Kompetenzen für die Elektrofachkraft

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Qualitätsmanagement ist eine Methodenkompetenz.
Qualitätsmanagement ist eine Methodenkompetenz. (Bildquelle: Feodora Chiosea/iStock/Getty Images Plus)

Kompetenzen für die Elektrofachkraft: Qualitätsmanagement

Matthias Nienhaus, Professor für Antriebstechnik an der Universität Saarland, prognostiziert, dass zukünftig kein Maschinenbauer nur noch an der Werkbank arbeiten wird. Jeder muss sich mit Computersystemen auskennen und Daten interpretieren können (Gamillscheg 2017). Doch es ist nicht nur der fachkundige Umgang mit Informatik gefordert. Die Digitalisierung unserer Arbeitswelt hat auch weitreichende Auswirkungen auf Arbeitsabläufe und die Organisations- und Kommunikationsstrukturen im Unternehmen.

Auch für Sie als Techniker, Meister oder Ingenieur der Elektrotechnik verändern sich das Arbeitsumfeld, die Arbeitsprozesse und -aufgaben massiv. Unabhängig davon, ob Sie in der Instandhaltung oder in der Entwicklung, Konstruktion oder dem Betriebsmittelbau arbeiten, sind heute neben neuem Fachwissen auch sogenannte „weiche Kompetenzen“ wichtig. Hierzu gehören insbesondere Methoden- und Sozialkompetenzen.

Was ist Qualitätsmanagement?

Qualitätsmanagement (QM) bedeutet, die Qualität von Produkten, Dienstleistungen, Prozessen und Arbeitsbedingungen gemäß vorhandenen Richtlinien und Standards sicherzustellen und weiterzuentwickeln. Qualität ist für die Kundenbindung wesentlich. Die Produkteigenschaften, der Preis und die Qualität bestimmen unsere Wettbewerbsfähigkeit.

QM ist eine Methodenkompetenz, wenn wir an die vielen Methoden und Systeme zur qualitativen Verbesserung von Prozessen und Strukturen denken, benötigt aber wie die Kundenorientierung auch eine positive Einstellung und ein Bewusstsein der Bedeutung von Qualität.

Im allgemeinen Sprachgebrauch steht Qualität für die Beschaffenheit oder Güte von Produkten oder Dienstleistungen. Dabei ist es sehr subjektiv, ob wir etwas als gute oder schlechte Qualität bezeichnen. So bezeichnete der amerikanische Qualitätsexperte Joseph M. Juran Qualität als „Fitness for Use“. Nach dieser Definition wird Qualität als Gebrauchstauglichkeit eines Erzeugnisses aus der Sicht des Kunden verstanden. Auch die international verbreitete DIN-Norm ISO 9001 stellt die Anforderungen der Kunden an Produkte und Dienstleistungen in den Mittelpunkt.

Der Amerikaner William E. Deming, der zu den wichtigsten Pionieren des Qualitätswesens zählt, versteht ebenfalls die Bedürfnisse des Kunden als oberstes Qualitätsziel. Er verzichtet auf eine übergreifende Definition des Begriffs Qualität und vertritt die zwei folgenden Ansätze:

  • Da Qualität nicht ergebnisbezogen geprüft werden kann, liegt der Hebel zur Qualitätsverbesserung in den Prozessen und damit statistischen Verfahren der Prozesssteuerung und -regelung (statistische Qualitätskontrolle). Es gilt, die Prozesse kontinuierlich zu verbessern, um schließlich qualitativ hochwertige Produkte zu erzeugen. In diesem Zusammenhang ist der PDCA-Zyklus oder Deming-Kreis wichtig, auf den wir weiter unten eingehen.
  • Zudem misst Deming dem Verhalten der Mitarbeiter bezüglich Zusammenarbeit und Kommunikation sowie einer offenen Unternehmenskultur eine hohe Bedeutung zu.

TQM

Mit diesem ganzheitlichen Ansatz hat Deming den Grundstein für das Total Quality Management (TQM) gelegt. TQM zielt nicht nur auf das Produkt, sondern ist ein ganzheitliches Unternehmenskonzept, das auf die ständige Verbesserung der Qualität der Arbeit aller Geschäftsbereiche ausgerichtet ist. Ziel ist es, durch Prozessoptimierung und Mitarbeiterentwicklung die höchstmögliche Kundenzufriedenheit zu erreichen und sich somit die Marktführung zu sichern. Das TQM geht daher weit über den herkömmlichen Ansatz der Qualitätskontrolle hinaus und bindet alle Menschen einer Organisation in das Qualitätsmanagement ein. Die Erfüllung der Kundenanforderungen wird als das primäre Ziel eines Unternehmens angesehen.

Wie wird Qualitätsmanagement erfasst?

Die Kompetenz „Qualitätsmanagement“ ist auf vier Ebenen beschrieben. Verhaltensanker für jede Ebene ermöglichen es, die jeweilige Ausprägung zu erfassen.

Vom Einsteiger zum Experten - Skalierung der Kompetenz „Qualitätsmanagement"
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Wie wird Qualitätsmanagement entwickelt?

Wie bei vielen anderen Methodenkompetenzen stehen uns zahlreiche Hilfsmittel und Techniken zur Verfügung, um das Qualitätsmanagement zu stärken.

Der PDCA-Zyklus

Der PDCA-Zyklus ist hierbei ein zentrales Werkzeug. Er beschreibt einen sich wiederholenden vierstufigen Problemlösungsprozess. PDCA steht dabei für die englischen Begriffe Plan – Do – Check – Act und wird mit Planen – Tun – Überprüfen – Umsetzen ins Deutsche übersetzt.

„Der PDCA-Zyklus stellt vor allem die Mitarbeiter vor Ort mit ihrer exakten Kenntnis der Situation am Arbeitsplatz in den Mittelpunkt der Planung. So wird der PDCA-Zyklus einerseits für die Qualitätssicherung angewandt. Andererseits ist er aber auch ein wichtiges Werkzeug zur Systematisierung des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (Kaizen).“ (Salazar, Zimmermann, Regber 2014) Für die einzelnen Bearbeitungsschritte der jeweiligen Stufen im PDCA-Zyklus gibt es wirksame Methoden und Hilfsmittel wie z.B. das Pareto-Diagramm, das Fischgrätendiagramm (Ishikawa), die 5W-Fragetechnik und andere.

