters münden.

Das Desinteresse an Qualität oder der Ignorant

Die Kundenanforderungen an die Qualität von Produkten und Dienstleistungen steigen fortwährend. Die Gründe dafür liegen nicht in der Willkür der Kunden, sondern in der Komplexität von Produkten, in der Empfindlichkeit von Geräten und in den verbesserten Möglichkeiten, Qualitätsprobleme nachzuweisen. Der Ignorant macht seinen Job, beachtet aber am Ende die Ergebnisqualität nicht. Er hat es halt nicht gesehen, obwohl er sich doch bemüht, so seine Aussage. Aber eigentlich ist ihr/ihm die Qualität egal. Sein Leben hat nun mal andere Prioritäten. Um die Qualität und unter Umständen anfallende Nacharbeiten müssen sich die Kollegen kümmern.

Sich über Regeln hinwegsetzen oder der Regelbrecher

Für viele Themen im Bereich „Verhalten der Mitarbeiter“ gibt es im Unternehmen formelle oder informelle Regeln, deren Beachtung ein gutes Miteinander ermöglicht. Der Regelbrecher ignoriert diese und gestaltet sich die Welt, wie er sie mag. Es sind drei zusätzliche Raucherpausen am Tag gestattet, er macht aber zehn. Es wird innerhalb der Pause der Kaffee für die Arbeit geholt, er holt ihn nach dem Ende der Pause. Die Kollegen sprachen ihn darauf an, der Chef ebenso – gefruchtet hat es nichts. Es wird penetrant auf Verteilzeiten und „gutes Recht“ verwiesen. Worauf er sich für die nächsten 15 Minuten auf die Toilette verabschiedet.

Auf der Suche nach der Freizeit oder der Verdrücker

Der Verdrücker nutzt jede Gelegenheit, um sich von seinem Arbeitsplatz zu entfernen. Selten sind die Gründe dafür nachvollziehbar. Er musste mal eben ein Schreiben wegbringen, Material holen oder irgendetwas anderes klären. Zu finden ist er indes nicht dort, wo er hätte sein sollen, sondern irgendwo im Unternehmen, wo er seine Freizeit in der Arbeit findet. Er wird immer wieder an anderen Orten gesehen. Darauf angesprochen, findet er abstruse Begründungen und Ausflüchte. Absprachen und disziplinarische Gespräche fruchten nicht, da die Beweislage meistens uneindeutig ist.

Respektloses Verhalten oder der Unverschämte

Dies ist einer der problematischsten Typen des schwierigen Mitarbeiters. Er beleidigt Kollegen und – man mag es kaum glauben – auch Führungskräfte. Oft lässt er andere durch unverschämte Aussagen sprachlos zurück. Selbst Chefs hören sich Sätze wie „Du bist doch zu blöd, um dich durchzusetzen“ an. Es ist kaum zu glauben, was der Autor bereits an Beispielen erleben musste. Doch wer hier eine klare Faktenlage für arbeitsrechtliche Konsequenzen annimmt, muss leider enttäuscht werden. Denn dann wird abgestritten, beschwichtigt und relativiert. Und selten ist die Beweislage eindeutig. Damit bleiben die Beleidigungen im Unternehmen stehen und lassen resignierte Führungskräfte zurück.

Hast du schon gehört? oder der Gerüchtekoch

Immer wieder gibt es Mitarbeiter, die verbreiten – willentlich oder unbewusst – eine miese Stimmung im Team. Alles ist schlecht und wird auch stets lautstark als solches bezeichnet. Es geht sowieso nur gegen den Mitarbeiter oder das Team. Dazu ignoriert der Gerüchtekoch Fakten und stellt seine eigenen Thesen auf. So vereinnahmt er seine Kollegen und positioniert sie gegen die Führungskraft oder das Unternehmen. Die Konsequenzen sind Unwahrheiten, Ängste oder auch Leistungszurückhaltung durch Demotivation. Die Führungskraft ist in der Regel mit den Auswirkungen der Gerüchte konfrontiert und kennt selten deren Ursachen. Dafür wäre sie auf die Aussagen von Kollegen angewiesen, um den Gerüchtekoch anzusprechen. Doch die Kollegen halten sich im Zweifel zurück.

