Wesentliche Veränderung von Maschinen

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Der Begriff „wesentliche Veränderung“ ist weder in der EG-Maschinenrichtlinie noch im Produktsicherheitsgesetz definiert.
Wer Veränderungen an Maschinen vornimmt, muss selbst prüfen, ob sie wesentlich sind. (Bildquelle: zhanglianxun/iStock/Getty Images)

Arbeiten an elektrischen Anlagen und Bauteilen dürfen nur von Elektrofachkräften (EFK) durchgeführt werden. Tätigkeiten wie Umbauten oder Anpassungen von Maschinen gehören zu den Kernaufgaben der betrieblichen Fachkraft, die zeitlich den größten Anteil ausmachen. Allerdings sind sich viele Elektrofachkräfte nicht bewusst, in welchem rechtlichen und technischen Normendickicht sie sich mit ihrer Arbeit an bestehenden elektrischen Maschinen und Bauteilen bewegen.

In vielen Produktionsbetrieben kommt es häufig vor, dass Maschinen oder Anlagen an eigene spezielle Anforderungen oder an neue veränderte Produkte angepasst werden müssen. Dabei konstruieren viele Betreiber sogar einen Teil der Maschinen selbst. Die neue Maschine muss dann sämtliche Anforderungen der EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG erfüllen.

Häufig werden bei Umbauten oder Modernisierungen weitreichende Veränderungen an Maschinen vorgenommen, um sie dem aktuellen Stand der Technik anzupassen. So werden diese z.B. mit neuen, leistungsfähigeren Antrieben und/oder Schutzeinrichtungen oder mit neuer Steuerungssoftware ausgestattet. Aber sind diese Veränderungen so weitreichend, dass man danach von einer neuen Maschine sprechen muss?

Wesentlich veränderte Produkte werden als neue Produkte angesehen
Wesentlich veränderte Produkte werden als neue Produkte angesehen (Bildquelle: Kuzihar/iStock/Getty Images)

Was ist eine wesentliche Veränderung?

Der Begriff „wesentliche Veränderung“ ist weder in der EG-Maschinenrichtlinie noch im Produktsicherheitsgesetz definiert. Das Produktsicherheitsgesetz unterscheidet nicht, ob ein Produkt neu, gebraucht, wiederaufbereitet oder wesentlich verändert worden ist. Der unbestimmte Begriff „wesentlich verändert“, der im aufgehobenen Geräte- und Produktsicherheitsgesetz noch enthalten war, wurde im Produktsicherheitsgesetz entfernt. Hier jedoch hat der Gesetzgeber in seiner Begründung zu § 2 Nr. 15 ProdSG klargestellt, dass wesentlich veränderte Produkte als neue Produkte angesehen werden.

Nach derzeitiger Auslegung müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein, damit eine wesentliche Veränderung vorliegt:

  • Es ergeben sich neue Gefährdungen und erhöhte Risiken.
  • Die gegenwärtig eingebauten Schutzeinrichtungen der Maschine reichen nicht aus, um die neuen Gefährdungen und Risiken zu sichern und abzuwenden.
  • Das Nachrüsten einer einfachen Schutzeinrichtung reicht nicht aus, um die neuen Gefährdungen und erhöhten Risiken zu eliminieren oder zu minimieren.

Treffen diese Bedingungen zu, liegt eine wesentliche Veränderung an einer Anlage bzw. Maschine vor.

Jede „wesentliche Veränderung“ im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes hat die Herstellereigenschaft zur Folge
Jede „wesentliche Veränderung“ im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes hat die Herstellereigenschaft zur Folge (Bildquelle: moodboard/moodboard/Getty Images)

Konsequenzen einer wesentlichen Veränderung

Bei wesentlichen Veränderungen wird der Betreiber einer Maschine zum Hersteller einer neuen Maschine und er übernimmt damit die Herstellerverantwortung der gesamten Maschine. Das Produktsicherheitsgesetz erfasst ebenfalls die Herstellung von Produkten für die eigene Verwendung (Eigenherstellung, § 1).

Im aktuellen Leitfaden der EU für die Anwendung der EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (sogenannter Blue Guide) wird klargestellt, dass im Falle einer wesentlichen Veränderung der Maschine (z.B. Funktionsänderung und/oder Leistungsänderung der Maschine), die vom Hersteller weder vorgesehen noch genehmigt wurde, die ursprüngliche CE-Kennzeichnung des Herstellers ungültig wird und diese erneuert werden muss. Derjenige, der die Änderungen durchführt, gilt als Hersteller und muss die in Artikel 5 Abs. 1 der Maschinenrichtlinie aufgeführten Pflichten erfüllen.

Wer Veränderungen an Maschinen und Anlagen vornimmt, muss selbst prüfen, ob diese wesentlich sind. Liegt eine wesentliche Veränderung vor, ist die Maschine als neu anzusehen und die gesamte Maschine - nicht nur der veränderte Bereich - muss der EG-Maschinenrichtlinie entsprechen.

Wird keine wesentliche Veränderung festgestellt, muss die veränderte Maschine bzw. Anlage die Anforderungen aus der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) erfüllen. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass das Sicherheitsniveau durch die Änderungen nicht herabgesetzt wurde.

Um die Entscheidung, ob eine wesentliche Veränderung vorliegt oder nicht, strukturiert und nachvollziehbar durchführen zu können, empfiehlt sich die Anwendung des Interpretationspapiers des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zum Thema „Wesentliche Veränderungen von Maschinen“.

  • Autor:

    Udo Mathiae

    Leiter für elektrische Instandhaltung

    Udo Mathiae

    Udo Mathiae ist Leiter für elektrische Instandhaltung bei einem internationalen Elektrotechnik-Unternehmen (Glasfaserproduktion) in Augsburg.

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