Um das Thema Qualitätsmanagement ist eine regelrechte Dienstleistungsindustrie mit Büchern, Seminaren und Beratern entstanden. So bietet u.a. das Six Sigma-System eine Vielzahl an effektiven Werkzeugen und Methoden.

„Wenn es einen Weg gibt, etwas besser zu machen: finde ihn.“

Thomas A. Edison

 

Literatur

  • Salazar, Y.; Zimmermann, K.; Regber, H.: Bereit für das Unerwartete. Zürich 2014
  • Gamillscheg, M. (2017): Industrie 4.0 Wo ist der Haken? ZEIT Campus Magazin 6/17

Kompetenzen für die Elektrofachkraft: Planungsfähigkeit

Das Zusammenspiel von künstlicher Intelligenz und Robotik verändert die Arbeitswelt mit ihren Organisationsformen und Strukturen. Vernetzte Produktionstechnologien übernehmen immer mehr Aufgaben, die früher nur der Mensch erledigen konnte. Damit wandeln sich auch die Kompetenz- und Qualifikationsanforderungen der Mitarbeiter. Matthias Nienhaus, Professor für Antriebstechnik an der Universität Saarland, prognostiziert, dass zukünftig kein Maschinenbauer nur noch an der Werkbank arbeiten wird. Jeder muss sich mit Computersystemen auskennen und Daten interpretieren können (Gamillscheg 2017). Doch es ist nicht nur der fachkundige Umgang mit Informatik gefordert. Die Digitalisierung unserer Arbeitswelt hat auch weitreichende Auswirkungen auf Arbeitsabläufe und die Organisations- und Kommunikationsstrukturen im Unternehmen.

Auch für Sie als Techniker, Meister oder Ingenieur der Elektrotechnik verändern sich das Arbeitsumfeld, die Arbeitsprozesse und -aufgaben massiv. Unabhängig davon, ob Sie in der Instandhaltung oder in der Entwicklung, Konstruktion oder dem Betriebsmittelbau arbeiten, sind heute neben neuem Fachwissen auch sogenannte „weiche Kompetenzen“ wichtig. Hierzu gehören insbesondere Methoden- und Sozialkompetenzen.

Was ist Planungsfähigkeit?

Planungsfähigkeit gehört zu den Methodenkompetenzen. Sie ist in der Zusammenarbeit mit Kunden wichtig, um abzusichern, dass wir Kundenaufträge zeitnah und pünktlich ausführen. Indem wir planen, strukturieren wir unser Handeln und steigern damit auch unser Leistungsvermögen und die Fähigkeit, Probleme besser bewältigen zu können. Menschen mit einem hohen Planungsvermögen nehmen geistig den richtigen Weg vorweg, der für die Erledigung einer Aufgabe oder die Erreichung eines konkreten Ziels sinnvoll ist. Das bedeutet, Termine und Arbeitsabläufe so zu planen und zu strukturieren, dass die eigene Arbeitskraft und die zur Verfügung stehenden Betriebsmittel effizient und effektiv eingesetzt werden. Dies erfordert eine sorgfältige und zielorientierte Herangehensweise und das Setzen von Prioritäten. Hierfür müssen wir beurteilen und entscheiden können, was wichtig und was eher unwichtig ist.

Für eine effiziente Planung bzw. deren Umsetzung benötigen wir nicht nur Kapazität zur Informationsverarbeitung, sondern auch eine zielgerichtete Beharrlichkeit, d.h. die Fähigkeit, ein Ziel bis zur Erreichung zu verfolgen oder an einer Aufgabe bis zur Fertigstellung zu arbeiten.

Operative und strategische Planung

Bei Planung unterscheiden wir generell zwischen operativer und strategischer Planung. Unter strategischer Planung verstehen wir die Unternehmensplanung, die mit dem Ziel durchgeführt wird, eine dauerhafte, erfolgreiche Unternehmensentwicklung zu gestalten und den langfristigen Erfolg eines Unternehmens abzusichern. Hierfür gilt es, das Unternehmen günstig im Markt zu positionieren, Erfolgspotenziale zu nutzen und auszuschöpfen sowie die richtigen Schritte in der Umsetzung durch entsprechende Aktionen und die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen anzustoßen. Diese Planung gehört zum strategischen Management und ist nicht Gegenstand unserer Ausführungen.

Wir beziehen uns hier auf die operative Planung von Arbeitsaufgaben oder Projekten. Im Rahmen von Industrie 4.0 und der Digitalisierung unserer Arbeit ist die Komplexität dieser Planung aufgrund der vielfältigen Verfügbarkeit von Daten und Informationen und der enormen Beschleunigung betrieblicher Entscheidungs- und Arbeitsprozesse deutlich gestiegen. Planungen sind heute mehrdimensional und müssen viele Einflussfaktoren berücksichtigen. So umfasst die Produktionsplanung die Steuerung von Fertigungsaufträgen, Kapazitäten, Terminen, Mitarbeitern, Maschinen, Rohstoffen, Kosten, Maschinenstillständen, Rüstzeiten, Transport- und Liegezeiten, Hilfsmitteln etc. Diese Komplexität ist manuell kaum noch zu bewältigen, und so setzen die meisten Unternehmen für die Planung logistischer Abläufe und deren Verwaltung entsprechende Softwareprogramme ein. Diese Programme entlasten unsere Arbeit, entbinden uns aber nicht von einer sinnvollen Arbeitsplanung und -organisation.

Wie wird Planungsfähigkeit erfasst?

Die Kompetenz „Planungsfähigkeit“ ist auf vier Ebenen beschrieben. Verhaltensanker für jede Ebene ermöglichen es, die jeweilige Ausprägung zu erfassen.

Skalierung der Kompetenz „Planungsfähigkeit"
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Wie wird Planungsfähigkeit entwickelt?