Der Hang zum verlängerten Wochenende oder der Blaumacher

Es ist kaum zu fassen, wie häufig dieses Phänomen in Unternehmen auftaucht. Wie geradezu Wetten abgeschlossen werden, dass der Mitarbeiter am Montag nicht erscheint oder nach dem Urlaub eine Woche krank ist. Das hat der nämlich schon immer so gemacht. Erstaunlicherweise reagieren Führungskräfte komplett hilflos. Mit Antworten wie „Ich darf doch nach Krankheiten nicht fragen!“. In vielen Unternehmen herrscht eine hohe Ahnungslosigkeit, wie Fälle des offensichtlichen „Blaumachens“ anzugehen sind. Dass hier kein Missverständnis auftaucht: Jede tatsächliche Krankheit ist selbstverständlich akzeptiert und selbst hohe Krankentage eines Mitarbeiters sind kein Indiz für Blaumachen. Gemeint ist dagegen der Fakt, dass von den 20 Krankheitstagen im ersten Halbjahr 16 Tage auf einen Montag fielen, also eindeutige Muster.

Verdrehte Selbstwahrnehmung oder der Selbstbetrüger

Führungskräfte leiden immer wieder unter dem Typ Mitarbeiter, der wenig leistet bei schlechter Qualität, aber sich selbst für den besten Mitarbeiter der Abteilung hält. Er fordert bevorzugte Behandlung ein, besondere Anerkennung und Freiheitsgrade für seine Leistung. Die Kollegen sind genervt und die Führungskraft sieht sich in permanenter Rechtfertigung von Entscheidungen. Ins Team wird ein Spalt getrieben und die Zusammenarbeit beschädigt. Selbst ein einfaches Feedback bringt den Mitarbeiter nicht zu einer anderen Sichtweise, weil er die nach seiner Meinung unzweifelhaft hohen Leistungen als verkannt bewertet.

Resignation als Gefahr im Umgang mit schwierigen Mitarbeitern

Wenn wir von schwierigen Mitarbeitern reden, steht nicht das einmalige Fehlverhalten im Vordergrund. Vielmehr ist die Rede vom lang anhaltenden und sich permanent wiederholenden Regelverstößen des schwierigen Mitarbeiters. Bei denen die Führungskräfte viel Zeit und Kraft investierten, um den Mitarbeiter von Regelverstößen abzubringen. Irgendwann ist aber deren Energie am Ende.

Instrumente des engen Führens helfen bei schwierigen Mitarbeitern
Instrumente des engen Führens helfen bei schwierigen Mitarbeitern

In der Abbildung wird noch einmal deutlich gezeigt, wohin sich die Führungskraft entwickelt, wenn sie selbst nicht weiß, wie mit schwierigen Mitarbeitern umzugehen ist, und sie auch keine Unterstützung bekommt. Resignation und unverändertes Verhalten sind häufig das Ergebnis. Dafür sind drei Phasen typisch:

  1. Die Führungskraft erkennt den schwierigen Mitarbeiter an Regelverstößen. Sie tut das, was sie als Führungskraft gelernt hat, und redet mit dem Mitarbeiter. Sie weiß auch, dass sie unter Umständen mehrfach das Gespräch suchen muss. Doch nach mehreren Gesprächen ohne nachhaltige Verhaltensänderung sieht die Führungskraft in weiteren Gesprächen keinen Sinn.
  2. In der zweiten Phase hat die Führungskraft das Führen von Gesprächen aufgegeben. Sie rollt beim Auftauchen des Mitarbeiters mit den Augen oder macht abwertende, vielleicht gar respektlose Bemerkungen. Sie weiß nicht weiter und hat ihr Bemühen nach Verhaltensänderungen aufgegeben. Eigentlich möchte sie den Mitarbeiter am liebsten loswerden, hat aber dafür kaum Möglichkeiten. Welcher Führungskraftkollege nimmt auch solche Mitarbeiter?
  3. Letztlich hat die Führungskraft komplett resigniert und ignoriert den Mitarbeiter. Das heißt nicht, dass sie der Mitarbeiter nicht weiter beschäftigt. Sie zweifelt stattdessen an ihren Führungsfähigkeiten und überlegt, ob sie selbst ihren Posten räumen sollte.

Der konsequente Umgang mit schwierigen Mitarbeitern ist der notwendige und einzig richtige Weg. Nicht resignieren, sondern konsequent einen überlegten Weg gehen.

Allerdings muss auch klar sein, dass der Weg im Umgang mit schwierigen Mitarbeitern steinig und beschwerlich ist. Es kostet Zeit und ein hohes Maß an Frustrationstoleranz. Es fordert unnachgiebige Konsequenz bei der Durchsetzung und Umsetzung von Verhaltensmaßnahmen. Es ist darüber hinaus aber auch leider das Thema, was Führungskräften auf ihrem Werdegang zur Führungskraft nicht vermittelt wird.

