Wer darf elektrische Arbeits- und Betriebsmittel prüfen?

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Ist die Prüfung der elektrischen Betriebsmittel und Arbeitsmittel durch eigene Mitarbeiter erlaubt?
Ist die Prüfung der elektrischen Betriebsmittel und Arbeitsmittel durch eigene Mitarbeiter erlaubt? (Bildquelle: Twister40/iStock/Getty Images)

Frage aus der Praxis

Mein Chef hat mir einmal erzählt, dass ein Betrieb seine eigenen elektrischen Geräte und Werkzeuge nicht durch die angestellten Mitarbeiter (Elektrofachkräfte) prüfen lassen darf. Stimmt das?

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Antwort des Experten

Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Markus Klar, LL.M.

Prüfpflicht des Unternehmers

Um diesen Mythos zu klären, müssen die Vorschriften untersucht werden, die die Prüfungen vom Unternehmer verlangen. Aufgrund des in Deutschland bestehenden Dualismus gibt es zwei Rechtsquellen: die DGUV Vorschrift 3 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ und die Betriebssicherheitsverordnung. Beide Vorschriften verwenden verschiedene Begrifflichkeiten, sind aber in ihren Zielsetzungen identisch.

DGUV Vorschrift 3

Die DGUV Vorschrift 3 verlangt in § 5 vom Unternehmer, dass er seine elektrischen Anlagen und Betriebsmittel von einer Elektrofachkraft auf ordnungsgemäßen Zustand prüfen lässt.

Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)

Die im Juni 2015 in Kraft getretene Neufassung der Betriebssicherheitsverordnung regelt im § 4 Abs. 5 Satz 1, dass der Arbeitgeber die Schutzmaßnahmen vor der ersten Verwendung des Arbeitsmittels zu überprüfen hat. § 14 fordert die Prüfung von Arbeitsmitteln durch befähigte Personen in bestimmten Fristen bzw. zu bestimmten Anlässen.

Bei Betrachtung beider Rechtsquellen können die Begriffe „Betriebsmittel“ und „Arbeitsmittel“ wie auch „Unternehmer“ und „Arbeitgeber“ gleichgesetzt werden. Und an diese richten sich die Prüfverpflichtungen.

Übertragung der Prüfpflicht ist möglich

Der Arbeitgeber ist zur Organisation und Sicherstellung der Prüfungen verpflichtet. Die Durchführung kann er geeigneten anderen Personen überlassen. Nur die Prüfpflicht nach § 4 Abs. 5 Satz 1 der Betriebssicherheitsverordnung könnte vom Arbeitgeber selbst zu erfüllen sein. Allerdings wird man auch hier dem Arbeitgeber zugestehen müssen, sich vertreten zu lassen.

Tut er dies, so haftet er nach § 278 BGB für den eingesetzten Erfüllungsgehilfen. Den Rechtsquellen ist nicht zu entnehmen, wie der Arbeitgeber die Wahrnehmung der Prüfpflicht auszugestalten hat. Dies steht ihm nämlich völlig frei. Geregelt ist dieser Umstand zivilrechtlich in § 903 BGB, der es dem Eigentümer erlaubt, mit der ihm gehörenden Sache nach Belieben zu verfahren, soweit nicht Gesetz oder Rechte Dritter dem entgegenstehen. Stützen lässt sich dies auf die grundgesetzlich garantierte Eigentumsfreiheit des Art. 14 Abs. 1 GG.

Die im vorliegenden Fall begrenzenden Gesetze sind u.a. die Betriebssicherheitsverordnung, gestützt auf das Arbeitsschutz- und das Produktsicherheitsgesetz. Die Prüfpflicht als solche greift zwar auch in das Eigentumsrecht des Arbeitgebers ein, entspringt aber letztlich einem anderen Grundrecht, nämlich dem im Art. 2 Abs. 2 GG zu garantierenden Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Beide Grundrechte hatte der Gesetzgeber im Wege praktischer Konkordanz abzuwägen.

Im Rahmen der Prüfung besteht dieser „Grundrechtsstreit“ weiter fort. Er wird nämlich zwischen Wirtschaftlichkeit und Sicherheit geführt. Es obliegt den Prüfern, diesen Streit so zu entscheiden, dass am Ende des Tages niemand zu Schaden kommt.

Bei der Wahrnehmung der Prüfpflicht kann man sich drei Konstellationen vorstellen:

  1. Prüfung durch den Unternehmer
  2. Prüfung durch eigene Mitarbeiter
  3. Prüfung durch eine Fremdfirma

Prüfung durch den Unternehmer

Im ersten Fall könnte der Unternehmer selbst die Voraussetzungen für die Durchführung von Prüfungen erfüllen, also in diesem Kontext Elektrofachkraft oder befähigte Person selbst sein. Hier hindert ihn niemand daran, die elektrischen Betriebsmittel auch selbst zu prüfen. Ihm gehören die Betriebsmittel. Aus wirtschaftlicher Sicht hat er also ein Interesse daran, diese möglichst lange zu nutzen bzw. nutzen zu lassen. Auf der anderen Seite hat er eine Fürsorgepflicht für seine Arbeitnehmer, die sich aus dem Arbeitsschutzgesetz sowie aus § 618 BGB ableiten lässt.