Wie auch jede andere kognitive Fähigkeit kann Planungsfähigkeit gelernt, trainiert und verbessert werden. Planen wird von den sogenannten Exekutivfunktionen gesteuert. Dies sind „geistige Funktionen, mit denen Menschen, aber auch andere höher entwickelte Lebewesen ihr eigenes Verhalten unter Berücksichtigung der Bedingungen ihrer Umwelt steuern“. (Stangl 2019) Sie sind von besonderer Bedeutung, wenn wir an neue und komplexe Aufgaben herangehen. Zu ihnen gehören die „Reaktionshemmung, also die Fähigkeit, andere Reize auszublenden und dann nur eine Aufgabe fokussiert auszuführen, das Arbeitsgedächtnis, das für das Speichern, Sortieren und Bearbeiten von neuen Erfahrungen und Kenntnissen verantwortlich ist, und die flexible Aufmerksamkeitssteuerung, also die Fähigkeit, abwechselnd verschiedene Aspekte einer Aufgabe zu bearbeiten und zu beachten“. (Stangl 2019)

Durch zielgerichtetes Gehirnjogging können Sie Ihre kognitiven Leistungen steigern. Im Internet finden Sie interaktive Übungen für den PC oder als App für das Handy, mit denen Sie Ihr Arbeitsgedächtnis, Ihre Konzentrationsfähigkeit, das logische Denken sowie die Informationsverarbeitung trainieren können.

Wie bei vielen anderen Methodenkompetenzen stehen uns aber auch zahlreiche Hilfsmittel und Techniken zur Verfügung, um unsere Planungsfähigkeit zu stärken. Zu den wichtigsten gehören die ABC-Analyse und die Eisenhower-Matrix. Mithilfe dieser Methoden kann man dringende von weniger dringenden Aufgaben und wichtige von weniger wichtigen Aufgaben unterscheiden und klassifizieren.

Die ABC-Analyse basiert auf dem Pareto-Prinzip (Ingenieur und Ökonom Vilfredo Pareto, 1848–1923). Das Pareto-Prinzip, auch 80-zu-20-Regel, besagt, dass 80 % der Ergebnisse mit 20 % des Einsatzes erzielt werden. Es geht also darum zu identifizieren, auf welche 20 % der Aktivitäten Sie sich konzentrieren müssen, um die größtmögliche Wirkung zu erreichen. In der ABC-Analyse unterscheiden wir drei verschiedene Kategorien:

  • A = sehr wichtig oder dringend
  • B = wichtig oder dringend
  • C = weniger wichtig oder dringend

Die ABC-Analyse ist ein Werkzeug, um Prioritäten zu bilden. Indem Sie Kunden oder Produkte in die Kategorien A, B und C einteilen, können Sie erkennen, wo sich gezielte Maßnahmen lohnen und wo der höchste Nutzen entsteht. In der Literatur und im Internet finden Sie zahlreiche Anleitungen, Beispiele und sogar Excel-Tools zur Nutzung dieser Methode.

Der ehemalige US-Präsident Eisenhower schuf ein klassisches, aber heute immer noch gültiges Modell, um Arbeitsbelastungen zu priorisieren. Die anstehenden Aufgaben werden hierfür in vier Kategorien eingeteilt:

Eisenhower-Matrix
Die Eisenhower-Matrix
  • A: Diese Aufgaben sind wichtig und dringend, d.h., Sie sollten sie möglichst innerhalb der nächsten 24 Stunden persönlich erledigen.
  • B: Diese Aufgaben sind wichtig, aber nicht so dringend, d.h., auch diese Aufgaben sollten Sie selbst bearbeiten. Sie können die Erledigung aber für einen späteren Zeitpunkt einplanen, der jedoch fest terminiert sein sollte.
  • C: Diese Aufgaben sind dringend, aber nicht so wichtig. Wenn möglich, sollten Sie diese Aufgaben an einen Kollegen oder Mitarbeiter delegieren, der sich sofort darum kümmern kann. Wenn dies nicht möglich ist, sollten Sie diese nach den Aufgaben von A erledigen.
  • D: Aufgaben, die nicht wichtig und nicht dringend sind, sollten nach Möglichkeit nicht bearbeitet werden. Hierfür gibt es die wunderbare Ablage Papierkorb oder Archiv.

Um den Umgang mit der Eisenhower-Matrix zu trainieren und entsprechende Aufgabenlisten zu erstellen, bietet sich die Postkorbübung an, die häufig in Assessment-Centern bei Einstellungsverfahren eingesetzt wird, um die Planungsfähigkeit und Belastbarkeit von Bewerbern zu testen. In der Literaturliste finden Sie einige Links, um Postkorbübungen herunterzuladen und zu bearbeiten. Vielleicht können Sie sich für die Übungen mit einem Kollegen zusammenschließen.

Ihre Aufgabenplanung erstellen Sie am besten mit der ALPEN-Methode von Lothar J. Seiwert. Sie bietet eine gute Systematik, um Aufgaben und Termine realistisch zu planen. Das Akronym ALPEN steht für folgende Bearbeitungsschritte:

  • Aufgaben, Termine und geplante Aktivitäten notieren
  • Länge schätzen
  • Pufferzeiten einplanen
  • Entscheidungen treffen
  • Nachkontrolle

Dabei ist es besonders wichtig, ausreichend Pufferzeiten einzuplanen. Abhängig von Ihrer Arbeitssituation sollten Sie nicht mehr als 60 bis 80 % Ihrer Arbeitszeit verplanen, da erfahrungsgemäß immer etwas Unvorhergesehenes vorfällt, das Zeit kostet. Klassische Zeitfresser sind: Der Chef hat einen Sonderauftrag, ein Kunde kommt unerwartet vorbei, eine Maschine fällt aus, das Internet funktioniert nicht etc.

Literatur

  • Bundesministerium des Innern (2017). ABC-Analyse.
  • Gamillscheg, M. (2017): Industrie 4.0 Wo ist der Haken? ZEIT Campus Magazin 6/17
  • Stangl, W.: Stichwort: „Exekutivfunktionen“. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik. 2019

Kompetenzen für die Elektrofachkraft: Kundenorientierung

Was ist Kundenorientierung?