Führungsarbeit kann sehr bitter, aufreibend und belastend sein. Solange alle Mitarbeiter an einem Strang ziehen und sich niemand querlegt, ist Führungsarbeit die Form der Anerkennung, die sich manch einer in seiner Karriere auch gewünscht hat. Aber wehe, es ziehen Gewitterwolken auf und ein Mitarbeiter verhält sich konsequent und mit langem Atem gegen die Regeln. Dann beginnt die wirkliche Führungsarbeit und das kann eine große persönliche Herausforderung werden.

Die Selbstreflexion der Führungskraft zu eigenen Befindlichkeiten

Wer als Führungskraft einen schwierigen Mitarbeiter identifiziert hat, sollte als Allererstes erkennen, was in seinen eigenen Augen den schwierigen Mitarbeiter zu einem solchen macht. Oder auch zu machen scheint. Es ist nämlich wenig hilfreich, wenn inflationär Mitarbeiter als schwierig identifiziert werden, tatsächlich aber die Führungskraft an einer Verzerrung ihrer Wahrnehmung leidet. Es ist in der Regel eben ein kaum wirklich messbarer, objektiver Tatbestand, nach dem ein Mitarbeiter als schwierig gelten sollte. Selbst der Regelverstoß kann in seiner letzten Konsequenz einer persönlichen Bewertung unterliegen und damit in eine falsche Richtung deuten. Hilfreich sind stattdessen ein paar einfache Fragen zur Selbstreflexion und zur Einschätzung des Verhaltens, um die eigene Sicht auf den Mitarbeiter zu schärfen und persönliche Voreingenommenheit ausgrenzen:

  1. Was genau stört mich an dem Mitarbeiter?
    Bei dieser Frage geht es erst mal darum, das konkrete Problem bzw. den erkannten Regelverstoß genau zu beschreiben und einzuordnen. In einzelnen Fällen wird der Regelverstoß dabei als Halbwahrheit, Gerücht oder Fehleinschätzung identifiziert, weil deutlich hingeschaut wird.
  2. Wann stört mich das Verhalten des schwierigen Mitarbeiters?
    Das ist eine sehr wichtige Frage, da die Einschätzung eines Regelverstoßes auch dem persönlichen Befinden der Führungskraft unterliegt. Geht es mir gut und die Arbeit erfolgt relativ stressfrei, wird der Verstoß anders bewertet als in Zeiten stressiger Arbeitssituationen.
  3. Ist es das Verhalten des Mitarbeiters oder die Leistungserbringung?
    Auch hier muss unterschieden und geklärt werden. Wenn es ein inakzeptables Verhalten ist, kann der Regelverstoß anders zu bewerten sein als im Falle fehlender Leistungserbringung. Bei dieser Frage wurde schon in manchen Fällen ein gesundheitliches Problem als Hintergrund erkannt, das bis dahin nicht thematisiert wurde. Damit erhielt das beobachtete Verhalten einen anderen Stellenwert.
  4. Tritt das Fehlverhalten/der Regelverstoß immer auf oder nur in bestimmten Fällen?
    Durchaus denkbar sind Situationen, in denen Regelverstöße besonders dann auftreten, wenn der Mitarbeiter eine besonders schwierige oder neue Arbeit verrichten soll. Oder vielleicht mit neuen Mitarbeitern zusammenarbeiten muss.

Die Antworten auf diese Fragen helfen, Umstände auszuschließen, die Regelverstöße nur als solche erscheinen lassen, in Wirklichkeit aber gar keine sind. Natürlich muss die Führungskraft sich offen und ehrlich mit diesen Fragen auseinandersetzen, da die Antworten sonst nicht für eine Bewertung helfen können. Sicher sollte sie auch mit anderen Menschen darüber sprechen, die den schwierigen Mitarbeiter kennen.

Ein Instrument zur Ortung schwieriger Mitarbeiter im Team

Für Führungskräfte ist es sehr hilfreich, wenn sie Instrumente zur Ortung bzw. Erkennung schwieriger Mitarbeiter zur Verfügung haben. Wenn sie diese Instrumente nutzen, können sie sicherer die schwierigen Mitarbeiter erkennen und idealerweise mit anderen Führungskräften oder, falls vorhanden, dem Gruppensprecher eine Gruppenanalyse durchführen. An dieser Analyse kann ferner die eigene Führungskraft beteiligt sein oder auch der Personalbetreuer aus der Personalabteilung. Auch ein Betriebsrat kann eingebunden werden. Betriebsräte sind durchaus interessiert, schwierige Mitarbeiter zu erkennen und sie zu entwickeln, da Mehrarbeit auf den Schultern der Kollegen lastet.

