GEIG: Das gilt für den Umfang der Leitungsinfrastruktur

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Muss die Leitungsinfrastruktur tatsächlich im Gebäude vorhanden sein?
Muss die Leitungsinfrastruktur tatsächlich im Gebäude vorhanden sein? (Bildquelle: Edafoto/iStock/Getty Images) © Edafoto_Getty Images

Das neue Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) bringt für Neubauten und größere Renovierungen von Gebäuden die Forderung nach Einrichtung einer Leitungsinfrastruktur. Leitungsinfrastruktur ist die Gesamtheit aller Leitungsführungen zur Aufnahme von elektro- und datentechnischen Leitungen in Gebäuden oder im räumlichen Zusammenhang von Gebäuden – vom Stellplatz über den Zählpunkt eines Anschlussnutzers bis zu den Schutzelementen. Dabei stellt sich die Frage, ob es reicht, die Einrichtung nur planerisch vorzubereiten, oder ob die Leitungsinfrastruktur tatsächlich im Gebäude vorhanden sein muss. Hierzu gibt es in der Fachwelt durchaus unterschiedliche Auffassungen.

Zu § 6 des Gesetzes

Der Streit dürfte sich an § 6 GEIG entzünden, in dem es heißt:

„Wer ein Wohngebäude errichtet, das über mehr als fünf Stellplätze innerhalb des Gebäudes oder über mehr als fünf an das Gebäude angrenzende Stellplätze verfügt, hat dafür zu sorgen, dass jeder Stellplatz mit der Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität ausgestattet wird.“

Die dazugehörige Begründung aus Bundestagsdrucksache 19/18962 lautet:

„§ 6 setzt Artikel 8 Absatz 5 Fall 1 der Gebäuderichtlinie (neue Wohngebäude) in nationales Recht um. Entsprechend der Anforderungen der Gebäuderichtlinie ist in einem zu errichtenden Wohngebäude mit mehr als zehn Stellplätzen jeder Stellplatz mit der Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität auszustatten.“

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Bestimmtheitsgrundsatz

Nun ist die deutsche Sprache hier sehr wandlungs- und damit interpretationsfähig. Wer will, kann in das „wird“ ein „werden kann“ genauso hineinlesen wie ein „worden ist“. Der Gesetzgeber hat sich mit dem „wird“ sicherlich keinen Gefallen getan. Allerdings gebietet der Bestimmtheitsgrundsatz, der sich aus Art. 20, Art. 28 Abs. 1 Grundgesetz ergibt, dass der Bürger die Rechtsfolgen erkennen können muss. Dazu gehört auch der Zeitpunkt, auf den das Gesetz abstellt (Grundsatz: nulla poena sine lege – keine Strafe ohne Gesetz). So gibt es im Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz schließlich auch Bußgeldvorschriften, von denen die hier zutreffende aus § 15 Abs. 1 Nr. 1 GEIG aussagt, dass derjenige ordnungswidrig handelt, der vorsätzlich oder leichtfertig „entgegen § 6 oder § 8 nicht dafür sorgt, dass jeder Stellplatz mit der Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität ausgestattet wird“.

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Sinn und Zweck des Gesetzes

Auch hier finden wir wieder das „wird“. Nach meiner Ansicht kann dies auch mit Blick auf den Sinn und Zweck des Gesetzes (sogenannte teleologische Auslegung) nur dahin gehend ausgelegt werden, dass zum Abschluss der Errichtung des Gebäudes die nach § 4 i.V.m. § 2 Nr. 10 GEIG erforderliche Infrastruktur vorhanden sein muss. Die Betrachtung von § 1 Abs. 1 GEIG stützt diese Auslegung. Das Ziel, welches auch aus Bundestagsdrucksache 19/19366 zu entnehmen ist, dürfte sein:

„Mit den Vorgaben zur Errichtung einer Leitungsinfrastruktur werden zudem die notwendigen Voraussetzungen für die rasche Errichtung von Ladepunkten, wo diese erforderlich sind, geschaffen. Gleichzeitig ermöglicht die Vorbereitung der Leitungsinfrastruktur mittel- bis langfristig eine Weiterentwicklung hin zu Ladepunkten zu geringeren Kosten.“

Da § 6 GEIG auf die Phase der Errichtung abzielt, kann das „wird“ sich auch nur auf diese Phase beziehen. Ist die Errichtung abgeschlossen, verliert das „wird“ seine Wirkung. Letztlich sollen also die Hürden zur Bereitstellung von Ladepunkten, die sich sonst aus dem Fehlen von Leitungsinfrastruktur ergeben können, abgebaut und so klein wie möglich gehalten werden. Damit wird das „wird“ im Sinne der Fertigstellung zu einem „ist“ – wie es auch im Referentenentwurf der Bundesregierung vom 30.01.2020 zu finden ist, sodass § 6 GEIG wie folgt zu lesen sein sollte:

„Wer ein Wohngebäude errichtet, das über mehr als fünf Stellplätze innerhalb des Gebäudes oder über mehr als fünf an das Gebäude angrenzende Stellplätze verfügt, hat während der Errichtung dafür zu sorgen, dass jeder Stellplatz zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes mit der Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität ausgestattet ist.“

Fazit

Im Sinne der Zielsetzung des Gesetzes, wie sie aus der Gesetzesbegründung abzuleiten ist, müsste demnach bereits unmittelbar im Anschluss an die Fertigstellung des Gebäudes unverzüglich ein Ladepunkt an die Leitungsinfrastruktur angeschlossen werden können, ohne dass hierfür nochmals Arbeiten zur Einbringung der Infrastruktur erforderlich würden.

  • Autor:

    Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Markus Klar, LL.M.

    EABCon-Ingenieurbüro Klar - Consulting Elektrotechnik - Arbeitsschutz - Betriebsorganisation

    Markus Klar

    Markus Klar ist langjähriger, ehrenamtlicher Richter am Arbeitsgericht Gera, seit 2011 am Landesarbeitsgericht Thüringen und als Autor und freiberuflicher Ingenieur mit dem Schwerpunkt rechtssichere Betriebsorganisation, Arbeitsschutz und Elektrosicherheit beratend tätig.

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