Kundenorientierung ist in der Zusammenarbeit mit Kunden essenziell und bedeutet, die Wünsche und Bedürfnisse der (potenziellen) Kunden zu erkennen, mit Produkten oder Dienstleistungen Kundennutzen zu schaffen und maximale Kundenzufriedenheit zu erzielen. Nur indem wir uns an den Wünschen und Bedarfen des Kunden orientieren, können wir ihn zufriedenstellen. Kundenorientierung ist eine Sozialkompetenz bezogen auf die Kundenkommunikation und bedingt vor allem eine positive Haltung bzw. Einstellung zum Kunden, d.h., dass wir geduldig und freundlich zum Kunden sind und dies bleiben, auch wenn er fordernd und aggressiv auftritt.

Der Kunde im Mittelpunkt

Die Kundenorientierung ist heute von zentraler Bedeutung und oft der entscheidende Faktor für den Unternehmenserfolg. Produkte und Dienstleistungen gleichen sich immer mehr an und werden austauschbar. Auch die Preise sind transparent, da sich der Kunde per Internet über das Preisspektrum informieren kann. Auch Innovationen verschaffen nur kurzfristig einen Vorteil, da neue Produkte schnell kopiert und von Wettbewerbern auf den Markt gebracht werden. Nicht das Produkt, sondern der einzelne Kunde muss deshalb im Mittelpunkt stehen. Ralph Lutz, Referatsleiter der CMA (Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft für Milch und Milchprodukte), wird folgendes Zitat zugeschrieben:

„An der SB-Theke zählen das Produkt und der Preis. An der Bedienungstheke zählen das Produkt und der Mensch.“

Ziel eines Kundengesprächs muss es sein, die Kundenwünsche zu erfassen und dem Kunden bei seiner Kaufentscheidung zu helfen. Zufriedene Kunden kommen wieder und werden zu Stammkunden. Hohe Kundenzufriedenheit steigert den Umsatz und senkt Kosten durch wenig Reklamationen und Umtauschaktionen. Für die qualifizierte Beratung ist Fachkompetenz wichtig, aber auch Fragetechniken, die uns helfen, das Kundengespräch effektiv zu führen. Zu einem positiven Einkaufserlebnis gehört es, wenn wir in einem Geschäft fachkundig zu einem Gerät beraten werden, uns der Verkäufer die Vor- und Nachteile verschiedener technischer Lösungen erklärt, nach dem konkreten Einsatzbereich fragt und am Ende eine Empfehlung abgegeben wird, die im besten Fall noch eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einschließt. Das muss auch das Ziel unserer Arbeit sein, unabhängig davon, ob wir einen externen Kunden betreuen oder ein interner Kollege eine Information, Hilfestellung oder eine Beratung benötigt.

Um ein ganzes Unternehmen kundenorientiert auszurichten, benötigen wir ein CRM (Customer Relationship Management), also ein Kundenbeziehungsmanagement. CRM umfasst eine Strategie und entsprechende Prozesse und wird häufig durch eine Softwarelösung umgesetzt. Eine CRM-Software erfasst Daten zu Kontakten mit Kunden wie E-Mails, Telefonate und natürlich erfolgte Bestellungen, Reklamationen u.v.m. Zudem kann sie ggf. weitere Daten wie z.B. persönliche Präferenzen von Kunden erfassen. Kundenfeedback sowie Daten aus Befragungen und die Auswertung von Reklamationen und Beschwerden können für die Marketingstrategie und die Verbesserung von Produkten sowie die Entwicklung neuer Produkte genutzt werden. Die Nutzung von Kundenbefragungen zur Innovation von Produkten hat allerdings ihre Grenzen, wie schon Henry Ford erkannte:

„Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt, schnellere Pferde.“

Wie wird Kundenorientierung erfasst?

Die Kompetenz „Kundenorientierung“ ist auf vier Ebenen beschrieben. Verhaltensanker für jede Ebene ermöglichen es, die jeweilige Ausprägung zu erfassen.

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Wie wird Kundenorientierung entwickelt?

Wie schon erwähnt, ist Kundenorientierung vor allem eine innere Einstellung zu dem Kunden und der Wunsch, jeden Kunden zufriedenzustellen. Kundengespräche professionell zu führen kann jedoch gelernt und geübt werden. Hierfür gibt es zahlreiche Seminaranbieter. Wenn Sie mit Kunden arbeiten, wird Sie Ihre Führungskraft sicher darin unterstützen, ein entsprechendes Seminar zu besuchen.

Die Seminare behandeln u.a. Themen wie kundenfreundliches Gesprächsverhalten, Kundenerwartungen, professionelle Kundenkommunikation, Gesprächstechniken wie Fragen, Zuhören und Ich-Botschaften, Körpersprache, den Einsatz der Stimme, Beschwerdemanagement, Verhalten in schwierigen Situationen.

Sie können aber auch im Alltag lernen, immer dann, wenn Sie sich als Kunde besonders wohlfühlen. Das mag in Deutschland nicht so häufig vorkommen, wie man es sich wünschen würde. Umso wichtiger ist es, sich gerade diese Situationen bewusst zu machen, wenn jemand Sie anlächelt, Ihnen geduldig zuhört und durcielte Fragen Ihren Bedarf ermittelt und Ihnen vielleicht eine Zusatzinformation gibt, an die Sie nicht gedacht hatten. Übertragen Sie diese Erfahrungen in Ihr Arbeitsumfeld.

„Je mehr Sie sich mit Ihren Kunden beschäftigen, desto klarer wird alles und desto besser können Sie entscheiden, was Sie tun sollten.“

John Russell, ehemaliger Europa-Chef von Harley-Davidson

 

Literatur

Gamillscheg, M. (2017): Industrie 4.0 Wo ist der Haken? ZEIT Campus Magazin 6/17

Kompetenzen für die Elektrofachkraft: analytisches Denken

In dem Buch „The Second Machine Age“ zitieren die Autoren den Wirtschaftsexperten Paul Krugman: „Produktivität ist nicht alles, aber auf lange Sicht ist sie fast alles.“ (Brynjolfsson, McAfee, 2016) Krugman führt weiter aus, dass der Wohlstand eines Lands von der Fähigkeit abhängt, seinen Output je Arbeitnehmer zu steigern. So können wir wirtschaftlich nur wachsen, wenn die gleiche Anzahl von Menschen es schafft, mehr Güter und Dienstleistungen in gleicher oder kürzerer Zeit zu produzieren. Der Weg zu diesem Wachstum führt über Innovation. Deshalb steht diesmal Innovationsfähigkeit im Mittelpunkt.