Das Instrument zur Ortung schwieriger Mitarbeiter
Das Instrument zur Ortung schwieriger Mitarbeiter

Bei dem Instrument zur Ortung schwieriger Mitarbeiter können einzeln oder unter Einbindung der oben aufgeführten Personen alle Mitarbeiter eines Teams oder einer Abteilung unter zwei Fragestellungen einsortiert werden:

  • Häufigkeit der Verstöße gegen Regeln
  • Engagement für die Gruppe/das Team

Dem Koordinatensystem werden alle Mitarbeiter nach den beiden Fragen zugeordnet. Wer im linken unteren Dreieck landet, also häufige Regelverstöße in Kombination mit fehlendem Interesse für Teambelange, könnte sehr wahrscheinlich ein schwieriger Mitarbeiter sein. Da die Einsortierung im Idealfall ein Gruppenergebnis ist, dürfte auch dessen Richtigkeit recht hoch sein.

Die Bausteine des engen Führens

Der richtige Weg im Umgang mit schwierigen Mitarbeitern ist das enge Führen. Es basiert auf permanenten, oft täglichen Gesprächen und Vereinbarungen, auf engen Vorgaben und ständiger Kontrolle. Natürlich ist das sehr aufwendig und anstrengend, aber oft die einzige Möglichkeit, schwierige Mitarbeiter zu entwickeln.

Den Start macht das Abstimmungsgespräch, in dem mit dem Mitarbeiter über ihn, seine Regelverstöße und die Erwartungshaltung der Führungskraft gesprochen wird. Dieses Gespräch bekommt einen hochoffiziellen Rahmen mit Einladung und geschlossenem Raum. Das Gespräch wird von der Führungskraft in zwei Schwerpunkten besonders gut vorbereitet:

  • die Wahrnehmung der Regelverstöße mit Ort, Zeit, Inhalt und Anzahl
  • die Erwartung der Führungskraft an den schwierigen Mitarbeiter
Einleitung
  • Begrüßung und Ankündigung des Gesprächs
  • Unterschiedlichkeit der Gesprächspartner beachten (jeder ist anders)
  • Atmosphäre für ein gutes Gespräch schaffen
  • Thema benennen, das jetzt besprochen wird (z.B.: „Ich möchte mit Ihnen über Ihre Leistung der letzten 6 Wochen sprechen …“)

Hauptteil I:
Wahrnehmung der Führungskraft

  • Aufforderung an den Mitarbeiter, aus seiner Sicht etwas zum Thema zu sagen
  • Konkretisierung des Themas durch die Führungskraft mit Zahlen, Daten, Fakten
  • Diskussion und Austausch über das Thema unter Anwendung von Fragetechniken („Warum ist die Situation so, wie ich sie wahrnehme?“)
  • 50 % Redeanteil beim Mitarbeiter, damit er aus seiner Sicht schildern kann
  • geduldiges Zuhören der Führungskraft ohne Intervention

Hauptteil II:
Erwartungen der Führungskraft

  • Konkretisierung der Erwartungshaltung der Führungskraft an das Verhalten des Mitarbeiters („Was hindert dich daran, diese Erwartung zu erfüllen?“)
  • Was braucht der Mitarbeiter von der Führungskraft, um die Erwartungen zu erfüllen
  • Abgleich mit der Erwartung des Mitarbeiters
  • gemeinsame Festlegung/Kompromiss
Abschluss
  • weiteren Verlauf/Vorgehen besprechen
  • Folgetermine vereinbaren
  • zusammenfassende Gesprächsnotiz
  • Verabschiedung mit positiver Erwartungshaltung und „Mut machen“

Der Gesprächsleitfaden für das Auftaktgespräch mit dem schwierigen Mitarbeiter

Nach dem Abstimmungsgespräch sind Wahrnehmung und Erwartungshaltung der Führungskraft geklärt und der Mitarbeiter hat sich ausreichend dazu geäußert, wie er die Situation selbst wahrnimmt und wie er sich die zukünftige Zusammenarbeit vorstellt. Tatsächlich führen in vielen Fällen schon professionelle Abstimmungsgespräche in entsprechender Atmosphäre zu verändertem Verhalten. Denn bis dahin haben Gespräche häufig zwischen Tür und Angel stattgefunden. Der schwierige Mitarbeiter kam im Grunde immer einfach davon. Das ist mit einem hochoffiziellen Gespräch und entsprechendem Rahmen anders.

