Die Digitalisierung der Prozessmesstechnik

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Die Digitalisierung sorgt auch bei der Prozessmesstechnik für große Fortschritte.
Ohne die moderne Elektrotechnik geht es nicht (Bildquelle: 06photo/iStock/Thinkstock)

Die elektrische Messtechnik misst Ströme, Spannungen oder Frequenzen. Daneben existieren andere messtechnische Disziplinen, wie die Fertigungs- oder Prozessmesstechnik. Die Prozessmesstechnik ist vorwiegend in chemischen und verfahrenstechnischen Anlagen zu finden (z.B. in Raffinerien). Dort werden die physikalischen Größen Temperatur, Druck oder Volumenstrom gemessen, um den Zustand des Prozesses zu bewerten und zu steuern. Die Digitalisierung sorgt auch hier für Fortschritte. Nun mag sich ein Elektrotechniker die Frage stellen: Was hat das mit Elektrotechnik zu tun? Die Antwort ist sehr einfach: eine ganze Menge!

Prozessmesstechnik: von der analogen in die digitale Welt

So funktioniert die Digitalisierung in der Prozessmesstechnik: Die Erfassung des physikalischen Messwerts kann zwar analog erfolgen, aber für die weitere Verarbeitung erfolgt eine Umwandlung in elektrische Signale. Dazu wird das analoge Signal abgetastet und quantisiert.

Eine Abtastung des Signals erfolgt zu festen Zeitpunkten, sodass immer Wertepaare aus Zeitwert und Signalwert entstehen. Die Abtastung erfolgt durch sog. Sample-and-Hold-Glieder, die aus einem einfachen Schließer mit einem parallel geschalteten Kondensator bestehen. Sehr stark vereinfacht erklärt: Der Stromkreis wird zu festen Zeitpunkten geschlossen und der Kondensator lädt sich auf den Signalwert auf. Für eine komplette Funktionstüchtigkeit des Sample-and-Hold-Glieds wird davor und danach noch ein Impedanzwandler geschaltet.

Der Abtaster hält nun für eine bestimmte Zeit den Signalwert und führt ihn dem A/D-Wandler zu. Dieser hat die Aufgabe, die Spannung zu quantisieren und in eine Zahl umzuwandeln. Für gewöhnlich handelt es sich um eine Dualzahl, damit ein Mikroprozessor weitere Berechnungen vornehmen kann. Der Mikroprozessor (µP) ist beispielsweise Teil eines Messgeräts, das die physikalische Größe eines Prozesses misst.

Vorteile der Digitalisierung in der Prozessmesstechnik

Bei dieser Art der Digitalisierung gibt es einige Vorteile:

  • Flexible, intelligente Messsignalverarbeitung: Entsprechende Software zur Messsignalverarbeitung bietet vielfältige Möglichkeiten der Messwertverarbeitung in Form von digitalen Filtern.
  • Leistungsfähige Auswertung von Messergebnissen: Software-Pakete wie Excel ermöglichen die leistungsfähige Auswertung von Messergebnissen in grafischer Form.
  • Gute Integrationsfähigkeit: Digitale Messsysteme lassen sich gut in vorhandenen IT-Strukturen einbinden, z.B. durch den Anschluss an ein vorhandenes LAN.
  • Einfache Datenspeicherung und Archivierung: Die Verwendung entsprechender Festspeicher (Harddisk etc.) ermöglicht die einfache Archivierung von Messergebnissen

Bleiben wir beim Beispiel des Messgeräts: Der Mikroprozessor kann nach einer weiteren Bearbeitung das Ergebnis an eine übergeordnete Instanz schicken, z.B. in eine Messwarte. Dort kann der Anlagenfahrer das Ergebnis visualisiert in Augenschein nehmen und entsprechende Reaktionen ausführen, beispielsweise ein Ventil in einem bestimmten Prozess schließen. Das ist natürlich auch über entsprechende Kommunikationswege möglich.

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Automatisierungspyramide

Diese Messung samt Visualisierung und Beeinflussung von Prozessen findet auf verschiedenen Ebenen statt: angefangen von der untersten Prozessebene über die Feldebene, Steuerungsebene, Leitebene, Betriebsleitebene bis zur obersten Managementebene.

Zusammenfassend ist von der Automatisierungspyramide die Rede, die, wie am Beispiel des Messgeräts beschrieben, in den letzten Jahrzehnten immer weiter digitalisiert wurde.

Ohne Elektrotechnik geht es nicht

Eine Vision für die zukünftige Entwicklung der Digitalisierung in der Prozessindustrie besteht darin, dass Sensoren immer intelligenter werden (Stichwort: Smart Sensors). Für das erwähnte Beispiel würde es bedeuten, dass der Sensor nicht nur einen analogen Wert erfasst, sondern diesen auch digitalisiert und weiterverarbeitet. Dieser kann dann über standardisierte Schnittstellen und Kommunikationswege verschickt werden, wie in der Praxis bewährt über den Ausgang 4–20 mA oder über neue Wege wie „Industrial Ethernet“ oder sogar eine Funktechnologie.

Wie auch immer die zukünftige Entwicklung aussehen mag, damit der Prozess gemessen, gesteuert, geregelt und überwacht werden kann – es geht nicht ohne die moderne Elektrotechnik!

  • Autor:

    Dipl.-Ing. Patrick Stepke, M.Sc.

    Entwicklungsingenieur Industrielle Messtechnik, Dozent für Elektrotechnik

    Stepke, Patrick

    Seit 2008 ist Patrick Stepke als Entwicklungsingenieur für industrielle Messtechnik in einem mittelständischen Technologieunternehmen tätig. Außerdem ist er seit 2011 Lehrbeauftragter und Dozent u.a. für Elektrotechnik, Gebäudeautomation, elektrische Installationstechnik.

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