Hierbei geht es nicht um die großen Erfindungen, sondern darum, bestehende Prozesse und Produkte kontinuierlich zu verbessern sowie verfügbare Ressourcen neu zu kombinieren. So schreibt der britische Ökonom Brian Arthur, dass sich neue Technologien in der Regel, wenn nicht sogar fast immer, aus der Kombination anderer bereits vorhandener Technologien ergeben. Diese setzen sich wiederum aus „kleineren“ Technologien zusammen und nutzen alle ein oder mehrere natürliche Phänomene oder Effekte. Nehmen wir z.B. das moderne Automobil. Es besteht aus vielen Technologien – Motor, Getriebe, Kühlung, Elektronik usw. Jede dieser Technologien besteht aus untergeordneten Technologien, die natürliche Phänomene nutzen, von den Verbrennungseigenschaften des Benzins über die optischen Eigenschaften von Glas bis hin zur Reibung der Reifen auf der Straße (Arthur, 2009).

Wie Constanze Kurz verstehen wir in diesem Zusammenhang Innovation „als die Umsetzung einer Idee in neue oder verbesserte käufliche Produkte, in operationelle Verfahren in Industrie oder Handel oder neue Formen von Dienstleistung, als der entscheidende strategische Faktor für die Erringung wettbewerblicher Vorteile und wirtschaftlichen Wachstums“ (Kurz, 2002).

Um Innovationspotenzial zu heben, sind deshalb „analytisches Denken“ und „Prozessoptimierung“ zentrale Kompetenzen. Da Innovationsprozesse oft in Projektgruppen als Arbeitsform gestaltet werden, haben Kommunikations- und Teamfähigkeit einen besonderen Stellenwert. Wir haben die Kompetenzen schon in einer früher einmal behandelt. Heute wollen wir diesen beiden Sozialkompetenzen „Netzwerk- bzw. Kooperationsfähigkeit“ hinzufügen.

Was ist analytisches Denken?

Analytisches Denken bedeutet, dass Sie Ihre Entscheidungen nach vorhergehender intensiver Abwägung der Ausgangssituation treffen. Dazu entwickeln Sie mögliche Alternativen und bewerten diese. Zentral ist hierfür die Fähigkeit, Probleme erkennen, in ihre Einzelteile zerlegen und hierfür eigenständig oder im Team Lösungen entwickeln zu können.

Es geht darum, Sachverhalte zu verstehen, sie in einen Kontext einzuordnen und Ursache-Wirkungs-Beziehungen aufzustellen. Wie können Sie die richtigen und wesentlichen Informationen herausfiltern, welche Informationen sind relevant, welche Kriterien legen Sie an, um sie auszuwählen?

Analytisches Denken basiert auf Logik

Zum analytischen Denken gehört vor allem auch das logische Denken. Logisch bzw. analytisch denkende Menschen sind in der Lage, eine komplexe Situation zu zerlegen, und zwar so, dass ihre Struktur und Ordnung sichtbar werden. Sie können Sachverhalte und Problemsituationen dahingehend analysieren, unter welchen Gegebenheiten welche Folgen eintreten, sie also mit einer passenden Wenn-dann-Formel zu durchleuchten. Dazu gehört auch, Zusammenhänge zu erkennen, zu strukturieren, zu priorisieren und zu interpretieren sowie daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Analytisches Denken ist gefragt im Beruf

Angesichts der wachsenden Flut von Informationen und der Komplexität der Arbeitswelt ist analytisches Denken wichtiger denn je und gehört zu den Schlüsselkompetenzen, die in vielen Berufen gefragt sind.

Wie wird analytisches Denken erfasst?

Die Kompetenz „Analytisches Denken“ ist auf vier Ebenen beschrieben. Verhaltensanker für jede Ebene ermöglichen es, die jeweilige Ausprägung zu erfassen.

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Wie wird analytisches Denken entwickelt?

Analytisches Denken kann gezielt trainiert und mit regelmäßigen Übungen verbessert werden. Wenn Sie eher chaotisch und impulsiv sind, sollten Sie sich um organisiertes und strukturiertes Vorgehen bemühen. Nutzen Sie hierfür Organisationshilfen und halten Sie öfters inne, um Sachverhalte gründlich zu durchdenken.

Analytisches Denken beruht auch auf persönlicher Erfahrung

Das Gute ist, dass wir aus dem persönlichen Fundus von Erinnerungen und Kenntnissen, die wir in unserem Leben gesammelt haben, schöpfen können. Mit Erfahrungswissen können ältere Mitarbeiter den möglichen Verlust an Schnelligkeit kompensieren.

Selbsttests und Übungen zur Weiterentwicklung

Um das analytische Denken zu entwickeln, sind Aufgaben hilfreich, die darauf abzielen, Probleme logisch und kreativ zu lösen. Sie zu üben kann helfen, Schemata und wiederkehrende Muster schneller zu erkennen. Sie trainieren zudem die Konzentrationsfähigkeit. Sinnvoll sind auch Spiele, in denen strategisches Vorgehen gefordert ist. Dazu gehören Brettspiele wie Schach oder Kartenspiele wie Poker.