Und hier wird sofort der Interessenkonflikt deutlich. Lässt der Unternehmer Betriebsmittel durch die Prüfung fallen, so macht sich dies direkt in seiner Kostenstruktur bemerkbar. Drückt er mit Blick darauf das eine oder andere Auge zu, riskiert er Arbeitsunfälle, die zu Schädigungen der betroffenen Arbeitnehmer führen. Die aufgrund von Arbeitsunfällen ebenfalls möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen – Arbeitsausfalltage, Regress oder Prämienerhöhung der Unfallversicherung – sind meist nicht ganz so präsent. So muss sich der selbst prüfende Unternehmer fragen, ob er die Ziele der Prüfpflicht vorbehaltlos erfüllt.

Prüfung der Betriebsmittel durch eigene Mitarbeiter

Der zweite Fall ist die Prüfung der Betriebsmittel durch eigene Mitarbeiter, die Arbeitnehmer.

Diese stehen zum Unternehmer, der ihr Arbeitgeber ist, in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis: Sie nämlich sind weisungsgebunden (§ 106 der Gewerbeordnung) in eine fremdbestimmte Organisation eingegliedert und stellen gegen Entgelt ihre Leistung zur Verfügung. Grundlage ist der § 611 BGB.

Da sich die Arbeitsmarktverhältnisse seit Ende der Vollbeschäftigung zulasten der Arbeitnehmer verschoben haben, kann man trotz rechtlicher Gleichordnung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer von einem faktischen Ungleichgewicht zugunsten der Arbeitgeber sprechen. Der Arbeitnehmer, der als Prüfer tätig wird, wird nun auch mit dem Grundrechtsstreit konfrontiert. Prüft er konsequent auf Sicherheit, so greift er mit dem Ausmustern durchgefallener Betriebsmittel seinem Arbeitgeber in die Tasche. Daher ist es hier fraglich, wie lange sich der Arbeitgeber dies bieten lässt, bis er den Prüfer ersetzt.

Zwar wäre ein Prüfer als befähigte Person zur Ermittlung des Prüfergebnisses nach § 2 Abs. 5 der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) von jeglichen diesbezüglichen Weisungen frei. Jedoch schützt ihn dies nicht vor anderweitigen Handlungen des Unternehmers. Das Kündigungsschutzrecht, das sowieso erst ab einer Betriebsgröße von mehr als zehn vollbeschäftigten Arbeitnehmern (bei Teilbeschäftigten im entsprechenden Äquivalent) gilt, schützt nur bedingt. Am schlechtesten stellt sich ein befristet eingestellter und auf Verlängerung hoffender Prüfer. Befristete Arbeitsverhältnisse enden nämlich durch Zeitablauf oder mit Wegfall des Sachgrunds, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

Nun darf man diese Problematik nicht ganz negativ sehen: Den Unternehmer treffen mindestens die Pflichten des zweiten Abschnitts des Arbeitsschutzgesetzes sowie der kompletten Betriebssicherheitsverordnung. Weiterhin haftet er für alles, was sein Arbeitnehmer als Erfüllungs- (§§ 280 ff., 278 BGB) oder Verrichtungsgehilfe (§ 831 BGB) tut. In einer Ex-post-Betrachtung wird man überlegen müssen, welche Verantwortung dem Unternehmer und welche dem angestellten Prüfer zukam.

Insgesamt und wenn man die sich darstellende arbeitsrechtliche Verflechtung ausblendet bzw. akzeptiert, spricht nichts gegen Prüfungen durch eigene, d.h. im Unternehmen beschäftigte, Arbeitnehmer.

Prüfung durch eine Fremdfirma

Der dritte Fall wäre dann die Prüfung durch eine Fremdfirma. Die Firma selbst kann nicht prüfen, da sie nur ein handelsrechtliches Konstrukt ist. Prüfer kann auch hier nur eine natürliche Person sein. Beauftragt wird allerdings die Firma oder besser gesagt das Unternehmen. Dies erfolgt ebenfalls über § 611 BGB, der auch den freien Dienstvertrag regelt.

Auch hier hat sich herausgestellt, dass mehrere Unternehmen um diese Dienstleistungserbringung konkurrieren. Obwohl Konkurrenz das Geschäft beleben soll, kommt dadurch auch die Wirtschaftlichkeit als Gegenspieler der Sicherheit wieder zum Tragen. Möchte ein Unternehmen den Auftrag haben, so muss es in Erfüllung des gnadenlosen ökonomischen Prinzips günstiger anbieten als der Wettbewerber. Das Prüfen ist nun wieder, wie die meisten Dienstleistungen, personalgetrieben. Das heißt, es gibt zwar Fixkosten für Messgeräte und Ausrüstung, aber der größte Kostenblock sind die Kosten für das Prüfpersonal. Die muss das Unternehmen am Markt zurückverdienen. Das Mindestlohngesetz zieht zwar eine untere Grenze, gilt aber nicht für Einzelunternehmer ohne Angestellte.

