Kind verliert Arm nach Explosion durch Winkelschleifer

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Vorsicht bei Heißarbeiten in der Nähe explosionsfähiger Substanzen!
Vorsicht bei Heißarbeiten in der Nähe explosionsfähiger Substanzen! (Bildquelle: Elenarts/iStock/GettyImages)

So ein Winkelschleifer ist ein enorm nützliches Werkzeug. Jeder kennt die sogenannte „Flex“ und viele nutzen sie auch privat, zum Beispiel im Hobbykeller oder bei Renovierungen. Mit den unterschiedlichen Arten von Trennschreiben, Schruppschreiben, Schleiftellern usw. werden Metalle entrostet, alte Lacke weggeschliffen, Schweißnähte geglättet oder Fliesen getrennt.

Wenn jeder Laie dieses Elektrowerkzeug benutzen darf, kann es ja nicht so gefährlich sein, oder? Klar darf man der rotierenden Scheibe nicht zu nah kommen, aber ansonsten kann vermeintlich nicht viel passieren. Doch das ist nur die halbe Wahrheit, wie das folgende Unfallbeispiel zeigt.

Was ist passiert?

Es ist ein früher Samstagabend Ende Mai in der Gartenkolonie einer niedersächsischen Kreisstadt. Plötzlich wird die friedliche Stimmung durch eine Explosion unterbrochen. Es folgen Polizeisirenen, kurz darauf landet ein Rettungshubschrauber.

Laut Polizeibericht hatten zwei Männer mit einem Winkelschleifer an einem leeren Benzinfass hantiert. Dabei flog auf einmal Deckel der Tonne weg und verletzte eine Frau und ihre Tochter schwer. Beide müssen per Rettungshubschrauber ins Krankenhaus, das fünfjährige Kind verliert einen Arm. Die beiden Männer werden nur leicht verletzt.

Was ist hier schiefgelaufen?

Was ist hier schiefgelaufen?

Natürlich ist es nicht verboten, im eigenen Haus und Garten mit dem Winkelschleifer zu werkeln. Doch was die beiden Freizeithandwerker nicht bedacht hatten: Ein leeres Benzinfass ist nicht unbedingt leer! Selbst wenn es beim Klopfen eindeutig hohl klingt und selbst wenn bei Schütteln keine Flüssigkeit mehr gluckst, können sich im Inneren noch Gase befinden.

Benzin ist leichtflüchtig, das heißt es bilden sich über der flüssigen Benzinphase stets Benzindämpfe. Solche gasförmigen und brennbaren Substanzen mit Sauerstoff sind hochgradig explosionsfähig, wenn sie mit Sauerstoff vermischt sind – dazu genügt bereits der Sauerstoffanteil der Luft. Die durch den Winkelschleifer erzeugten Funken hatten die Explosion ausgelöst. Die Explosion sprengte den Fassdeckel ab, was zu den tragischen Verletzungen führte.

Explosionsgefahr bei Lösungsmitteln

Eine solche Explosionsgefahr besteht auch für viele ähnliche Substanzen wie Diesel, Brennspiritus oder die als Verdünner oder Terpentinersatz bekannten Flüssigkeiten zum Reinigen von Pinseln und anderen Werkzeugen. Chemisch gesehen gelten diese Stoffe als Lösungsmittel. Jedes Lösungsmittel bildet Dämpfe. Diese sind nicht nur explosionsgefährlich, sondern in den meisten Fällen auch gesundheitsschädlich. Man sollte sie auf keinen Fall einatmen. Da es sich in der Regel um Gefahrstoffe handelt, sind Behälter und Verpackungen mit einem Warnsymbol gekennzeichnet. Dies zeigt eine auf der Spitze stehende rote Raute mit einem Zeichen, welches die Gefahr konkretisiert.

Vorsicht, wenn etwas heiß wird oder Funken fliegen

Bei allen Tätigkeiten, bei denen Wärme oder Funken erzeugt werden, solltest Du stets – neben allen anderen Sicherheitsregeln – zwei Gefahren im Blick haben:

  • Wärme oder Funkenflug können brennbare Stoffe in Brand setzen, z. B. Kartons, Textilien, Abfälle usw.
  • Die Funken können Explosionen und Verpuffungen auslösen, wenn sich in der Luft explosionsfähige Substanzen befinden.

Dies gilt nicht nur beim Trennschleifen mit dem Winkelschleifer, sondern auch z. B. beim Löten, beim Schweißen, beim Arbeiten mit Heißluftgeräten, beim Erhitzen von Teer oder Bitumen und ähnlichen Tätigkeiten. Alle diese Tätigkeiten, bei denen Hitze und / oder Funken entstehen, werden im Arbeitsschutz „Heißarbeiten" genannt. Für diese Arbeiten gelten besondere Sicherheitsvorschriften. Oft müssen solche Arbeiten z. B. angemeldet werden und überwacht sein. Vielleicht benötigt man in deinem Betrieb einen Erlaubnisschein. Dein Ausbilder oder Vorgesetzter sollten dir das Prozedere erläutern.

Warum auch Metalle explodieren können

Warum auch Metalle explodieren können

Die Explosionsgefahr betrifft übrigens nicht nur Lösemitteldämpfe wie bei dem oben geschilderten Unfall. Auch in der Luft fein verteilte Stäube können sich durch Funken entzünden. Das mag für Holzstäube noch nachvollziehbar sein, doch was viele nicht wissen: Ein solches Explosionsrisiko besteht selbst dann, wenn die staubende Substanz eigentlich gar nicht als brennbar gilt! Denn auch trockene, feine Metallstäube, die z. B. beim Reinigen aufgewirbelt werden, können mit der Luft ein explosionsfähiges Gemisch bilden. Dann genügt ein winziger Zündfunke – ob durch Winkelschleifer, einen Schaltvorgang oder ein metallenes Werkzeug –, und du könntest noch mehr verlieren als „nur" einen Arm.

  • Autor:

    Dr. Friedhelm Kring

    freier Lektor und Redakteur

    Kring, Friedhelm

    Dr. Friedhelm Kring ist freier Lektor, Redakteur und Fachjournalist mit den Schwerpunkten Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.

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Kommentare

Kommentar von Norbert Leitel |

Danke für diesen Beitrag. Explosionsschutz - ein sehr wichtiges Thema, bei dem man immer wieder sensibilisieren muss um Folgeschäden zu vermeiden, wie wir in Ihrem Bericht lesen können. Es zeigt sich auch wie Umfangreich die Gefahren dabei sein können. Wir verwenden in unserem Unternehmen bei Flex und Schweißarbeiten ein Schweißerlaubnisschein. Er bindet alle Verantwortlichen in den Arbeitsprozess ein - Standortleitung, Fertigungsleiter, Fachkraft für Arbeitssicherheit, Brandschutzbeauftragten wenn vorhanden und den Handwerker der die Arbeiten ausführen soll. Und somit lassen sich die Gefahren minimieren und ausschließen. Das macht durchaus Sinn, da sechs bis acht Augen draufschauen.
Freundliche Grüße, Norbert Leitel / Fachkraft für Arbeitssicherheit

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