„Lebenslang lernen ist ein Stück Selbstverständlichkeit, und doch wird ein aufmerksamer Beobachter feststellen, dass sich die Menschen seiner Umwelt in zwei Lager aufzuteilen scheinen: die einen schon mit 40 vergreist, lustlos am Leben vorbei lebend, phlegmatisch, nicht nur körperlich feist und dick, auf dem Weg zur Senilität. Andere im Alter von 70 machen einen wendigen, optimistischen, agilen und positiven Eindruck, sind unabhängig von der Berufslaufbahn aktiv geblieben und beobachten ihre Umwelt aufmerksam und positiv. Analysiert man beide Gruppen, dann zeigt es sich, dass erstere verlernt haben, zu lernen, während letztere sich analytisches Denken und den Drang zum Leben bewahrt haben.“

Reinhold Würth, dt. Unternehmer

 

Literatur

Arthur, W.B. (2009): The Nature of Technology: What It Is and How It Evolves. Free Press, New York

Brynjolfsson, E.; McAfee, A. (2016): The Second Machine Age. Plassen Buchverlage Kulmbach

Kurz, C. (04/2002): Innovation und Kompetenzen im Wandel industrieller Organisationsstrukturen. Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Nürnberg

Kompetenzen für die Elektrofachkraft: Kooperationsfähigkeit

Kooperationsfähigkeit ist eine Kompetenz, die heutzutage in fast jeder Stellenbeschreibung gefordert wird. Sie ist für große und kleine Unternehmen gleichermaßen bedeutend, weil die Komplexität von Prozessen und Aufgaben die Zusammenarbeit über Fachgebiete und Abteilungen oder auch Unternehmen hinweg erfordert. Die hohe Verdichtung und Menge von Wissen führt dazu, dass ein Einzelner diese Fülle nicht mehr filtern und relevantes Wissen identifizieren kann. Wir haben zu viel Wissen, deshalb wird interdisziplinäre Zusammenarbeit immer wichtiger. Nur ausgewiesene Spezialisten in ihrem jeweiligen Fachgebiet können gemeinsam zu neuen Problemlösungen oder Ansätzen kommen.

Für Unternehmen und Organisationen ist die Kooperation ein wichtiger Hebel zur Stärkung ihrer Innovationsfähigkeit. Sie haben selten die Kraft, allein Innovationen voranzutreiben. Die Einführung neuer Produkte oder Verfahren in den Markt hängt von der unternehmerischen Fähigkeit ab, Beziehungen zu anderen Akteuren herzustellen. Innovation muss daher als ein Prozess der Verbindung und des Feedbacks zwischen verschiedenen Akteuren verstanden werden, die Wissen schaffen und weitergeben, um einen Mehrwert für die Gesellschaft und die Wirtschaft zu erzeugen (OECD, 2009). So planen selbst Großunterunternehmen wie die eigentlichen Rivalen BMW und Mercedes-Benz, Mobilitätsdienste und autonomes Fahren gemeinsam zu entwickeln.

Dieses Konzept der Innovation als offenes Beziehungssystem (Chesbrough, 2012) ergibt sich aus dem Wettbewerbsdruck der Weltwirtschaft, der einerseits zu einer Verkürzung der Zeit für die Generierung neuer Produkte/Dienstleistungen (Innovationszyklus) führt; zum anderen sollen die Produktionskosten gesenkt, aber auch die Qualität und Funktionalität der Produkte gesteigert werden. Um mit dem Tempo Schritt zu halten, muss sich ein Unternehmen auf seine Kernkompetenz konzentrieren („was es am besten weiß und kann“) und diejenigen Aufgaben auslagern, die von anderen besser oder preisgünstiger bewältigt werden.

Was ist Kooperationsfähigkeit?

Die Bertelsmann Stiftung definiert Kooperation als „eine organisierte Form der Zusammenarbeit, die zu einem bestimmten Zeitpunkt konkret – und i.d.R. auch schriftlich – vereinbart wird. Die Partner der Kooperation beabsichtigen, dadurch ein bzw. mehrere Ziele zu erreichen, die sie ohne Kooperation weniger gut oder gar nicht erreichen könnten. Dabei können sie unterschiedliche Ziele verfolgen oder sich zusammen auf ein gemeinsames Ziel verständigen. (Jung, 2018)

In diesem Sinne verstehen wir Kooperationsfähigkeit als Kompetenz, sich mit anderen zusammenschließen zu können, um eine gemeinsame Aufgabe optimal zu erledigen.

Netzwerken als Schlüsselkompetenz

Wir können daher an dieser Stelle auch von „Netzwerkkompetenz“ sprechen. „Das ist die Fähigkeit, mit vielen Personen Kontakte zu halten. Das sind Kontakte, die zwar belastbar sind, aber nicht sofort genutzt werden. Kooperationsfähigkeit heißt dann, für Projekte, Veränderungen und andere Situationen auf diese Kontakte zurückzugreifen und Zusammenhänge herstellen zu können mit Personen, die man teilweise gar nicht kennt oder die erst noch ermittelt werden.“ (Priddat, 2009) Um beruflich erfolgreich zu sein, ist Netzwerken eine wichtige Schlüsselkompetenz. Durch digitale Netze und Plattformen wie z.B. LinkedIn und Xing kann sie unterstützt und gefördert werden.

Wie wird Kooperationsfähigkeit erfasst?

Die Kompetenz „Kooperationsfähigkeit“ ist auf vier Ebenen beschrieben. Verhaltensanker für jede Ebene ermöglichen es, die jeweilige Ausprägung zu erfassen.

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Wie wird Kooperationsfähigkeit entwickelt?

Wie in der nachfolgenden Grafik der Bertelsmann Stiftung dargestellt, sind für eine Kooperation Gelingensfaktoren bedeutsam, die wir auch als wichtige Kompetenzen kennen. Auch die Teamfähigkeit spielt in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle. Es handelt sich hierbei um Sozialkompetenzen, die Sie durch Weiterbildung und/oder Coaching entwickeln können.