Die Weisungsfreiheit der befähigten Person hat in diesem Zusammenhang völlig ihre Bedeutung verloren. Der Unternehmer, der einen anderen bei sich prüfen lässt, hat sowieso kein Weisungsrecht. Andererseits hat aber der prüfende Unternehmer ein gewisses – nicht wegzudiskutierendes – Interesse, Folgeaufträge zu erhalten. Je nach Höhe der wirtschaftlichen Aufwendungen, die sich im Anschluss und infolge der Prüfung ergeben, wird die Bereitschaft für Folgeaufträge sinken. Dies ist natürlich wieder von dem beim Auftraggeber herrschenden Geist abhängig. Letztlich wird der auch hier zeigende Grundrechtsstreit nicht von der Hand zu weisen sein.

Ein vierter Fall, nämlich die Prüfung durch eine unabhängige Instanz, ist nicht vorgesehen. Hier wäre eine Überwachungsbehörde erforderlich, die es nicht gibt. Eine solche wäre dem Grundrechtsstreit nicht ausgesetzt, da sie allein der Sicherheit verpflichtet wäre. Da selbst die zugelassenen Überwachungsstellen (ZÜS) zueinander im Wettbewerb stehen, ist auch eine in diese Richtung weisende Entwicklung nicht zu erwarten. Auch könnte die Schaffung der Überwachungsbehörde und die Verpflichtung für alle Unternehmen, durch diese prüfen zu lassen, einen enteignungsgleichen Eingriff darstellen, den allerdings der Gesetzgeber zu begründen hätte.

Fazit

Abschließend und zusammenfassend betrachtet, dürften Gesetzgeber und Unfallversicherung die Prüfung durch angestellte Prüfer im Fokus gehabt haben. Deutlich wird dies an der vorgesehenen Weisungsfreistellung. Diese braucht man nur dann, wenn es – wie im Arbeitsrecht – ein Weisungsrecht gibt. Kommt die Prüfung durch eigenes Personal nicht in Betracht, weil kein geeignetes vorhanden ist, dann ist die Fremdvergabe der gangbare Weg. Letztlich dürfte nunmehr das am Ausgang der Untersuchung in Rede stehende Verbot der Prüfung durch eigene Mitarbeiter ins Reich der Mythen gehören.

Beitrag aus dem Jahr 2019, wurde geprüft und aktualisiert am 26.06.2020

  • Autor:

    Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Markus Klar, LL.M.

    EABCon-Ingenieurbüro Klar - Consulting Elektrotechnik - Arbeitsschutz - Betriebsorganisation

    Markus Klar

    Markus Klar ist langjähriger, ehrenamtlicher Richter am Arbeitsgericht Gera, seit 2011 am Landesarbeitsgericht Thüringen und als Autor und freiberuflicher Ingenieur mit dem Schwerpunkt rechtssichere Betriebsorganisation, Arbeitsschutz und Elektrosicherheit beratend tätig.

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Kommentare

Kommentar von Ralph Becker |

Wir führen nach zwiespältigen Erfahrungen mit Fremdfirmen die Prüfung der ortsveränderlichen el. Betriebsmittel nach DGUV V3 mit eigenem Personal durch. Defekte Geräte werden direkt aus dem Verkehr gezogen, bei mitgebrachten Privatgeräten (z. B. Kaffeemaschinen) bekommen die Eigentümer Nutzungsverbot und die Aufforderung das Gerät vom Betriebsgelände zu entfernen. Da mir als VEFK Weisungsrecht zusteht, wird hier auch nichts vermauschelt, wie Herr K. vermutet, und es schaut auch niemand weg. Alles eine Frage der Organisation.

Kommentar von Harald K. |

Ich finde es doch sehr enttäuschend das man diejenigen in einer Grauzone sitzenlässt die prüfen sollen und sich Vorgesetzte als elektrotechnische Leien meinen sie können um ihr Gewissen zu beruhigen irgendeinen aus dem Bereich der untergebenen austippen für diese Prüfarbeiten egal ob dieser eine Ausbildung im Elektrotechnischen Bereich hat oder nicht. Macht dieser seine Arbeit nach Vorschrift und sortiert Geräte aus, wird dieser mit anderen Sachen Unterdruckgesetzt damit er nicht so genau schaut. Was ist das denn für eine Sicherheit! Schlimm finde ich wenn dann noch Arbeitsschutz, Berufsgenossenschaften, VDE und Politik wegschauen.

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