Ab diesem Gespräch gibt es eine abgesprochene Erwartungshaltung zwischen der Führungskraft und dem schwierigen Mitarbeiter. Die ist im Idealfall sehr konkret: die Stückzahl am Tag, die Zahl der Kaffeepausen, der Zeitpunkt für Rückfragen, der persönliche Anruf bei der Führungskraft im Krankheitsfall oder die Kleidung, in der der Mitarbeiter zur Arbeit erscheint. Ab diesem Moment existiert dann auch eine klare Möglichkeit für die Führungskraft, wann das nächste Gespräch mit dem Mitarbeiter zu suchen ist. Jeder (!) Regelverstoß führt ab diesem Moment zu einem zeitnahen, möglichst am gleichen Tag erfolgenden Gespräch.

Die Gespräche werden vor allem dann erfolgreich sein, wenn der Ton im Gespräch nüchtern, sachlich, interessiert, fordernd und konsequent ist und wenn bestimmte Gesprächstechniken wie das aktive Zuhören angewendet werden. Das Gespräch muss höflich und gleichzeitig mit unnachgiebiger Konsequenz geführt werden. Niemals sollte die Führungskraft aufgeben. Sie muss diese Anforderung und dieses konsequente Herangehen zu 100 % wieder und wieder umsetzen.

Letztlich soll aber auch die Möglichkeit nicht unerwähnt bleiben, dass sich das Verhalten eines schwierigen Mitarbeiters trotz enger Führung nicht verändert. Deshalb sollte bereits im Prozess des engen Führens stets darauf geachtet werden, die Regelverstöße sauber zu dokumentieren. Ort, Zeit, Verstoß und Auswirkung sollten aufgeschrieben werden, um für spätere mögliche arbeitsrechtliche Schritte gewappnet zu sein. Es ist hier von der Ermahnung, der Abmahnung und der ordentlichen Kündigung die Rede. Das ist nicht wünschenswert und sollte auch nicht vorschnell in Betracht gezogen werden, aber eine mögliche Ultima Ratio darstellen.

Zusammenfassung und Fazit

Nur zwei bis fünf der Mitarbeiter in Unternehmen sind als schwierig einzustufen, weil sie häufig gegen formelle oder informelle Regeln verstoßen. Das ist ein Ärgernis für Kollegen und besonders auch für Führungskräfte, die für die Lösung von Problemen verantwortlich gemacht werden. Es fehlt den Führungskräften für die schwierigen Mitarbeiter aber in den meisten Fällen die Kenntnis, wie sie damit umgehen sollen. Oft werden schwierige Mitarbeiter von anderer Stelle erst gar nicht als solche deklariert, sondern die Rede ist von Führungsschwäche. Diese Übertragung auf die Führungskraft verkennt das Problem.

Die Lösung für die Entwicklung schwieriger Mitarbeiter ist das Instrument des engen Führens. War die Führungskraft in der Vergangenheit vom schwierigen Mitarbeiter nach einer gewissen Zeit genervt und hat ihn ignoriert, liegt die Lösung in der permanenten Auseinandersetzung mit der Person, bis es zu einer Verbesserung gekommen ist. Enges Führen ist die Auseinandersetzung mit jedem einzelnen Regelverstoß, immer und immer wieder.

Natürlich stellt das hohe Anforderungen an die Führungskraft. Wegschauen und Ignorieren sind vordergründig der leichtere Weg. Deshalb soll an dieser Stelle noch einmal an eine bessere Auswahl und Ausbildung der Führungskräfte appelliert werden. Nicht mehr der fachlich gute Mitarbeiter, dem man zu einer Karriere verhelfen möchte, darf als Führungskraft tätig sein. Stattdessen sollten sozial kompetente Führungskräfte mit Empathie und Durchsetzungsfähigkeit Führungsaufgaben übernehmen. Es lohnt sich. Auf jeden Fall!

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  • Autor:

    Holger Möhwald

    Trainer, Moderator, Unternehmensberater und Autor

    Holger Möhwald

    Holger Möhwald ist seit 1996 selbständig als Trainer, Moderator, Unternehmensberater und Autor. Er begleitet Unternehmen in der Organisations- und Personalentwicklung. Ein besonderer Schwerpunkt ist dabei die Entwicklung von Führungskräften. Dazu hat er eine Vielzahl an Aufsätzen und Büchern verfasst.

  • Autor:

    Dipl.-Psych. Frank Menzel

    Freier Berater mit den Schwerpunkten agile Führung und Problemlösetechniken

    Menzel, Frank

    Dipl.-Psych. Frank Menzel ist seit mehr als 20 Jahren als freier Berater mit den Schwerpunkten agile Führung und Problemlösetechniken tätig. Als systemischer Coach und Supervisor sowie Scrum Master betreut er hauptsächlich Unternehmen aus dem Mittelstand

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