Gelingensfaktoren für Kooperationen (Quelle: Bertelsmann Stiftung)
Gelingensfaktoren für Kooperationen (Quelle: Bertelsmann Stiftung)

„Um Erfolg zu haben, muss man den Standpunkt des anderen annehmen und die Dinge mit seinen Augen betrachten.“

Henry Ford

 

Literatur

  • Chesbrough, H. (2012): Open innovation: where we‘ve been and where we‘re going. Research-Technology Management, Arlington
  • Jung, S.; Liedtke, O.; Hassing, C.; Walter, A. (2018): Vom Ich zum Wir. Die eigene Kooperationsfähigkeit stärken. Praxisratgeber Zivilgesellschaft. Bertelsmann Stiftung, Gütersloh
  • OECD (2009): OECD Science, Technology and Industry Scoreboard 2009. OECD Publishing, Paris
  • Priddat, B. (2009): Interview: Kooperationsfähigkeit als Schlüsselkompetenz

Kompetenzen für die Elektrofachkraft: Prozessoptimierung

Bei der Einführung von Innovationen geht es nicht um die großen Erfindungen, sondern es ist der Weg der kleinen Schritte, der Rekombination von vorhandenen Ressourcen sowie der Optimierung bestehender Produkte und Prozesse. Der Prozessoptimierung kommt in diesem Zusammenhang ein besonderes Gewicht zu, da sich durch die Verbesserung von Prozessen unmittelbar Unternehmensgewinne dank der Reduzierung von Kosten und Durchlaufzeiten erzielen lassen.

Heutzutage werden überwiegend Produktions- sowie Vertriebs- und Logistikprozesse optimiert. Hierfür können harte Zahlen, Daten und Fakten erfasst sowie Key Performance Indicators (KPI) gebildet werden. Überall, wo keine oder nur in geringem Umfang wiederholbare Prozesse vorliegen, ist das schwierig. Bereiche, z.B. in der Forschung und Entwicklung, in denen vor allem Wissensarbeiter tätig sind, werden nur selten prozesstechnisch erfasst und einer Prozessoptimierung unterworfen. Diese Prozesse sind wenig repetitiv und deshalb schlecht durch eine Software abbildbar. Dabei ist gerade die Produktivität von Wissensarbeitern vielfach von entscheidender Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit in der digitalen Wirtschaft. Führende Technologieunternehmen setzen hier an. „Oft sind es einfache Maßnahmen, die ein besseres Klima und dadurch nicht nur höhere Effizienz erzielen, sondern auch die dringend benötigte Innovationskraft stärken.“ (Roeder, 2018)

Nudge Management

Basierend auf der Forschung von Richard H. Thaler, US-amerikanischer Wirtschaftsnobelpreisträger und einer der weltweit führenden Verhaltensökonomen, setzen Unternehmen vermehrt auf Nudge Management. Dabei handelt es sich um einen Managementansatz, bei dem Erkenntnisse aus der Verhaltenswissenschaft genutzt werden. Der Begriff „Nudge“ stammt aus dem Englischen und bedeutet „Stups“ oder „Schubs“. Thaler und sein Kollege Sunstein verwendeten diesen Begriff erstmals 2008. Sie beschrieben damit die Beeinflussung menschlichen Handelns ohne den Gebrauch von Verboten, Geboten oder Regeln. Während Regeln menschliches Verhalten über bewusste Denkprozesse (z.B. „Ich darf das nicht“) steuern, setzen Nudges auf unbewusste Prozesse. Anstatt der Vorschrift „Essen Sie jeden Tag ein Stück Obst“ kann man z.B. einen Obstkorb in Reichweite der Mitarbeiter platzieren, um gesundes Essverhalten zu fördern (Böning Consult, 2019).

Mit Nudge Management werden organisatorische Kontexte so gestaltet, dass schnelles Denken und unbewusstes Verhalten der Mitarbeiter im Einklang mit den Zielen der Organisation optimiert werden. „Im Gegensatz zu klassischen Optimierungsansätzen aus dem Industriezeitalter wie Business Process Reengineering oder Lean Management werden bei Nudge Management keine neuen Richtlinien oder Standards definiert. Die Rahmenbedingungen erleichtern es den Mitarbeitern lediglich, sich so zu verhalten, wie es ihr Verstand ihnen meist ohnehin sagt.“ (Freibichler, 2017)

Drei Arten von „Anstupsen“ lassen sich unterscheiden: digitale, physische und soziale Anstöße

Digitale Nudges regen an, wenn Mitarbeiter ihre Computer oder Smartphones nutzen. So können z.B. durch „defaults“ im Kalenderprogramm Besprechungen automatisch mit maximal einer Dreiviertelstunde angesetzt werden. Sie werden dadurch kurz gehalten, was Zeitersparnis bedeutet und sie effizienter gestaltet, weil erwiesen ist, dass nach 45 Minuten die Konzentrationsfähigkeit drastisch sinkt. Die Voreinstellung für doppelseitiges Drucken führt zur Einsparung von Druckerpapier und Druckkosten.

Physische Nudges betreffen das Arbeitsumfeld, in dem gearbeitet wird. So können runde Tische und ein informelles Ambiente die Qualität von Besprechungen verbessern. Da Bewegung und frische Luft die Kreativität steigern, können Arbeitsspaziergänge gefördert werden, indem das „Walking Meeting“ im Kalenderprogramm als Besprechungsraum vom System vorgeschlagen wird. Attraktive Cafeterias fördern die Kommunikation und Weitergabe von Informationen und Wissen.

Soziale Nudges beziehen sich auf das Miteinander der Mitarbeiter und ihre Interaktionen. Wenn Menschen bekannt geben, was sie planen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihr Vorhaben auch umsetzen. Deshalb sollten beabsichtigte und in Bearbeitung befindliche Aufgaben eines Teams für alle sichtbar platziert werden.

Inzwischen nutzen auch Regierungen den Ansatz beispielsweise zur Verbesserung der Altersvorsorge und des Gesundheitswesens in ihren Ländern. In diesem Zusammenhang wird der Ansatz auch als „libertärer Paternalismus“ verstanden und kritisiert. Die Betroffenen werden jedoch nicht gezwungen, sich anders zu verhalten, sondern behalten ihre Entscheidungsfreiheit. Durch geänderte Rahmenbedingungen wird kluges Verhalten vereinfacht und dadurch wahrscheinlicher gemacht. So hat das Umweltbundesamt 2017 das Potenzial von Nudges für den Bereich des nachhaltigen Konsums mit Schwerpunkt auf ökologischem Konsum untersucht.

Was ist Prozessoptimierung?

Allgemein können wir sagen, dass Prozessoptimierung bedeutet, die Effizienz bereits bestehender Prozesse zu steigern. Diese Steigerung kann von den Mitarbeitern einer Organisation mit bestimmten Methoden (z.B. Methoden der schlanken Produktion) erreicht werden und bedingt oft einen Prozess stetiger kleiner Verbesserungsschritte in kontinuierlicher Teamarbeit.

Ohne Software ist Prozessoptimierung heute nicht mehr denkbar

„Auf der technischen Seite ist die Prozessoptimierung verwirklicht – sowohl als Konzept als auch in ersten Umsetzungen in der Realität. Produktionsanlagen steuern sich selbst, Werkstücke und Bauteile teilen mit, wie sie weiterverarbeitet werden. Automatisierungslösungen und Steuerungssysteme tauschen über Schnittstellen via Internet Daten mit Maschinen oder IT-Anwendungen aus. Werkstücke oder Bauteile verfügen über RFID-Tags, die über Produktionsablauf und Zeittakte informieren.“ (Möller, 2016) IT-Werkzeuge wie Process Mining sorgen dabei für Transparenz, analysieren Daten in Echtzeit und überwachen Datenflüsse zum Erkennen, Überwachen und Verbessern realer Prozesse (d.h. nicht angenommener Prozesse). Wissen wird aus Ereignisprotokollen extrahiert, aus Durchlaufzeiten wird ausgewertet und analysiert, welche Mitarbeiter miteinander korrespondieren. Diese Informationen ermöglichen eine nachhaltige Optimierung von Workflows und decken unerwünschte Prozesswege und Ineffizienzen auf.

Wie im vorherigen Abschnitt aufgezeigt, sind wir mit zwei Welten konfrontiert. Der Welt der standardisierten Prozesse, die von Softwareprogrammen erfasst und durchleuchtet werden und der Welt der Wissensarbeit, in der verstärkt Kreativität und Innovation gefordert sind. Als Beschäftigter im Elektrobereich sind Sie mit beiden verbunden. Auch in Ihrer Arbeitswelt sind sowohl im Handwerk als auch in der Industrie technische und logistische Prozesse verstärkt standardisiert und digitalisiert. Vielleicht machen Sie sich aber auch Gedanken, wie Sie einen Kunden oder Mitarbeiter und Kollegen durch ein Nudge zum sparsamen Umgang mit Strom bewegen können.

Wie wird Prozessoptimierung erfasst?

Die Kompetenz „Prozessoptimierung“ ist auf vier Ebenen beschrieben. Verhaltensanker für jede Ebene ermöglichen es, die jeweilige Ausprägung zu erfassen.

Skalierung der Kompetenz „Prozessoptimierung"
Vom Einsteiger zum Experten - Skalierung der Kompetenz „Prozessoptimierung" Zur Vergrößerung klicken Sie auf das Bild.

Wie wird Prozessoptimierung entwickelt?

Für die Prozessoptimierung kommen vor allem IT-Werkzeuge zum Einsatz. Die Komplexität der Prozesse im Unternehmen ist ohne die Hilfe entsprechender Softwareprogramme, die sie erfassen und auswerten, kaum mehr beherrschbar. Diese Programme gilt es zu lernen und anzuwenden.

Managementansätze für die Prozessoptimierung

Wichtig ist aber auch der wache Blick, der Optimierungspotenziale entdeckt. Er wird durch verschiedene Managementansätze unterstützt und geschärft. Das Total-Quality-Management (TQM) von Deming ist ein umfassendes Qualitätsmanagement, das wir in der letzten Ausgabe in der Beschreibung der Kompetenz „Qualitätsmanagement“ ausführlich vorgestellt haben. Der Fokus von Lean Management liegt hingegen darauf, Verschwendung zu minimieren, Überflüssiges zu eliminieren und Prozesse so zu optimieren, dass sie perfekt ineinandergreifen. Kaizen ist ein Managementansatz, der in Japan entwickelt wurde und die kontinuierliche Verbesserung von Prozessen zum Ziel hat. Deshalb wird anstelle von Kaizen auch häufig der Begriff „kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP)“ verwendet. Six Sigma ist ebenfalls ein Ansatz, der zum Bereich des Qualitätsmanagements gehört. Es ist eine statistische Methode, bei der durch DMAIC (Define, Measure, Analyze, Improve und Control) die Qualität optimiert, Kosten gesenkt und die Kundenzufriedenheit gesteigert werden sollen.

Egal, für welches Modell Sie sich entscheiden, wichtig ist, dass Sie systematisch und analytisch vorgehen, womit sich der Kreis zum „analytischen Denken“ schließt.

„Prozesse sind der Kleber, der ein System zusammenhält.“

Kai Yang, US-amerik. Wirtschaftswissenschaftler

Literatur

  • Böning Consult (2019): Nudge Management
  • Freibichler, W. (2017): Nudge Management – mit kleinen Stupsern schnell zum Kulturwandel
  • Möller, K.-H. (2016): Von Excel bis Reengineering-Software. Reflex Verlag GmbH, Berlin. Online-Publikation: Wirtschaft 4.0
  • Roeder, S. (2018): Porsche Consulting treibt „Nudge Management“ voran, Stuttgarter Zeitung
  • Thaler, R. H.; Sunstein, C. R. (2010): Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt. Ullstein Verlag, Berlin
  • Umweltbundesamt (Hrsg.) (2017): Nudge-Ansätze beim nachhaltigen Konsum: Ermittlung und Entwicklung von Maßnahmen zum „Anstoßen“ nachhaltiger Konsummuster, Dessau-Roßlau
  • Autorin:

    Yvonne Salazar, M.A.

    Educational Consultant

    Yvonne Salazar

    Yvonne Salazar ist international als Beraterin im Bereich Berufsbildung tätig. Ihre Arbeitsschwer­punkte sind die Einführung von Kompetenzmanagement, die Entwicklung und Anpassung von Berufs­profilen, die Qualifizierung von Lehrkräften in lernerzentrierten, interaktiven Lernmethoden sowie die Weiterentwicklung und Zertifizierung von Berufsbildungszentren.

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